Unterschied Pentode / Beam Power Tetrode ?

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Hallo Männers!

Ich habe mich gerade mal durch's Internet gewühlt, um den Unterschied im Aufbau/Wirkungsweise einer Pentode (z.B. EL34) zur Beam Power Tetrode (6L6GC etc.) zu erkundigen. Da gibt es ja einige Seiten, nur leider sowas von "vertechnikkauderwelscht".
Unter anderem:
http://www.jogis-roehrenbude.de/EL34-Story/6L6-Story-Seite1-Dateien/Innenaufbau/Innenaufbau.htm
http://www.pentodepress.com/tubes/6L6_parameters.html
http://en.wikipedia.org/wiki/Beam_tetrode

Besonders interessant und fast verständlich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tetrode

Könnte mir (Röhrenidiot) das bitte mal jemand (wissender Geist) in einer halbwegs verständlichen Form nochmal nahebringen?

Mich beschleicht das dumpfe Gefühl, eine Röhre (in welcher Form auch immer) ist gar nicht annährend so "simpel", wie man gerne zu glauben gedenkt.


Vielen Dank für Euer Verständnis und Eure Hilfe!


der Oliver
 
Eigenschaft
 
Hallo Oliver,

zuerstmal sollte man klarstellen, dass der Begriff "Beam Power Tetrode" etwas irreführend ist, weil das Ding eigentlich eine Pentode ist, und zwar deshalb, weil sie fünf (penta=5) elektrisch wirksame Komponenten hat:

1. Kathode (k)
2. Steuergitter (g1)
3. Schirmgitter (g2)
4. Strahlleitblech (g3)
5. Anode (a)

Man bezeichnet die Röhren wie die 6L6-Derivate und die deutschen Röhren mit Strahlleitblech bzw Strahlbündelblech (EL504, EL519 usw) deswegen normalerweise auch als "BPT" wobei das für Beam Power Tube steht. Wenn man Beam Power Tetrode sagt, dann würde man ja das Strahlleitblech nicht als elektrisch wirksame Elektrode mitzählen und das finde ich unsinnig, weil es eben sehrwohl elektrisch wirksam ist.
General Electric schreibt im Datenblatt der 6L6GC von 1963 aus diesem Grunde auch "6L6-GC BEAM PENTODE FOR AF POWER AMPLIFIER APPLICATIONS" was nichts anderes heißt als "Pentode mit Strahlleitblech für Niederfrequenz-Leistungsverstärkeranwendungen".

Aber genug der Wortklauberei, zurück zum Aufbau:
Man sieht in der obrigen Auflistung schon, was der Unterschied zur normalen Pentode ist, nämlich der Punkt 4, das Strahlleitblech. Bei einer normalen Pentode sieht das ganze so aus:

1. Kathode (k)
2. Steuergitter (g1)
3. Schirmgitter (g2)
4. Bremsgitter (g3)
5. Anode (a)

Die erste Frage ist jetzt, was die einzelnen Elektroden überhaupt machen. Dazu schauen wir uns doch mal am besten die historische Entwicklung der Röhre an sich an:

Der Stromfluss findet ja physikalisch von der Kathode zur Anode statt. Hätte man nur Kathode und Anode, so wäre das Ganze eine Diode (di=2), also ein nicht steuerbarer Gleichrichter. Das ist ganz nett, aber verstärken kann man damit nicht.
Diode:
1. Kathode (k)
2. Anode (a)

Fügt man ein Gitter ein, so kann man den Elektronenfluss steuern und somit verstärken. Das wäre eine Triode (tri=3), bei so einer Röhre nennt man das Gitter einfach Gitter (g), weil es nur ein Gitter gibt.
Triode:
1. Kathode (k)
2. Gitter (g)
3. Anode (a)

Die Triode hat das Problem, dass die Anode kapazitiv auf das Steuergitter zurückkoppelt, was die Verstärkung der Röhre (Durchgriff) und den Frequenzgang nach oben hin (Millerkapazität) begrenzt. Dazu ist sie meist nicht besonders steil, d.h. man braucht hohe Steuerspannungsänderungen um hohe Stromänderungen hervorzurufen.
Will man also mehr Verstärkung und/oder Stromfluss in der Röhre (genauer gesagt höhere Steilheit, mehr Anodenstrom...), dann muss man die Elektronen beschleunigen. Das macht man mit einem weiteren Gitter, das auf hoher (meist konstanter) Spannung liegt. Dieses Gitter schirmt das Steuergitter g1 (ehemals Gitter g) der Röhre gegen die Anode ab, weil es dazwischen liegt. Daher heißt dieses Gitter Schirmgitter (g2). Man hat mit dieser Zweigitterröhre eine Tetrode (je nach Ausführung gibts auch Raumladegitterröhren, die haben auch 2 Gitter, funktionieren aber anders, aber das ist jetzt egal), denn:
Tetrode:
1. Kathode (k)
2. Steuergitter (g1)
3. Schirmgitter (g2)
4. Anode (a)

Diese Röhren machen schon ziemlich viele Sachen ziemlich gut. Sie sind gut steuerbar (hohe Verstärkung), können hohe Frequenzen (sehr kleiner Durchgriff durch Schirmgitter) und können im Leistungsbereich viel Strom. Aber sie haben ein Problem: Die Linearität. Wenn man die Kennlinien von Tetroden anschaut, dann sieht man, dass die mitunter relativ starke Dellen haben und das klingt eher unschön...

Diese Dellen kommen unter anderem daher, dass bei den hohen Elektronengeschwindigkeiten, die durch Beschleunigung am g2 entstehen, beim Einschlag auf die Anode aus dem Anodenblech weitere Elektronen ausgeschlagen werden, die Sekundärelektronen. Um diese Elektronen gleich an Ort und Stelle zu vernichten, hat man ein Bremsgitter eingeführt, das diese Elektronen neutralisiert. So eine Röhre nennt man Pentode:

1. Kathode (k)
2. Steuergitter (g1)
3. Schirmgitter (g2)
4. Bremsgitter (g3)
5. Anode (a)

So, und hier kommt die Beam Power Tube ins Spiel. Soviel ich weiß hatte Philips das Patent für die Pentode und man musste folglich irgendwas anderes entwickeln um keine Lizenzgebühren zahlen zu müssen. Man kann die Sekundärelektronen mit dem Bremsgitter neutralisieren oder aber mit einer Art "Labyrinth", d.h. man baut ein Blech in den Anodenkasten ein, das einen Elektronenfluss von der Kathode zur Anode nur in einem schmalen Bereich ("beam") zulässt. Da die Sekundärelektronen aber irgendwie aus der Anode fliegen, landen die relativ sicher auf diesem Blech und sind dann eben weg.
Beam Power Pentode:
1. Kathode (k)
2. Steuergitter (g1)
3. Schirmgitter (g2)
4. Strahlleitblech (g3)
5. Anode (a)

Die BPT und die Pentode haben identische Anwendungsgebiete - Leistungsendstufen. Und da machen sie ihren Job beide recht gut.
Es gibt auch Kleinsignalpentoden, die auf hohe Verstärkung, Rauscharmut, hohe Grenzfrequenz usw getrimmt sind und da kenne ich keine BPT, die das erfüllt, aber das ist eine andere Ecke als EL34/6L6GC. Beispiele für Kleinsignalpentoden wären EF80, EF86, EF95 usw usw...interessiert aber jetzt nicht.

Mich beschleicht das dumpfe Gefühl, eine Röhre (in welcher Form auch immer) ist gar nicht annährend so "simpel", wie man gerne zu glauben gedenkt.

Wer denkt, dass Röhren simpel sind, der hat die Röhrentechnik nicht verstanden. Nimm das nicht persönlich, aber es ist einfach so, dass die meisten außer ECC83, EL34 und 6L6GC nichts kennen und auch nichtmal wissen, wo der genaue Unterschied zwischen einer EL34 und einer 6L6GC liegt geschweige denn wo der zwischen einer ECC82 und einer ECC83 liegt. Nach dem Motto "passt doch in die Fassung und funktioniert" wird da gestöpselt wie auf den wildesten Sexparties aber die genauen Hintergrund kapiert fast keiner.
Wenn man sich wirklich mal anschauen will, was Röhren so alles können bzw wie komplex sie sind, dann sollte man mal den Barkhausen lesen (Barkhausen - Elektronenröhren). Wenn man das alles versteht, dann ist man gut - ich kapiere nicht alles davon, das vorab.
In einer Röhre steckt soviel Mathematik, Werkstoffkunde und vor allem mechanische Präzision, dass man absolut nicht von einem einfachen Bauteil sprechen kann.
Noch krasser ist das bei den Halbleitern, und da beschäftigt sich keiner damit, der das nicht studiert hat, weils eben keiner versteht. Und das sieht man auch, wenn man diverse Konstrukte ansieht (Guckt mal den Aufbau der Endstufe vom AVT100 an...jeder E-Technik-Student bekommt da nen Anfall, ZU RECHT).

So, das war ein kurzer Exkurs in die Welt der Röhren...falls noch Unklarheiten da sind, einfach fragen...

MfG OneStone
 
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Onestone schrieb:
Will man also mehr Verstärkung und/oder Stromfluss in der Röhre (genauer gesagt höhere Steilheit, mehr Anodenstrom...), dann muss man die Elektronen beschleunigen. Das macht man mit einem weiteren Gitter, das auf hoher (meist konstanter) Spannung liegt. Dieses Gitter schirmt das Steuergitter g1 (ehemals Gitter g) der Röhre gegen die Anode ab, weil es dazwischen liegt. Daher heißt dieses Gitter Schirmgitter (g2)

Also, das Bremsgitter liegt ja im Elektronenschatten des Steuergitters, um möglichst wenig der Elektronen auf ihrem Weg zur Anode zu schlucken.
Also ist das Bremsgitter ausschließlich dazu da, die Sekundärelektronen (durch das Auftreffen der beschleunigten Elektronen auf der Anode gelöste Elektronen) zu eliminieren? Quasi ein "Rückkoppeln" zu vermeiden?

oder aber mit einer Art "Labyrinth", d.h. man baut ein Blech in den Anodenkasten ein, das einen Elektronenfluss von der Kathode zur Anode nur in einem schmalen Bereich ("beam") zulässt. Da die Sekundärelektronen aber irgendwie aus der Anode fliegen, landen die relativ sicher auf diesem Blech und sind dann eben weg.

Und da der Elektronenstrahl halt nur gebündelt und nicht auf der kompletten Anode auftrifft, verringert sich auch die Leistung? Oder hat das damit nichts zu tun? (Siehe Anhang)

Oh Mann, ich wühle mich gerade durch zig PDF's....
 

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Also, das Bremsgitter liegt ja im Elektronenschatten des Steuergitters, um möglichst wenig der Elektronen auf ihrem Weg zur Anode zu schlucken.

Nein, das g2 (Schirmgitter) ist oft als Schattengitter gewickelt, also im Schatten vom g1. Das g2 sollte so wenige Elektronen wie möglich abbekommen, da es durch seine hohe Spannung gegenüber der Kathode einen relativ großen Strom übernehmen und die Kennline verbeulen würde. Abgesehen davon würde das Schirmgitter dadurch relativ leicht thermisch überlastet werden.

Das g3 (Bremsgitter) ist VIEL weitmaschiger gewickelt als das g1 und das g2. Dazu mal ein Makro-Bild von einer meiner EL34:

el34_001.jpg


Wenn du ganz nach oben schaust, dann siehst du ganz eng gewickelt das Steuergitter g1, das ist am nähesten an der glühenden Kathode.
Im mittleren Loch siehst du das Schirmgitter g2 glühen (siehe oben, thermische Überlastung, aber hier durch die fehlerhafte Röhre).
Ebenfalls im mittleren Loch siehst du das Bremsgitter g3, das ist der schwarze Strich, der da einmal schräg zu sehen ist.

Man erkennt ziemlich leicht, dass bei der EL34 kein Schattengitter gewickelt wurde, weil die Steigungen der Gitter dazu zu unterschiedlich sind. Schattengitter verwendet man meinen Infos nach vor allem bei Röhren, die hohe Ströme liefern müssen (Schaltröhren, IIRC auch bei der PL504 usw), da hier sonst die g2-Verlustleistung zu hoch werden kann. Aber das müsste ich untersuchen...es klingt logisch, aber absolut als Fakt hinstellen möchte ich es nicht (also dass man das vor allem bei Röhren mit hohem Anodenstrom macht).


Also ist das Bremsgitter ausschließlich dazu da, die Sekundärelektronen (durch das Auftreffen der beschleunigten Elektronen auf der Anode gelöste Elektronen) zu eliminieren? Quasi ein "Rückkoppeln" zu vermeiden?

Ja. Die Elektronen werden zum größten Teil einfach auf die Anode zurückbeschleunigt (das g3 liegt nahe 0V, die Anode auf hoher positiver Spannung => g3 ist gegenüber den Elektronen stark NEGATIV und stößt die Elektronen ab), das habe ich vorher falsch erklärt. Wenn die Elektronen wieder auf der Anode sind, wo sie hingehören, dann schwirren die nicht durch das System und bauen Unsinn :D


Und da der Elektronenstrahl halt nur gebündelt und nicht auf der kompletten Anode auftrifft, verringert sich auch die Leistung? Oder hat das damit nichts zu tun? (Siehe Anhang)

Nein, die Leistung - oder genauer gesagt die zulässige Anodenverlustleistung - ist eine Frage der Kühlung der Anode. Ich habe auch dazu mal ein nettes Bild gemacht, das einige BPTs vom Typ PL504 zeigt, die überlastet werden:

attachment.php


Man sieht dabei sehr schön, wie der von der Kathode mit Elektronen "beschossene" Teil hell glüht (und ja, das sah wirklich so aus) während der Rest der Anode dunkel bleibt. Die Wärme verteilt sich natürlich durch das Blech, aber da dessen thermischer Widerstand nicht Null ist wird es eben an der Stelle, wo die meisten Elektronen einschlagen, heißer. Und das ist bei den meisten BPT relativ schmal begrenzt. Die EL504/PL504 hat in der Anode dazu noch Kammern, die wahrscheinlich die Oberfläche vergrößern und Sekundärelektronen abfangen sollen...das weiß ich nicht so genau, aber es ist auf jeden Fall interessant.

MfG OneStone

PS: Es kann doch nicht sein, dass das nur einen interessiert...lasst mal was von euch hören ihr stillen Mitleser :)
 

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Nein, das g2 (Schirmgitter) ist oft als Schattengitter
gewickelt, also im Schatten vom g1. Das g2 sollte so wenige Elektronen wie
möglich abbekommen, da es durch seine hohe Spannung gegenüber der
Kathode einen relativ großen Strom übernehmen und die Kennline verbeulen würde.
Abgesehen davon würde das Schirmgitter dadurch relativ leicht thermisch überlastet werden.

Das g3 (Bremsgitter) ist VIEL weitmaschiger gewickelt als das g1 und das g2.

Ah! Okay!
Lässt sich hier ja gut erkennen (Windungsanzahl), daß das Bremsgitter um ein
vielfaches gröber gewickelt ist. Wobei bei dieser EL84-Abbildung das Schirmgitter
auch nicht als Schattengitter gesetzt ist.
Aber es ist ja auch der kleine Bruder einer EL34, die sich in Deinem Foto ebenfalls
einen Dreck darum schert, sich gefälligst im Schatten des Steuergitters zu verstecken:D.
5.jpg


Aber es war auf einigen Fotos einer 6P3C gut zu sehen.

Man sieht dabei sehr schön, wie der von der Kathode mit Elektronen
"beschossene" Teil hell glüht (und ja, das sah wirklich so aus) während der Rest
der Anode dunkel bleibt. Die Wärme verteilt sich natürlich durch das Blech, aber
da dessen thermischer Widerstand nicht Null ist wird es eben an der Stelle, wo
die meisten Elektronen einschlagen, heißer. Und das ist bei den meisten BPT
relativ schmal begrenzt. Die EL504/PL504 hat in der Anode dazu noch Kammern,
die wahrscheinlich die Oberfläche vergrößern und Sekundärelektronen abfangen sollen...

Sind das die legendären "roten Bäckchen", die man sich gerne mal einfängt, wenn man
es beim Ruhestrom Einstellen zu gut meint? (Was genau stelle ich da eigentlich ein?
Vorspannung Schirmgitter?)

Ich habe mal nach Zusammensetzung der Kathodenpaste gegoogelt, aber so gut wie
garnichts gefunden. Hat das einen Grund? Oder ist es einfach nur eine Art "Geheimnis"
wie das Coca-Cola Rezept, weil die Hersteller sich nicht in die Karten schauen lassen
wollen? Scheint ja einen immensen Teil der Lebensdauer der Röhren zu beeinflussen.
Röhren sterben also im besten Falle nicht an "mechanischem Verschleiß", sondern an
der Abnutzung dieser Paste?

Kurz noch: Die Steilheit einer Röhre definiert sich unter anderem durch den Abstand der
Kathode nur zum Steuergitter oder zu allen Gittern?
(Also, je genauer und kompakter die Bauteile ineinander gefügt sind, desto effizienter
ist das System bis zur Anode)


Sorry für die ganzen Fragen! Und ich hätte noch Dutzende mehr.......

Morgen werde ich zwar nicht zum Durcharbeiten der ganzen von Dir vorgeschlagenen
PDF's kommen, da wir morgen Abend eine relativ lange Mucke haben. Aber der Sonntag
gehört dann der Bildung;)


Jedenfalls schonmal vielen Dank, daß Du diese ganzen "Dusselfragen" gefasst erträgst.

Grüße aus Böhrlien, wa.....:D

Oliver
 
Hy Jungs!

ihr seid nicht allein...:D, ich lese (und lerne) völlig fasziniert mit...:cool:

danke an Rockin'Daddy für die sehr interessanten Fragen und natürlich ein superdickes Danke an OneStone für seine Bereitschaft uns Röhrenjunkies mit all seinem Wissen zur Seite zu stehen :great:

LG
RJJC



....................................ooo-https://www.musiker-board.de/vb/amp...backs-vintage-identifikation.html#post3351016-ooo
...........................................xxx-https://www.musiker-board.de/vb/amps-boxen/290355-1x-fender-hot-rod-deluxe-7-amps.html#post3270123-xxx
 
Ah! Okay!
Lässt sich hier ja gut erkennen (Windungsanzahl), daß das Bremsgitter um ein
vielfaches gröber gewickelt ist. Wobei bei dieser EL84-Abbildung das Schirmgitter
auch nicht als Schattengitter gesetzt ist.

Ich sehe keine EL84-Abbildung :D nur EL36/PL36 und ECH81.
Ich hab auch gerade keine zur Hand, kann das also nicht nachprüfen...

(Anmerkung: Wenn man Bilder von Seiten verlinkt, die nicht die eigenen sind, dann bitte die Quelle angeben, alles andere ist schlechter Stil...)

Sind das die legendären "roten Bäckchen", die man sich gerne mal einfängt, wenn man
es beim Ruhestrom Einstellen zu gut meint? (Was genau stelle ich da eigentlich ein?
Vorspannung Schirmgitter?)

Ja, das sind die legendären roten Bäckchen. Die gibts auch bei Pentoden, weil wenn du dir mal eine "echte Pentode" anschaust, dann siehst du, dass die Gitterhaltedrähte alle in einer Ebene liegen. Die werfen von der Kathode aus gesehen einen Schatten auf die Anode und da kommen dann natürlich keine Elektronen an. Bei den BPTs ist dieser Bereich aber durch das Strahlleitblech manchmal krasser ausgeprägt und schärfer begrenzt - bei der PL504 entsteht das vor allem auch durch die Anodenform.

Ich habe mal nach Zusammensetzung der Kathodenpaste gegoogelt, aber so gut wie
garnichts gefunden. Hat das einen Grund? Oder ist es einfach nur eine Art "Geheimnis"
wie das Coca-Cola Rezept, weil die Hersteller sich nicht in die Karten schauen lassen
wollen? Scheint ja einen immensen Teil der Lebensdauer der Röhren zu beeinflussen.
Röhren sterben also im besten Falle nicht an "mechanischem Verschleiß", sondern an
der Abnutzung dieser Paste?

Du hast es erfasst. Eine Röhre sollte nicht durch Mikrofonie, Vakkumverlust, Glasbruch oder Gitteremission usw sterben sondern durch Emissionsverlust. Die Betonung liegt auf SOLLTE. Ich kenne Leute, die Labornetzteile oder Class A Endstufen mit EL34 haben und da waren 30 Jahre lang (!) alte Mullard oder Telefunken usw drin, die haben ihre Daten gehalten. Dann waren die halt doch irgendwann mal runter und sie haben moderne Röhren eines Herstellers mit einem Namen aus zwei gleichen Buchstaben die keine Umlaute oder Vokale sind eingesteckt und die waren nach 1,5-2 Jahren tot. Der gleiche Hersteller hatte mal das Problem, dass die Kathode bei hohem Stromfluss durch die Erhitzung angefangen hat stärker zu emittieren was dazu geführt hat, dass die Ruheströme weggelaufen sind und die Verstärker beim Betrieb an der nach Datenblatt erlaubten Anodenspannung von 760V abgebrannt sind.

Zum Einstellen vom BIAS: Du stellst da die -Ug1 ein.

Kurz noch: Die Steilheit einer Röhre definiert sich unter anderem durch den Abstand der
Kathode nur zum Steuergitter oder zu allen Gittern?
(Also, je genauer und kompakter die Bauteile ineinander gefügt sind, desto effizienter
ist das System bis zur Anode)

Es gelten für die Gitter die selben physikalischen Gesetze. Umso feiner und näher ein Gitter ist, also näher an der Kathode, desto steiler ist die Röhre.
Man hat aus diesem Grunde später, als man angefangen hat extrem steile Trioden zu bauen, als Alternative zum oben gezeigten KERBgitter ein sogenanntes SPANNgitter entwickelt. Dabei ist der Gitterdraht, der um ein vielfaches dünner ist als bei einem Kerbgitter. um einen Rahmen gewickelt und gespannt und hängt ganz knapp über der Kathodenoberfläche.
Das Problem an der Sache ist nur, dass die Spanngitter durch den kleinen filigranen Aufbau praktisch keine Verlustleistung aushalten und man daher besonders bei Leistungspentoden eher darauf verzichtet hat. Es gab mal eine Röhre (E130L wenn ich mich nicht irre), die Spanngitter hatte, aber die wurde nie in großer Stückzahl gefertigt.

Dazu noch zwei Bilder (Quelle: www.jogis-roehrenbude.de, im Forum angehängt wegen Traffic...)

attachment.php


attachment.php

(Abmessungen in mm!)

MfG OneStone
 

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OneStone schrieb:
Zum Einstellen vom BIAS: Du stellst da die -Ug1 ein.

Also die negative Spannung am Steuergitter.
Und damit verändere ich die "Beschleunigung" der Elektronen?

und sie haben moderne Röhren eines Herstellers mit einem Namen aus
zwei gleichen Buchstaben die keine Umlaute oder Vokale sind eingesteckt und die
waren nach 1,5-2 Jahren tot. Der gleiche Hersteller hatte mal das Problem,
dass die Kathode bei hohem Stromfluss durch die Erhitzung angefangen hat stärker
zu emittieren
Jaja....;)
Aber war das bauartbedingt oder nur Serienstreuung innerhalb einer bestimmten Charge?

Weiterhin habe ich einiges über die Bildung einer Zwischenschicht zwischen Kathode und der
Erdalkalioxid-Beschichtung bei Beheizung der Kathode ohne Anodenstrom (also Stand-By Betrieb?) gelesen.
Ist das die sogenannte "Kathodenvergiftung", über die wir hier des öfteren gesprochen haben?
Was genau passiert denn da?
Ein thermisches Problem dürfte das ja eigentlich nicht sein, da bei indirekter Heizung die Kathode
ja im Stand-Bye durch den fehlenden Anodenstrom nicht übermäßig erhitzt werden sollte.

Also, geben sich die mies (negativ) gelaunten Elektronen den Kopfschuss, weil sie zwar
(durch die Heizung) heftigst erregt zu den (positiven) nackigen Tanten im Strip-Club "Zur geilen Anode" wollen,
aber nicht können?:D
(da würde ich als Elektron aber auch nahe am Suizid vorbeischliddern...)

Irgendwelche "Ablagerungen", die die Emission bzw. Leitfähigkeit behindern?


Außerdem würde ich gern wissen, was Du über "Regeneration" denkst. Sinnvoll Ja/Nein?
Einige favorisieren dieses Verfahren, andere lächeln über die "1000 Stunden", die man
damit hinzuaddiert.
Was genau wird denn dabei wie regeneriert. (ich meine, wo nix mehr ist...)
Allerdings scheint mir die Sache teilweise recht gefährlich (ich habe über explodierende
Röhren etc. gelesen).
Andererseits sind wirklich gute Röhren auch recht teuer......
Ich wüsste jedoch auch niemanden, der das hier in Berlin machen könnte. Daher kann ich
mir dazu kein Urteil erlauben. Ich habe hier einige Sätze ausgelutschter BPT's rumliegen,
wenn man die nochmal "elektroschocken" könnte.....
 
Also die negative Spannung am Steuergitter.
Und damit verändere ich die "Beschleunigung" der Elektronen?

Jep

Jaja....;)
Aber war das bauartbedingt oder nur Serienstreuung innerhalb einer bestimmten Charge?

Das, was ich erlebt habe, das war ein Problem einiger Chargen. Aber das mit der Lebensdauer habe ich neulich erst wieder von einem Bekannten gehört...ich selber verbaue diese Röhren nicht, von daher habe ich damit keine Erfahrungen bis auf die von damals...

Jaja....;)
Weiterhin habe ich einiges über die Bildung einer Zwischenschicht zwischen Kathode und der
Erdalkalioxid-Beschichtung bei Beheizung der Kathode ohne Anodenstrom (also Stand-By Betrieb?) gelesen.
Ist das die sogenannte "Kathodenvergiftung", über die wir hier des öfteren gesprochen haben?

Jep

Was genau passiert denn da?
Ein thermisches Problem dürfte das ja eigentlich nicht sein, da bei indirekter Heizung die Kathode
ja im Stand-Bye durch den fehlenden Anodenstrom nicht übermäßig erhitzt werden sollte.

Puh, das kann ich dir so genau auch nicht sagen und ich habe darüber auch noch nichts gelesen...aber es ist sicher chemisch bedingt.

Also, geben sich die mies (negativ) gelaunten Elektronen den Kopfschuss, weil sie zwar
(durch die Heizung) heftigst erregt zu den (positiven) nackigen Tanten im Strip-Club "Zur geilen Anode" wollen,
aber nicht können?:D
(da würde ich als Elektron aber auch nahe am Suizid vorbeischliddern...)

Naja...ich bringe mich für gewöhnlich nicht um, wenn ich schlecht gelaunt und geil auf eine gutaussehende Frau bin und mich die aufgrund meiner negativen Laune nicht haben will...
Im Standby ist die Anziehungskraft der Anode ohnehin Null, von daher kommt wohl eher verhungern oder Suizid durch Depression in Frage.

Aber da das Elektron kein Hirn hat denke ich mal, dass das alles rein hypothetisch zu sehen ist :D (auf gut bayerisch: So a schmarrn...)

Irgendwelche "Ablagerungen", die die Emission bzw. Leitfähigkeit behindern?

Ich weiß nicht, was da passiert, aber ich kann mir vorstellen, dass die Erdalkalischicht einfach durch das Ausdampfen der Elektronen ohne dass sie "neue Elektronen durch den Kathodenanschluss geliefert bekommt" einfach chemisch verändert wird und somit nicht mehr emittieren kann.

Außerdem würde ich gern wissen, was Du über "Regeneration" denkst. Sinnvoll Ja/Nein?

Es kommt darauf an, was man regeneriert und warum und vor allem wie. Ich hatte Röhren hier, die Probleme mit dem Vakuum hatten und habe diese erhitzt und den Getter somit reaktiviert.
Ich hatte auch Röhren, die Dreck auf dem g1 oder g2 hatten und daher krass krumme Kennlinien hatten. Oder Kathoden, die im Laufe der Zeit einfach stellenweise vergiftet waren und durch ordentliches Einbrennen auch wieder zum Funktionieren zu bringen waren.

Zum Warum: Weil die Röhren sonst auf dem Müll landen würden und daher nichts mehr zu verlieren ist und zum Basteln sind solche Röhren immer gut.
Zum Was: Man kann viele Röhren regenerieren, aber lohnen tut es sich besonders bei Endröhren, da es da relativ einfach geht und die Dinger relativ viel Geld kosten.
Zum Wie: Das, was man so liest von wegen mal eben 1000V an eine EL84 anlegen und dann am Besten noch mit einem Taster, das ist relativ unsinnig. Kontrolliertes Überheizen in Verbindung mit kontrolliertem Überlasten des Systems durch hohe Spitzenströme (!) ist zielführender. Wir haben auf diese Art und Weise EL34, die 40 Jahre alt und klinisch tot waren dazu bekommen in einem Amp etwas über 100W zu machen. Aus ZWEI EL34!

Das mit den 1000h halte ich aber für eine etwas gewagte Aussage, weil die meisten Röhren nach 3000h schon ziemlich tot sind. Bei Langlebensröhren (6P14P-EW z.B.) sind 10000h drin, aber bei den meisten Gitarristen wird über 2000-3000h nichts mehr drin sein. Klar kann man diese Röhren regenerieren, aber ob die bei gleicher Belastung (!) dann gleich 1/3 der vorgesehenen Lebensdauer länger halten...das glaube ich nicht.

Was genau wird denn dabei wie regeneriert. (ich meine, wo nix mehr ist...)

Vergiftungen der Kathode ausbrennen, Vakuum wiederherstellen (Getter aktivieren), Gitter freibrennen (Gitteremission durch Ablagerung von Kathodenmaterial !!!) usw.
Da geht schon was.

Allerdings scheint mir die Sache teilweise recht gefährlich (ich habe über explodierende
Röhren etc. gelesen).

Naja, mit Hirn passiert das nicht. Regenerieren bitte nur mit ordentlicher Strombegrenzung, dann kann die Röhre machen was sie will und geht nicht hoch. Wenn man natürlich 1000V einfach so mal anlegt und da Dampf dahintersteckt, dann schepperts evtl ziemlich gut.
Man kann mit Benzin auch kochen ohne in die Luft zu fliegen...

Ich wüsste jedoch auch niemanden, der das hier in Berlin machen könnte. Daher kann ich
mir dazu kein Urteil erlauben. Ich habe hier einige Sätze ausgelutschter BPT's rumliegen,
wenn man die nochmal "elektroschocken" könnte.....

Das sollte kein Problem sein. Wenn ich mal Zeit habe (Urlaub um Weihnachten rum) dann kann ich mal ein Video machen...oder du schickst mir die Röhren mal vorbei und lässt mich spielen, der Spaß wärs mir wert ^^.

MfG OneStone

Edit: Sagt mal...merkt man, dass mir der Thread grad Spaß macht? :D
 
Na ey, ich habe das Wochenende komplett vor dem Monitor verbracht und zig PDF's und Diagramme
studiert. Aber bislang nur einen Bruchteil kapiert.
Aber es macht totalen Spaß, sich damit zu beschäftigen, weil ich ja tagtäglich mit diesen Bauteilen arbeite und nie dessen Arbeitsweise hinterfragt habe.
Allerdings wird es mit zunehmender "Tiefe der Recherche" immer komplizierter, da ständig neue Begriffe auftauchen, die ebenfalls erklärt werden wollen.
Ich muß sagen, daß mir im Vergleich zu den meist sehr trockenen Texten im I-Net OneStones
bildhafte Darstellungen mit Abstand am meisten helfen, das Thema zu verarbeiten.
Mein letzter Physikunterricht ist auch schon 20 Jahre her. Da gilt es vorwiegend, erstmal die Grundkenntnisse wieder aufzufrischen und umzusetzen.

OneStone schrieb:
Puh, das kann ich dir so genau auch nicht sagen und ich habe darüber auch noch nichts gelesen...aber es ist sicher chemisch bedingt.
Soweit ich mich da informiert habe, ist es elektrochemischer Prozess, der aber in keinster Weise irgendwo genauer erklärt wird.
Wenn man aber diese Zwischenschicht "ausbrennen" kann, müßte es ja eine Art isolierende Oxidation sein, die sich zwischen Bariumpaste und Kathode bildet und somit die Emission blockt.
Ähnlich dem Freibrennen der Gitter, die durch Bariumoxid verunreinigt wurden.

Aber da sehe ich zur Zeit den Wald vor lauter Bäumen nicht.....

Bei der Regeneration wird also die Röhre ansatzweise neu formiert? Abgesehen von der Reaktivierung des Getters passiert genau was?
In der Produktion wird ja die Kathode und das Getter erst nach Fertigstellung "aktiviert" in dem man das Innenleben mit Hochfrequenz auf die erforderliche Formierungs-Temperatur bringt.

Für mein schmales Verständnis macht Regeneration hauptsächlich bei vergifteten Kathoden Sinn, oder?
Denn neu emittierendes Material bekomme ich durch diese Prozedur auch nicht mehr an die Kathode, wenn ich es recht deute.

Was hat es denn mit Permeation (Durchdringen von Edelgasen durch den Glaskolben in das Innere)
auf sich? Ist das reine Theorie oder passiert sowas auch in der (Gitarrenamp)-Praxis?


Im Standby ist die Anziehungskraft der Anode ohnehin Null, von daher kommt wohl eher
verhungern oder Suizid durch Depression in Frage.

Ja, aber das Schirmgitter hat doch annähernd Anodenpotenzial. Das mag zwar im Steuergitterschatten
sitzen, aber reicht das nicht schon aus, die notgeilen Elektronen anzuziehen?
Oder mache ich gerade einen Denkfehler?
Ist das Schirmgitter im Stand-Bye ebenfalls inaktiv?

Ich belese mich gerade bezüglich Durchgriff und Innenwiderstand. Gibt es da irgendwo eine
anschauliche Erklärung ohne ellenlange Formeln?
Wie diese zu errechnen sind ist ja ersichtlich, aber was genau sie besagen weniger.
Für mich gerade nur Bestandteile einer Rechnung, aber leider nicht als "Faktor" zu deuten.

Meine letzte kleine Frage bezieht sich auf die Anodenverlustleistung.
Diese ergibt sich aus dem Verhältnis Anodenspannung zur Anodenleistung?
Je geringer die Verlustleistung (Pv) im Verhältnis zur Leistung (P), desto höher ist der Wirkungsgrad des Systems.
Oder anders gesagt, der Leistungsverlust durch Umwandlung des Anodenstroms in Thermik statt in Anodenleistung?
 
Ich versuche mich mal.
Am besten schaust Du Dir die Kennlinien einer Triode an, weil Bilder verständnisfördernd sind.

Der Innenwiderstand ist einfach durch das Ohmsche Gesetz definiert: R=U/I. Dazu guckst Du in das Diagramm mit der Kurvenschar einer Triode (Ia in Abhängigkeit von Ua bei mehreren Ug, also fließender Anodenstrom in Abhängigkeit von Anodenspannung und Gitterspannung); je größer die Gittervorspannung ist, desto widerwilliger dürfen die Elektronen die Strecke Kathode-Anode passieren - ein hoher Widerstand. Die Röhre verhält sich im geraden Bereich der Kurven wie ein Ohmscher Widerstand.
http://finder.conrad.de/tipps_tricks2/view/Artikelinfos/elektor_trioden/triode3_g.gif

Die Steilheit gibt an, wie stark sich der Anodenstrom (Ia) je nach Gitterspannung (Ug) ändert (Ua=konst.): Je steiler die Kurve ist, desto geringere Gitterspannungsänderungen (die ja die zu verstärkende Wechselspannung ist), desto größer ist die Anodenstromänderung. Weil man mit einer Stromänderung aber wenig bis garnichts anfangen kann, benötigt man einen Arbeitswiderstand, an dem der schwankende Strom eine Änderung des Spannungsabfalls hervorruft (siehe oben;): U=I*R, R=konst.).
http://img115.imageshack.us/my.php?image=iaugt1pm.gif

Der Durchgriff ist das Verhältnis der Gitterspannungszunahme zur Anodenspannungsabnahme (D=-ΔUg/ΔUa), wenn der Anodenstrom (Ia) konstant ist. Das klingt erstmal wahnsinnig kompliziert, wird aber logisch, wenn man sich an das obige Geschreibsel erinnert: Im ersten Fall hängt der Anodenstrom (Ia) von Gitterspannung (Ug) und Anodenspannung (Ua) ab, und hier ist der Fall umgekehrt, weil der Widerstand ja konstant bleiben muss (sonst wäre die Elektronenwelt nicht mehr in Ordnung). Der Durchgriff heißt so, weil die Anode durch das Gitter zur Kathode "durchgreift"; je weitmaschiger das Gitter ist, desto größer ist der Durchgriff (logisch, oder?). Der Durchgriff wird i.A. in Prozent angegeben, der Kehrwert 1/D ist der Verstärkungsfaktor µ. Ein Beispiel: Durchgriff D=5% (das entspricht 0,05), µ=20, also 20-fache Verstärkung, eine Erhöhung der Gitterspannung um 1 Volt bedingt 20 Volt weniger Anodenspannung.
Edit: Mir ist gerade unter der Dusche noch ein Modell eingefallen, um den Durchgriff etwas anschaulicher zu erklären: Angenommen, das Gitter wäre weg - dann hätte die Anodenspannung die alleinige Macht über den Anodenstrom, der Durchgriff wäre 100%, die Verstärkung µ ist 1 (s. Rechnung oben), was rein geht, geht auch wieder raus. Damit kann man aber nichts anfangen, weil eine Änderung der Gitterspannung (obwohl es nicht da ist) keine Auswirkungen auf den Anodenstrom hätte. Ist ein Gitter vorhanden, möchte dieses natürlich sein Mitspracherecht am Anodenstrom geltend machen - je größer es ausfällt, desto kleiner wird der Durchgriff, weil der Einfluss der Anode geringer wird, sie kann weniger "durchgreifen". Damit steigt logischerweise auch die Verstärkung an, weil sich Spannungsänderungen des Gitters viel stärker auf Anodenstrom (bei Ua=konst.) bzw. Anodenspannung (bei Ia=konst.) auswirken.

Nach der Barkhausen-Gleichung gilt: S*D*R=1, weil alle drei Größen voneinander abhängen - wenn man nur zwei Größen kennt, kann man die fehlende ausrechnen.

Ich hoffe, das war halbwegs richtig und verständlich, ich bin auf dem Bereich auch eher unbedarft.
 
Wenn man aber diese Zwischenschicht "ausbrennen" kann, müßte es ja eine Art isolierende Oxidation sein, die sich zwischen Bariumpaste und Kathode bildet und somit die Emission blockt.
Ähnlich dem Freibrennen der Gitter, die durch Bariumoxid verunreinigt wurden.

Die Kathode selber ist aus Bariumoxid, da kannst du wohl kein Bariumoxid draufmachen, sodass es NICHT mehr funktioniert :D

In der Produktion wird ja die Kathode und das Getter erst nach Fertigstellung "aktiviert" in dem man das Innenleben mit Hochfrequenz auf die erforderliche Formierungs-Temperatur bringt.

Die ganze Röhre wird bei der Fertigung mehrmals ausgeglüht. Die Einzelteile des Systems vor dem Zusammenbau, das System selbst vor dem Einbau in den Glaskolben und alles zusammen nochmal im Glaskolben (je nach Typ können einzelne Schritte weggelassen werden). Das HF-Erhitzen dient in erster Linie der Aktivierung des Getters. Das Barium in der Getterpille ist ja beim Einbau in die Röhre metallisch und wird erst durch die HF-Erhitzung verbrannt, also oxidiert und verbindet sich somit mit den Restgasen im System. Zusätzlich zum Abpumpen mit der Hochvakuumpumpe werden so die letzten Gasreste entfernt.
Man sieht dennoch, dass bei manchen Röhren (v.a. bei Betrieb mit hoher Ua ist das sichtbar) Gas im System ist bzw an den Einzelteilen "klebt". Das berühmte blaue Leuchten am Glas oder im Anodenblech ist da ein Zeichen dafür.

Für mein schmales Verständnis macht Regeneration hauptsächlich bei vergifteten Kathoden Sinn, oder?
Denn neu emittierendes Material bekomme ich durch diese Prozedur auch nicht mehr an die Kathode, wenn ich es recht deute.

Regenerieren brennt die Kathode (und das Gitter) frei, du bekommst dadurch aber kein neues Material drauf.

Was hat es denn mit Permeation (Durchdringen von Edelgasen durch den Glaskolben in das Innere)
auf sich? Ist das reine Theorie oder passiert sowas auch in der (Gitarrenamp)-Praxis?

Ich würde mir da eher Gedanken machen, ob die Hersteller das mit den Durchführungen durchs Glas im Griff haben. Ich habe hier mal ein Video von Mullard gepostet, wo gezeigt wird, aus was so ein Röhrenpin besteht...da wirst du schauen. Das Metall muss exakt (!) die gleichen Ausdehnungskoeffizienten haben wie das Glas, sonst wird da was undicht bzw das Glas springt. Vielleicht mal bei Youtube nach "Mullard tube production" schauen oder so...

Ja, aber das Schirmgitter hat doch annähernd Anodenpotenzial. Das mag zwar im Steuergitterschatten
sitzen, aber reicht das nicht schon aus, die notgeilen Elektronen anzuziehen?
Oder mache ich gerade einen Denkfehler?
Ist das Schirmgitter im Stand-Bye ebenfalls inaktiv?

Ja, das ist ebenfalls inaktiv. Überleg mal, was die Röhre elektrisch darstellt, wenn du einfach nur die Anode abklemmst und das Schirmgitter angeschlossen lässt und was das Schirmgitter dann macht...

Ich belese mich gerade bezüglich Durchgriff und Innenwiderstand. Gibt es da irgendwo eine
anschauliche Erklärung ohne ellenlange Formeln?
Wie diese zu errechnen sind ist ja ersichtlich, aber was genau sie besagen weniger.
Für mich gerade nur Bestandteile einer Rechnung, aber leider nicht als "Faktor" zu deuten.

Durchgriff: Rückwirkung der Anode (Ausgangskreis) auf das Gitter (Eingangskreis). Das mit der Gitterspannung, das der Herr mit dem Mittel gegen Blasenbeschwerden schon angesprochen hat, das darf man sich aber NICHT so vorstellen, dass die Spannung am g1 messbar zurückgeht, sondern das ist eine reine Rechengröße. Aufgestellt hat das Ganze der Herr Barkhausen und eben da sollte man das auch nachlesen, weil es da gut erklärt ist...man muss aber viel Geduld mitbringen.

Innenwiderstand: Wenn der klein ist, dann hast du bei Vollaussteuerung weniger Verluste an der Röhre, weil die Restspannung bei einem gewissen Strom geringer ist. Man kann daher niederohmiger anpassen und mit kleineren Betriebsspannungen auskommen.

Meine letzte kleine Frage bezieht sich auf die Anodenverlustleistung.
Diese ergibt sich aus dem Verhältnis Anodenspannung zur Anodenleistung?
Je geringer die Verlustleistung (Pv) im Verhältnis zur Leistung (P), desto höher ist der Wirkungsgrad des Systems.
Oder anders gesagt, der Leistungsverlust durch Umwandlung des Anodenstroms in Thermik statt in Anodenleistung?

Das ist eigentlich logisch. Wenn du eine Leistung P_netz reinschickst und eine Leistung P_nutz rausholst, dann hast du eine Gleichung der Form:

P_nutz = P_netz - P_verlust

Wenn man sich das genauer ansieht, dann kommt man bei einer reinen Endstufe (Netzteil, Vorstufen usw nicht mitgerechnet auf:

P_nutz = P_netzteil - P_a - P_g2 - P_schaltung - P_heiz

Von daher ist es logisch, dass eine Schaltung, in der die Röhren bei gleicher Aufnahmeleistung P_netzteil weniger Hitze erzeugen (P_a, P_g2 und diverser Kleinkram) mehr Leistung bringen wird und der Wirkungsgrad somit höher ist. Aber das ist auch physikalisch begrenzt, d.h. 100% bekommst du mit einer Linearendstufe natürlich NIE hin.

MfG OneStone
 
I
Ich hoffe, das war halbwegs richtig und verständlich, ich bin auf dem Bereich auch eher unbedarft.

Das war schonmal ganz großes Tennis!
Dann lag ich schonmal nicht völlig daneben.
Hab vielen Dank für die Ausführungen!
Ich tue mich etwas schwer mit rein rechnerischen Größen, wenn ich es mir bildlich nicht so
vorstellen kann:redface:

OneStone schrieb:
Die Kathode selber ist aus Bariumoxid, da kannst du wohl kein Bariumoxid
draufmachen, sodass es NICHT mehr funktioniert
Okay, zwischen Nickel-Träger und Beschichtung der Kathode (Bariumoxid) :redface:. Ich muß mich da immer erst reindenken.
Sorry! Ich möchte hier niemandem etwas falsches ins Ohr legen.

OneStone schrieb:
Die ganze Röhre wird bei der Fertigung mehrmals ausgeglüht. Die Einzelteile des Systems....Das Metall muss exakt (!) die gleichen Ausdehnungskoeffizienten haben wie das Glas
Ich hab es mir gerade nochmal angeguckt.
http://www.techtubevalves.com/about_us/film_reels.php
The Blackburn Story. Grandios!!!
Der einzelne Pin besteht aus drei verschiedenen Komponenten um der jeweiligen Belastung
standzuhalten.
Das war im Bezug auf die Dichtigkeit auch mein Bedenken. Also weniger die Permeation,
sondern eher das exakte Abstimmen der verschiedenen Werkstoffe aufeinander.
Am beeindruckensten finde ich jedoch die filigrane Handarbeit. Wahrscheinlich hat das
gute Gründe, warum da hauptsächlich Frauen drangelassen wurden.

Schade nur, dass die Aktivierung der Getterpille und der anderen Komponenten nicht so ersichtlich sind. (Wobei der HF-Apparillo ja wirklich ein Mordsding ist....so'n Ding in der Küche, um sich sein Dosen-Nasigoreng warm zu machen....)

OneStone schrieb:
Überleg mal, was die Röhre elektrisch darstellt, wenn du einfach nur
die Anode abklemmst und das Schirmgitter angeschlossen lässt und was das Schirmgitter
dann macht...

Ups, da hast Du mich kalt erwischt......Grundlagenwissen.:redface:
Aufgrund der Arbeitsweise halte ich die Röhre an sich für eine Art Relais (?), dass abhängig von Bauweise und Effizienz mit einer relativ geringen Steuerspannung (Gitter1,2,3...) den hohen Arbeitsstrom (Anodenspannung) unterschiedlich schnell (Durchgriff, Steilheit, Innenwiderstand) reguliert.
Da das Schirmgitter eher zum Steuerelement gehören dürfte, raucht dieses wahrscheinlich aufgrund der hohen thermischen Belastung innerhalb von Sekundenbruchteilen ab. (Kurzschluß Arbeitsstrom->Steuerstrom)

Oh Gott! Ihr dürft mich gerne mal für ein paar Wochen sperren lassen, wenn ich völlig danebenliege.
 
Zum letzten Punkt was: Das Schirmgitter spielt Anode, d.h. es übernimmt den Strom der Anode. Und was dann passiert, das ist klar: Hoher Strom => Hohe Verlustleistung => das Gitter schmilzt und tropft weg...

(siehe Bild von meiner EL34, da wars kurz davor :D )

MfG OneStone
 
Doppelpost! Sorry!
 
Zum letzten Punkt was: Das Schirmgitter spielt Anode, d.h. es übernimmt den Strom der Anode. Und was dann passiert, das ist klar: Hoher Strom => Hohe Verlustleistung => das Gitter schmilzt und tropft weg...

Das würde mich zu einer weiteren Frage drängen.
Die Beschaltung einer Pentode oder BPT als Triode.
Was macht man den da mit dem Schirmgitter? Einfach potenzialfrei schalten?

Es gibt ja einige Amps, bei denen das per Switch gemacht werden kann.
Wenn ich mich recht entsinne, liegt Ug2 aber recht nah an Ua. (logischerweise...:redface:)
Was sind denn das für Schalter, die mal eben ein paar hundert Volt abkoppeln?
 

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