Schweizer Mundart Songs - Was haltet ihr davon?

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Jezabella
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Hallo,

Ich wollte meine berndeutschen Songtexte mal der Kritik aussetzen. Ich hoffe es findet sich der oder die eine SchweizerIn in diesem deutschen Forum, welche die Texte auch versteht. ;-)

Stilistisch bewegt sich meine Musik wohl irgendwie in Richtung Eva Cassidy (http://www.youtube.com/watch?v=OZ-gqfAaHos) und Solveig Slettahjell (http://www.youtube.com/watch?v=Q60YUnpbbHQ Hier performt sie einen Song von Tom Waits, den ich auch zu meinen Einflüssen zählen möchte.) Also wohl Pop mit Jazz im Hintergrund. Instrumentiert mit elektrischer Gitarre oder Piano.

Nun also der Text.

Titel: Dr Untergang

1. Strophe
Sagähafti Wäut
mir woubekannt
i flüchtiger Gschtaut
am Horizont

2. Strophe
Wasi fo witem xe for mir
isch nid was du bisch
schtah ni mau nöch for dir
merki das aues angers isch

Refrain
Tanz mit mir
Tanz mit mir
fiir mit mir dr Untergang
fo mirä Illusion

3. Strophe
I griiffä nach dir
aber nie wirdi di ha
sich aues gschängkt drum müesse mirs
am Ändi doch hie zrügla

4. Strophe
U ni la aus la ga
so eifach wirdi frei
je weniger i ufem Buggu ha
desto liechter si mini Bei

Refrain
Tanz mit mir
Tanz mit mir
fiir mit mir dr Untergang
fo mirä Illusion

Ich bin gespannt, was ihr sagt! :)

Viele liebe Grüsse,

Isa
 
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Hallo,
ich komm zwar nicht aus der Schweiz aber ich hab mich einigermasen durch den Text gekämpft.
So als Tipp, du könntest beispielsweise dne Text in hochdeutsch daneben schreiben, ich denk dass man dann schon durch kommt, weil man dann Wörter die man nicht versteht nachschaun kann. Ich meine wenn man aus Bayern oder Österreich kommt kann man sich schon durchrätseln. Ich musst es mir einfach laut vorsingen ^^ Dann hab ich viel mehr verstanden.

schtah ni mau nöch for dir
--- ich hab keine Ahnung was das heißt kannt du mir auf die Sprünge helfen ?

fo mirä Illusion
---- hier bin ich mir nicht sicher , was bedeutet dass ?

U ni la aus la ga
---- Was heißt das ?

Den Text an sich finde ich gut . Mutig in Schweizermundart zu schreiben.
Mehr leuchtet aber nich an Wieso es Dr. Untergang heißt und wieso das Dr. Untergang im Text vorkommt ?

Tanz mit mir !--- wen sprichst du da an ? In der Stophe redest du auch von einer Person, mit einer Person , du konkretisiertst sie aber nicht sehr ausgiebig. Oder Hast du einfach den Zuhörer angesprochen ( dann hab ich den text wohl doch nicht ganz verstanden ;) )

Mfg matthi
 
Hallo Isa

Vielen Dank für den Text.
Schön hier mal einen schweizerdeutschen Text zu lesen :).

Was mir als erstes grad aufgefallen ist, nebst dem Bernerdialekt, der sich ja butterweich anhört bzw. liest, du bedienst dich sehr weniger Worte, was mich persönlich sehr anspricht.


Sprachlich find ich besonders die 2. und 4. Strophe find ich sehr schön zum Lesen.


Dem Inhalt bin ich noch nicht so ganz auf die Schliche gekommen... ich gestatte mir es mal zu versuchen :gruebel:

1. Strophe:
Sagenhafte Welt: Meinst du sagenhaft als "wunderschön" oder eine sagenhaft "vergangene" Welt?
Wohlbekannt und flüchtige Gestalt, widerspricht sich das nicht?

2. Strophe:
Gefällt mir sehr gut, die Strophe für sich. Es ist nicht so, wie es scheint, wenn man genauer hinschaut (aber was genau? die ganze Welt?)

Refrain:
Find ich auch ein interessanter Gedanke, der mich zum sinnieren anregt: Tanzend den Untergang der eigenen Illusion feiern :gruebel: (aber was für eine Illusion, und warum feiern und nicht z.B. erschrecken darüber?). Eine Art Erwachen?

3. Strophe:
Du greifst nach der Welt (?), die man nicht besitzten kann, nur geschenkt bekommen und darum zurücklassen muss? :gruebel:

4. Strophe:
Und darum lässt du alles los um weniger mit dir rumzutragen und dich leichter bewegen zu können? :gruebel:

Also irgendwie Untergang und Aufbruch? Aber von was?

Du siehst, der Text hat mich sehr zum Denken angeregt :confused:, was sehr für den Text spricht, ohne dass ich jedoch wirklich auf einen grünen Zweig gekommen bin... ob das jetzt gut oder schelcht ist :gruebel:

Er hinterlässt bei mir viele Fragezeichen :)

Liebe Grüsse

Soleluna

PS:Natürlich erwart ich keine fertigen Antworten auf meine vielen Fragen, wenns die überhaupt geben würde... aber neugierig auf ein paar Hinweise hast du mich gemacht...;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi, Jezabella,

Gerade wollte ich Dich noch auf ihn aufmerksam machen....
da hat er den Braten schon gerochen, uns SoleLuna ;)

Werdet ihr denn in der Schweiz ALLE mit dem Minimalismus-Gen gefüttert?:D

Wahrscheinlich gefällt mir Dein Text sehr gut.

Aber endgültig kann ich das für mich erst entscheiden - nach einer Interimsübersetzung ins Deutsche .

Isa, tust Du mir den Gefallen?

lg
 
Schön, wunderschön! :) Berndeutsch ist einfach eine schöne Sprache... deshalb gibt es wohl so viele gute Berner Rockbands! :rock:
Baseldeutsch eignet sich leider nicht dafür, das klingt nur steif und gekünstelt (wir können dafür andere Sachen gut! :p)

Auch wenn mir inhaltlich nicht alles ganz klar ist (z. B. wer ist angesprochen? Eine Person, oder "die Welt" - welche Welt?), gefällt mir der Text sehr gut. Ein schöner Gedanke, dass alles leichter wird, wenn man loslassen kann. (Mir fällt gerade der Spruch ein: "S' letschte Hemmli het keini Segg", und den habe ich nicht von Polo Hofer! ;))

Ich würde den Text gerne gesungen hören - nimmst Du das Lied mal auf, wenn Du fertig bist? Bittebitte! :)

In Strophe 3 hast Du dich übrigens vertippt:

sich aues gschängkt drum müesse mirs

Das muss heissen sisch aues gschängkt, um die hochdeutsche Leserschaft nicht noch mehr zu verwirren... :D



EDIT @airakh: Darf ich da mal helfen, auch wenn ich kein Berner bin? ;)
schtah ni mau nöch for dir --- stehe ich mal nahe vor dir
fo mirä Illusion ---- (von) meiner Illusion
U ni la aus la ga ---- und ich lasse alles gehen
Und Untergang hat nicht doktoriert, das ist einfach nur der Untergang
 
Hei!

Wow, danke für eure Antworten! Ich glaube, bevor ich euch meine eigenen Überlegungen zu dem Text darlege geb ich erst mal die Übersetzung raus.

Der Untergang

1. Strophe

Sagenhafte Welt
mir wohlbekannt
in flüchtiger Gestalt
am Horizont

2. Strophe

Was ich sehe von dir
ist nicht was du bist
steh ich mal nahe vor dir
merke ich, dass alles anders ist

Refrain

Tanz mit mir
Tanz mit mir
feiere/feire (Was ist denn der Imperativ 2. Person Singular von "feiern"???;-)) mit mir den Untergang
von meiner Illusion

3. Strophe

Ich greife nach dir
aber nie werde ich dich haben
es ist alles geschenkt, darum müssen wir es
am Ende doch hier zurücklassen

4. Strophe

Und ich lasse alles gehen
so einfach werde ich frei
je weniger ich auf dem Buckel habe,
desto leichter sind meine Beine

Refrain

Tanz mit mir...

Ich lasse euch noch ein bisschen rätseln. Einen Tipp gebe ich, es sind tatsächlich zwei verschiedene Dinge/Personen angesprochen (das Objekt im Text und der/die ZuhörerIn), das ist aber das Einzige, was mich wirklich stört an diesem Text, oder vielleicht stört es mich auch nicht, vielleicht finde ich gerade das interessant. Es geht ja auch um etwas ungreifbares, rätselhaftes. Vielleicht passt das ja eigentlich ganz gut, was meint ihr?

@ El Peregrino: Mir fehlt im Moment noch die richtige Ausrüstung, aber wenn ich die hab, dann mach ich das. Kann einfach noch ne Weile (Vielleicht ne ziemlich lange leider...) dauern. Und danke für den Hinweis auf den Tippfehler!

Liebe Grüsse,

Isa
 
Hallo Jezabella,

zunächst danke ich ich dir für die Übersetzung.

Noch einmal: Ich mag den Text!

Also bei mir kommt unter anderem das Folgende an:

a) du sprichst den Unterschied zwischen Sein und Schein an, der (für mich) den kleinsten Augenblick wie das gesamte Leben dominiert. Illusionen bestimmen unsere Selbstsicht genauso wie das Bild von Freund und Feind ... und dem Rest der Welt;)

b) wahrscheinlich stehe ich noch immer unter dem Eindruck eines Beitrags vom SPON, nach dem alle Tagträume angeblich unglücklich machen (siehe http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,728606,00.html.)

Schon deshalb lese ich Deinen Text hauptsächlich als ein Bekenntnis zum "Hier und Heute" - eine genauso so klare wie nebulöse Redewedung, die einem von Freund und Feind um die Ohren gehauen wird.

c) Feiern wir den Untergang meiner Illusion: Das finde ich schön!

....obwohl...

Kritisch würde ich (in DIESEM Sinne) anmerken wollen:

Mir ist der Text eine winzige Spur zu altersmild. Will sagen, ich würde mir etwas... dramatischen Theaterdonner:gruebel:... nein, mehr Gefühl der Irritation bei all den nachvollziehbaren Gedanken wünschen. Anders gesagt, mir würde der Vordergrund wahrscheinlich noch besser gefallen, könnte ich einen noch immer irritierenden Hintergrund durchschimmern sehen.

"Feiern wir den Untergang DER Illusion" - fände ich wahrscheinlich besser. Es reflektiert, dass eigentlich auch der/die/das Gegenüber Grund hätte, den Untergang eigener Illusionen zu feiern.

...obwohl....

...mich die Zeile mit den Illusion beim ersten Lesen gestört hat: Wer sagt denn, dass damit die Wahrheit ans Licht kommt:D

Vielleicht ist in diesem Sinne die Zeile sogar überflüssig, wenn sie keine andere Funktion hätte als zu erklären?

Vielleicht wäre noch weniger, noch mehr? ...:gruebel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Salut Isa

Vielen Dank für deine Hinweise. Beim erneuten Lesen deines Textes kommen mir weitere Gedanken.
Der erste, der mir heute gekommen ist, nach dem Lesen von Jongleurs Beitrag (hi Jongleur:)):

eine Fatamorgana, ein Tagtraum, den man ständig in der Ferne sieht und zu erreichen sucht, wie den Schatz am Ende des Regenbogens, es einfach nicht schafft und daher irgendwann völlig frustriert aufgeben muss.

Und dieses bewusste Aufgeben bedeutet die Erlösung, der zu feiernde Untergang, weil man merkt, dass man gar nicht so weit suchen muss, dieser unerreichbaren Welt gar nicht weiter nachrennen muss. Das Erleben der Realität ist viel schöner, auch wenn sie nur halb so schön ist, wie die ausgemalte Phantasie.?

Somit tangiere ich den von Jongleur erwähnten Artikel, den ich ebenfalls in den letzten Tagen aufgeschnappt habe.

Dass alle Tagträume unglücklich machen, dem würde ich vehement widersprechen, würde es ja die gesammte Literatur und Texterei über den Haufen werfen sowie andere Arten der Kunst, in denen man sich weiden und eine Pause von der Realität machen kann???:eek: Und wichtig, daraus neue, eigene Handlungsmuster finden kann?

Bewusstes Tagräumen gibt einem doch Hinweise, wo man hinmöchte, was einem vielleicht fehlt oder beschäftigt auf was man sich freut usw... Das sind Pausen aus der Realität, aus denen man zurückkommt mit neuen Handlungsideen.... Wie Sportler ein Time-Out einlegen um danach mit einer neuen Strategie und Motivation zurück aufs Feld gehen?

Problematisch könnte es da werden, wo die Phantasie und die Realität immer mehr auseinandergehen und man das vor lauter Träumen nicht mitkriegt :gruebel:
Und nicht mehr zurückkommt?

So ich muss jetzt auch wieder zurück zur Realität, mein Magen knurrt....

liebe Grüsse

Soleluna
 
Hi SoleLuna,

ich möchte nicht zu stark von Jezabellas Text ablenken. Vielleicht schaff ich das auch.

Dass alle Tagträume unglücklich machen, dem würde ich vehement widersprechen, würde es ja die gesammte Literatur und Texterei über den Haufen werfen sowie andere Arten der Kunst, in denen man sich weiden und eine Pause von der Realität machen kann???:eek: Und wichtig, daraus neue, eigene Handlungsmuster finden kann?
Man kann den Artikel und Jezabellas Text auch so lesen, dass man an Stelle von Grübeleien sich eben auf seine Gefühle konzentrieren sollte. Und DIE sind ja immer höchst aktuell. Wenn man also stark an seinen Gefühlen bleibt, erspart man sich Gedanken, die nutzlos zwischen Heute und Adam und Eva pendeln.

Tatsächlich mag ICH in der fiktiven Literatur vor allem Texte, die ihre Wirkung aus der Anwesenheit einer sehr präsenten Gegenwart erzielen. Solange die Gedanken um die Gegenwart kreisen, bleiben uns abstruse Konstruktionen erspart.
 
Hi Jongleur

Wenn man also stark an seinen Gefühlen bleibt, erspart man sich Gedanken, die nutzlos zwischen Heute und Adam und Eva pendeln.
Ja, oder eben umgekehrt, die Gedanken "schützen" (lenken ab) einen vor den Gefühlen, die aufs Mal unerträglich sein können, eine normale Abwehrreaktion, die der Körper in sich trägt, um nicht erdrückt zu werden. Nur Schritt für Schritt werden sie hervorgelassen und langsam verarbeitet.

Aber :gruebel: zurück zum Text ;)

So weit ist das vielleicht gar nicht davon weg, irgend eine "Last" (die Illusion) ist das LI ja losgeworden... Und nicht mehr in einer Illusion Leben zu müssen, sollte schon gefeiert werden, wobei man hier alles mögliche reininterpretieren kann...


"
Feire mit mir den Untergang meiner Illusion
" würd ich also mitlerweilen als Hookline bezeichnen, der Satz klingt auf den ersten Blick wirklich sagenhaft, aber je näher man ihm kommt :rolleyes:.. ich als Leser möchte auch mehr darüber erfahren, ja es verwirrt mich auch :confused: und verleitet mich zum Grübeln :gruebel: auch könnt ich nicht einfach so mitfeiern, wenn ich nichts genaueres darüber wüsste.

hingegen unserer oder DER Illusion hätte für mich einen rebellischen Charakter, im Sinne, jetzt schauen wir der Wahrheit ins Gesicht und lassen uns nichts mehr vormachen..... was zum Beispiel auf dem Hintergrund der modernen Medien oder Werbung sehr gegenwartsbezogen wäre....

Irgendwie bin ich noch unschlüssig, der Text ist schön geschrieben, enthält scheinbar tiefgründige Gedanken, aber als Ganzes seh ich noch nicht dahinter , als wäre er nur eine Illusion :gruebel:
 
Bin ich jetzt wieder dran? ;)

Interessante Diskussion. Ich stelle zufrieden fest, dass ihr ziemlich viel von dem was ich aussagen wollte aus dem Text habt kapieren können. Ich antworte kurz mal auf ein paar Sachen, die besprochen wurden.

"Feiern wir den Untergang DER Illusion" - fände ich wahrscheinlich besser. Es reflektiert, dass eigentlich auch der/die/das Gegenüber Grund hätte, den Untergang eigener Illusionen zu feiern.

...obwohl....

...mich die Zeile mit den Illusion beim ersten Lesen gestört hat: Wer sagt denn, dass damit die Wahrheit ans Licht kommt:D

Weil es eben keine Wahrheit gibt im Sinne einer absoluten Wahrheit, die bei Auflösung DER Illusion ans Tageslicht kommt, handelt es sich eben um MEINE persönliche Illusion, also auch um meine persönliche Wahrheit. Und in demselben Sinne gibt es für mich auch keine absolute Illusion.
Ich enthalte es mir in diesem Punkt erstmal vor zu benennen, an was ich ganz ursprünglich gedacht hatte, an welche Illusion. Ich will bin mir nicht sicher, ob das dann eure Gedanken zum Text allzusehr beeinflusst, ist es doch etwas, was man unmittelbar nicht aus dem Text entnehmen kann. Zu späterem Zeitpunkt lüfte ich das Geheimnis gerne.

b) wahrscheinlich stehe ich noch immer unter dem Eindruck eines Beitrags vom SPON, nach dem alle Tagträume angeblich unglücklich machen (siehe http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,728606,00.html.)

Zum Thema Tagträumen: Ich hab jetzt nicht ganz verstanden, ob ihr eben dagegen seid, dass Tagträumen unglücklich macht, ich finde mich allerdings in dem Artikel wieder. Es geht absolut darum im Hier und Jetzt zu leben! Sich nicht an Dingen festhalten, die man sowieso nie haben kann, die einem urplötzlich entrissen werden können, die insofern gar nicht so stabil sind wie wir denken, nicht auf Fata Morganas (Danke für das Wort, SoleLuna, genau an das hatte ich gedacht!) zustreben, sich nicht an unerreichbaren Idyllen ("sagenhafte Welt") orientieren.

SoleLuna: Irgendwie bin ich noch unschlüssig, der Text ist schön geschrieben, enthält scheinbar tiefgründige Gedanken, aber als Ganzes seh ich noch nicht dahinter , als wäre er nur eine Illusion

Ich möchte am liebsten sagen, dass ich diese Wirkung beabsichtigt habe, aber so literarisch hochbegabt sehe ich mich nicht. Umso mehr freut mich natürlich, dass das so wahrgenommen wird. Ich wollte dem Stück so was Schwebendes geben, etwas Vermeintliches. In der musikalischen Umsetzung plane ich, muss noch ein bisschen experimentieren, einen ziemlich schweren Gitarrenklang mit einer flüchtigen Stimme zu kombinieren. Das Lied selbst soll wie eine Fata Morgana wirken und etwas Zwiespältiges haben.

Dazu mal eine allgemeine Frage: Darf man beabsichtigen, dass der Zuhörer nicht versteht um was es eigentlich geht? Ich denke schon, aber das schrammt natürlich immer haarscharf am Unvermögen etwas auszudrücken vorbei.

So, ich muss mal.

Bis bald! LG,

Isa
 
Darf man beabsichtigen, dass der Zuhörer nicht versteht um was es eigentlich geht? Ich denke schon, aber das schrammt natürlich immer haarscharf am Unvermögen etwas auszudrücken vorbei.

Ich finde schon, dass man das darf. Es muss aber nicht unbedingt Absicht sein, manche Dinge kann man einfach nicht erklären. Ich muss einen Text nicht zu 100 Prozent verstehen. Gerade Songtexte dürfen ruhig etwas kryptisch sein, und auch Lyrik muss ich nicht verstehen, um sie schön zu finden.

Auf Hochdeutsch verliert dein Text übrigens seinen ganzen Charme, aber das war auch nicht anders zu erwarten... Das ist ja hier nur eine Krücke, um das Verständnis zu erleichtern. ;)
 
Hallo Isa

Weil es eben keine Wahrheit gibt im Sinne einer absoluten Wahrheit, die bei Auflösung DER Illusion ans Tageslicht kommt, handelt es sich eben um MEINE persönliche Illusion, also auch um meine persönliche Wahrheit. Und in demselben Sinne gibt es für mich auch keine absolute Illusion.

Das und dein ganzer Text erinnert mich an die Gesetze der Wahrnehmungspsychologie, z.B.

das Gesetz der Schliessung
Das menschliche Gehirn nimmt unfertige Formen einfach als fertig wahr (z.B. ein nicht ganz geschlossener Kreis wird einfach als ganzer Wahrgenommen)

Oder das Gesetzt der guten Fortsetzung
usw...

Man passt seine Wahrnehmung also automatisch so an, dass es ins eigene "Weltbild" passt, dass man gar nicht genau hinschauen muss, was einen den Alltag erleichtert, aber auch von der Realität ablenken kann und vielleicht aber auch langweilig werden lässt?

So verhält es sich wohl auch in der sozialen Wahrnehmung, man sieht einen Menschen und möchte ihn grad einordnen aufgrund z.B. seines Aeusseren...

Sehr interessant dann auch die Sinnestäuschungen, wir sehen etwas, wissen aber, dass es eigentlich nicht so ist :confused:
(z.B. Linien, die gleich lang sind, aber durch ihre Darstellung, sieht die eine deutlich länger aus...)

Hier ein sehr anschaulicher Artikel dazu:

http://mt04.de/file/481/10+Wahrnehmung

In diesem Sinne müsste jeder sagen: "Ich bin das Mass aller Dinge"

Dein Text ist aber eben nicht so schön abgeschlossen, er lässt sich nicht so einfach einordnen, er bringt einen zum Grübeln (oder mich zumindest), er eckt irgendwie an. Der Leser möchte ihn schliessen, und er müsste es für sich selber machen (nach seiner Wahrnehmung).

Vielleicht ist es der Wunsch mitfeiern zu können, der Wunsch sich so frei zu fühlen wie du das beschrieben hast (in der Werbung wird dieses Bedürfnis nach diesem Gefühlszustand ja häufig gezeigt, also verwendet und mit einem Produkt in Verbindung gebracht, in der Hoffnung die Zuschauer fallen drauf rein...), was einem aber verwehrt bleibt, weil nicht hervorgeht wie es genau dazu gekommen ist .


Kurz zu den Tagträumen und dem Artikel:

Ich bin nicht dafür oder dagegen sondern frage mich, was zuerst da war, das Ei, oder das Huhn? Also hat ein Mensch Tagträume, weil es ihm nicht gut geht, ihn etwas beschäftigt oder geht es ihm nicht gut, weil er Tagträume hat?
Tagträume und Phantasien hat wohl jeder Mensch und können einem auch zeigen, wohin man möchte, auch wenn man zwischen Phantasie und Realität unterscheiden können muss.


Ich möchte am liebsten sagen, dass ich diese Wirkung beabsichtigt habe

Das ist mir auch schon passiert mit einem Text im Forum. Ich habe ihn geschrieben, für einigermassen interessant gehalten und ihn eingestellt. Und durch die Diskussion und die verschiedenen Ansichten und Interpretationen wurde er immer interessanter, auch für mich selber :gruebel:

Auch damals hab ich auf ein Interwiev mit Tom Waits verwiesen, der sagte, oftmals wisse er gar nicht, was er mit dem Text aussagen möchte, das interpretieren die Zuhörer rein...

Und so erscheint mir dein Text auch immer genialer ;)

Dazu mal eine allgemeine Frage: Darf man beabsichtigen, dass der Zuhörer nicht versteht um was es eigentlich geht? Ich denke schon, aber das schrammt natürlich immer haarscharf am Unvermögen etwas auszudrücken vorbei.

Natürlich darf man, obwohl ich mir die Frage auch schon oft gestellt habe, wenn kritische Zuhörer dann auf eine Erklärung bestehen, die dann den ganzen Zauber vernichten könnte???

Die Diskussion könnte endlos werden, was Kunst ist und was nicht usw...


Auf die musikalische Umsetztung bin ich natürlich auch gespannt. Irgendwie muss ich an "Mani Matter" (für die Deutschen, der wohl bekannteste schweizer Songwriter oder Liedermacher, der leider nicht mehr lebt und dessen ganz einfache Lieder und Melodien mit genialen Texten noch immer Gross und Klein begeistern) denken, sei es wegen dem Berndeutsch oder dem einfachen, aber sehr philosophischen Text mit seinen gelungenen Reimen.

liebe Grüsse

Soleluna

PS: Verzeiht mir meinen ausführlichen Beitrag, ich habe grade Ferien und ne Menge Zeit ;)
 
Ich hab gerade nicht Ferien, eher das pure Gegenteil davon, aber nach nur wenigen Tagen bin ich schon so süchtig nach diesem Forum, danach, endlich mal über wichtiges (Songtexte) angemessen diskutieren zu können, dass mich auch meine After-Work-Müdigkeit und sämtliche damit verbundenen Triebe nicht davon abhalten können deinen ausführlichen Beitrag zu lesen, zu verstehen und darauf zu antworten. :)

Insofern nochmals herzlichen Dank an Alle für eure interessanten Kommentare. Es bringt mir sehr viel, gerade auch für die musikalische Umsetzung, meinen Text nochmals ganz anders zu verstehen als aus den Gründen aus welchen er erwachsen ist.

Nach deiner Ausführung über Wahrnehmungspsychologie zweifle ich nun daran, ob ich von dem was hier geschrieben wurde nicht auch einfach nur das verstehe was ich will, respektive in meine zuvor schon bestehende eigene Interpretation nur das aufnehme was hineinpasst. ;-) Das wird wohl schon so sein, aber nichtsdestotrotz nehme ich einiges Neues auf.

Man passt seine Wahrnehmung also automatisch so an, dass es ins eigene "Weltbild" passt, dass man gar nicht genau hinschauen muss, was einen den Alltag erleichtert, aber auch von der Realität ablenken kann und vielleicht aber auch langweilig werden lässt?

Genau darin besteht ja die Versuchung, aber eben auch die Gefahr einer jeden Einbildung (auch ein schönes Wort: man macht sich selbst sein eigenes Bild von etwas, Exklusivität!), es kann erleichtern, kann aber auch nicht, kann eben auch eine Last werden. In meinem Falle wäre es eine zur Last gewordene Illusion, von der ich mich befreit habe.

Ich finde es sehr schön, dass wir uns hier im bildlichen Bereich bewegen, denn, und damit lüfte ich jetzt mal das Geheimnis, es handelt sich in dem Text darum, dass ich eine visuelle Erfahrung mache, welche mich dann dazu bringt auch über meine Lebenseinstellung anders zu denken. Ganz konkret - ich hoffe jetzt nicht alles zu entzaubern, vielleicht unvermeidlich... - geht es darum, dass ich von Bern aus, wo ich wohne die Alpen sehe, woher ich ursprünglich komme. Ich kenne die Alpenlandschaft sehr gut, habe lange da gelebt, bin viel in den Bergen gewesen, gewandert, geklettert, skigefahren, habe die Berge im Wandel der Jahreszeiten, unter Einflüssen von Tageszeit und Wetter fast mein ganzes Leben beobachtet. Ich kenne sie sehr gut. Es ist eine wahrhaft sagenhafte Welt für mich, eine Welt die manchmal unzugänglich ist, mysteriös, mystisch, überraschend, zuweilen erbarmungslos und harsch, aber auch wunderschön. Die Alpen bestehen aus Tälern, Bergketten, Gipfeln, Schluchten, sind bewaldet, bewohnt, von Weiden überzogen oder karg und steinig. Sie sind vor allem auch ausgedehnt, doch wenn man in einem Tal steht sieht man davon nicht mehr als die nächststehenden Berghänge zu beiden Seiten und die Fluchten nach vorn und hinten. Von Bern aus nun sehe ich eine Alpenkette. Eine ferne Kulisse, die manchmal wie auf Wolken schwebt, dahinter hervorlugt, (manchmal auch dahinter verschwindet), die im Morgenrot oder im Abendlicht erstrahlt, die ganz klar vor einem stahlblauen Himmel steht oder im Nebel diffus sich auflöst. Ist sie wirklich real? Und was ist sie? Ich nehme sie als ein Ding wahr und als ein Ding das mir in Anbetracht dessen, was ich darüber weiss, mehr nur wie die Erscheinung von den Alpen vorkommt, nicht wie die Alpen selbst. Und eben auch wie eine Fata Morgana meiner Heimat, nach der ich mich manchmal sehne, die ich erreichen will. Doch dann kann ich diese Alpenwelt eben nicht einfach so fassen, weil sie so divers ist. Wenn ich in dieser Welt dann bin, in einem Tal oder auf einem Berg stehe, ist es keine einzelne Bergkette mehr, sondern ein dreidimensionales Gefüge von Bergketten, Schluchten, Tälern, das sich nur in der Übereinanderlagerung und aus der Ferne betrachtet zu dem zusammenfügt, was man als Alpen bezeichnet. Ich kann die Alpen nie als solche fassen, wie ich sie sehe. Das Ganze führt mich zu der Einsicht, dass ich als Mensch in der ganzen Zeit meines Lebens nie in der Lage sein werde alles zu erfassen, alles zu kontrollieren. Und dass die Illusion der Zukunftsplanung (das war das ursprüngliche Problem woraus dieses Lied wohl entstanden ist) dann im Endeffekt wohl schwerer wiegt als das Akzeptieren meines Unvermögens mein Leben zu erfassen. In dem Sinne, dass es leichter ist, man akzeptiert die Unsicherheit die man verspürt und lebt im Moment, nimmt das wahr was gerade ist. (Für das Sein im Moment steht möglicherweise das Tanzen, auch als spontaner Ausdruck der Freude über die Erleichterung)
So ich glaube ich habe einen halben Roman geschrieben. ;-)
Freue mich auf eure Kommentare!

LG,

Isa
 
Hallo Jezabella,

Ich zitiere Dich mal so, wie ICH Dich gelesen habe.

Du schreibst zunächst über dein Verhältnis zu den Alpen, die manchmal km entfernt und manchmal sozusagen unter Deinen Füßen thronen.

Deine Beschreibung löst Sehnsucht in mir aus.

Aber meine Vorstellungen sind ähnlich unvollständig, wie jeder Deiner Augenblicke. Die Alpen übersteigen jede menschliche Vorstellung.

Anschließend stellst du Dir die Frage, ob nicht jede "Realität" jede Vorstellung davon bei weitem übertrifft.

Als letzte Schlussfolgerung setzt Du Planung und Vorstellung auf eine Stufe und folgerst:


Das Ganze führt mich zu der Einsicht, dass ich als Mensch.... nie in der Lage sein werde ... alles zu kontrollieren.

Und dass die Illusion der Zukunftsplanung...
- das war das ursprüngliche Problem woraus dieses Lied wohl entstanden -
... wohl schwerer wiegt als das Akzeptieren meines Unvermögens mein Leben zu erfassen.

.... dass es leichter ist, man akzeptiert die Unsicherheit .... lebt im Moment ....

(Für das Sein im Moment steht möglicherweise das Tanzen, auch als spontaner Ausdruck der Freude über die Erleichterung)
Das verstehe ich.

Aber leider entbindet uns das hier und heute nicht von Entscheidungen, die in das dort und morgen ragen.

Nicht die Alpen ... auch als Metapher für das unübersichtliches Gelände der Zukunft zu verstehn... stehen im Wege, sondern der selbst gestellte Termin zum Aufbruch: Wann, womit, wohin, mit wem, wie lange, wie weit, mit welchen Mitteln, warum, wozu...

Natürlich kann man sich alternativ treiben lassen... aber auch dieses Verhalten folgt nur EINEM Impuls in einer ganzen Gefühlspalette. Wie lange kann man die anderen Wünsche unterdrücken?

Und hier setzt mein Unwohlsein mit der angesprochenen Illusion ein: was ist schlimmer - die verzerrte Vorstellung von der Realität oder die Ilussion, es gäbe sie gar nicht und somit auch keinen gut begründeten Einscheidungsdruck?

Ich kann es auch anders sagen: Am liebsten läse und hörte ich von Deinen Erlebnissen vor, in und hinter den Alpen... ich liebe ganz außerordentlich die Songs von Joni Mitchell: auf wundersame Weise privat... weiblich...unendlich...:)

Und damit zur Frage, wie viel man dem Publikum vorenthalten darf?

Meine Devise lautet: Was mir schmeckt, schmeckt auch anderen.

Ich überlege, welche Zutaten an ein lecker Textchen gehören und wie man sie portioniert, damit man sich nicht gleich daran überfrißt.

Andererseits muss natürlich ordentlich Schärfe ran, damit das Lästermaul gar nicht erst lange aufstehn kann.;)

Und schließlich muss man noch genügend unspektakuläre Natur schmecken, trotz aller Klugheiten des Internets ...ähm Geschmacksverstärker im Supermarkt.

Mein Gradmesser ist, ob sich während des Schreibens ein hinterhältiges Leuchten in meine Augen schleicht! :D

Auf Deine Frage bezogen: Wie viel ursprüngliches Feuer liegt noch im eventuell stark sublimierten Text - das wäre meine Frage an MICH...;)

Wenn ich leuchte, hoffe ich auf Reflexionen. Wenn die Funzel flackert, auf eine gute Nacht ;)

Gute Nacht
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Morgen

Ist wiedermal interessant hier ;-)

Also ich seh diese von dir so schön beschriebene Bergkette von mir zu Hause auch, und sie ist wirklich real, keine Fatamorgana ;-), auch wenn sie grad von dicken Wolken verdeckt wird. Da sie für dich Heimat war (für mich nicht) und vieles rund um sie erlebt hast, wirst du sie wohl mit ganz viel anderem in Verbindung bringen, was schöne oder unschöne Bilder entstehen lassen kann.

Meine Bergkette übrigens, wo ich aufwuchs, war der Alpstein und deine Liedzeilen und v.a. Erläuterung lassen mich grad an eine kleine Geschichte aus meiner Kindheit wiedererleben.
Wir versuchten damals nämlich diesen Säntis spontan aus dem Spiel zu Fuss zu erreichen. Er schien so zum Greifen nahe, da er so gross hinter einem Hügel hervorragte. Jedoch mussten wir bald merken, dass er auch nach längerem Fussmarsch immer noch gleich weit weg war. Das war äusserst verblüffend!!!

Ich kann die Alpen nie als solche fassen, wie ich sie sehe.

Was ich sehe von dir
ist nicht was du bist
steh ich mal nahe vor dir
merke ich, dass alles anders ist

Hier verstehe ich deine "Aufregung" nicht ganz, es ist ja bei näherer Betrachtung nicht alles anders, sondern nur die Perspektive ist anders und eigentlich noch alles gleich?

Für mich ist eine Bergkette eher eine Metapher für etwas Beständiges, das geruhsam dasteht, die Menschen überragt und überlebt und sich nur über grössere Zeiträume verändert. Sich darin zurechtzufinden, ich benutze Jongleurs Metapher für das
unübersichtliches Gelände
, bedarf einer intensiven Auseinandersetzung mit ihr.

Dann die Übertragung des ursprünglichen Themas des Songs:
Das Ganze führt mich zu der Einsicht, dass ich als Mensch in der ganzen Zeit meines Lebens nie in der Lage sein werde alles zu erfassen, alles zu kontrollieren.

Vielleicht würde ein Bergführer, der sein Leben auf dieser Bergkette verbracht hat sagen, er kenne sie wie seine Jackentasche (auch wenn er bei weitem nie alles kennen kann…)?

Man kennt sich also mit den Dingen gut aus, mit denen man sich viel und intensiv beschäftigt. Vielleicht sollte also das Leben die eigene Bergkette sein, in der man sich auskennt, weil man sie kennengelernt und erfasst hat? Das erleichtert einen wohl die Lebensplanung? Weil man weiss, wie man die schönen Orte der Bergkette erreicht und die andern meiden kann?

Wie Jongleur das auch sehr schön ausgedrückt hat:

Aber leider entbindet uns das hier und heute nicht von Entscheidungen, die in das dort und morgen ragen.
Nicht die Alpen ... auch als Metapher für das unübersichtliches Gelände der Zukunft zu verstehn... stehen im Wege, sondern der selbst gestellte Termin zum Aufbruch: Wann, womit, wohin, mit wem, wie lange, wie weit, mit welchen Mitteln, warum, wozu...

Wer also weiss welcher Gipfel er besteigen will, weil er weiss, es gefällt ihm da, muss wissen wie er dahin kommt mit den von Jongleur genannten Fragen, die sich dabei stellen.
Ansonsten verliert man sich in der Bergwelt und lässt sich alternativ treiben, sieht mal da eine schöne Quelle, mal da einen schönen Ausblick, verliert aber wahrscheinlich irgendwann das Ziel des Gipfels….

Natürlich kann man sich alternativ treiben lassen... aber auch dieses Verhalten folgt nur EINEM Impuls in einer ganzen Gefühlspalette. Wie lange kann man die anderen Wünsche unterdrücken?

In dem Sinne, dass es leichter ist, man akzeptiert die Unsicherheit die man verspürt und lebt im Moment, nimmt das wahr was gerade ist. (Für das Sein im Moment steht möglicherweise das Tanzen, auch als spontaner Ausdruck der Freude über die Erleichterung)

Und hier setzt mein Unwohlsein mit der angesprochenen Illusion ein: was ist schlimmer - die verzerrte Vorstellung von der Realität oder die Ilussion, es gäbe sie gar nicht und somit auch keinen gut begründeten Einscheidungsdruck?

Unter diesen Gesichtspunkten empfinde ich dieses Tanzen eher als Verlegenheitshandlung in einer Orientierungslosigkeit, als ein überzeugter Ausdruck der Freude, vielleicht der Grund, dass ich es im Text als nicht als nachvollziehbar empfunden habe? Oder irr ich mich da?

Persönlich kriege ich spontan Lust zum Tanzen oder Feiern, wenn ich ein "klick" Erlebnis habe und endlich eine Entscheidung, die mir richtig erscheint fallen konnte, die mir Ruhe gibt vor weiteren Suchen.

Das Lied feiert also ein Losgehen und Loslassen, ohne zu wissen, was loslassen und wohin es es geht. Erinnert mich etwas an Janoschs "Oh, wie schön ist Panama", die auf der Suche nach ihrem Paradies sich im Kreise gedreht haben und wieder in ihrer alten Heimat angekommen sind. Aber wer sein eigenes Paradies finden möchte, muss vielleicht die alte Heimat loslassen können und das eigene Paradies nicht nur finden sondern auch aufbauen? Dazu braucht man wohl auch eine Vorstellung davon? Jetzt sind wir aber wieder bei der Illusion ;) oder beim Glauben oder Ueberzeugung?

Liebe Grüsse
SoleLuna


PS: Soeben gefunden unter metaphern.de zum Begriff Berg:

Der Bergsteiger

Lächelnd sagte der alte Bergsteiger:
Es gibt immer viele Wege, die einen Berg hinaufführen.
Oben angekommen ist die Aussicht für alle gleich.:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Mahlzeit,

SoleLuna schrieb:
Wir versuchten damals nämlich diesen Säntis spontan aus dem Spiel zu Fuss zu erreichen. Er schien so zum Greifen nahe, da er so gross hinter einem Hügel hervorragte. Jedoch mussten wir bald merken, dass er auch nach längerem Fussmarsch immer noch gleich weit weg war. Das war äusserst verblüffend!!!
Jau! - Die Kinderseele hat noch klare Augen für die Rätsel des Lebens.

Kenne dieses Verblüffung...
....und das vielschichtige Gefühl des In-Der-Welt -Verloren-Seins natürlich auch.

Hatte sie aber bereits vergessen, diese poetischen Augenblicke:)

Heute stöhnt man doch meistens nur noch gedankenlos: "Maaaaaiiin Gott..!" :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Jau! - Die Kinderseele hat noch klare Augen für die Rätsel des Lebens.

Kenne dieses Verblüffung...
....und das vielschichtige Gefühl des In-Der-Welt -Verloren-Seins natürlich auch.

Ja, da hat Isa eine schöne Metapher, die "Bergwelt" für das Leben gewählt.... Die ganze Schönheit der Natur, Grausamkeiten der kalten Felsen, das sich Verloren-fühlen in der unübersichtlichen Weite und Grösse, die Gipfel als Ziele, die verschiedenen Wege, Umwege, Ueberwinden von Hindernissen, die einem im Weg stehen, das sich wieder zurechtfinden usw...

Vielleicht stehen die Berge den Schweizern etwas näher?

Irgendwie erinnert mich das an Lindgrens Ronja Räubertochter, die sich alleine im grossen Wald zurechtfinden musste und wollte, die ganze erlebte Schönheit und poetischen Augenblicke aus den Augen einer Kinderseele, aber auch deren Grausamkeiten, all die wilden Kreaturen und Abgründe, den Umgang mit denen sie aber gemeistert hat und sich dann das eigene Paradies in einer Höhle zusammen mit Birk aufgebaut hat.


Hatte sie aber bereits vergessen, diese poetischen Augenblicke

Ja, der ganze Stress, der uns das Leben, die Arbeit und was weiss ich bereithält, die vielen Möglichkeiten, die das moderne Leben bereithält, da versinkt man plötzlich drin, wenn man nicht aufpasst, passiert mir auch immer wieder, aber da muss man sich vor dem Ertrinken bewahren!


Die kleinen Dinge sind es oft, die man übersieht, aber die einen vielleicht ab und an wieder solch poetische Augenblicke im Alltag bescheren?

Und der grösste und wohl schönste Gipfel, den es zu besteigen gilt, ist wohl das eigene Kinderhaben, denn da darf man diese poetischen Augenblicke nochmals miterleben :). Das setzt ich grad auf die oberste Zeile, meiner to-do Liste :)
 
So, interessant, was hier passiert ist. Danke für eure Gedanken erstmals. :)

Ich muss euch wohl unterstellen, dass ihr euch von gängigen Bergmetaphern habt verleiten lassen.
Also ich seh diese von dir so schön beschriebene Bergkette von mir zu Hause auch, und sie ist wirklich real, keine Fatamorgana
Ja, das ist sie, aber in meinem Lied geht es ja eben gerade nicht um die reale Bergwelt, sondern deren ERSCHEINUNG!
Für mich ist eine Bergkette eher eine Metapher für etwas Beständiges, das geruhsam dasteht, die Menschen überragt und überlebt und sich nur über grössere Zeiträume verändert.
Genau darum geht es eben nicht! Die Berge verändern sich und zwar eben nicht von Weitem gesehen und über grössere Zeiträume betrachtet, sondern von Nahem und in jedem Moment wo sich eine Wolke am Himmel verschiebt, an einem Frühlingstag Blätter spriessen, in einer Nacht der erste Schnee fällt, die Sonne auf- oder untergeht. Ich betone nochmals, es geht um die Erscheinung der Berge, um das, was bei MIR ankommt, was ICH sehe. Die Desillusionierung dessen, der Untergang meiner Illusion also, ist das Erkennen dessen, was du, SoleLuna beschreibst, eben diese Ewigkeit der Berge.

(Kurzes wichtiges Intermezzo:
Hier verstehe ich deine "Aufregung" nicht ganz, es ist ja bei näherer Betrachtung nicht alles anders, sondern nur die Perspektive ist anders und eigentlich noch alles gleich?
Eben! die Perspektive ist anders! Das ist genau der Punkt! Es geht um eine visuelle Wahrnehmung. Und von Aufregung würde ich meinerseits nicht sprechen. Es ist eher eine kühle Beobachtung, ein Befund.)

Es geht also um die eigentliche Ewigkeit der Berge und mich als vergängliches, machtloses Wesen demgebenüber. Diese Machtlosigkeit empfinde ich aber nicht als Last, sondern als Erleichterung, ich muss diese ganze Verantwortung gar nicht tragen. Ich trage nur die Verantwortung für den Moment. Das klingt jetzt vielleicht naiv, aber ich meine damit nicht, dass mich weder die Vergangenheit noch die Zukunft kümmern, sondern, dass sich mein Handeln, meine Möglichkeiten, etwas zu verändern im Grunde genommen immer nur auf den Moment beschränken, in dem ich wirklich etwas tue. Ich kann zwar lange von etwas reden und drüber nachdenken, aber entscheidend ist der Moment der Ausführung.
Aber leider entbindet uns das hier und heute nicht von Entscheidungen, die in das dort und morgen ragen.
Nicht die Alpen ... auch als Metapher für das unübersichtliches Gelände der Zukunft zu verstehn... stehen im Wege, sondern der selbst gestellte Termin zum Aufbruch: Wann, womit, wohin, mit wem, wie lange, wie weit, mit welchen Mitteln, warum, wozu...
Dieser Punkt wäre wohl mit obiger Ausführung schon beantwortet. Ich bin aber in meinem Lied gar nicht so weit gegangen, als die Konsequenzen meiner Desillusionierung anzusprechen. Der Refrain setzt ja den thematischen Schwerpunkt auf den Moment der Erkenntnis. Das soll auch so bleiben. Denn ich glaube, im Moment zu leben - das wurde möglicherweise ein bisschen negativ aufgefasst - hat nichts mit Orientierungslosigkeit zu tun, oder gar mit Verantwortungslosigkeit und Abschottung. Ich glaube, dass man nur dann im Besitz seiner ganzen Handlungs- und Urteilskraft ist, wenn man vollkommen im Bewusstsein dessen ist, was gerade ist. Dazu muss man sich auf das Wichtigste konzentrieren können und die Fakten genau kennen. Infolgedessen kommt man am Besten vorwärts in dem man sich eben aus dem gerade gegenwärtigen Moment nur auf den nächsten Schritt konzentriert.
Ich denke dabei daran, wie ich angefangen habe zu klettern. Zunächst jagte mir der Blick die Kletterwand hoch ziemlich Angst ein und ich fühlte mich total überfordert mit dem Anspruch dort zuoberst anzukommen. Wenn ich dann aber in der Wand war und mich nur auf den nächsten Tritt, den nächsten Griff konzentrierte, und dann nach eineigen Zügen zurückschaute, war ich immer wahnsinnig überrascht, wie weit ich schon gekommen war.
Also nochmals kurz zusammengefasst, es geht darum, seine Ansprüche soweit abzusenken, dass sie der eigenen momentanen Handlungskraft entsprechen. Die Berge im Lied sind also NICHT die Metapher, sondern eben die Erkenntnis meiner beschränkten Wahrnehmungsmöglichkeiten. Meine Augen sehen nur das was sie eben sehen und das ist manchmal nur eine Illusion (Z. B. Die Berge sind nicht rosa, sie werden nur von der Abendsonne in ein rosa Licht getüncht.). Deshalb war es ja auch nicht nötig gewesen, die Berge als solche im Liedtext zu erwähnen. Es geht nicht um sie, sondern um eine Erscheinung von etwas, die ich dann entlarve.

So, da ich jetzt fast alles wiederlegt habe, was ich geschrieben habt, stellt sich die Frage, ob mein Text so schlecht ist, dass ihr es nicht verstehen könnt. ;) Aber ich hatte zu Beginn dieser Diskussion ja den Eindruck gehabt, dass ihr aus meinem Songtext das, was ich sagen wollte schon verstanden hattet. :)
Bin gespannt auf eure Reaktionen!

Liebe Grüsse,
Isa
 
hallo Jezabella,

Möglicherweise ist es schon nicht mehr effizient, auf alle Gedanken dieses gewachsenen Threads einzugehen...

Na gut, konzentrieren wir uns also auf das ominöse "Heute und Hier" - den Moment.

Jezabella schrieb:
Es geht also um die eigentliche Ewigkeit der Berge und mich als vergängliches, machtloses Wesen demgebenüber.
Das kann man so sehen - MUSS man aber nicht.

Denn "ewiges" Bergmassiv" , "vergänglicher" Mensch und "Machtlosigkeit" stehen in keinem direkten Zusammenhang: Was kümmert es die mächtige Malariamücke, welchen hilflosen Methusalem sie gerade den Tod bringt?

"Ewigkeit" und "Machtlosigkeit" sind mMn nur Gehirnkonstrukte, die uns helfen, strategische Ziele in taktische Handlungen zu verwandeln.

Sind Gehirnkonstrukte wie der "reale Berg" oder die "Erscheinung von der Realität eines Berges" - und recht interessanter Stoff für poetische Spekulatationen;)

Jezabella schrieb:
Diese Machtlosigkeit empfinde ich aber nicht als Last, sondern als Erleichterung, ich muss diese ganze Verantwortung gar nicht tragen. Ich trage nur die Verantwortung für den Moment.
Hm...:gruebel:

Ich bin zwar ebenfalls Anhänger der Theorie, dass wir wollen, was wir tun (und nicht etwa tun, was wir wollen)...

aber ich akzeptiere auch, dass sich unzählige Fragen daraus ergeben. Stellvertretend mal zwei Probleme:

aber was ist mit dem ungewollter Erzeuger eines Kindes ... darf er so gesehen jegliche Verantwortung für sein Kind ablehnen?

was ist mit dem Triebtäter...? Ist er verantwortlich?

Ich will diesen thread jetzt nicht unnötiger Weise emotionalisieren. Vielleicht verstehen wir uns ja noch nicht richtig. Denn Du schreibst ja auch

i
Jezabella schrieb:
ch glaube, im Moment zu leben - das wurde möglicherweise ein bisschen negativ aufgefasst - hat nichts mit Orientierungslosigkeit zu tun, oder gar mit Verantwortungslosigkeit und Abschottung.
Nun bin ich aber gespannt wie ein Kind.

Jezabella schrieb:
Ich glaube, dass man nur dann im Besitz seiner ganzen Handlungs- und Urteilskraft ist, wenn man vollkommen im Bewusstsein dessen ist, was gerade ist.
Also "Realität" und "Erscheinung" klar trennen kann? Das Eine als gottgegeben und das Andere als erfunden? Wie soll das gehen?

Jezabella schrieb:
Dazu muss man sich auf das Wichtigste konzentrieren können und die Fakten genau kennen. Infolgedessen kommt man am Besten vorwärts in dem man sich eben aus dem gerade gegenwärtigen Moment nur auf den nächsten Schritt konzentriert.

Gut, DAS schrieb ich ja auch....

Jongleur schrieb:
Nicht die Alpen ... stehen im Wege, sondern der selbst gestellte Termin zum Aufbruch: Wann, womit, wohin, mit wem, wie lange, wie weit, mit welchen Mitteln, warum, wozu...

... aber: setzt DAS allein Tagträume oder die Illusion der Liebe außer Kraft? Und warum überhaupt?

Kannst Du Deinen Gefühlen etwa befehlen, sich nicht zu verlieben, weil doch sehr fraglich ist, ob und wann die betroffenen Menschen diesbezüglich "die Fakten genau kennen"?

Ist blindes Verlieben und Lieben eine ungewollte Schwäche? Oder gar eine Last?

Jezabella schrieb:
Deshalb war es ja auch nicht nötig gewesen, die Berge als solche im Liedtext zu erwähnen. Es geht nicht um sie, sondern um eine Erscheinung von etwas, die ich dann entlarve.
Ach Isa, warum sollte der Geist glaubwürdig entlarven können, was er doch erst in die Welt gesetzt hat. Reichte nicht eine Nummer kleiner: "in Frage stellen"?

Mein Fazit: Ich verstehe und mag Deinen Text als eine schöne Moment-Aufnahme vom Moment ;)

Und damit könnte ich gut leben.:)
 
Zuletzt bearbeitet:

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