Vor Leuten spielen...

Bernnt
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Tja, manchmal muss man .... vor Leuten spielen. Die Tante hat den 80sten, ein Akkordeonorchester spielt im Wettbewerb und man ist als Solo-Akkordionist auserkoren oder der Verein will, dass man tatsächlich auf dem Dorffest mit der Quetsche antanzen muss. Bestimmt hatten / haben manche von uns Horrorszenarien, die einem richtig den Schlaf rauben können. Hier der Alptraum eines Pianisten:



Was tut ihr technisch, damit ein derartiges Szenario nicht eintritt? Wie übt ihr daheim oder im Unterricht, dass das nicht auftritt?
 
Eigenschaft
 
Was ist hier mit "technisch" gemeint? Eine Art Playback?
 
Das ist ja ein Albtraum.:eek: Für mich gibt es nur eine Möglichkeit: Ich spiele nicht auswendig. Wenn das gefordert ist, bin ich raus. Als Amateur kann man sich so was zum Glück leisten. Ich bin schon stolz auf mich, dass ich jetzt ohne Herzkasper und Schnappatmung vor Kollegen spielen kann - mit Noten.
 
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Sich so oft wie möglich solchen Vorspiel-Situationen stellen. Wenn möglich am Anfang in kleinem Rahmen und dann immer größer.
Das ist ja eher ein psychologisches Problem und kein technisches ;)

Rein technisch kann ich für mich nur sagen - ich spiel ja sehr häufig zum Tanzen :
Da gilt ein eisernes Gesetz: Der Baß muß durchlaufen - komme was wolle!

Gruß,
Jonny
 
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Für mich gilt auch, vor Publikum nicht auswendig spielen. Auch gehören die Noten für mich mit zur konzentration. Und dann heißt es durchspielen, der Rhythmus muss stehen oder wie Jonny es ausdrückt, der Bass muss durchlaufen. Und das Atmen dabei nicht vergessen. :stars:
 
Ich versuche sowas mit bewußtem Spielen und Üben entgegenzuwirken. Will heißen: beim Üben trotzdem mitlesen und dabei bewußt auf den Verlauf und das Spielen konzentrieren.
Grund: Je besser ich das Stück auswendig kann, desto mehr ist mein Hirn gelangweilt und fängt an sich anderweitig zu beschäftigen:
Bsp: "...so jetzt kommt die Stelle mit dem Lauf in D-Dur... Was wollte ich morgen eigentlich kochen... vielleicht Nudeln" Plötzlich fliege ich raus und dann ist die große Frage: "Was kommt denn jetzt eigentlich? - Und das wars.

Wie gesagt, versuche ich das bewusste Spielen und das bewusste Üben zu üben, damit ich den Einstieg jederzeit finde, falls ich rausfliege und nicht im Geiste oder in den Noten nach der richtigen Stelle zu suchen.

Für mich ist die Automatisierung Fluch und Segen zu gleich: Ohne Automatisierung gibt es kein Lernen, aber mit zuviel Automatisierung laufe ich Gefahr mit der Konzentration abzuwandern.
 
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Gegenfrage, fühlst Du schon Defizite bei Dir?
Das Thema ist so groß, dass man sich hier vollkommen verzetteln könnte.

Bewußt spielen ist das eine. Es betrifft die Rettung durch den Verstand. Dafür gibt es Strategien :bang:
Sich locker machen ist etwas anderes - emotional - auch da da gibt es Strategien :prost:
spirituell - naja ihr wißt schon... :hail:

Vor Publikum üben ist natürlich toll, allerdings kann es Dich trotzdem erwischen, wenn der Einfluss plötzlich doch negativ ist.
Manchmal sind 3 Leute nah bei Dir viel ätzender als 2000 anonyme in 20 Meter Abstand.
Das eine wird vielleicht wie eine Prüfung empfunden und kann viel fürchterlicher sein als ein umjubeltes Konzert vor einer großen Menge.
Auch die Erwartung des Publikums und Deine eigene Erwartungshaltung spielen eine Schlüsselrolle. Wenn es da Diskrepanzen gibt ...

Man sollte nicht an seine Grenzen gehen bzw. gewisse Reserven haben. Da spiegelt sich dann auch in dem Gefühl beim Auftritt wieder.
Nicht zuletzt hängt es auch von der Musik und deren Schwierigkeiten ab. Ein Scarlatti erfordert beispielsweise lockere und starke Finger, verlangt vom Kopf nicht viel.
Ein Bach fordert dagegen permanente Konzentration, obwohl es vielleicht technisch und musiklaisch nicht so anspruchsvoll ist.
Bei neuer Musik brauchst Du wieder andere Überzeugungskraft, Du darfst Dich da nicht durch eingebildete Meinungen anderer beeinflussen lassen.

Achso - ich glaube nicht, dass Auswendigspiel und Notenspiel da einen großen Unterschied macht.
Wenn man sich nicht wohl fühlt oder schlecht vorbereitet ist, kann man auch nach Noten nicht gut spielen.


Du siehst - es gibt so viele Ansatzpunkte ...
Kannst Du es konkreter fragen?

Lies mal auch mal hier:
https://www.musiker-board.de/threads/was-ist-sinnvoller-beim-ueben.446288/
 
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Du siehst - es gibt so viele Ansatzpunkte ... Kannst Du es konkreter fragen?
Nein, ich will nicht konkreter fragen. Ich glaube, wir kommen mit dem Thema weiter, wenn wir es nicht engführen, sondern breit lassen. Ich glaube auch, dass es eine "technische" Frage ist, die hierher gehört - wie immer man Technik in diesem Falle fassen mag und fassen muss.

Was tut ihr technisch, damit ein derartiges Szenario nicht eintritt?
Die Frage ist ja, was ist hier eigentlich das Szenario?

1. Möglichkeit: Hat der Pianist zu wenig geübt?
Das sieht nicht so aus, ich finde die schnellen Ketten am Anfang (bevor er rausfliegt) nicht schlecht. Der hat geübt. Da fragt man sich: Hat er falsch geübt?

Sich so oft wie möglich solchen Vorspiel-Situationen stellen.
Fehlten ihm vielleicht die von @Jonny W genannten Vorspielsituationen? Hat er vorher nur im stillen Kämmerlein gespielt?

Will heißen: beim Üben trotzdem mitlesen und dabei bewußt auf den Verlauf und das Spielen konzentrieren.
Oder ist es so gelaufen, dass genau das andere Extrem passiert ist und er ZU konzentriert war. Man weiß ja, dass ein Zuviel an bewusster Kontrolle die unbewusste Automatisierung eines Stücks abschießen kann. Dann läuft mir das Hirn über und ich ärgere mich hinterher, dass mein Hirn glaubt, schlauer zu sein als mein Körper. In diesem Fall braucht man ja das Gegenteil von Training wie bei den Menschen, die unkonzentriert sind.

2. Möglichkeit: Ist der Pianist nicht locker genug?
Irgendetwas passiert, dass er rausfliegt. Ist er nervös? Dann würde die Nervosität das unbewusste Programm unterbrechen, das im Hirn abläuft und in die Finger hineinfließen will. Das habe ich auch schon mal erlebt. Meine Lösung vor einem wichtigen Vorspiel war zeitweise eine gewaltsame Drillmethode: Wecker auf die Tiefschlafphase gegen 04.00h stellen, das Stück spielen und aufnehmen, dann ins Bett gehen, weiterschlafen und hinterhergucken, ob es geklappt hat. Wenn nicht, dann vor dem Schlafengehen die inkorrekte Stelle noch mal eintrainieren. Und dann erneut von vorne. Ich kenne Menschen aus der russischen Pianistenschule, die ein ähnliches Verfahren kennen gelernt haben. Heute frage ich mich, warum man sich so was geben muss. Freilich spricht der Trainings-Effekt dafür.

3. Möglichkeit: Hat der Pianist seine Noten vergessen?
Ich spiele nicht auswendig.
Achso - ich glaube nicht, dass Auswendigspiel und Notenspiel da einen großen Unterschied macht.
Nun ja, fest steht, dass wir einen Trigger brauchen. Irgendwas muss unser Hirn motivieren, auf die Idee zu kommen, die richtigen Tasten zu drücken. Das können Noten sein. Sie entsprechen dem Leckerli, damit unser Hundchen schön Männchen macht. Noten sind Trigger. Die Frage ist, ob sie reale Trigger brauchen. Könnte es nicht etwas anders geben, was hilft. Innere Trigger, innere Bilder etwa? Ich spiele am besten, wenn ich innere Bilder vor Augen habe. Sie kommen mir beim Üben in den Sinn, wenn ich etwas spiele. Dann läuft visuell vor meinem inneren Auge während des Spielens etwa folgendes ab: 1.(Bild) Ich sehe einen Baum und spiele das Motiv, das mit diesem Bild verbunden ist. 2. Ich sehe eine Eule auf dem Baum sitzen und schaue sie mir aus der Nähe an, ich spüre, dass auch damit eine Phrase verbunden ist etc.pp. Ihr seht, dass nicht mehr die schwarzen Punkte auf dem Papier die Musik auslösen, sondern innere Bilder. Das hat den Vorteil, dass die Wahrnehmung der Musik ungemein intensiviert wird. Gleichzeitig wird das Tempo gleichmäßiger. In diesem Zusammenhang kommt mir der Film "The King's Speech" in den Sinn. Ist nicht die Methode des Sprachtherapeuten ähnlich, wie er den stotternden König therapiert?

4. Möglichkeit: Hat der Pianist die Wirkung des Publikums unterschätzt?
Manchmal sind 3 Leute nah bei Dir viel ätzender als 2000 anonyme in 20 Meter Abstand.
Juroren können nerven und stressen. Da bin ich mir sicher. Da gibt es Adler, die mit einem starren Blick versuchen, den kleinsten Fehler zu finden. Da gibt es Löwen, die aus wie auch gearteten emotionalen Gründen die Teilnehmer am liebsten zerreißen wollen. Da gibt es den eitlen Pfau, der sich sagt, so gut wie ich ist ja keiner hier. Freilich gibt es auch die unbeirrbaren Bären, die dir mit ihren Pranken einen freundlichen Klaps auf den Rücken verpassen, dich angucken und sagen: Wird schon. Die Bären mag ich, Adler und Löwen hasse ich, den Pfau finde ich unerträglich, aber am schlimmsten ist es, wenn man Adler und Löwe zusätzlich noch in sich trägt. Auch ein Kapitel für sich. Mancher zerbricht ja an den übertriebenen Anforderungen, die man an sich selber stellt.

5. Möglichkeit: Überschätzt der Pianist seine Möglichkeiten?
Ein endloses Feld. Ich nehme meist auch etwas einfacheres, von dem ich weiß, dass es geht. Manche quälen sich auch gerne selber und spielen keine "Literatur für Luschen" (ein Zitat eines mir bekannten begabten Pianisten).

Du siehst - es gibt so viele Ansatzpunkte ...
Oh ja, fünf davon sehe ich jetzt schon. Habe ich was übersehen? Wenn ja, bitte hinzusetzen.
 
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Hallo Leute,

Bei mir kommt es darauf an um was für eine Veranstaltung es sich handelt. Bei den Vogtlandtreffen z.B. habe ich überhaupt keine Hemmungen. Die letzten Jahre war ich bei der obligatorischen Grillparty mit gegenseitiger Vorstellung immer der erste der gespielt hat. Danach war bis jetzt immer das Eis gebrochen. Wenn ich zuhause auf Veranstaltungen spiele (nicht auftreten), habe ich fast immer einen Partner mit Saxophon dabei, dann ist das Lampenfieber nur halb so schlimm. Ich kann zwar seit einigen Jahren auch Noten, spiele aber grundsätzlich auswendig nur nach einer Liederliste mit Titel und Tonart (der Saxophonspieler spielt nur nach Noten, was bei Windböen zu lustigen Einlagen führt:D). Um mir den Anfang zu erleichtern, sind auf meiner Spielliste die Lieder ganz oben, die ich im Schlaf spielen kann. Nach 3-4 Liedern ist die Anspannung dann komplett weg. Das liegt aber auch daran, dass wir meistens unseren Platz mitten unter den Leuten haben und zwischendurch von denen auch angesprochen und Liedwünsche geäußert werden. Vor etwas über einem Jahr hatte ich auch mal einen Auftritt auf einer größeren Veranstaltung. Die 3 Lieder die ich spielen sollte waren durch das Thema der Veranstaltung festgelegt und ich war so kurz vor Schluss dran. Bis dahin bin ich gefühlt 100mal gestorben. Ich wusste die Titel nicht mehr und auch nicht ob ich überhaupt Akkordeon spielen kann. Als ich dann auf der Bühne war und die Zuschauer mir entgegen lachten ist die Spannung abgefallen und es wurden 5 Lieder. Ob ich mir das in meinem Alter noch mal zumute, glaube ich aber nicht. Ich spiele allerdings auch nur reine Unterhaltungsmusik, keine Klassik und auch keinen Jazz, da ist es natürlich auch einfacher auswendig zu spielen.

Gruß, Didilu
 
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Sein Fingergedächtnis ist ganz offensichtlich nicht im Fluss - noch besser gesagt, er ist nicht ganz beieinander.

Beim ersten mal spielt die linke Hand eine Phrase die nicht in den Takt passt, er läßt irgendetwas weg oder fügt irgendetwas hinzu, was dort nicht hingehört oder fehlt. Die rechte kann ich nicht so richtig beurteilen. Vielleicht tut sie sogar das richtige. Er hat offenbar keinen vertikalen Anker parat, bei dem er sicher weiß, diese Töne rechts und diese links gehören zusammen (Akkord mit bestimmten Fingersatz) und folgendermaßen geht es linear weiter (Bewegungsablauf mit exaktem Fingersatz). Pfusch bis zum nächsten Anker ist ihm nicht möglich. Er ist darauf angewiesen, dass alle Abläufe perfekt sind bis zu einem Anker, der bei ihm aber viel zu weit entfernt liegt.

Bewußte Einstiegspunkte an jedem Taktanfang hätten ihm geholfen. Auch das Training des Spiels mit nur einer Hand hätte ihm geholfen, denn dann hätte er nicht aufhören müssen und die linke hätte aussetzen oder pfuschen können bis zu einer bewußten Stelle. Wahrscheinlich hat er in dem Moment nicht einmal geschnallt, was überhaupt falsch ist.
Er war darauf angewiesen, dass alles klappt und hätte dann wieder Vertrauen gewonnen.


Beim zweiten Durchgang entzweit ihm das Zusammenspiel zwar etwas anders aber genau an der selben Stelle und er gibt einen Moment früher auf.
Er ist nicht Herr der Lage, was sich manchmal auch erst nach einer Weile einstellt, nachdem die Musik anfängt zu fließen und Verbindungen entstehen.
Aber im vorliegenden Fall hatte er keine Chance. Er war so durcheinander, nicht beieinander dass es nicht dazu kam, eine Wohlfühlsituation zu erlangen.
Wenn der Körper sich nicht wohl fühlt und nicht tut was er sonst tut, wenn er sich wohl fühlt und auch keine bewußte Rettungsaktion möglich ist, hast Du verloren.

Was Du da machen kannst ergibt sich aus dem Text. Solche Situationen üben - klar aber wie?
Sicherheitstraining ist Maßarbeit für jeden Menschen.
Psychologisch hilft es dem einen, vorher einfach ruhig da zu liegen, der andere muss unbedingt mit jemand Vertrautem Sprechen, noch ein anderer nimmt Tabletten oder Alkohol ... Didi braucht freundliche Gesichter im Publikum.

Alles hängt auch miteinander zusammen.

Zu Deinen Punkten.
1. Sicher nicht, aber falsch
2. Ja, offenbar was mit den folgenden Punkten zu tun hat.
3. Ja, er weiß sie in dem Moment nicht absolut sondern muss sich auf die Finger und Unbewußtes verlassen, was ihm aber auch versagt bleibt.
4. Kann sein, aber als Wettbewerbskandidat weiß man eigentlich worauf man sich einläßt.
5. teils. Ich denke er konnte das durchaus souverän spielen - in angenehmeren Situationen.
 
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Wenn der Körper sich nicht wohl fühlt und nicht tut was er sonst tut, wenn er sich wohl fühlt und auch keine bewußte Rettungsaktion möglich ist, hast Du verloren.
Damit ist klar, was ein guter Lehrer ist, oder? Ein guter Akkordeonlehrer ist eine Art Körpertherapeut, der an und mit seinem Schüler arbeitet. Je besser die Wahrnehmung des Lehrers ist, je besser die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler ist, je besser darum die Kommunikation ist, desto besser das Ergebnis, das sich eben nicht nach den künstlerischen Fähigkeiten des Lehrers oder nach dem Gewicht der in einem Jahr durchexerzierten Noten bemisst. Jetzt weiß ich, wann ich für mich einen Lehrer brauche ...
 
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ein anderer nimmt Tabletten oder Alkohol
In ganz frühen Jahren hatten wir in der Band u.a. auf zweiteres zugegriffen.
Das hat geholfen - hmm, wir haben aber auch daran festgehalten, als wir gar nicht mehr nervös waren.:prost:

Die älteren werden sich daran erinnern. :eek:
Als wir dann alle in "fester" Hand waren, wurden wir wieder auf den rechten Weg gebracht.:D
 
In ganz frühen Jahren hatten wir in der Band u.a. auf zweiteres zugegriffen.
"Alkohol ist dein Sanitäter in der Not
Alkohol ist dein Fallschirm und dein Rettungsboot
Alkohol ist das Drahtseil, auf dem du stehst
Alkohol, Alkohol"

Ah, die Alternative: Akkordeonlehrer oder Alkoholpegel....
 
Das Thema ist so groß, dass man sich hier vollkommen verzetteln könnte.
nicht das einzige ...
wir kommen mit dem Thema weiter, wenn wir es nicht engführen, sondern breit lassen
ein bisschen Relevanz sollte schon sein. Wer von uns Foristen wird in die Lage kommen, ein Stück vom Anspruch der gis-Moll-Etüde vorzutragen?
Ich habe ab meinem 15. Lebensjahr vor Publikum gespielt, das etwa 50 Jahre lang, ohne mich mit mit einem annähernd so gewaltigen philosophischen Überbau zu befassen. Von der Schülerband zur (u.a.) Turnierband und zurück zum Duo. Wer einmal Profi-Tanzturniere gespielt hat oder Künstlerbegleitung prima vista gemacht hat, weiß, was dazu nötig ist. Aber vielleicht ist das ja ein zu wenig "künstlerischer" Anspruch. Für den oben zitierten 80sten der Tante wird es aber reichen.
Leider ist dieses Forum sehr textlastig, mich würde schon interessieren, zu welchen Ergebnissen die oben angeführten Methoden jeweils bisher geführt haben, dazu gibt's aber keine Quellen (rühmliche Ausnahme klangbutter).

Genug Text meinerseits, nix für ungut - W.
 
Es gibt halt Tage da klappt es besser und Tage da klappt es schlechter, persönliches Wohlbefinden oder Unwohlbefinden. Das merkt man ja auch schon beim Üben im stillen Kämmerlein.
Ein Vorspiel ist immer eine besondere Situation.
In der Gruppe finde ich das wesentlich einfacher, als alleine. Ich weiß z.B. dass Stress mein größter Feind ist, den muss ich vorher vermeiden.
Ich erinnere mich noch mit Schrecken an meine 1. Vorspielstunde, ich hatte eine schlaflose Nacht vorher, die Hosen waren gestrichen voll und so doll war es auch nicht...
Aber das übt sich, je öfters man das macht, desto besser wird es.

Ich nehme grundsätzlich ein Lied, was ich von Haus aus schon ganz gut kann und das wird dann perfektioniert. Ich kann es dann in vollendeter Perfektion, in meinem Kämmerlein oder auch vor meinem Lehrer.
Und irgendwie habe ich es auch gelernt mich über Pannen hinweg zu mogeln. Ich merke sie, mein Lehrer hört sie, aber sonst merkt das keiner.
Mittlerweile wache ich morgens auf und denke, Juhu heute ist Vorspielstunde.

Was mir auch sehr geholfen hat ist ein Ratschlag den ich irgendwo in den Untiefen dieses Bords gelesen haben (war nicht bei den Akkordeons). Da hatte ein Gitarrist die Hosen voll und ein alter Hase sagte ihm, Du mußt denke "Ich bin glücklich jetzt und hier Musik machen zu dürfen!" Das sage ich mir jedes mal.
Es beschwert sich auch keiner, wenn mal was schief läuft. Im Gegenteil, die Zuhörer bewundern mich, dass ich im Erwachsenen Alter noch zur Musikschule gehe und mich auf die Bühne stelle.

Was ich nie machen würde ist vorher Alkohol trinken! Ich hatte in meiner Anfangszeit einmal vor dem Unterricht auf dem Christkindlmarkt einen Glühmost getrunken. Nie wieder!!! Ich hatte im Unterricht nichts zusammen gebracht.

Ich denke technisch üben kann man solche Situationen nicht, man kann es nur immer wieder machen und dann übt es sich von alleine.
Ob mit oder ohne Noten ist, denke ich, auch egal. Jeder wie er besser kann.
Ich spiele meist mit Noten, auch wenn ich das Lied eigentlich auswendig kann. Die sind mir irgendwie eine Sicherheit.

Gruß grollimolli
 
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einer meiner Lehrer (der "letzte" auf Taste, bei dem ich ziemlich anspruchsvolle Sachen gespielt habe) legte beim Auswendigspiel, an dem wir allerdings sehr wenig arbeiteten, großen Wert darauf, sich nicht aufs Finger- oder sonstwie Körpergedächtnis zu verlassen. Er meinte, wenn man nur mit Fingergedächtnis arbeitet, fliegt man bei jedem Fehler raus und kommt nicht mehr rein. Er trainierte mit mir (eben bei den wenigen Stücken, bei denen wir Auswendigspiel übten), das bewusste Mitdenken. Er wollte an jeder beliebigen Stelle "Stop" rufen können und dann gesagt bekommen (a) an welcher Stelle im Stück ich gerade bin, (b) welche Töne rechts und links gerade gespielt wurden und (c) welche Töne rechts und links als nächstes gekommen wären. Wie gesagt, mitten in einer Phrase. Auch übten wir (mit und ohne Noten) an jeder beliebigen Stelle in einer Phrase einzusteigen. Wie viel es gebracht hat, kann ich allerdings nicht sagen ;-) und ob solche Übungen dem jungen Mann im Ursprungsposting geholfen hätten, auch nicht ...

Wer von uns Foristen wird in die Lage kommen, ein Stück vom Anspruch der gis-Moll-Etüde vorzutragen?
Das halte ich für nicht relevant. Was für den Wettbewerbs-Profi die gis-Moll-Etüde mag für den Anfänger der Schneewalzer sein. Das Problem bleibt das gleiche.

Ich z.B. brauche die Noten als "Krücke", auch wenn ich sie nicht benötige. Einmal, bei einem Vorspiel im Akkordeonverein, wollte ich auswendig spielen. Nach zwei Takten hatte ich einen kompletten Aussetzer und kam nicht weiter. Dann legte ich die Noten auf den Notenständer - setzte nicht mal die Brille auf, konnte sie also nicht wirklich lesen - und spielte das Stück durch. Ein anderes Mal - zum Glück nur beim Üben - bemerkte ich nach ca. 3/4 des Stücks, dass die Noten auf dem Kopf standen. In dem Moment flog ich raus ... Öffentlich auswendig spielte ich (außer diesem Versuch beim Vorspiel) genau zwei Mal, beide Male das gleiche Stück. Das war aber eine besondere Situation und ein Stück, das absolut sitzt.
 
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Ich spiele am besten, wenn ich innere Bilder vor Augen habe. Sie kommen mir beim Üben in den Sinn, wenn ich etwas spiele.
Das klingt wie ne Mischung aus Mnemotechnik und Synästhetik - In diese Richtung bin ich glaub' auch unterwegs.
Aber wenn Du die falsche Abzweigung nimmst, klingt alles eckig: Und ich überleg mir beim spielen: Hab ich die Wiederholung jetzt schon gespielt oder nicht? Irgendwie fühlt sich das komisch an - hab ich die Melodie schon jemals in F-Dur gespielt? Wie komm ich jetzt da wieder raus ???
...
:fear:
:D
:m_akk:
 
Nach zwei Takten hatte ich einen kompletten Aussetzer und kam nicht weiter. Dann legte ich die Noten auf den Notenständer - setzte nicht mal die Brille auf, konnte sie also nicht wirklich lesen - und spielte das Stück durch. Ein anderes Mal - zum Glück nur beim Üben - bemerkte ich nach ca. 3/4 des Stücks, dass die Noten auf dem Kopf standen. In dem Moment flog ich raus ...
Genau. Ist das nicht merkwürdig? Sind Noten in diesem Fall vor allem eine emotionale Krücke? Mir geht es genauso, wenn ich ein Stück ohne Noten vorspielen will, aber zu lange mit Noten gearbeitet habe. Dann brauche ich die Noten auch beim Vortrag. Wenn das alles stimmt, haben Noten zwei Funktionen. Anfangs sagen sie einem genau, welche Tasten man nacheinander zu drücken hat. Später sagen sie: Du kannst es bestimmt und wenn du es nicht kannst, kannst du ja mal einen Blick drauf werfen. Aber das hat ja @grollimolli auch schon gesagt:
Ich spiele meist mit Noten, auch wenn ich das Lied eigentlich auswendig kann. Die sind mir irgendwie eine Sicherheit.
 
Sich so oft wie möglich solchen Vorspiel-Situationen stellen. Wenn möglich am Anfang in kleinem Rahmen und dann immer größer.
Aus meinen jungen Jahren, als ich noch aktiv Tanzmusik gemacht habe war das öffentliche Spielen irgendwann kein Problem mehr, eine Band hilft dabei natürlich, weil man sich ja gegenseitig stützt. Auch das mit dem Bass ist gut. Ein guter (und gemeinsamer) Anfang und ein gutes (auch gemeinsames) Ende des Stückes sind ebenso wichtig weil der Zuhörer/Tänzer meist schnell vergisst was mittendrin war, außer es passiert nur noch Chaos.
Für echte Tanzmusik mit Ansage der Stücke und echtem Kontakt zum Publikum sind Noten eigentlich untragbar. Man muss die Leute ansehen und darf nicht stur auf sein Notenblatt starren. Oft sieht man auch Jazzbands, obwohl auswendig spielend, derart weggetreten, dass sie das Publikum total ignorieren. die starren nur so vor sich hin als würden sie für sich im Übungsraum spielen.
Ich finde halt eine Band ist mehr als nur ein Klangkörper und sollte vollends beim Publikum sein. Die spielerische Sicherheit kommt sicher, wenn man öfter öffentlich Auftritte hat. Als Schüler hatte ich bei den ersten Auftritten so ein Knie Schlattern, dass ich mich setzten musste. Erst durch häufiges öff. spielen entwickelt man eine gewisse Abgebrühtheit. Dabei ist es eigentlich egal ob mit, oder ohne Noten, Hauptsache man tut es. Schwierige Passagen mögen technisch halt mal nicht gelingen, da ist es dann egal ob ein Blatt vor der Nase liegt oder nicht, das ist dann eher eine Blockade, da hilft nur RESET.
 

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