Korpus mit der Dose lackieren - meine Methode

Giusto
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Nachdem mein Preci sich schon in einem netten Laubgrün präsentiert, möchte ich allen Interessierten anhand meines Squier Bass VI nochmal detailliert zeigen, wie ich vorgehe.

Den Bass hatte ich in Olympic White gekauft, was mir von den angebotenen Farben noch am besten gefallen hat, aber irgendwie schaute es doch etwas langweilig aus. Nochmal den Kaufpreis des Instruments in eine Lackierung vom Profi zu investieren halte ich für übertrieben, außerdem weiß ich nun, dass ich auch mit einfachsten Mitteln für wenig Geld eine ansehnliche Lackierung hin bekomme. Ich habe mich für RAL2004 Reinorange entschieden, eine ziemlich grelle, fast neonartige Farbe.
DSC02323.JPG


Folgendes wird benötigt_
Ein Bogen Schleifpapier Körnung 240-400 (ich habe 400er genommen)
Ein Bogen Nassschleifpapier Körnung 1200-2000
Papiertücher
Ein feines Tuch zum Polieren
Verdünnung
eine Spraydose Lack
Schleifpaste (kann man notfalls auch weg lassen)
Lackreiniger fürs Auto
Zeit

Das sollte man (bis auf die Zeit) alles im Baumarkt besorgen können.

Schritt 1: Auseinander bauen
Der Bass wird zerlegt. Alles was abgebaut werden kann, kommt ab.
Beim Bass VI ist es am Einfachsten, wenn man die Kabel an den Pickupwahlschaltern ablötet, dann bleibt nur noch die Erdung der Brücke abzulöten und man kann die Elektrik demontieren. Das Erdungskabel der Brücke habe ich drin gelassen, weil ich nicht weiß, wie ich die Hülsen für die Brücke raus bekomme. Die werden einfach mit lackiert, sie sind eh nicht sichtbar, wenn die Brücke wieder drauf ist. Vielleicht hat jemand einen Tipp, wie man die Dinger raus bekommt.
Ist das erledigt, hat man einen nackten Korpus vor sich liegen.
DSC02353.JPG



Schritt 2: Anschleifen
Mit dem gröberen der beiden Schleifpapiere schleift man den Korpus an. Ich habe 400er genommen, weil ich es da hatte. feiner macht keinen Sinn, ich hätte lieber 320er genommen. Gröber als 240er würde ich nicht nehmen, ich will nicht dass sich irgendwelche Unebenheiten auf dem neuen Lack anzeichnen. Der alte Lack soll nicht runter, durch das Anschleifen soll der neue Lack besser halten, außerdem kann man so kleine Unebenheiten beseitigen. Mein Bass hatte ein klein wenig Orangenhaut, die bekommt man so weg. Bei Squier hat man es mit dem Lack gut gemeint, man kann lange darauf rum schleifen, ohne aufs Holz zu kommen. Nun sollte der Korpus gleichmäßig matt sein.
DSC02354.JPG



Schritt 3: Vorbereitung für die Lackierung
Die Halstasche ist nicht mit lackiert, das soll auch so bleiben. ich habe sie mit Kreppband abgeklebt. ich habe eine Schraube in eines der Löcher von der Halsbefestigung gedreht. Daran habe ich den Bass mit einem Stück Draht so aufgehängt, dass ich von allen Seiten ran komme. Um die Oberfläche zu entfetten und Schleifstaub zu entfernen, tränkt man einfach ein Papiertuch mit Verdünnung und reibt den Korpus damit ab. Vorsicht, der Abschirmlack wird durch die Verdünnung angelöst, die Fräsungen säubert man also besser mit einem feuchten Tuch. Ich habe den korpus zwei mal mit Verdünnung abgerieben, um auch möglichst jedes Staubkorn und jeden Fettrückstand runter zu bekommen. Im Bereich der Pickups sind die Erdungskabel auf den Abschirmlack geschraubt. Damit man da auch später guten Kontakt hat, sollte man zumindest diese Stellen abkleben.

Schritt 4: Lackieren
Jetzt wird es spannend. Die Lackdose wird gründlich geschüttelt und schon geht es los. In vielen dünnen Schichten sprühe ich den Korpus von allen Seiten ein. Zwischen den Schichten lasse ich den Lack ein paar Minuten ablüften, dann kommt die nächste Schicht. Wie lange man zwischen den Schichten warten muss, ist von Lack und Temperatur abhängig. Besser man wartet etwas länger. Ich habe etwa 10 dünne Schichten aufgesprüht. Der Lack soll jetzt noch gar nicht glatt sein. Matte Stellen, Sprühnebel und Orangenhaut sind ok. das Wichtigste ist, den lack gleichmäßig (auch in den Cutaways und an den kanten) aufzusprühen und dabei keine Läufer zu produzieren, denn die machen Arbeit. Einen Läufer habe ich trotzdem, den muss ich dann später rausschleifen.
Ich habe die ganze Dose drauf gesprüht. Das Meiste in der Dose ist Lösungsmittel und Treibgas. Bei meinem Preci habe ich nicht die ganze Dose versprüht und der Lack ist so dünn, dass ich an manchen Stellen fast mit dem Schleifpapier durch kam. Ruhig also die ganze Dose in vielen Schichten drauf ballern, das gibt keinen dicken Lackpanzer.
Nun präsentiert sich der Korpus teils glänzend, Matt und mit Orangenhaut in seiner neuen Farbe. Nur keine Sorge, das gibt schon noch eine glatte, glänzende Oberfläche.
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Schritt 5: Geduld
der Korpus hing über Nacht, da ich ihn dort aber nicht hängen lassen kann habe ich ihn am Morgen abgenommen. der Lack ist staubtrocken aber noch lange nicht durchgehärtet. Für den nächsten Schritt muss der Lack aber hart sein, deswegen sollte man dem Korpus nun etwas zeit geben. Ich sehe drei tage als Minimum an, besser man lässt ihn einfach eine Woche lang liegen. ich habe ihn auf einen offenen Karton gelegt, damit die Lösungsmittel auch an der Unterseite verdunsten können.
Jetzt muss man hart bleiben und einfach abwarten. Zum Glück ist das nicht mein einziger Bass, aber wer nur einen hat, wird womöglich durchdrehen und Entzugśerscheinungen wie Zitteranfälle, Aggressionen, Nervosität oder Schreikrämpfe bekommen. Warten ist einfach scheiße.

In ein paar Tagen gehts weiter.
 
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Nun will ich euch nicht länger auf die Folter spannen.
Heute hatte ich etwas Zeit und konnte mich dem Korpus widmen.
Zuerst möchte ich den lackierten Korpus zeigen, also was alles zu tun ist.
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Da ist eigentlich alles dabei. Orangenhaut, Sprühnebel, eingeschlossener Staub. Das soll uns nicht weiter stören, denn nun kommt:

Schritt Nr.6: Nassschleifen
Dazu nimmt man das feine Schleifpapier her. Ich habe 1200er genommen, hätte aber lieber 2000er gehabt. Wenn ihr vor der Wahl steht, nehmt Letzteres.
Man braucht ein Behältnis mit Wasser, ein paar Tropfen Spüli im Wasser sind hilfreich
Ich rate zu einer Unterlage, denn das Nasschleifen macht ziemlich viel Dreck. Ich habe einen Karton genommen.
Eine Rolle Papiertücher sollte auch griffbereit liegen.

Nun wird das Schleifpapier in das Spüliwasser getaucht und los gehts. Mit kreisenden Bewegungen schleift man den Lack glatt. Druck braucht man nicht, der wäre sogar kontrapróduktiv. Das Gewicht der Finger reicht schon und auch so schleift man schneller durch den Lack als man denkt, wenn man sowas noch nie gemacht hat. Ich habe mir kleine Stücke vom Schleifpapier runter geschnitten. Die sind etwa 10cm lang und gut 5cm breit. Darauf haben zwei bis drei Finger Platz, das reicht. Von der Verwendung von Schleifklötzen oder Ähnlichem rate ich entschieden ab. Die Oberfläche ist nie ganz eben und man bringt mit den Dingern den Druck eh nicht gleichmäßig genug auf die Fläche. In den Händen habe ich mehr Gefühl und merke sofort, wenn sich ein Staubkorn unter dem Schleifpapier befindet, das mir tiefe Kratzer in den Lack reißen könnte.

Keine großen Flächen bearbeiten, immer nur kleine Stücke. Bei großen Flächen ist nicht gewährleistet, dass man gleichmäßig arbeitet. An manchen Stellen könnte man zu viel abtragen und schon ist der Lack durch. Das würde eine neue Lackierung und noch ein paar Tage Wartezeit bedeuten.

Zwischendurch ( am Anfang alle paar Sekunden bis man ein Gefühl dafür hat) immer wieder mit einem Papiertuch trocken wischen und schauen, ob man das gewünschte Ergebnis schon erreicht hat, oder nochmal ran muss.

Immer für genug Wasser sorgen, es heißt Nassschleifen, nicht Feuchtschleifen.

An Rundungen und Kanten muss man besonders aufpassen, da ist man sehr schnell durch den Lack durch.
Geduld und Sorgfalt zahlen sich bei diesem Arbeitsschritt besonders aus.
Auch als Laie kann man sich da ran trauen. Es ist nicht schwierig, nur langwierig.
Hier habe ich ein Bild von der Oberfläche, wenn sie geschliffen ist:
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Auf dem folgenden Bild sieht man, wie die Vertiefungen in der Orangenhaut noch glänzen. Da muss noch Material abgetragen werden, aber nicht mehr viel.
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Das schleifen allein hat bei mir gut 2 Stunden in Anspruch genommen. Dabei habe ich nur etwa einen viertel Bogen Schleifpapier verbraucht, das Zeug hält wirklich lange.
Ist man mit dem Schleifen fertig, schaut der Korpus matt aus, hat sogar schon einen leichten, speckigen Glanz
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Nun ist Muskelkraft gefragt.

Schrott Nr. 7: Polieren
Mit Schleifpaste und einem Mikrofasertuch habe ich die Oberfläche bearbeitet, danach mit Lackreiniger aus dem Autozubehör den Korpus auf Hochglanz gebracht. Dabei kann man nicht besonders viel falsch machen. Nur nicht am Poliermittel sparen, so teuer ist das Zeug nicht und die Flasche ist groß.
Geschafft, verschwitzt aber zufrieden bewundere ich etwa eine Stunde später das Ergebnis meiner Bemühungen
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In dem Bereich des Pickguards war ich nicht besonders gründlich, das sieht man später eh nicht. Mein Arm tat vom Polieren eh schon weh, also hab ich es so gelassen.

Schritt Nr. 8: Das Ende ist in Sicht:
Nun ging es an den Zusammenbau. Wer die Schaltung nicht im Kopf hat, sollte einen Zettel parat haben auf dem notiert ist, welcher Draht wo hin gehört.
Also den ganzen Kram wieder zusammen geschraubt, Saiten drauf und gestimmt. Meinem Bass habe ich gleich noch neue Potiknöpfe spendiert, die passen besser zu den weißen Pickups.
ich präsentiere das Ergebnis
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ich finds geil, die Farbe passt wunderbar zum Bass
Ich hoffe, ich konnte denen helfen, die ihrem Bass gern eine andere Farbe verpassen würden, aber nicht die Kohle für den Lackierer haben.
Es ist wirklich nicht schwer. Ich bin selbst kein Lackierer oder Ähnliches, daher musste ich Vieles erst ausprobieren.
Wer sich nicht an den Korpus traut, kann auch erst mal ein Brett nehmen und darauf üben. Ich habe es nicht anders gemacht.
Viel Spaß damit, ich spiele jetzt erst mal auf meinem orangen Bass.
 

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Sehr geil geworden, wollte auch schon immer nen orangen Bass haben...bei dem "Jägermeister-orangem" Sandberg im großen M hab ich leider zu lange gezögert.
Hab noch nen Aria II von ´90 zuhause liegen, der dringend aufgemöbelt werden muss. Der ist allerdings tierisch runter gerockt und hat viele tiefe Kerben und Schrammen. Jemand ne Idee was man da macht? Will ja die Kerben nicht mit lackieren ;-)
 
Sehr geil geworden, wollte auch schon immer nen orangen Bass haben..
Danke für das Lob. Wenn du einen orangen Bass willst, musst du nur zu Spraydose und Schleifpapier greifen. Wenn der Korpus eh lackiert werden soll, spielt die Farbe ja keine Rolle mehr, das vergrößert die Auswahl gewaltig, wobei ich für so einen grellen Farbton schon eine Schicht weiß drunter sprühen und kurz drüber schleifen würde, wenn es ein dunkles Instrument ist.
Hab noch nen Aria II von ´90 zuhause liegen, der dringend aufgemöbelt werden muss. Der ist allerdings tierisch runter gerockt und hat viele tiefe Kerben und Schrammen. Jemand ne Idee was man da macht?
Ich würde ihn so lassen. Wenn er wirklich runter gerockt wurde, kannst du kein besseres Aging bekommen.

Mein nächstes Projekt ist übrigens schon in Planung, mein Jazz Bass soll auch ein neues Outfit bekommen.
Ich finde es etwas schade, dass es so wenige bunte Bässe gibt. Abgesehen von blau und rot ist wirklich nicht viel am Markt, dabei gibt es so viele tolle Farben.
 
Ich würde ihn so lassen. Wenn er wirklich runter gerockt wurde, kannst du kein besseres Aging bekommen.
Mein nächstes Projekt ist übrigens schon in Planung, mein Jazz Bass soll auch ein neues Outfit bekommen.
Ich finde es etwas schade, dass es so wenige bunte Bässe gibt. Abgesehen von blau und rot ist wirklich nicht viel am Markt, dabei gibt es so viele tolle Farben.

Sagen wir der Vorbesitzer und die DHL haben sich redlich Mühe gegeben NICHT pfleglich mit ihm umzugehen...
Hardcore-Aged wäre auch ne Überlegung, aber wie gesagt: Ich wollte schon immer nen Orange-farbenen Bass haben, am liebsten knallorange! Meine anderen Bässe werden aber definitiv so bleiben wie sie sind, der ARIA wäre halt ne Möglichkeit weil da eh ne Menge gemacht werden muss (komplette Elektronik, Sattel ist gebrochen etc etc ). Wollte mir jetzt nicht extra nen Bass kaufen um ihn zu lackieren.
 
Sieht rattenscharf aus neben den minzfarbenen Jags.
 

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