• Bitte beachten! Dies ist ein Forum, in dem es keine professionelle und auch keine verbindliche Rechtsberatung gibt. Es werden lediglich persönliche Meinungen und Erfahrungen wiedergegeben. Diskussionen bitte möglichst mit allgemeinen Beispielen und nicht mit speziellen Fällen führen.

Schöpfungshöhe harmonisierung von Volksliedern

  • Ersteller Multimax
  • Erstellt am
Multimax
Multimax
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
02.08.24
Registriert
26.08.16
Beiträge
160
Kekse
925
Hallo zusammen,

ich schreibe an einem Liederbuch, dass nur gemeinfreie Volkslieder enthäl, und das nicht kommerziell vertrieben wird. Es handelt sich um Leadsheats mit Harmonisierungen, die teilweise etwas komplexer sin: moll7, major7, verminderte, halbverminderte usw. Es geht noch nicht in abgehobene Jazz-artige klänge, hat aber durchaus manchmal eine gewisse individualität, weil es mehr ist, als die drei Stufen mit ihren parallelen.

Einige dieser Harmoniefolgen habe ich aus einem anderen Liederbuch übernommen. Sie sind auf ähnlichem Niveau. Sind diese jetzt geschützt, weil sie eine Schöpfungshöhe erreichen? Darf ich sie dann nicht verwenden?

Ich bringe gerne auch noch ein Beispiel

1686812320059.png
 
Wird in den Liederbüchern explizit ein Bearbeiter genannt? Im Zweifel greift das Copyright dann für ihn - wenn er nicht schon seit mindestens 75 Jahren verstorben ist. Die Schöpfungshöhe wäre dann zwar auch von einer gewissen Relevanz, aber um ein bestehende Copyright ggf. anzufechten wegen einer angenommenen zu geringen Schöpfungshöhe - das liefe auf einen Rechtsstreit mit dem wenn der Verlag hinaus, was ich eher nicht empfehlen würde.

Wenn es einen Bearbeiter und damit Copyright gibt, würde ich einfach beim Verlag anfragen, ob du die Lieder für deinen nicht-kommerziellen Zweck kopieren darfst. So unwahrscheinlich ist es nicht, dass ein Verlag so etwas gestattet (bei Nennung der Quelle).
 
  • Interessant
Reaktionen: 1 Benutzer
Hi, ja der Bearbeiter, der die Harmonisierung gemacht hat, ist genannt.
Das Quellenliederbuch ist allerdings ebenfalls eine nichtkommerzielle Selbstproduktion und nicht durch einen Verlag verlegt worden.

Meine Frage zielt eher dahin, ob prinzipiell eine Harmonisierung überhaupt ausreichende Schöpfungshöhe besitzt. Wenn ich Hänschenklein mit T S D harmonisiere, ist das ganz bestimmt keine ausreichende Schöpfungshöhe (zumindest nach meinem Empfinden). Das ist doch dann garnicht Copyright-fähig oder?

Wenn ich nun im zweiten Takt die Dominante durch die ihrer Parallele ersetze, würd ich eigentlich auch nicht von ausreichender Schöpfungshöhe aus gehen. Dann könnte ich die paralle auch als Moll-Sept akkord setzen... usw.

Aber wo fängt die Schöpfungshöhe an?
 
Hi, ja der Bearbeiter, der die Harmonisierung gemacht hat, ist genannt.
Das Quellenliederbuch ist allerdings ebenfalls eine nichtkommerzielle Selbstproduktion und nicht durch einen Verlag verlegt worden.
dann schreibe den Bearbeiter doch an und frage ihn, ob das so für ihn ok ist ...
 
dann schreibe den Bearbeiter doch an und frage ihn, ob das so für ihn ok ist ...
Das ist natürlich der richtige Weg, den ich auch gehen werde. Trotzdem interessiert mich die Frage nach der Schöpfungshöhe von Harmonisierungen.
 
Ist eine mögliche Harmonisierung nicht mit/in der Melodie vorgegeben?
Die schöpferische Höhe bei der Beantwortung der Frage, "welche Akkorde passen zu einer Melodie?" liegt IMO irgendwo auf dem Niveau der Lösung eines mathematischen Problem. Da kann man sich auch schwerlich den Lösungsweg "schützen" lassen. Es kann auch jeder selbst auf den identischen Lösungsweg kommen. So ähnlich sehe ich das auch hier bei der "Harmonisierung". Wenn an einer Stelle eines Liedes ein maj7-Akkord hinpasst, ist das ja keine "Erfindung", sondern folgt ja entweder einem harmonischen Empfinden oder musiktheoretischen Zusammenhängen.

Es wäre zwar "arschig" eine Transkription mit den angegebenen Akkorden ohne Nachzufragen einfach abzuschreiben und zu verwenden, jedoch kann jeder auch selber auf genau das gleiche Ergebnis kommen, weil die Melodie ist, wie sie ist.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Musikalisch geht es hier nicht um die Frage, ob "an einer Stelle eines Liedes ein maj7-Akkord hinpasst". Zum Glück. Vielmehr werden in dem Beispiel Stimmführungen angeboten durch die Akkordhinweise. Insofern sagt mir das Gefühl auch, dass "hier irgendwo" die relevante Schöpfungshöhe anfängt, selbst wenn sich die Akkordfolgen im Beispiel noch im Rahmen diverser existierender Traditionen bewegen (ich würde eher die Romantik als Referenz nennen als den Jazz). Eine Antwort auf die Frage, wo genau das liegt, bekommst du allerdings nur im Gerichtsverfahren, einen Hinweis, wo es ungefähr angesiedelt sein könnte, in einer fachkundigen Rechtsberatung, die bisherige Urteile zusammenfasst. Letzteres kann eine Anwaltskanzlei.

Die Frage ist gut, das Forum aber vermutlich nicht der richtige Ort für eine verlässliche Antwort (Rechtsberatung - gabs dazu nicht mal einen Hinweis in den Nutzungsbedingungen?).
 
Letzteres kann eine Anwaltskanzlei.
Natürlich, im Forum gibt es deshalb auch keine Rechtsberatung und wer eine sieht, möge den Beitrag bitte zwecks Prüfung melden.

Was bei Beziehung des Themas zur Musik im weitesten Sinn erwünscht ist, das sind Diskussionen zwecks Austausch von Meinungen. Diese Meinungen sollten zur Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften und den Boardregeln als solche erkennbar sein und nicht den Anschein von "Rechtsberatung" erwecken.

Sind diese jetzt geschützt, weil sie eine Schöpfungshöhe erreichen? Ich bringe gerne auch noch ein Beispiel...
Meinungshalber kann ich mir bei einem gemeinfreien Stück nicht vorstellen, dass gewöhnliche Akkordsymbole für eine schützenswerte Beabeitung genügen.
Der Grund ist einfach, die beanspruchte "eigene Bearbeitung" wäre von deutlich anders klingenden, aber gleich dargestellten Akkordsymbolen nicht unbedingt unterscheidbar. Akkordsymbole sind zwar eine - meist funktionsharmonische - Beschreibung, aber keineswegs zwangsläufig die konkrete Angabe der tatsächlich gespielten Töne. Es sind verschiedene Voicings mit Tensions oder auch Reharmonisationen bei der Ausführung denkbar, weil die Akkordsymbole das dem damit vertrauten Interpreten anbieten.
Eine Unterscheidbarkeit bzw. schöpferische Leistung wäre meines Erachtens erst an der vollständigen Notation (Voicings und Rhythmik) erkennbar.
Zur Veranschaulichung, was ich mit vollständiger Notation plus Akkordsymbolen meine, folgt ein kurzes Zitat aus "(It's Just) Talk" von Pat Metheny in einer Bearbeitung für Piano Solo von Brent Edstrom.
its just talk.jpg

Zitat aus Jazz Piano Solos Vol. 57 Pat Metheny, arr. Brent Edstrom, Hal Leonard
Diese Bearbeitung ist zweifellos unterscheidbar von der Originalaufnahme der Pat Metheny Group wie auch dem Arrangement von Bob Curnow für seine Aufnahme mit einer All Star Band der 90er Jahre.

Bei der Bearbeitung in Beitrag 1 würde ich statt der kleingeschriebenen Symbole wie "g[sup7[/sup]" auch für die Tonbezeichung in Moll den etablierten Stil mit Großbuchstaben einhalten. Moll kennzeichnet man dann durch "m", "mi" , "min" oder auch als Minuszeichen "-" direkt hinter der Tonbezeichnung, im Beispiel ergäbe das "Gm7".

Für mich ist die zweite Takthälfte die Bearbeitung in Beitrag 1 auch ein schönes Beispiel, wie sinnvoll eine einheitlich englische Schreibweise der Akkordsymbole ist, anstatt "Denglish" - also statt "B" und "h°" besser "Bb" und "B°".

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
Du magst Recht haben mit der fehlenden Schöpfungshöhe. Wir sind uns aber vermutlich nicht 100% sicher. Vom Anstand mal abgesehen: Ich finde auch, dass sich Namensnennung gehört - andererseits ist das aber vielleicht nicht immer gewollt. Also fragen.

Beim Layout der Akkordbezeichnungen bin ich hin- und hergerissen: Ich mag privat inzwischen auch die "internationale" (also angelsächsische) Schreibweise lieber; aber wenn es um deutsche Volkslieder in romantisierender Harmonisierung geht, ist milieubedingt vielleicht doch die deutsche Tradition zu empfehlen. Wenn möglich konsequent.
 
Wenn ich Richter wäre, würde ich eine Schöpfungshöhe alleine für die Harmonisation in einem normalen Liederbuch verneinen. Gründe:

1. das Liederbuch transportiert die Lieder ohne erkennbaren Anspruch auf eine besonders künstlerisch ambitionierte Ausgabe (das wäre anders, wenn außen drauf steht „Volkslieder im Jazz-Gewand, bearbeitet von Multimax“)

2. Akkordsymbole sind ein abstraktes Konzept, bei dem die Eigenleistung des Spielers sehr stark in die Realisation einfließt (Voicings/Lagen/Rhythmen/verwendete Instrumente) und das in der Wahrnehmung des durchschnittlichen Hörers gegenüber Melodie und Text zurücktritt und eine besondere Schöpfungshöhe im konkreten Fall nicht rechtfertigt

Aber das werden unterschiedliche Richter sehr wahrscheinlich auch unterschiedlich beurteilen.
 
Der BGH (I ZR 225/12 vom 16.04.2015) spricht von
"nicht dem Urheberrechtsschutz zugänglichem, rein handwerklichem Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente, die auf den Lehren von Harmonik, Rhythmik und Melodik beruhen"
Sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das der Punkt gegen Schöpfungshöhe ist, zumal, wenn die Akkorde an das eigentliche Werk angedockt sind.
 
Es ist schon interessant, was da jetzt wieder zu klaren Rechtsthemen alles laienhaft "vermutet" wird (mit Ausnahme @Schnabelrock ). Das geht immer wieder in Richtung Rechtsberatung, die im Board verboten ist und hier wieder mal zumindest markant gestreift wird. Leute, geht mit Euren Rechtsfragen zum Fachmann (Rechtsanwalt). Und wenn das zu schreibende Liederbuch nicht kommerziell vertrieben werden soll, so ist es doch im Wettbewerb mit kommerziellen Produkten, wodurch es zu Rechtskonflikten kommen kann, und dann ist der hier Hilfesuchende mit dem unfundierten Gestochere von "Unwissenden" (sorry) der Blöde. Ansonsten halte ich mich ja inzwischen aus solchen Themen raus ...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich freue mich, hier eine so interessante Diskussion angestoßen zu haben und konnte viel aus Euren Beiträgen herausziehen.

Ich möchte hier nochmal darstellen, dass es mir ausdrücklich nicht um eine Rechtsberatung geht. Schon aus moralischen Gründen kommt es für mich nicht in Frage, eine Trankskription von etwas, das ich selbst als schützenswert erachte, einfach abzuschreiben und zu veröffentlichen. Ich kenne den Bearbeiter sogar persönlich. Es ist zwar schon einige Jahre her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben, aber ich werde mich wegen gewisser Harmonisierungen an ihn wenden und ihn einfach fragen.

Ich betrachte das auch nicht als eine rechtliche Frage, weil sowohl das Quellenliederbuch als auch das meine beides handgestrickte selfmade Liedersammlungen zum Kneipensingen sind, die einem sehr begrenzten Bekanntenkreis zugänglich gemacht werden. Ich behandele das für mich eher als moralische Frage.

Das Liederbuch bestünde in Zukunft zu einem Teil aus meinen eigenen Harmonisierungen, zu einem weiteren Teil aus 1 zu 1 übernommenen Harmonisierungen und zu einem weiteren Teil aus teilweise übernommenen, von mir angepassten und nach meinem Geschmack geänderten Harrmonisierungen. Es gibt auch Teile bei denen ich eine eigene Harmonisierung verwende und eine Floskel à la II-IV-I in einem bestimmen Takt übernommen habe, weil ich sie schön fand.

Ich komme also nicht umhin, Einzelfallentscheidungen zu treffen. Dabei gibt es für meinen moralischen und musikalischen Kompass zunächst die einfachen Fälle:

Bsp. Der Mai ist gekommen mit T S D DD und II-V-I am Ende. Harmonisierung von mir.
Das ist für mich eine Harmonisierung, die sehr gängig ist und durch die Melodie einfach hervorgerufen wird - die II-V-I ist zwar eine "Individualentscheidung" aber trotzdem so floskelhaft, dass für mich hier kein Bedarf besteht, meine Harmonisierung daraufhin zu prüfen, ob irgendjemand schonmal die gleiche Idee hatte.

Bsp. Harmonisierung ähnlich wie in meinem Beispiel, jedoch mit mehr Slashchords, die eine Bassmelodie anklingen lassen und zudem noch harmonische Wendungen, die nicht mehr ganz konventionell sind und erfrischend vom gängigen abweichen. Eine solche Harmonisierung hat für mich ganz klar eine persönliche Handschrift. Sollte ich diese abschreiben wollen, würde ich mir das Einverständnis einholen. Also für mich klarer Fall.

Abgesehen von diesen beiden Extremfällen von einerseits Belanglosigkeit und andererseits schützenswerter Individualität gibt es viele Fälle, in denen eine Mischung von meinen Harmonisierungen und inspirationen aus der Quelle entstanden ist. Hier werde ich mich von meinem Gefühl leiten lassen.

Ich danke Euch für die Denkanstöße.
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben