Problem mit "una corda" / "perdandosi"

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Hi,

ich hab mehrer Stücke, die man "una corda" spielen soll. Was "una corda" bedeutet weiß ich, steht bei mir in einem Lexikon.
"tre corde" ist auch klar - Pedal loslassen. Jetzt will ichs nicht über die Osterferien falsch üben und ein paar Sachen krieg ich einfach nicht raus!

Ich hab auch "sempre una corde" im Stück drinstehen, steht nicht im Lexikon, sollte aber "immer una corda" heißen. Macht aber keinen Sinn, denn dann reicht ja auch "una corda", bis es eben durch "tre corde" wieder aufgelöst wird. Ist "sempre una corda" das gleiche wie "una corda" - beides steht im gleichen Stück!

Ich hab auch nicht rausgefunden, was "pesante quasi arpa una corda" bedeutet soll. Mehr als "Pedal drücken / Pedal nicht drücken" geht doch nicht?

Wenn ich das Pedal loslasse, auch ganz langsam, dann ist der Unterschied zwischen "una corda" und "normal" ziemlich groß. Ist die Anweisung "una corda" verpflichtend oder kann man auch sagen: "Das sollte möglichst zart und weich klingen, drück die Taste halt entsprechend vorsichtig."?

Zum zweiten Begriff: "perdandosi" - laut Lexikon heißt das "sich verlierend, immer leiser werdend". Das hört sich für mich an wie "smorzando", was laut Lexikon "erlöschend, allmählich leiser werdend, verklingend" bedeutet. Wenn beide Begriffe in einem Stück vorkommen - wo liegt dann der Unterschied zwischen beiden Anweisungen?

Viele Grüße und Danke,

7593
 
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Hallo grundtonloser Septnonakkord :D (7593),

der Begriff una corda (eine Saite) rührt daher, daß bei einem Flügel durch das linke Pedal eine Verschiebung der kompletten Mechanik inkl. Tasten und Hämmer stattfindet. Die alten Flügel hatten nur 2 Saiten (italienisch corda = dt. Saite, vergl. Kordel) pro Taste, sodaß der Hammer aufgrund dieser Verschiebung der Mechanik nur eine Saite traf. Dadurch wurde der Klang leiser, weicher und seidiger. Auch wenn moderne Flügel 3 Saiten pro Ton haben und der Hammer durch die Verschiebung mittels linkem Pedal 2 Saiten statt einer trifft, hat sich der Ausdruck una corda gehalten und wurde nicht zu einem due corde. Die Aufhebung der Verschiebung wird mit tre corde bezeichnet, es sollen also wieder alle drei Saiten mit dem Hammer angeschlagen werden.

sempre ist italisnisch und bedetet immer. Wenn jetzt una corda und sempre una corda im gleichen Stück stehen, dann muß man seine Phantasie walten lassen. Vielleich soll das sempre so etwas wie wieder oder immer noch bedeuten. Gerade in der romantischen Musik werden Spielanweisungen nicht einfach nur als mechanische Befehle verstanden, sondern fast immer mit näher bestimmenden Begleitwörtern charakterisiert. Das sempre könnte also so etwas bedeuten wie: Du erinnerst Dich doch, so wie vorhin, oder: Die Stimmung der una corda Stelle von vorhin soll wieder aufgegriffen werden.

pesante
bedeutet: schwer, quasi arpa bedeutet: wie eine Harfe, una corda bedeutet linkes Pedal.

pesante quasi arpa una corda
bedeutet also: schwer sipelen, mit dem Tod im Auge, mittels des linken Pedals den Effekt einer Harfe erzeugend. Mit Pedal mehr oder weniger drücken hat das nichts zu tun.
Wenn man lange Jahre auf einem Flügel ohne das linke Pedal spielt, verhärten sich die Hammerfilze in dem Bereich, wo die Hämmer immer wieder auf die Saiten treffen. Wen man dann das linke Peda drückt, treffen die Hämmer mit einer Stelle die Saiten, die noch nicht so verhärtet ist. Dadurch wird die Klangfarbe des Tons etwas weicher.

perdandosi
ist falsch, richtig lautet es perdendosi. Das Wort stammt von perdere, verlieren. Es handelt sich hier um eine reflexive (si= sich) Verlaufsform: perdendosi, sich verlierend. Im Wort smorzando steckt immer auch das morire: sterben mit drin. Von daher hat smorzando durchaus eine andere Bedeutung als das sich verlierend. Eine Flamme erlöscht, ein Wasserlauf in der Wüste verliert sich.

Gerade romantische Komponisten habe eine Vielzahl an Adjektiven verwendet, um möglichst viele unterschiedliche seelische Regungen zu charakterisieren. Diese unterschiedlichen Seelenregungen gilt es als Klavierspieler mittels der gespielten Töne zu treffen.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Hi,

danke für die Antwort.

Wenn es "um die seelischen Regungen des Komponisten geht", dann ist una corda keine "MUSS"-Anweisung sondern eine "KANN"-Anweisung, je nachdem, was einem besser gefällt/meiner Meinung nach näher an der "seelischen Regung" des Komponisten dran ist?

Viele Grüße,

7593
 
MUSS-Anweisungen gibt es in der Musik gar nicht. Der Pianist Friedrich Gulda hat sogar bei klassischer Musik plötzlich mittendrin angefangen zu Improvisieren. Insofern hast Du schon recht. Die Angaben der Komponisten sind also eigentlich immer nur Hinweise und Tipps, wie ihre Musik verstanden werden kann. Trotzdem kann man wohl davon ausgehen, daß die berühmten Komponisten der klassischen Musik wohl deutlich mehr Erfahrung, Wissen und Können hatten als unsereiner. Von daher würde ich den Anweisungen dieser Komponisten nicht besonders Mißtrauisch gegenübertreten. In einer Diskussion mit z.B. Frederic Chopin darüber, was meiner Meinung nach besser oder schlechter klingt, würde ich wohl ziemlich alt aussehen. Ich gehe davon aus, daß er mehr als einen Schritt weiter war als ich.

Viele Grüße,
McCoy
 

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