Wertfrage Flügel Ehrbar ca. 90 Jahre alt unrestauriert

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jokl28
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Hallo zusammen!
Ich habe zuhause einen Flügel der Marke Ehrbar stehen und würde gerne wissen, was der ungefähr für einen Wert haben könnte.

Er ist ca. 90 Jahre alt, das Baujahr lässt sich leider nicht genau festlegen. Er muss aber nach dam Jahr 1914 gebaut worden sein. Im Inneren gibt es nämlich eine Plakette auf der eine Auflistung von Jahren zu finden ist, in denen erste Preise an Ehrbar verliehen wurden. 1914 ist in dieser Liste das letzte aufgeführte Jahr.

Der Flügel ist nicht restauriert aber in einem spielbaren Zustand. Von den Äußerlichkeiten abgesehen bräuchte er aber auf jeden Fall einen neuen Stimmstock und neue Filze. Er ist leider schon lange nicht mehr gestimmt worden, hält auch die Stimmung nicht mehr ganz astrein.
Aber der Klang ist herrlich, der Resonanzboden ist in einem guten Zustand.
Die Tastatur ist mit Elfenbein bezogen und komplett erhalten.
Die Mechanik ist im Großen und Ganzen auch in Ordnung, einzig der tiefste Ton müsste komplett erneuert werden.

Leider konnte ich bisher keine Seriennummer finden. Vielleicht hat jemand einen Tipp für mich, wo ich die bei einem Ehrbar-Flügel suchen muss.

Für mich stellt sich nun die Frage, ob ich ihn selbst restaurieren lasse oder ob ich ihn so wie er ist verkaufe.

Für Antworten sag ich im Voraus schon mal „Vielen Dank“!


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Hallo jokl28,

herzlich Willkommen hier im Musikerboard. Wir versuchen Dir so gut es geht zu helfen. Wie Du bereits gesehen hast, gibt es hier im Forum viel interessantes zu entdecken.

Zu Deiner Frage:
Der Flügel wurde von dem österreichischen Klavier- und Flügelhersteller (Friedrich) Ehrbar gebaut. 1857 wurde die Firma gegründet und sie stellte bis mitte Achtzig (im letzten Jahrhundert) Instrumente her. Deine Schätzung ist gut. Auch ich würde sagen, dass der Flügel in den 20iger oder 30iger Jahren gebaut wurde. Die Seriennummer könnte innen links stehen. Dafür müsste man mindestens die Klappe vorne rausnehmen. Manchmal sind Seriennummern auch auf div. Gehäuseteile eingestanzt worden. Wenn Du die Klappe draußen hast, könntest Du auch gleich mal nachschauen, ob der letzte tiefe Ton vielleicht deswegen nicht funktioniert, weil die Taste zu nah am schwarzen Klotz ist? Vielleicht blockiert auch etwas in der Mechanik selbst. Das kann ich natürlich von hier aus nicht beurteilen ;)

Warum glaubst Du, dass der Stimmstock erneuert werden muss? Wenn das der Fall ist, dann wäre eine Restauration sehr aufwändig und teuer. Bei der Gelegenheit würde man auch den Resonanzborden spänen (ein Riss auf einem Foto ist schon erkennbar), Saiten erneuern, etc.
Was die Mechanik angeht, so ist das immer eine Sache des Spielers, wie er damit klarkommt. Bei einem unerestaurierten Instrument kann man davon ausgehen, dass sich div. Filze, Lederchen, etc mit der Zeit abgenutzt haben. Z.B. Glenn Gould mochte das zum großen Leidwesen seines Klavierbauers. Nichtsdestotrotz könnte man auch diese Filze wieder erneuern. Auch das ist sehr aufwändig, da das Instrument anschießend auch komplett neu reguliert werden muss.

Die Klaviatur sieht wirklich noch ganz gut aus und ist aus Elfenbein. Sie besteht - wie bei fast allen heutigen Instrumenten - aus 88 Tasten. Da kann ich Dir schon man den Tipp geben immer schön die Klappe offen zu lassen, damit die Klaviatur nicht gelblicher wird.

Das Gehäuse ist seinerzeit noch mit Schellack bearbeitet worden. D.h. der Lack wurde nicht "aufgespritzt" wie die heutigen Lacke, sondern Schicht für Schicht aufgetragen und poliert. Das bedeutet, dass je mehr Du jetzt reibst und "säuberst" Du den Lack dementsprechend immer ein wenig matter werden lässt. Gut zu sehen am Innendeckel und das andere Extrem die Kanten, die teilweise schon "durch" (heller) sein dürften.

Trotz Elfenbeiklaviatur, moderner Kreuzbespannung usw hat dieses Instrument leider nicht mehr viel an Wert. Wenn das Instrument wirklich komplett reastauriert werden müsste, würde ich den Wert im ganz unterem 4stelligen Bereich ansiedeln. Ehrbar ist zwar nicht unbekannt, hat aber dennoch nicht so einen Namen wie z.B. der österreichische Konkurent Bösendorfer.

In Deinem Fall würde ich Dir raten einen Klavierbauer zu Rate zu ziehen. Der kann Dir sagen, ob es z.B. möglich wäre den Stimmstock zu retten indem man die Wirbel etwas tiefer schlägt, oder die Mechanik wieder ein wenig reguliert, oder einen Stimmversuch zu wagen. Wahrscheinlich wird man eh nicht mit einer Stimmung auskommen.
Letztendlich ist es ein schönes Instrument und wenn Dir der Klang - obwohl noch nichts daran gemacht wurde - gefällt, würde sich der Besuch eines Klavierbauers auf jeden Fall lohnen.

Gruß,

Paul

Achja, wir würden uns freuen, wenn Du uns mit Deinem Schätzken auf dem Laufenden halten, und uns von Deinen Erfahrungen berichten würdest :)
 
Hallo Paul,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort!
Ich muss sagen, es würde mir sehr schwer fallen, mich von dem Flügel zu trennen. Im Moment gibt es leider ein kleines Platzproblem, das ich als erstes lösen muss. Danach hab ich dann "nur" das Problem, eine mögliche Restauration auch zu finanzieren. Aber ich liebe dieses Instrument und werde wohl für beides eine Lösung finden.
Ich habe den Flügel vor 13 Jahren unglaublich günstig erwerben können und habe mir damit einen lange gehegten Traum erfüllt: meinen eigenen Flügel.
Damals hab ich auch einen Klavierbauer befragt. Der hat mir damals schon mitgeteilt, dass der Stimmstock bald erneuert gehört, denn die Wirbel sind schon tiefer geschlagen. Nachdem seither viel Zeit vergangen ist, denke ich, dass sich das bei einer Restauration jetzt auch nicht mehr umgehen ließe.
Ich muss mir erst klar werden, ob ich den Flügel behalten will. Denn wenn ich ihn behalte, muss ich auch etwas unternehmen, damit er möglichst noch lange erhalten bleibt - in einem guten Zustand.
Eine Frage beschäftigt mich allerdings schon: Sollte ich den Flügel doch verkaufen - macht es Sinn, ihn davor noch zu restaurieren um den Wert zu steigern?
Bin dankbar für jede Anregung!
Lieben Gruß,
Nicole.
 
Hallo Nicole,

ein Instrument sollte man nach seinen eigenen Ansprüchen restaurieren lassen. Das Geld welches Du in eine - wie auch immer geartete - Restauration steckst, würdest Du vom Käufer nicht wiederbekommen.

Du hast aber noch Alternativen. Z.B. könntest Du, wenn Du Platzprobleme hast, den Flügel solange bei Freunden unterstellen, oder bei jemanden, der sich freut für eine absehbare Zeit ein solches Instrument zu haben. Derjenige wäre dann zumindest für Transport und Wartung verantwortlich. Sozusagen als Gegenleistung. Das ist ein Modell, welches inzwischen sehr häufig praktiziert wird.

Eine andere Alternative wäre, wenn Du ihn behalten würdest, mal zu schauen, ob es nicht möglich wäre, nur die Wirbel gegen dickere/längere austauschen zu lassen, die nicht mehr die nötige Festigkeit haben. Das ist erheblich günstiger, als einen Stimmstock komplett zu erneuern.

Hast Du mal nach der klemmenden Taste geschaut, ob sie deswegen klemmt, weil zu wenig Platz zum Klotz links daneben ist?

Wenn Du den Flügel günstig bekommen hast, und es ein Traum von Dir war, Du den Klang schön findest, sind das schon eine Menge Argumente für Dein Schätzken ;)

Viele Grüße,

Paul
 

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