Haiku

Konzert am Teich
Publikum lauscht atemlos
Kröte quakt
 
Mein Leben entlang
eines blauen Seils: Zeiten, Ereignisse, Bilder
Auf dem Seil ist noch Platz
 
Am frühen Morgen
Kinder spielen, lärmen, toben
die Ruhe der Eltern ist hörbar
 
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Morgenstille
Silbrig spiegelt das Wasser
Vogel stößt herab
 
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Spatzen und Tauben
Leichter Wind im Grün und Blau
Kinder, die lachen
 
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Blick aus Zugfenstern
Schleier links , Haufen recht
Wolken im Wahlkampf
 
So viele Schnecken
habe ich schon gerettet
vom heißen Asphalt.
 
Krieg in Nachbarschaft,
globales Donnergrollen
Frieden im Kühlschrank
 
Sonnige Ruhe
Vogelgezwitscher im Baum
Schnurrhaar bebt
 
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Was für‘n Kauderwelsch
Alle Vögel sind schon da
Mehr Licht als Schatten
 
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Taube im Gras
Drüber kugeln sich Spatzen
Körnerdusche
 
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Holunderblütenduft
intensiver als Chanel
Tanz in den Wolken
 
Spinnennetz
Schillernd zwischen Zweigen
Lasse mich fallen
 
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Leichtfüßig schwebend
Lange Beine in der Luft
Alltag des Weberknecht's
 
Auf dem höchsten Gipfel
Müde und völlig überbelastet
finde ich ein Ei

Anmerkung: die dritte Zeile eines Haiku ist für mich das Wichtigste und Schwierigste. Sie soll „ offen“ sein oder gar bleiben…

Damit ist wohl gemeint, im besten Fall schließen sich Fragen an wie: Warum gerade das? Was soll hier eigentlich gesagt werden? Oder wenigstens ein Staunen darüber, wie bedeutsam Alltägliches sein kann, das man ständig übersieht

Bei manchen Haiku-Versuchen hier habe ich den Eindruck, dass sie am Schluss etwas klar auflösen wollen. Das wäre aber quasi das Gegenteil des Gewollten.

Bitte nicht als Kritik verstehen! Ich brauchte Jahre, um für mich einen Sinn im Gebrauch der 3. Zeile zu finden. Vielleicht kann ich dem Einen. oder der Anderen diese Zeit verkürzen.

Und außerdem bin ich selber mit vielen meiner eigenen 3. Zeilen unzufrieden!

Lg
 
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Damit ist wohl gemeint, im besten Fall schließen sich Fragen an wie: Warum gerade das? Was soll hier eigentlich gesagt werden?
Das hast du bei deinem letzten Haiku erfolgreich geschafft. Ich grübel immer noch, was das gefundene Ei mir sagen soll. Werde ich mich jemals einer Lösung nähern? :unsure:
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Es regnet
Himmel öffnet die Schleusen
Sitz auf dem Trocknen
 
Frühnebel
an der Waldeslichtung
Hoch sitzt der Tod
 
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Haiku am Badestrand
treppenaufwärts stufenlos
Anker im Gepäck

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Ich will jetzt mal eine kurze persönliche Bilanz / Fazit meiner Haiku-Versuche ziehen:
Keine Frage, Haikus sind und bleiben eine höchst spannende und reizvolle Gedichtform. Vielen Dank für die Möglichkeit, in diesem schönen Rahmen sich daran versuchen zu können. Fühlt euch alle bekekst. :great:
Eine Bewertung meiner Versuche spare ich mir, ich denke da gibt es noch ein sehr großes Ausbaupotential und dass ich wohl etwas zum Senryū tendiere, war ja offensichtlich und dass mir die nötige Leichtigkeit und Offenheit fehlt etc. auch.
Für mich waren die Versuche auf zwei Ebenen eine recht interessante Selbsterfahrung: Ich war zugegeben etwas erstaunt erschrocken, dass es mir Schwierigkeiten bereitet, den Fokus meines Blickwinkels entsprechend den Haiku-Formalien passend zu reduzieren, das hatte ich nicht ansatzweise erwartet. Eine markante Selbsterfahrung, dachte ich doch diesbezüglich deutlich flexibler zu sein. Aber vielleicht braucht das ja auch entsprechend Zeit und Übung.
Und: Meine Haiku-Versuche sind alle recht spontan und intuitiv entstanden, d.h. kein großes Nachdenken sondern ein Wort, eine Idee, eine Assoziation oder ein Bild schwebte im Kopf herum, wollte ausgedrückt werden und fand auch recht schnell die Worte dazu. Dieser intuitive Ausdruck war für mich als eigentlichem Kopf-Mensch in dieser Direktheit auch eine neue spannende Erfahrung. Ich denke, das werde ich - in welcher Form (und Ebene) auch immer - weiterverfolgen müssen.

Ich grübel immer noch, was das gefundene Ei mir sagen soll.
Nun, wenn du nicht grübeln würdest, wäre es ja nicht offen. ;)
Finde ich auch reizvoll, dass die persönlichen Interpretationen immer vielfältig und damit offen sind.
Meine Interpretation: Oster-Eier werden ja auch gesucht und das Finden dieser stellt eben das Ende der Suche dar ebenso wie auch der höchste Gipfel das 'Ende' des Berges ist.
 
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@Primut
Kann Deine ersten Eindrücke teilen.

Bei mir ist es sozusagen eine Perspektiv-Verschiebung. Ganz stark die (erneute) Erfahrung, dass die Form auf den Inhalt und die Sichtweise rückwirkt bzw. den Inhalt lenkt/leitet. Eigentlich weiß ich das ja, aber wie stark diese Wirkung ist, gerät mir immer wieder aus dem Blick.
Ein Haiku - so wie ich es verstanden habe - zwingt zur knappen Ausdrucksweise. Damit zur Beschäftigung damit, was wesentlich für eine Beobachtung bzw. die Mitteilung ist. Zweitens der Fokus auf das sinnlich erfahrbare und Mitteilbare. Das ganze Abendland gibt dem Kopf die Oberhoheit, das andere ganze Abendland ist gefühlsbetont - oder irgendwie eher im Wechsel: entweder Kopf oder Gefühl. Da eröffnet ein Haiku eine neue Welt.
Ebenfalls oft gewohnt und erwartet ist irgendeine Form von Motto, von "Was will der Dichter uns damit sagen"-Endformel, eine Botschaft. Beim Haiku eher ein Anstoß, der bei den Lesenden weiter wirkt.

Die Haikus, die ich bisher gemacht habe, sind etwa zur Hälfte aus einem tatsächlich im Moment erlebten entstanden. Die andere Hälfte aus Bildern, die sich aus meiner Erinnerung speisen.

Oft ist es so, dass sich spontan Worte oder Sätze formen. Wie bei einem songtext feile ich dann aber noch an der Reduktion - die Frage, was wirklich wesentlich ist und nicht fehlen darf, führt häufig stringent zum Kern des Erlebten. Nicht selten merke ich, dass ich mit dem ein oder anderen Wort oder dem flow hadere. Zuweilen ist mir direkt klar, was das Überraschende der letzten Zeile ist, zuweilen suche ich genau das. Und immer wieder entdecke ich, was über die Pforten des Verstandes oder des Gefühls Eingang gefunden hat - eher von einem inneren Lächeln begleitet als vom Ernst des "Du hast hier nichts zu suchen"-Torwärters.

Ich merke, dass ich der unmittelbaren Sinneserfahrung: Was sehe, höre, fühle, schmecke, rieche ich mehr Aufmerksamkeit schenke, ihre besondere Kostbarkeit erfahre. Allein das ist es schon wert.

Danke für den Anstoß zum Haiku.

x-Riff
 
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Nun, wenn du nicht grübeln würdest, wäre es ja nicht offen. ;)
Sagte ich doch
Das hast du bei deinem letzten Haiku erfolgreich geschafft
Mein Kommentar war als Bestätigung für @Jongleur gemeint. Diesmal war er so gut, dass ich aus dem Grübeln gar nicht mehr rauskomme 😉. Deine Ostereieridee gefällt mir. War mittlerweile eher bei Sisyphus gelandet. Aber wenn ich dann an das bergab rollende Ei denke….
Haikus sind und bleiben eine höchst spannende und reizvolle Gedichtform.
Diese Einschätzung teile ich absolut. Aber sie haben es in sich - was sie noch reizvoller macht. Machen wir also weiter?!
 

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