Vortrag einer Analyse

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lens
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Hi,
ich halte in der Uni ein Referat über den ersten Satz des Violinkonzertes von Mendelssohn in e-Moll, op. 64.
Im Seminar haben wir uns halbwegs chronologisch von der Konzert-Ritornell-Form Richtung Sonatenhauptsatzform gehangelt.
Ich hab den Satz in Bezug darauf recht detailliert analysiert und überlege nun, wie ich die Ergebnisse anhand der digitalen Noten am besten darstelle. Einfach chronologisch durch das Stück zu gehen und auf Besonderheiten, Themeneinsätze, -abspaltungen, Tonarten, Überleitungen und Charakteristika der einzelnen Teile hinzuweisen, erscheint mir irgendwie langweilig bzw. zäh; wirr durch das Stück zu springen und alle Einsätze eines Themas zu markieren recht zusammenhanglos
Welche Strukturierungsmöglichkeiten würdet ihr vorschlagen?

Danke schon mal,

lens
 
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Nun ja - "eigentlich" sollte man an der Uni auch lernen, welche Strukturen eine Analyse aufdecken kann: Das beginnt mt einfachen Dingen wie klassischen "Oberflächenformen" (von AABA über Ritornellformen zu Sonatenhauptsatzform), aber dann (später?) auch tiefliegenderen Strukturen, wie sie etwa die Schenkerschen Analyseverfahren aufdecken (wollen).

Es gibt allerdings eine andere "Dimension", und die ist "es soll spannend sein": Und da hast Du recht - weder chronologisch durch noch "durch alle Einsätze springen" ist spannend für einen Zuhörer.

Zumindest die folgenden zwei Verfahren gibt's, um's interessant zu machen:

a) Du machst eine "Geschichte", ein "Drama" draus. Das typische Drama (wie man an jedem guten Thriller feststellen kann) ist "wir beginnen mit Erwartbarem; festigen das Erwartbare - und dann passiert was Unerwartetes. Aus diesem Unerwarteten ergibt sich ein 'Schritt auf eine höhere Ebene' - und dort können wir nun wieder etwas erwarten - tatsächlich, es kommt auch! Das geht nun so weiter - und dann passiert noch einmal was Schräges. Damit ist i.d.R. Schluss (manche Thriller schaffen aber auch 3, 4 oder mehr Ebenen)."

b) Die klassische Dialektik = "These, Antithese, Synthese" ist immer noch ein gutes Verfahren (und, wenn man will, ein Spezialfall des Dramas).

Bei Mendelssohn muss mindestens gehen:
These = Sonatenhauptsatzform; Antithese = in der Romantik lösen sich die festen Strukturen der Klassik auf...sieht man an all dem, was nicht Sonatenhauptsatzform ist; Synthese = Romantik ist "Klassik plus".
Das hab jetzt nicht ich erfunden: Die "klassische Lehre der Sonatenhauptsatzform" behauptet, dass eine Sonate so-und-so aufgebaut ist (Exposition mit Haupt- und Seitenthema in Tonika und Dominante, Durchführung, Reprise...blablabla), alles andere ist "Rest" ("Übergänge"); aber nicht mehr jung ist die - ich nenn es mal - "verbesserte Lehre der Sonatenhauptsatzform": Jeder Komponist, der die Sonatenhauptsatzform verwendet hat, hat sein Tun und Können in die Abweichungen und die Übergänge (die deshalb auch falsch benannt sind - das ist eben nicht nur "Füllmaterial" zwischen den "benannten Teilen") gesteckt: Also genau dort stecken die wertvollen Erfindungen von Instrumentierung und Klang, Polyphonie und Harmonik usw. - schon bei Haydn, aber dann eben immer mehr in die Romantik hinein. Also: Analysiere diese "Reste", Übergänge - gar nicht tief (für eine Seminararbeit), sondern vor allem als Kontrast zum Hauptthema und Seitenthema - "hier startet er im Übergang mit einem Fetzen aus dem Hauptthema, macht dann aber ...dieses und jenes damit...". Nur mit solchen "Aha-Effekten" wird (a) die Analyse wervoll und (b) der Vortrag dazu spannend.

... das war jetzt alles sehr abstrakt - aber Deine Frage auch :). Vielleicht hat's Dir trotzdem geholfen ...

H.M.
 
Vielen Dank für die Antwort, sie hat mir tatsächlich schon etwas weitergeholfen. :)
 

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