Wirkung fremder und eigener Musik

Aklord
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Hallo,

ich habe es oft bei neuen Musikstücken von fremden Komponisten, dass ich nach ein- bis zweimaligem Hören überhaupt nichts vom Stück wiedergeben könnte. Dann nach fünf bis sechsmaligem Hören bleiben Passagen hängen, wo ich denke, dass die sich geil anhören könnten und ich muss das Stück dann noch mal hören und freue mich dabei schon auf diese Stellen.
Erst nach dem oft wiederholten hören, setzt sich der Song fest und ich finde ihn gut und er könnte mein Lieblingslied werden oder aber ich stelle fest, dass der bei mir nicht den richtigen Nerv trifft.

So, was soll das ganze jetzt?

Wenn ich selbst einen Song schreibe (und ich steh' da beim Komponieren/Songwriting total am Anfang), kann ich ja nur das schreiben, was mir geläufig ist und was ich von vorn herein gut finde. Dadurch kommt es mir dann so vor, dass ich etwas komponiere, was es schon gibt oder ich denke, dass muss sich ja innerhalb kürzester Zeit langweilig für den geneigten Zuhörer anhören.

(Ich hoffe, es versteht wer, worauf ich hinaus möchte)

Woher weiß ich oder kann ich erahnen, wie mein Stück beim ersten, zweiten und wiederholten Hören vom Zuhörer aufgenommen wird?
Ist es eventuell so, dass ich aufgrund meiner musikalischen Erfahrung etwas produziere, was anderen beim ersten Hören ebenfalls fremd vorkommt, weil diese halt andere musikalische Erfahrungen haben?

Gibt es dazu irgendwelche Erkenntnisse?
 
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Hallo Akkord,

in diesem Zusammenhang könnte Dich der Thread "Ist es normal daß ich dauernd denke, daß es meine Lieder schon gibt?" auch interessieren.

Ich sehe es auch so, daß gerade Anfänger beim Komponieren/Songwriting praktisch nur auf Muster zurückgreifen, die ihnen geläufig sind, und zwar zunächst einmal auf relativ einfache Muster/Akkordfolgen.
Nun wachsen wir ja nicht alleine auf der Welt auf, sondern teilen unsere Erfahrungen (vor allem im musikalischen Bereich) mit sehr vielen Altersgenossen.
Das heißt: Was Dir vertraut vorkommt, kommt den meisten anderen wahrscheinlich auch vertraut vor. ;)

Und wenn man darauf achtet, was den ganzen Tag so im Radio läuft und wie sich gewisse Muster wieder und wieder wiederholen, es seien nur die berühmten "four chord songs" erwähnt (google mal danach), bei denen man mit einer einzigen einfachen Akkordfolge zig Welthits begleiten kann.

Anderer Effekt: Wenn Du lange an einem Song herumbastelst, ihn sehr oft spielst, leicht veränderst/optimierst, dann hängt er Dir - extrem formuliert - irgendwann zum Hals heraus und Du verlierst vielleicht auch eine gewisse Objektivität, wirst "betriebsblind". So ist die Gefahr sehr groß, daß Du ein eigentlich gutes Stück irgendwann langweilig findest, obwohl es das nicht unbedingt sein muß.
Es kann aber natürlich trotzdem auch von Außenstehenden als langweilig empfunden werden, auch, wenn sie es zum ersten Mal hören. :D;)

Viele Grüße
Torsten
 
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Ich würde das schreiben von Songs nicht so stark davon abhängig machen, was andere vlt. davon halten könnten. Das wär mir zu Kopflastig und behindert am Ende mehr den Workflow, als es nützt.
Würde man jetzt bei jedem neuen Teil eines Songs anhalten um zu überdenken, wie das beim Zuhörer ankommt, gäbe es kaum ein Vorankommen und die ursprüngliche Idee würde wahrscheinlich auch ziemlich verwässert werden.
Du solltest die Musik machen, von der du überzeugt bist, das sie gut. Die Meinungen dazu werden so oder so auseinander gehen.

Ansonsten hat Be-3 das schon gut beschrieben. Am Anfang greift man schonmal auf bekannte Muster zurück, aber das kann sich auch mit der Zeit ändern. Das muss übrigens auch nicht unbedingt schlecht sein.
 
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...gerade Anfänger beim Komponieren/Songwriting praktisch nur auf Muster zurückgreifen, die ihnen geläufig sind, und zwar zunächst einmal auf relativ einfache Muster/Akkordfolgen.
Das stimmt und je mehr man - ich sage mal - aktiv Musik hört, desto mehr Muster lernt man kennen und wird automatisch komplexer.

Von den "four chord songs" hatte ich schon gehört. Mit diesen 4 Akkorden hatte ich spaßeshalber auch schon ordentlich herumexperimentiert.

Du solltest die Musik machen, von der du überzeugt bist, das sie gut. Die Meinungen dazu werden so oder so auseinander gehen.
Da hast Du natürlich vollkommen recht und so soll (und wird es bei mir) es auch sein. Trotzdem möchte ich da nicht zum musikalischen Autisten werden.

Am Anfang greift man schonmal auf bekannte Muster zurück, aber das kann sich auch mit der Zeit ändern. Das muss übrigens auch nicht unbedingt schlecht sein.
Greift man nicht grundsätzlich immer auf bekannte Muster zurück, nur dass die immer vielfältiger werden?
 
nein - imo ist das gerade der Holzweg, den du beschreibst...
es ist nicht das musikalische Muster, sondern die Interpretation, die es zulässt
und diese Interpretation ist es, die beim Hörer ankommt oder nicht
selbst wenn heute medientechnisch besonders viel geht, war das 'früher' im Kern nicht anders
Zitat aus der Produktion von 'Ode to Billy Joe' (B. Gentry 1967 als unbekannte Sängerin im Studio):
der Song ist eine Blues Ballade der ganz sparsamen Art... Gesang/Gitarre, beides auf bescheidenstem technischen Niveau... Frage an den Produzenten zwecks Orchestrierung... Anweisung: macht nur das nötigste - das wird sowieso nie jemand zu hören bekommen
dem 'Ausführenden' gefiel der Track, er hat ein minimales String-Arrangement dazugepackt, sich aber durchaus Mühe gegeben - hatte ja freie Hand.
Ende vom Lied: Platz 1 der billboard charts ... :D
warum ? die Leute haben einfach der Geschichte zugehört, der Stimmung - nicht den Noten

Johnny Cash hat aus dem sehr persönlichen 'Hurt' von Trent Reznor, seine ganz eigene, überzeugende Version gemacht. Reznor war erst wenig begeistert (vom reinen Audio-Material), vom Gesamtwerk mit Bildunterstützung dann aber zu Tränen gerührt.

ob ein Kontext in jedem Fall so oppulent hergestellt werden muss, sei mal dahingestellt
aber dass es über den reinen Akkord/Noten Inhalt hinausgeht ist (imho) sicher
und deswegen funktionieren auch Songs mit nur 2 Akkordwechseln...

cheers, Tom
 
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Trotzdem möchte ich da nicht zum musikalischen Autisten werden.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass das passieren wird. Alles was ich sagen wollte war, dass du aufpassen solltest auf welches Feedback, aus welcher Richtung du dich einlässt.

Greift man nicht grundsätzlich immer auf bekannte Muster zurück, nur dass die immer vielfältiger werden?
Kommt drauf an...aber ok, grade am Anfang greift man sogar noch öfter auf Vertrautes zurück. Trotzdem kommt das mMn. auch auf die eigene Herangehensweise an.

Z.B. waren die ersten Riffs die ich damals in meiner ersten Band gespielt hatte nicht selten auf Chromatischen Tonfolgen aufgebaut.
Dabei wusste ich zu der Zeit nicht mal was das überhaupt bedeutet. Ich kannte auch keine Bands die das so gemacht haben. Ich fand, es klang einfach gut. ^^
Wir waren von Anfang an drauf aus, eigene Songs zu schreiben. Nach Möglichkeit eben solche die es "so noch nicht gegeben hat". :rolleyes:
Natürlich ist das irgendwo kaum möglich, da man ja so gut wie immer, nicht zuletzt auch unterbewusst, inspiriert/beeinflusst wurde.
Je eher man aber damit anfängt eigene Kreationen auszutüfteln, desto leichter wird einem das Schreiben von Songs fallen.
 
der Song ist eine Blues Ballade
Aber Blues ist doch auch ein Muster:gruebel:.
Ich verstehe jedoch, was Du meinst - glaube ich zumindest. Bei mir ist es so, wenn ich mir eine Melodie ausdenke, steht die im Kopf ja nicht für sich allein, sondern auch in irgend einem Kontext und diesen Kontext brauche ich auch. Ich bin also auf die mir bekannten Muster angewiesen, unabhängig davon, ob ich das später in der Praxis dann noch beim Experimentieren uminterpretiere.
Mir fiel z.B. vor ein paar Tagen auf dem Rückweg nach Hause, eine gute Melodie ein. Diese habe ich dann gleich eingesungen, bevor ich sie vergesse und auch gleich in "gültige" Noten umgesetzt, da ich nicht so gut singen kann.
Mir ist es jedoch nicht gelungen, passende Akkorde zu finden oder die Rhythmik zu bestimmen (also ob's 4/4 oder 3/8 oder sonstwas ist). Ich bin der Überzeugung, dass mir einfach die passenden Muster fehlen und ich deshalb nicht in der Lage bin, die Melodie zu einem Song auszubauen.
Ich hätte mal Bock ein Ska oder Reggae Stück zu machen. Das kann ich aber nicht, weil mir die Muster fehlen. Das ganze würde dann zu einem Erdbeerkuchen ohne Erdbeeren werden.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Ich kann mir kaum vorstellen, dass das passieren wird. Alles was ich sagen wollte war, dass du aufpassen solltest auf welches Feedback, aus welcher Richtung du dich einlässt.

Ja, das ist ein wichtiger Faktor. Ein Mitglied der Gruppe Yes (weiß nicht mehr wer) sagte mal in einem Interview, dass es zwei Wege gibt: Den eigenen und den falschen.
 
Bei mir ist es so, wenn ich mir eine Melodie ausdenke, steht die im Kopf ja nicht für sich allein, sondern auch in irgend einem Kontext und diesen Kontext brauche ich auch. Ich bin also auf die mir bekannten Muster angewiesen
genau das war nicht gemeint - es geht in dem Fall über den rein musikalischen Inhalt hinaus
(ich hab's nicht verlinkt weil man's bei Google, Wiki, YT direkt findet)
die Melodie für sich genommen ist stellenweise geradezu dämlich, fast an der Grenze zu nervtötend
andererseits haben die monotonen Wiederholungen aber suggestive Wirkung aus...
denkt man sich das zB im Autoradio auf einer längeren Fahrt... diese teilnahmslos-betroffene Stimme
Radio hatte damals einen vielhöheren Stellenwert als heute
(die Bilder dürfte nur ein Bruchteil der Hörer gesehen haben, vom Video ganz zu schweigen)

manchmal funktionieren Songs natürlich auch anders herum:
The Night They Drove Old Dixie Down hat mich erreicht, obwohl ich null Plan vom Inhalt hatte
(was insofern interessant ist, als ich zu der Zeit üblicherweise Sabbath, Zeppelin, Purple hörte) :D

man muss es nicht ausschliesslich (bzw immer) am Inhalt festmachen...
nur scheint eine gewisse Schlichtheit Vorraussetzung für weitläufige positive Akzeptanz zu sein
auch wenn sich Grundmuster wiederholen, bleibt noch viel individueller Spielraum

cheers, Tom
 
Hi, Akkord,
Wie schon dargelegt spielt bei der Akzeptanz eines Songs Vieles mit: Text, Melodie, Akkordfolge, Interpretation. Und letztendlich entscheidet der Gesamteindruck.

Nun hat man so ein Lied erarbeitet und möchte wissen, ob es sich überhaupt lohnt, es jemandem vorzuspielen/singen. Du selber hast so lange daran herumgebastelt, Ideen gehabt und wieder verworfen, hier und da vermeintliche Verbesserungen gemacht - dass du den Wald (das Lied) vor lauter Bäume (musikalische Techniken) nicht mehr siehst.

Deshalb nehme ich neue Songs auf. Einfach mit einem Instrument vor ein Aufnahmegerät hinsetzen, auf REC drücken und vorsingen.
Das klingt meistens besch**en - oder zumindest nicht so, wie ich es gerne hätte.

Lasse ich ein paar Tage oder gar Wochen verstreichen und höre wieder 'rein, ist der Eindruck ganz anders. Es ist wirklich so, als hörte ich ein fremdes Lied im Radio. Es trifft mich ohne Erwartungen, ohne vor gefasster Meinung darüber, wie es klingen sollte. Meine Urteilskraft ist wiederhergestellt.
Manchmal klingt es immer noch besch**en, aber meistens ist es besser als ich es in Erinnerung hatte, und ich staune über mich selbst: "Boah, sowas könnte ich nie komponieren! - Moment mal, das war ich!"

Cheers,
Jed
 
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Lasse ich ein paar Tage oder gar Wochen verstreichen und höre wieder 'rein

Das ist ein sehr guter Tipp. Übersteht eine Idee diesen "Test", kann man sie weiter verfolgen.
 
Das ist ein sehr guter Tipp. Übersteht eine Idee diesen "Test", kann man sie weiter verfolgen.
Und der Bonus liegt darin, dass man an diesem "fremden, eigenen" Stück auch konstruktive Kritik üben kann, was das Ergebnis noch verbessert!

Cheers,
Jed
 
Ich habe mal ein Video von John Mayer über Songwriting gesehen (irgendwas mit dem Berklee College of Music oder so) und er meinte auch das man überzeugt sein sollte von einem Song, und dass man ihn manchmal liegen lassen sollte damit man ihn danach neu entdecken kann.
Diesen Ansatz finde ich sehr interessant, es fällt mir auch auch schwer so zu handeln, weil oft ist es auch so, dass das eigene zu langweilig oder zu kompliziert klingt. Da fehlt wirklich die Objektivität des ganzen.

So richtig wird dir das aber keiner sagen können wie man das am besten handhabt. Trail and Error ist momentan jedenfalls mein Prinzip.
Ich schreibe und wenn es ankommt dann gut, wenn nicht, dann müll :great::evil:

Im vergleich klingt fremde Musik immer perfekt. Das ist aber m.E.n. der Sache geschuldet das diese Musik schon erfolgreich ist und man sie als Referenz sieht. Was natürlich totaler Blödsinn ist.
 
... oft ist es auch so, dass das eigene zu langweilig oder zu kompliziert klingt. Da fehlt wirklich die Objektivität des ganzen.

<schnipp>

Im vergleich klingt fremde Musik immer perfekt. Das ist aber m.E.n. der Sache geschuldet das diese Musik schon erfolgreich ist und man sie als Referenz sieht. Was natürlich totaler Blödsinn ist.

Tja, meine Musik ist (beim ersten Anhören) auch langweilig - weil es mir nichts Neues, keinen Aha!-Effekt gibt. Kann es ja auch nicht. Es sind ja meine Gedanken von vorhin. Wochen, Monate später bin ich nicht mehr derjenige, der das Zeug geschrieben hat. Ich habe vergessen, was ich damals gerade erlebt oder gedacht habe, und jetzt entdecke ich es neu, wie in dem Lied eines Fremden.

Fremde Musik klingt Perfekt?
Du meinst, analog zu "alles, was gedruckt in der Zeitung oder online bei Wikipedia steht, ist wahr," so ist alles, was auf CD gepresst ist, vollkommen?
Nur zum Teil. Wenn es um eine kommerzielle Musik-CD handelt, sind meistens erfahrene Profimusiker am Werk. Nicht nur die, sondern auch ein Produzent, der (wenn er regelmäßig erfolgreiche CDs produziert) ein Gespür für Qualität hat. Das heißt: du und ich haben keine Ahnung, wieviel Schrott weggeworfen wurde, während die paar perfekten Tracks ausgewählt wurden.

Bei unseren eigenen Sachen ist es anders. Alles, Weizen und Spreu, liegt da vor uns, und wir müssen sie selber trennen. Zur Objektivierung hilft eigentlich nur die Zeitperspektive.

Cheers,
Jed
 
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Hallo Leute,

ich lese hier schon ein paar Tage mit, wollte mich aber nicht direkt einklinken. Jetzt treibt mich dann doch der Impuls ;) meinen Senf dazuzugeben.

Wenn ich über die Wirkung meiner Sachen auf andere Leute nachdenke oder wie anderer Leute Sachen auf mich wirken, entdecke ich meist drei Stränge, die mir bedeutsam erscheinen.
Das eine ist die Einsicht, dass egal was ich mache, nie von irgendjemandem 1:1 rezipiert werden kann. Wahrnehmung ist ein aktiver Vorgang. Ich achte auf etwas, ein anderer auf etwas anderes usw. Ebenso wie der "Lehr-Lern-Schluss" (es wird gelernt, was der Lehrer lehrt) nicht stimmen kann. D. h. ich habe prinzipiell keinen Einfluss auf das, was der Rezipient wahrnimmt. Das erleichtert mich sehr. Denn es ist nicht meine Verantwortung, was irgendjemand mit meiner Musik "macht".
Der andere Strang betrifft auch die Wahrnehmung und zwar einer "guten Gestalt" (das meint meines Wissens nach, das wir einfache und einprägsame Dinge als "gut" wahrnehmen). Ergo: je einprägsamer, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es viele als "gut" empfinden. Wilhelm Reich hat es noch drastischer formuliert in "Psychologie der Masse": Je größer die Masse, desto dümmer das Individuum (aus dem Gedächtnis zitiert).
Und der dritte Strang betrifft Kommunikation: Im Sinne Luhmanns kommuniziert die Kommunikation. Also nicht Menschen. Hier gilt es also "Anschlussfähigkeit" herzustellen und andere zu "irritieren". Mehr ist nicht möglich.
Mit Musik Anschlussfähigkeit herzustellen.:)
Viele Grüße
Markus
 
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Hallo Leute,

ich lese hier schon ein paar Tage mit, wollte mich aber nicht direkt einklinken. Jetzt treibt mich dann doch der Impuls ;) meinen Senf dazuzugeben.

Wenn ich über die Wirkung meiner Sachen auf andere Leute nachdenke oder wie anderer Leute Sachen auf mich wirken, entdecke ich meist drei Stränge, die mir bedeutsam erscheinen.
Das eine ist die Einsicht, dass egal was ich mache, nie von irgendjemandem 1:1 rezipiert werden kann. Wahrnehmung ist ein aktiver Vorgang. Ich achte auf etwas, ein anderer auf etwas anderes usw. Ebenso wie der "Lehr-Lern-Schluss" (es wird gelernt, was der Lehrer lehrt) nicht stimmen kann. D. h. ich habe prinzipiell keinen Einfluss auf das, was der Rezipient wahrnimmt. Das erleichtert mich sehr. Denn es ist nicht meine Verantwortung, was irgendjemand mit meiner Musik "macht".
Der andere Strang betrifft auch die Wahrnehmung und zwar einer "guten Gestalt" (das meint meines Wissens nach, das wir einfache und einprägsame Dinge als "gut" wahrnehmen). Ergo: je einprägsamer, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es viele als "gut" empfinden. Wilhelm Reich hat es noch drastischer formuliert in "Psychologie der Masse": Je größer die Masse, desto dümmer das Individuum (aus dem Gedächtnis zitiert).
Und der dritte Strang betrifft Kommunikation: Im Sinne Luhmanns kommuniziert die Kommunikation. Also nicht Menschen. Hier gilt es also "Anschlussfähigkeit" herzustellen und andere zu "irritieren". Mehr ist nicht möglich.
Mit Musik Anschlussfähigkeit herzustellen.:)
Viele Grüße
Markus


Da kann ich nur hundert 100% zustimmen.
Schöner Gedankengang.
 
Schöner thread!

Bei mir ist es auch sehr wichtig, dass die songs (auch Texte) Zeit zum "Abhängen" haben.

Was bei mir auch eine große Rolle spielt: Songs oder songteile habe ich eine Weile oft im Kopf, wo ich dann mit denen spiele - mir fallen andere parts oder Variationen ein, unterschiedliche Tempi. Melodien, Einschübe etc. Sie bewegen sich also in mir, natürlich schaue ich dann auch, dass ich einiges davon mal aufnehme, um zu schauen, ob sie dann auch so wirken wie ich sie mir im Kopf vorgestellt habe (was bei weitem nicht immer der Fall ist).

Ich habe allerdings einen definitiven Punkt, an dem ich merke, ob der song für mich fertig ist: Das ist der (subjektive) Eindruck, dass der song genau so sein muss.
Für andere mag das anders sein: er kann zu vollgestopft sein oder zu einfach, zu wenig "durchkomponiert" oder "überproduziert" etc.
Für mich ist aber mein Eindruck entscheidend.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man subjektiv auch songs als langweilig empfinden kann, weil man sie natürlich besser kennt, öfter gespielt und gehört hat als das Publikum. Wir hatten oft in der Band die Situation, dass wir uns von eigenen alten songs verabschieden wollten, weil wir uns daran überhört haben - das Publikum ist meist anderer Ansicht. Aus diesem Grund habe ich auch eine entschiedene Vorsicht davor, songs nicht fertig zu machen oder ständig zu verfeinern - das kann auch dazu führen, dass der Kern des songs, das was ihn trägt, viel zu sehr in den Hintergrund gedrängt wird.

Ab und zu mal eine Außenansicht mit reinzunehmen, finde ich da ganz hilfreich.

x-Riff
 
Ich lese sehr interessante Einsichten hier und deshalb möchte ich auch gerne meine Erfahrungen dazu mit geben.

Meine musikalische Laufbahn ist derzeit noch sehr kurz (ca. 3 Jahre). Als spät berufener habe ich angefangen meinen alten Idolen auf der Gitarre nach zu eifern - wie so viele in diesem Forum. Eine kleine Band folgte, mein Spiel wurde besser. Jedoch langweilten mich die Songs, welche wir coverten. Es lag nicht an den Songs, sondern an der Tatsache, dass wenige eigene Ideen Platz fanden. Ich wollte nicht die Botschaft anderer verbreiten, sondern meine/unsere.
So begann ich mich mit dem Thema "Songwriting" auseinander zu setzen, Noten zu lesen, erweiterte Kadenzen zu benutzen und die Harmonielehre zu verstehen.
Mittlerweile habe ich viel Papier, etliche unfertige, angefangene Themen, aber auch 3 fertig arrangierte Songs aus eigener Feder geschaffen. Ich erschrak, waren diese Stücke nicht wie erwartet Rockballaden, sondern eher dem Genre Filmmusik zuzuordnen. Geschuldet ist dies unter anderem der Tatsache, dass ich nicht singe oder texte und deshalb rein instrumental schreibe und sich zu meiner Affinität für Gitarren auch eine Liebe zu Streicherensembles gesellt. Und jetzt komme ich zum Punkt:

Diese bzw. meine Stücke sind anders als der tägliche Radio-Pop. Entsprechend ungewohnt klingen sie auf den Hörer. Ich habe das Gefühl, sie berühren ganz anders, als es bei mir der Fall ist. Ich assoziere Bilder, Gefühle mit den Themen und diese können von jedem anders oder gar nicht empfunden werden. Ich möchte Songs als Transportmedium dafür bezeichnen. Ein Transportmedium muss aber nicht mit allem kompatibel sein und so kann eine Botschaft gar nicht erst ankommen.
Zudem gehen keine Texte und / oder Bilder mit den Klängen einher, was dazu führt, dass der geneigte Hörer sich diese selbst erschaffen muss. Viele tun sich damit aber schwer, da Musik im allgemeinen doch zu einem Großteil zur Hintergrundbeschallung verkommen ist und wir z.T. deshalb verlernt haben unsere Phantasien mit den Klängen und deren Stimmung die sie erzeugen zu verknüpfen.
Ich habe es deshalb aufgegeben darüber nach zu denken, wie meine Musik auf Andere wirkt. Dies gibt mir mehr Freiheit zu tun was mir gefällt. Mein letzter Song ist somit ohne diese gesellschaftlichen Ketten entstanden. Ironischer Weise ist die Wirkung auf Andere viel intensiver. Woran lag es am Ende? Habe ich mich musikalisch weiter entwickelt? Habe ich mich technisch weiter entwickelt? Oder war es das sprengen des Korsetts der Hörer?
 

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