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  • Ersteller olaf_berlin
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Und wie geht es jetzt weiter, nachdem die Grenzen aufgelöst sind?
Einreißen ist leicht, Wiederherstellung keine Innovation.
 
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Und wie geht es jetzt weiter, nachdem die Grenzen aufgelöst sind?
Aus meiner Sicht sind wir auf dem Weg in die Beliebigkeit und niemand kann uns aufhalten.
Jeder Einzelne kann aber jederzeit individuelle Grenzen ziehen wie es ihm beliebt. Tut man das nicht landet man unter Umständen in einer Art Orientierungslosigkeit, in der Musik und auch im richtigen Leben.
 
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Einreißen ist leicht,
natürlich ist das erst mal leicht ,
schon in den 20er Jahren haben DADA Künstler
Klaviertasten mit Hammer und Nagel eingeschlagen...
Aber es muß gelingen, das Publikum mitzunehmen,
es reicht nicht ein Happening zu inszenieren um einen Musikgeschmack zu etablieren.

Tut man das nicht landet man unter Umständen in einer Art Orientierungslosigkeit
Die Gefahr besteht eigentlich immer ,
aber ist man ausreichend dagegen gewappnet ,
wenn im Lehrplan des Musikunterrichts an Gymnasien ausschließlich Klassik vorkommt (hab gerade zwei Jungs im Abi...) ?
Ich empfinde das nachwachsende Publikum als offener ,
da verlässt man sich nicht mehr auf Konventionen und es ist nicht alles in Schubladen gedacht.

Aus meiner Sicht sind wir auf dem Weg in die Beliebigkeit
Die Sorge scheint berechtigt,
doch andererseits wird man in eine Mündigkeit entlassen.
Ob man dieser gewachsen ist, wird sich immer erst rückblickend zeigen.
Ich kann mit diesen Begriffen nichts anfangen,
das hat sich jemand bei Media-Markt ausgedacht, der CD Regale bestücken muß.
Ist auch leider eine sehr deutsche Eigenschaft , alles zu katalogisieren ...
 
Wer ist interessiert daran oder darauf angewiesen, "influenced" zu werden?
Vielleicht die, die in der Schule keinen Musikunterricht mehr haben,
oder , siehe oben , an einem Musikgymnasium vorgekaut gefüttert werden ?
 
... Orientierungslosigkeit, in der Musik und auch im richtigen Leben.
"... in der Musik und auch auf anderen Gebieten". Ich stimme uneingeschränkt zu.

Andererseits muss man zugestehen, dass Grenzüberschreitungen in der Musik durchaus ihren Reiz haben können, Beispiel Tango Richtung Jazz/ Piazolla, Klassik Richtung Jazz/ Loussier. Das sind aber Ausnahmeerscheinungen, die sich leuchtend von dem Aufmerksamkeit-bettelnden Beliebigkeits-Gulasch abheben, der vielfach zu vernehmen ist.
 
Betrachtet doch mal nicht die Vergangenheit und Gegenwart, sondern zieht mal Schlüsse für die weitere Entwicklung!!!
 
Ich weiß ja nicht ,
Piazzolla ist seit 30 Jahren tot und Jaques Loussier hatte seine Phase in den 60ern ...
Ohne Frage , beides wichtige Wegbereiter und Ausnahmeerscheinungen , aber da können wir jetzt nicht wieder einen Deckel draufmachen
und sagen : "Das war noch grosse Musik und danach kommt aber nix mehr !"
Und dadurch , daß sich jeder berufen fühlt , Piazzolla in sein Repertoir aufzunehmen (und immer die falschen Stücke...) tut man ihm auch nicht wirklich einen Gefallen.

Orientierungslosigkeit ist immer mit Unsicherheit verbunden und sie birgt Risiken,
in jeder Beziehung - doch man streckt vorsichtig seine Wurzeln aus und vielleicht wächst was Neues !
 
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sondern zieht mal Schlüsse für die weitere Entwicklung!!!
... das ist jetzt schwierig ,
ich würde es mal anders herum versuchen :

Mit der heutigen Jugend wächst eine Generation heran :

a) die nicht nur auf 2 Fernsehprogramme angewiesen ist,
wo am Samstagabend garantiert nur Volksmusik mit Florian Silbereisen im ZDF läuft

b) die nicht den peinlichen Onkel in der Verwandtschaft hat,
der immer halb besoffen seine Quetschkomode rausholt.

Beides sicherlich eine gute Voraussetzung völlig neu und wertfrei an das Akkordeon heran zu gehen !
 
Das ist sicherlich richtig.
Aber aktiv, aus Künstlersicht und nicht einmal auf das Instrument Akkordeon beschränkt.
Wir hatten die speziellen Süppchen, gekocht und gewachsen auf persönlichem und regionalem Boden.

Diese zu entdecken war sehr eindrucksvoll und überwältigend, weil für das lokale Individuum völlig neu - wie wenn ein Baby das erste mal Banane, Schokolade und Spinat kostet.
Jetzt kennen wir als Künstler und Hörer irgendwie alles, meist nur flüchtig. Man kann alles hören und sich influieren, die Bildfläche ist voller Reichtum und unüberschaubar. Der Künstler will sich in dem Getümmel natürlich nicht mehr festlegen und spielt sowohl Fisch als auch Fleisch und Kuchen, Kohlrabi auf Sahnetorte.
Cover laufen besser als Eigenkompositionen, Make offs und Outtakes werden häufiger geklickt als das "Kunstwerk" selbst, DJs sehen sich als Künstler, hätten aber ohne die im Schweiße ihres Angesichts geschöpften Samples kein Material. Bezahlt wird sowieso nicht mehr.

Orgelwerke auf Akkordeon - gähn.
Piazzolla und Beats - Gotan
Nahre Sol, Jacob Collier, Dirty Loops - sind das Originale? Haben die das Zeug, Musikgeschichte zu schreiben?
Wird es das überhaupt noch eine fortlaufende Musikgeschichte geben?

Was ist an der Katalogisierung und Ordnung so beklagenswert?
 
Die Sicht des Künstlers ist natürlich eine andere ,
wie schon gesagt , von den tausenden Profi-Pianisten
suchen einige neue Wege , manchmal reicht es nur für
Aufmerksamkeit-bettelnden Beliebigkeits-Gulasch
manchmal , aber selten wird was Großes draus.

Haben die das Zeug, Musikgeschichte zu schreiben?
Es würde ja erst mal genügen, wenn sie zu Lebzeiten Anerkennung, auch in finanzieller Form erlangen würden.

Man kann alles hören und sich influieren, die Bildfläche ist voller Reichtum und unüberschaubar.
Das meiste Youtube Influencia ist FastFood für Auge und Ohr , mit vergleichbaren Nebenwirkungen.
Sieht erst mal lecker aus , macht aber nicht satt , sondern erzeugt Völlegefühl und Flatulenzen
...vertane Lebenszeit.

Was hilft :
spätnachts Radio hören , Konzerte besuchen , in Playlists von Freunden stöbern.
Die Reife findet im Kopf statt , die kann man nicht mittels Internet aufspielen.

Bildfläche ist voller Reichtum und unüberschaubar.
wir leben halt (noch) in einer Überflussgesellschaft.
Alles immer verfügbar , gern billig oder umsonst.
Was ist an der Katalogisierung und Ordnung so beklagenswert?
Nichts, wenn es der Orientierung dient.
Meist wird aber eine nur Hierarchie draus.
 
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Es würde ja erst mal genügen, wenn sie zu Lebzeiten Anerkennung, auch in finanzieller Form erlangen würden.

Das stimmt zwar, aber ich meine eben eher das Zeit-überdauernde. Werden sich in 200 Jahren Wissenschaftler so wie sie sich seit 150 Jahren für Bach und Beethoven interessieren auch für jemanden von heute interessieren und ihn / sie in eine Reihe stellen, dass es einen Pfeil in der Musikgeschichte ergibt?
Ich habe das Gefühl, so geht es nicht mehr. Nicht nur dass die Leuchttürme fehlen, es fehlt auch eine Richtung. Oder erkenne ich sie nur nicht?


manchmal , aber selten wird was Großes draus.

Ja, hast Du mal ein aktuelles Beispiel?
 
DJs sehen sich als Künstler, hätten aber ohne die im Schweiße ihres Angesichts geschöpften Samples kein Material.
einen Pfeil in der Musikgeschichte ergibt
Ich glaube nicht, dass diese Perspektive weiter hilft, gegenwärtige Kunst zu beschreiben. Ich glaube, dass wir zurzeit eine Revolution in der Kunst erleben. Trennte man früher noch zwischen Konzeptkünstlern, ausführenden Künstlern und Eventkünstlern und -managern, ist diese Trennung heute am Verschwinden. Viele erfolgreiche Künstler machen alles. Sie schreiben Musik, texten darauf, spielen ihre Musik ein, überlegen sich, wie die passende Performance machen und wen sie dafür brauchen, kaufen eventuell Leute dafür an, machen Video über diese Performance, schneiden sie und laden sie ins Internet.

Unser Problem sind unsere wissenschaftlichen Schubladen, die diese künstlerischen Phänomene beschreiben und verorten sollen. Denn diese Schubladen gibt es nach wie vor, obwohl es völlig unmöglich ist, diese Phänomene als Ganzes zu würdigen. So haben wir fein säuberlich an der Uni getrennt Musik, Musikwissenschaften, Theaterwissenschaften, Eventmanagement, Betriebswirtschaft und Medien-Jura etc. pp.

Der "Pfeil in der Musikwissenschaft" kann sich so nicht ergeben. Ein DJ ist kein musikwissenschaftliches Phänomen, weil er Konzeptkünstler, ausführender Künstler, Eventmanager etc. gleichzeitig ist. Es ist in etwa so, wie wenn man mit einem Mikroskop ins Weltall guckt. Dafür braucht man anderes Werkzeug. Das haben wir nicht. Also sehen wir nichts. Weil wir nichts sehen, können wir nicht verstehen, ob und inwiefern etwas wie lange bleibt.
 
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Werden sich in 200 Jahren Wissenschaftler so wie sie sich seit 150 Jahren für Bach und Beethoven interessieren
Da fängt der Denkfehler schon an , Musikgeschichte wird nur in der Klassik als solche wahrgenommen ?
Die Konditionierung der Musiker besteht oft darin , klassische Werke zu rezipieren. Wir spielen seit hunderten von Jahren, das was wir kennen ,
nochmal ?
Nigel Kennedy hat sich mal sehr deutlich zu klassischer Musik geäußert,
was ich hier leider nur vage sinngemäß wiedergeben kann :
"Klassik muss sich nie etwas beweisen, sie wird in unserem Kulturkreis mit Milliarden subventioniert"

Ist Miles Davis nicht Teil der Musikgeschichte ? Oder die Untoten Rolling Stones ? Hat sich nicht einfach die Musik verlagert,
von einer klerikalen und elitären Minderheit in ein Massenphänomen ? Kann man Mozart und Elton John irgendwie vergleichen ,
oder warum sollte man das tun ? Das heißt doch , es gäbe viele Leuchtürme und Richtungen ?

Musik ist heute ein Lebensgefühl, Kopfhörer rein : jeder strickt an dem eigenen Soundtrack zum eigenen Leben.
Bei manchen ist es Horowitz auf Vinyl , oder Helene Fischer , bei anderen der Technoclub , bei wieder anderen youtube.... ?
 
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die Bildfläche ist voller Reichtum
in einer Überflussgesellschaft.
Alles immer verfügbar , gern billig oder umsonst.
Kohlrabi auf Sahnetorte
Youtube Influencia
Yup. Oh Mann. Erwischt. Manchmal habe ich den Eindruck wir leben auf einem Kultur-Müll-Platz, der mit brüllend schrill-lauten kurzatmigen Event-Videos vollgekippt wird. Wahrscheinlich ist es nur logisch, dass Kunst dann nach dem Motto "Mach flott den Schrott!" funktioniert. Mein Problem: Wie komme ich zu mir selber? Wie finde ich meinen Ton? Meine Ton- und Musiksprache auf dem Akkordeon? Denn eins ist klar: Von meinem Akkordeon will ich nicht weg.
 
Nicht nur dass die Leuchttürme fehlen, es fehlt auch eine Richtung. Oder erkenne ich sie nur nicht?
Das mit dem Erkennen ist so eine Sache. Letzte Woche war ich in Frankfurt unterwegs. In der Neuen Altstadt saß ich einige Zeit in einem Café. Auftritt eines sehr guten Musikstudenten mit dem Akkordeon: 5 Leute hören zu und würdigen seine Bach-D-moll Toccata und seinen Vivaldi-Winter mit einem artigen Applaus und zwei Münzen. Er zieht weiter. Es wird später. Zwei Männer bauen eine Lautsprecheranlage auf und geben mit nicht ganz reinen Stimmen dazu seichte Operetten-Duette wieder. 25 Leute sind begeistert. "Voice of Germany" (nun ja, eher gar nicht) mitten in Frankfurt! Applaus. In den Koffer wandern auch Scheine. Die Lautsprecheranlage war also besser im Generieren von Einnahmen als hervorragendes Akkordeonspiel. Wir erkennen die wahren Künstler oftmals nicht, weil wir sie nicht erleben und nicht sehen können - aus welchen Gründen auch immer.

Beethoven war ein Happening, Mozart auch. Die Würdigung dieses Happenings erfolgte zunächst durch Freunde, Musikerkollegen und die Salons der Stadt Wien, erst später wanderte die Reflexion dieser Phänomene an die Unis. Machen wir uns nichts vor: Diese Welt damals war klein. Es brauchte vergleichsweise wenig Energie, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Welt heute ist groß. Sie hat mehr Einwohner, die miteinander vernetzten Gesellschaften sind größer und ausdifferenzierter. Man muss schon viel Energie aufwenden, um in diesem Universum hörbar, sichtbar und erlebbar zu werden.
 
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Sie schreiben Musik, texten darauf, spielen ihre Musik ein, überlegen sich, wie die passende Performance machen und wen sie dafür brauchen, kaufen eventuell Leute dafür an,
Das war doch eigentlich immer so.

Ach ihr beiden ... danke für Eure Antworten und Gedanken. Sie haben mich zum Grübeln gebracht.
Ich möchte jetzt trotzdem nicht weiter darauf eingehen, denn das gehört hier sowieso nicht her.
 
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Das war doch eigentlich immer so.
Ja und nein. In den 90ern war man schon erstaunt, dass man von der Uni eine Mail an jemand schicken konnte. Und es gab HTML-Internetauftritte. Downloads gab es auch, aber die Dateien waren verschwindend klein, Musikdateien von äußerst begrenzter Qualität. Mit der Bandbreite änderten sich die Möglichkeiten - wahrscheinlich erst ab 2000. So entstanden Bühnen im Netz, auf denen man sich zeigen konnte (Youtube, Vimeo etc.). Dabei werden Auftritte nicht mehr nur gezeigt, sondern bearbeitet. Möglich ist das von jedem für UMME. Möglich ist das, indem man sich selber beibringt, wie man so etwas machen kann. Das wiederum erzeugt äußerst ungewöhnliche und auch sehr kreative Bearbeitungen von vergleichsweise vielen Leuten.

Interessant ist nicht, dass es nun Präsenz erstens auf realen Bühnen, zweitens auf CDs, DVDs und drittens im Internet gibt. Interessant ist die Möglichkeit für die User, über ihre Eindrücke zu reden und zu schreiben. So entsteht eine neue Möglichkeit der Kommunikation, die wir genießen und unter der wir alle auch leiden (Trolls, Bashing, Fake News). Für den Künstler, der heute davon leben will, ist nicht die Qualität seiner Produktion nach klassischen Maßstäben entscheidend. Die Monetarisierbarkeit von Kunst richtet sich danach, ob sie einen Diskurs ermöglicht und befeuert (Klicks, Anzahl der Zitate unter einem Video und Verweise in anderen Medien). Knallhart: Nicht der Musikwissenschaftler befindet über die Qualität des Künstlers anhand des Notentextes. Der Medien-Informatiker zählt beispielsweise Links und Zitate im Netz. Nach dieser Auffassung macht der Künstler die beste Kunst, der am meisten zitiert wird. Und der Künstler ist herausragend, der auch noch in zwanzig Jahren zitiert wird. Es gibt also eine Evolution in der Musik, die wir quantitativ sichten und beschreiben können.

Ab jetzt arbeiten die Leute am Metaversum. Dabei geht es darum, eine künstliche Welt zu schaffen, in der man eintauchen kann. 3D-Brillen sind dafür nur ein Mittel zum Zweck. Diese Immersion wird die Kunstwelt noch einmal komplett verändern, weil die Kommunikation alle Sinne umfassen soll. Auch die Rückmeldungen auf ein Produkt werden mehr sein als ein Klick auf "Gefällt mir" oder ein kurzer Text unter ein Video.

Um zu dem anfangs geposteten Nahre-Sol-Akkordeonvideo zurückzukommen: Nahre Sol hat an der Julliard klassisches Klavier studiert. Es lohnt sich, sich mit ihr vertraut zu machen, denn man sieht, wie sie von ihrer Kunst in dieser vergleichsweise neuen Welt lebt. Was mir auffällt, dass bei all diesen Künstlern die Grenze zwischen privater Person und Auftrittsperson immer mehr fällt. Ich weiß nicht, ob ich als Künstler diesen wohl von der Öffentlichkeit erwarteten Striptease wollen würde.
 
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