Ja, so ist das, wie
@Stollenfiddler schreibt.
Letztlich ist Musikmachen der Ausdruck einer inneren Stimme mit Hilfe des Instruments. Und zwischen Deiner inneren musikalischen Vorstellungskraft und der Tonerzeugung liegen eine Menge Steine, die es wegzuräumen gilt. Wenn Du Dich ausschließlich auf geschriebene Musik, seien es Noten oder Tabulatur, stützt, dann wird stets ein Element zwischen Dir und der Musik stehen. Wie eine Trennwand. Ich habe selbst kein Studium der Musik gemacht, aber ich weiß, dass das Auswendiglernen von Partituren vielfach als obligatorisch angesehen wird, um als Spieler zum Kern von Musik vorstoßen zu können.
Genauso ist das Transkribieren von Musik etwas, das, genau wie Hörtraining als obligatorisch betrachtet wird. Nicht ohne Grund, siehe oben
Wenn Du einen Königsweg wissen willst, dann ist es wohl unmöglich. Aber ich kann Dir von meiner Herangehensweise berichten: Ich versuche, das Stück in so kleine Portionen herunterzubrechen, dass ich mich nicht überfordere. Etwas, was sich bei mir nie geändert hat, ist die Länge jeder Portion. Auch wenn ich versucht habe, die Größe zu verändern. Ich schätze, dass das mit physiologischen Gegebenheiten zusammenhängt, die mir einfach zu eigen sind. Wenn ich mir einen Part vornehme, dann klappt es am besten, wenn er nur wenige Sekunden lang ist. Keine drei Sekunden, also etwa die Länge eines oder zweier Takte. Oder halt die Länge dessen, was mein Echogedächtnis speichern kann (hier mehr dazu
https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Speicher-Modell). Das kann ich dann prima auseinandernehmen.
Das Auseinandernehmen besteht wiederum vor allem aus zwei Aspekten: Die Rhythmik und die Tonhöhe. Meiner Erfahrung in meinem Körper mit meinem Gehirn nach ist es schwerer, die Rhythmik zu erfassen. Bumblefoot sagte in einem Interview, das er vor Kurzem auf YT gab, dass er bei der Transkription seines eigenen Albums ungefähr 80% darauf verwendete, die Rhythmik korrekt aufzuschreiben.. das ganze Interview ist hier:
Dass die Rhythmik meistens der schwerere Part ist, hängt meiner Meinung nach mit mehreren Aspekten zusammen. Man unterschätzt sie einfach, gerade als Anfänger. Man ist sich einfach nicht bewusst, dass sie das wahre gestaltende Werkzeug ist, um Musik zum Klingen zu bringen und um sinnlose Notenfolgen in sinnvolle, nachvollziehbare Stimmen zu wandeln. Hier noch ein anderes Video zum Thema Rhythmik von Hal Galper:
Im Kern steht die Aussage von Dizzy Gillespie, dass manche Menschen zuerst die Tonhöhe nehmen und darauf einen Rhythmus anwenden, und andere gehen so heran, dass sie einem Rhythmus Tonhöhen zuweisen. Der zweite Weg ist meiner festen Überzeugung und Erfahrung nach der Königsweg in der Musik und trennt Spreu vom Weizen.
Probiere es aus. Also a) kleine Portionen und b) erst Rhythmik. Versuch das dann zunächst zu singen und erst danach auf das Instrument zu übertragen.
Grüße Thomas