Hi - ich klinke mich mal mit zwei Sachen ein:
1. Ich kann nicht wirklich was mit einem Streit um Begriffe anfangen.
Ich denke aber (siehe Punkt 2), dass das nicht zufällig ist, dass wir keinen entsprechenden Begriff zu Folk, country und singer/songwriter haben.
2. Ich sehe es so:
a) In Europa gab es eine eigene Tradition - nämlich das Volkslied mir einer großen Bandbreite, wie sie jetzt noch in Amerika vorherrscht: Musik für Feste, Tänze etc. Lieder für alle Gelegenheiten (Sommer, Frühling, Herbst und Winter, Hochzeiten, Begräbnisse etc.), jeweils Regionstypische Ausprägungen, Lieder für und über die Arbeit, romantische Lieder etc.
b) Diese Tradition wurde durchbrochen. In Deutschland war das der Nationalsozialismus - der diese Traditionen entweder unterband oder vereinnahmte (was schimmer ist, weiß ich nicht).
c) Die Wiederaufnahme dieser Traditionen hat in Deutschland etwas rückwärtsgewandtes und ist immer "ideologieverdächtig". Das macht dieses komische Gefühl aus, mit dem wir so Lieder wie von Gunter Gabriel betrachten.
Es gab dann drei Formen, wie dem begegnet wurde:
1. Ein Anknüpfen von BRD-Sängern an Voklslieder - die aber einen eindeutig "fortschrittlichen" Gestus hatten - um gar keinen Verdacht aufkommen zu lassen, es hätte was mit "unseliger" oder "toter" Tradition oder gar dem "Nationalsozialismus" zu tun. Daher kommt auch die "Betroffenheitslyrik", die ich auch nicht wirklich schätze.
2. Die DDR ließ die alten Arbeiterlieder wieder aufleben und pflegte sie als ihre Tradition und fügte diesen Lieder neue hinzu (Sag mir wo Du stehst). Für mich eine Ursache, warum auch heute noch in den neuen Bundesländern auf Deutsch zu singen geringere Berührungsängste auslöst als in den alten Bundesländern (obwohl dies heutzutage fast überwunden ist).
3. Der Import von eben anderem Kulturgut - eben dem Amerikanischen. Denn das hat ja mit unserer unseligen Tradition bzw. dessen Mißbrauch nichts zu tun.
Und da kann sich nun jede/r aussuchen, was ihm behagt: Blues, Country, Protestlieder, Tanzlieder, Cajun, Soul, Gospel - egal was.
Das sind für mich Faktoren dafür, warum wir als Deutsche so ein gebrochenes Verhältnis zu unserer eigenen Liedtradition haben.
Und weshalb der Begriff "Liedermacher" irgendwie nicht so recht zu passen scheint.
x-Riff