Ich finde die Frage etwas merkwürdig gestellt, aber ja: mit genug Übung kann man die Akkorde und die Begleitung als getrennte Stücke raushören. Ein Moll-Akkord klingt anders als ein Dur-Akkord, ein verminderter Akkord, Septakkorde etc.
Hallo zusammen,
ich finde die Fragestellung überhaupt nicht seltsam, sondern im Gegenteil sehr naheliegend.
Ich kann Egolsteins Aussage, daß man mit Übung einen Akkord am "Gesamtklang-Charakter" erkennt, völlig unterstreichen. Dahingegen kann es
unter bestimmten Umständen aber sehr schwierig sein, wirklich die Einzeltöne herauszuhören.
Und auch die Trennung von Melodie und Begleitung ist oft recht gut möglich, weil sich die Melodie gut verfolgen läßt und oft in einem mehr oder wenig abgesetzten Tonhöhenbereich "stattfindet".
Aber das tatsächliche Heraushören von Einzeltönen kann auch ganz schön schwierig werden:
Bei einem polyphonen Instrument (wie z. B. dem genannten Klavier) gehören ja zu jedem Ton auch Obertöne, meist ist die Quinte recht prominent, so daß es sehr schwierig sein
kann, zu erkennen, ob bestimmte Klangbestandteile von tatsächlich gespielten Tönen stammen oder nur Begleiterscheinungen anderer Töne sind.
Wenn man polyphone Einzelstimmen verfolgen kann, ist es relativ gut möglich, bei Akkorden, vor allem mit veränderlicher Stimmenanzahl, kann man sich oft nur auf den Gesamtklang verlassen (zumindest geht es mir so).
Das extremste Beispiel für Ununterscheidbarkeit von Obertönen und "gespielten Tönen" ist meines Erachtens die Hammond-Orgel, bei der ja jeder Einzelton eine über Zugriegel wählbare Kombination von Obertönen darstellt. Zu allem Überfluß kommen diese diskreten Sinustöne von einzelnen Tonrädern, die jeweils für viele Tasten/Zugriegel zuständig sind.
Wenn also eine Frequenz von 440 Hz auftauch, dann kann sie entweder von einem gespielten a' mit 8'-Zugriegel stammen, oder aber von einem A mit 2"-Zugriegel, oder sogar von einem d' mit dem 5-1/3'-Zugriegel. Und: diese 440-Hz-Frequenz stammt in jedem Fall von ein und demselben Tonrad.
Wenn sich das alles noch vermischt kann es je nach Registrierung sehr schwer sein, zu erkennen, was tatsächlich gespielt wird.
Es ist z. B. möglich, durch unterschiedliche Registrierungen unterschiedlich gespielte Akkorde wieder völlig gleich klingen zu lassen.
Das ist zugegebenermaßen wirklich ein Sonderfall, aber zeigt das Grundproblem der Auflösung von Gehörtem in Einzeltöne ziemlich gut auf.
Beim Klavier kommen erleichternd die temperierte Stimmung hinzu, denn eine wohltemperierte Kompromiß-Quinte ist anders als eine Oberton-Quinte (die aber wiederum wegen der Steifigkeit der Saiten auch nicht rein ist).
Aber ich glaube, es gehört schon sehr viel Übung und Erfahrung dazu, dann kann man viel erreichen.
Viele Grüße
Torsten