Streicher komprimieren?

Reflex
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Hallo,

ich würde gerne wissen, ob man in der Popmusik Streicher (z.B. im Hintergrund einer Ballade) üblicherweise auch mit einem Kompressor bearbeitet, oder sie so lässt wie sie sind.
Falls ja, was für Einstellungen wären ratsam?
 
Eigenschaft
 
da hier die Streicher wohl aus der 'Konserve' per MIDI kommen, würde ich da zuerst versuchen mit der Velocity dran zu gehen - aber wie immer, es gibt keine Regel, man nimmt was gefällt und für den Mix bzw. das Ziel notwendig ist.
 
Ich weiss nicht, ob das hier der Fall ist, aber manchmal hab ich den Eindruck, dass Leute glauben, Kompressoren seien allgemeine Klangverbesserer, die man mal vorsorglich besser auf alles draufschüttet, was einem in den Weg kommt.

Sind Kompressoren das Glutamat der Populärmusik?

Natürlich nimmt man einen Kompressor (=Dynamikbegrenzer) wenn die Dynamik (bzw deren Abwesenheit) des Signals davon profitiert. Das kann man nur im Einzelfall beantworten und hängt vor allem von dem restlichen Mix ab.

Wenn die Streicher als Hintergrundfläche für eine Ballade arrangiert sind, ist wahrscheinlich wenig Dynamik, die man einebnen könnte, vermute ich.
 
Wahre Worte.
Der Kompressor wird leider in den letzten Jahren immer häufiger als fixer Bestandteil in der Signalkette angesehen und leider allzu oft und viel zu häufig, man kann sagen inflationär, eingesetzt.
Auch hier gilt: Weniger ist oft viel, viel mehr.
Zumal in der Summenbearbeitung in heutigen Zeiten auch noch bis zum Anschlag komprimiert wird und die Musik generell zwar extrem LAUT getrimmt wird aber dünn wie ein Löschblatt ist.
Im Konkreten Fall: Streicher aus der Dose sind eigentlich dahingehend schon sehr bearbeitet und optimiert. Meist ist hier eine zusätzliche Kompression nicht von Nöten.
Wie Pico schon sagte, zuerst mit der Velocity versuchen.
 
Also ich bin nicht der Meinung, dass man generell überall einen Kompressor draufhauen sollte, deswegen habe ich ja auch die Frage gestellt.
Ich wollte nur wissen, wie es meistens gemacht wird. Mir ist schon klar, dass es auch hier wie überall keine allgemeingültigen Regeln gibt, aber dennoch gibt es ja Dinge, die sich bewährt haben.

Ja, Streicher kommen natürlich aus der Konserve. Werde die Velocity noch anpassen, nur dann verändert sich ja auch der Klangcharakter. Mir gefällt es mit etwas Dynamik, nur es könnte zu viel sein für eine Pop-Ballade, deshalb die Frage.

Und wie schaut es mit echten Streichern aus?
Ich bekomme zwar wohl nicht so schnell die Gelegenheit mit echten Streichern zu arbeiten, aber dennoch wäre es nett, das zu wissen.

Wird in der Klassik eigentlich überhaupt nicht komprimiert, oder benutzt man für Studioaufnahmen auch dort ab und zu dezent einen Kompressor, z.B. bei einem Opernsänger?
 
Und wie schaut es mit echten Streichern aus?
Ich bekomme zwar wohl nicht so schnell die Gelegenheit mit echten Streichern zu arbeiten, aber dennoch wäre es nett, das zu wissen.

Wird in der Klassik eigentlich überhaupt nicht komprimiert, oder benutzt man für Studioaufnahmen auch dort ab und zu dezent einen Kompressor, z.B. bei einem Opernsänger?



Nun, gerade in der Klassik ist die Dynamik ein Heiliges Gut.
Von pianissiomo piano bis fortissiomo forte gibt es in der Klassik auch genaue Anweisungen bezüglich der Dynamik und ist essenzieller Bestandteil des Stückes und des Stimmungsbogens.

Die Kunst der Tontechnik ist die Dynamik im Stück möglichst perfekt einzufangen und ebenso wiederzugeben.
Was beim Mischen UND vor allem beim Mastern eine echte Herausforderung darstellt und Jahre geübt werden muss um Brauchbares zu produzieren.

Tontechnik in der Klassik zu beherrschen ist der Ritterschlag der Tontechnik.
Ein Orchester mit 60 - 80 Musikern oder noch mehr zu mikrofonieren ist eine Kunst für sich.
Da hat man mit Stützmikrofonen und Saalmikrofonen schnell mal 100 Stück und mehr im Einsatz.

Man muss Phasenauslöschungen also Laufzeiten, Reflexionen, optimales Einfangen der Instrumente und die Akustik im Saal und vieles mehr berücksichtigen.
Dazu kommt noch, dass man meist nur einen Versuch hat, da die meisten Werke auf CD ja im Zuge eines Konzertes aufgenommen werden.
Ein falsch eingestellter Kompressor kann da schnell was unwiderruflich zunichte machen.

Und ja, auch in der Klassik wird mit Kompressoren an einigen Stellen gearbeitet.
Aber es ist eher ein Feinchirurgisches Instrument welches mit großer Vorsicht und eher selten zum Einsatz kommt.
 
Danke für die Erklärung.
Sehe gerade, dass du auch aus Wien bist, hallo Nachbar :D

Dass Tontechnik in der Klassik sozusagen die höchste Liga darstelle, daran habe ich so eigentlich noch überhaupt nicht gedacht, ist aber dank deiner Ausführungen natürlich nachvollziehbar. Das sind aber meistens auch Tontechniker, die nur Klassik machen oder? Gibt es auch welche die sowohl Klassik als auch Rockproduktionen machen?

Bzgl. Kompressor in der Klassik: Nach Lektüre eines Artikels komme ich zum Schluss, dass es auch dort Kompressoren bedarf, allein schon aus technischen Gründen.
(korrigiert mich, falls das folgende falsch ist)
Ein Orchester kann ja soweit ich weiß, bis zu 100 dB Dynamik erreichen. Die meisten Tonträger selber bieten aber gar nicht so einen hohen Dynamikumfang, selbst die CD hat meines Wissens "nur" 96 dB. Daher müssen auch in der Klassik extrem dynamische Aufnahmen komprimiert werden, um sie überhaupt auf einen Tonträger zu bekommen.
Außerdem konnte man bei der Schallplatte durch Kompression auch die Spieldauer erhöhen, da die Nadel nicht so weit auschlagen musste.
 
Auch dir ein "Hallo Nachbar".

Tontechniker:
Im Regelfall liegt es meist bei der Spezialisierung von Tontechnikern an deren persönlicher Präferenz.
Insofern sind die Tontechniker die Klassik, über Jazz/Blues nach Pop und Rock plus den Verzweigungen als ihre Arbeitsfelder ansehen und diese auch beherrschen wohl eher sehr dünn gesät.

Kompression:
Wie du richtig bemerkst und ich in meinem vorherigen Beitrag schon geschrieben habe, werden in der Tat Kompressoren in der Klassik eingesetzt.
Aber wie von mir angemerkt ist es ein sehr feinfühliger Vorgang der sich und da hast du richtig recherchiert, darauf beschränkt die technischen Vorgaben die zu erfüllen sind zu erreichen.
Dies hat allerdings nur wenig mit der Kompression im Pop/Rock Bereich zu tun.
Denn hier wird Selbige ja nicht nur zur Erreichung der technischen Vorgaben genutzt sondern greift auch bewusst "Klangfärbend" und oft sehr hart in das Signal ein. Dies ist der essenzielle Unterschied zwischen der Kompression in der Klassik und in der U-Musik.

Schallplatte:
Richtig, die Spieldauer bzw. Länge einer Schallplatte wurde oder wird von der Dynamik beeinflusst. Große Auslenkungen in der Dynamik, also wenig Kompression führen dazu, dass die Rille in größeren Schlangenlinien also mit mehr Platzbedarf auf der Platte entlangläuft und so sich einfach der zur Verfügung stehende Platz auf einer Seite einer Schallplatte reduziert. Daraus ergibt sich eine Verkürzung der Spielzeit.
 
Wie du richtig bemerkst und ich in meinem vorherigen Beitrag schon geschrieben habe, werden in der Tat Kompressoren in der Klassik eingesetzt.
Aber wie von mir angemerkt ist es ein sehr feinfühliger Vorgang der sich und da hast du richtig recherchiert, darauf beschränkt die technischen Vorgaben die zu erfüllen sind zu erreichen. Dies hat allerdings nur wenig mit der Kompression im Pop/Rock Bereich zu tun.

Das ist klar, denn hier soll die Kompression wirklich komplett unhörbar sein und nicht auffallen.
Jetzt wäre es nur noch interessant zu erfahren, welche Kompressoren bevorzugt für diesen Zweck verwendet werden, und mit welchen Einstellungen.
 
Ein Orchester mit 60 - 80 Musikern oder noch mehr zu mikrofonieren ist eine Kunst für sich. Da hat man mit Stützmikrofonen und Saalmikrofonen schnell mal 100 Stück und mehr im Einsatz.

Naja...muß nicht immer unbedingt sein.
Unsere Ballettmusik "Abraxas" von Werner Egk ist mit einem Stereo-Hauptmikro und 8 Stützen für eine offizielle CD-Produktion recordet worden.

Ok, es waren allerdings auch nur 40-50 Musiker in einem recht passablen Raum...;).

Waren es nicht u.a Decca Records, die gern mit weniger als mehr Mikrofonen arbeiteten? :)
 
100 Mikrofone sind schon eine Seltenheit.
Viele Top Orchesterproduktionen wurden mit nur einem Stereomikrofon aufgenommen. Das hat einen bestimmten Grund:
Da der Dirigent durch seine Arbeit die Lautstärke der einzelnen Musiker schon exakt umsetzt und die Spieler, bedingt durch ihre Sitzordnung quasi das Panning schon übernehmen, ist es nicht immer notwendig noch viele Stützen zu verwenden. Bei einem gut positionierten Stereomikrofon lässt sich dies alles sehr gut einfangen, auch der Raumanteil.
Will man aber trotzdem mit vielen Stützmikros arbeiten um anschließend noch manches zu bearbeiten und arbeitet mit Surround, dann sind es auch kaum mehr als etwa 30 Mikros.
Für meine Filmmusikeinspielungen, z.B. mit dem Filmorchester Babelsberg, welche immer Surround aufgenommen wurden. Mit Flügel, Percussion, Bläser, Streicher, etc. verwendete der Tonmeister auch nur gute 30 Mikros.

---------- Post hinzugefügt um 20:59:43 ---------- Letzter Beitrag war um 15:43:27 ----------

Achja eigtl ging es jaursprünglich um Streicherkomprimierung!!
Ja auch Streicher können/sollten ähnlich wie Vocals, Drums etc. komprimiert werden.
Allerdings nicht immer und wenn dann nur sehr unauffällig.
wie es sich bei Klassikproduktionen verhält wurde ja schon oben angesprochen.
Da kann es Sinn machen am Ende einen Limiter einzusetzen um zu laute Pegel zu begrenzen.

Bei Pop-Nummern, Werbemusik und dergleichen macht es schon mehr Sinn den Kompressor zur Klangbeeinflussung zu nutzen.
Hier ist ein sehr hochwertiger Kompressor zu empfehlen welcher mit längeren Attack- bzw. Releasezeiten arbeitet.
Die Transienten welche bei Streicher sehr entscheident sind dürfen dabei aber nicht kaputt gemacht werden.
Zu empfehlen wäre auch eine Softknee-Schaltung.
Ein SoloCello kann übrigens klanglich sehr gewinnen und sich im Mix viel besser durchsetzen wenn du es komprimierst.
 
Ich war bis Dato 3 Mal als einer der Tontechnischen Assistenten bei dem Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker beschäftigt.
So an die 15 Atmosphäre-Mikrofone waren alleine im Saal positioniert.
Solomikrofone, Gruppenmikrofone, Stützmikrofone und Backup-Mikros dazugerechnet kommt man so an die 100 Stück. Von dem Konzert wird auch alljährlich eine CD produziert.

Aber gut, dieses Konzert wird auch nicht mit normalen Maßstäben gemessen.
Schließlich ist dieses Konzert im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins das jährlich meistgesehene der Welt. Es wird in über 70 Länder übertragen und gut 50 Millionen Menschen sehen es.
Da schwitzt ein jeder der an der Produktion beteiligt ist. Auch wenn man nur einer der kleinen Tonassistenten ist.
Also, selten aber doch kommen solche Dimensionen bei der Mikrofonierung zustande.

tonstudio2: Ja, Decca Records ist auf Klassik spezialisiert und machte auch schon viele Aufnahmen des Neujahrskonzertes. Um aber gegenüber dem Auftraggeber, z.B. dem ORF, sich schadlos zu halten, alle Möglichkeiten und Eventualitäten der späteren tontechnischen Bearbeitung offen gegenüber zu stehen, und eventuellen Konventionalstrafen in astronomischer Höhe bezüglich Sorgfaltspflicht und Abgabegarantie (Das Konzert findet nur einmal pro Jahr am 1.Jänner statt und ist wegen der wechselnden Dirigenten jedes Mal ein Unikat.)vorzubeugen, wird ein dementsprechender Aufwand gerechtfertigt und betrieben.

Streicherkomprimierung:
Was FilmComposer in Bezug auf Streicherkomprimierung schreibt ist zu unterschreiben.
 
Danke für die interessanten Ergänzungen.

Ich werde bald eine Violine aufnehmen, gilt dafür dasselbe wie für das Chello, wie oben beschrieben?
Es wird ein Popsong sein.

@ Wasti

Auf was für einem System wird eigentlich das Neujahrskonzert aufgenommen?
Ich nehme mal an, dass da gleich zur Sicherheit mehrere Recorder mitlaufen?
Auf wie viele Spuren werden diese rund 100 Mikros zusammengefasst und aufgenommen?
 
Auf was für einem System wird eigentlich das Neujahrskonzert aufgenommen?
Ich nehme mal an, dass da gleich zur Sicherheit mehrere Recorder mitlaufen?
Auf wie viele Spuren werden diese rund 100 Mikros zusammengefasst und aufgenommen?
Falls ich da mal mein Wissen an bringen darf.
Der ORF arbeitet bei großen "Außenaufnahmen" idR. mit einem Ü-wagen in dem eine Lawo mc^2 konsole steht.
Aufgenommen wird mit Pro Tools.
Eigentlich wird schon während der Show ein Stereomitschnitt gemacht, in vielen Fällen wird dieser dann auch oft wirklich verwendet.
Ansonsten werden wie gesagt in PT alle Spuren separat (+Summe) aufgezeichnet.

Es kann sein, dass bei dieser speziellen Produktion die Dinge etwas anderes vor sich gehn (dort war ich auch noch nie dabei), aber bei den durschnittlich großen Produktionen passiert es so wie von mir geschieben.

Lg Jakob
 
Oha, hab übersehen das Reflex hier noch eine Frage an mich gestellt hat.
Aber 13.Melody hat sie ja schon richtig beantwortet.
Auch bei diesem Konzert geht der ORF wie bereits oben beschrieben vor.
Was noch dazukommt: Decca macht parallel dazu ebenfalls das eigentliche CD-Recording.
Decca arbeitet meist mit der Yamaha PM1D Konsole.
 

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