Was haltet ihr davon, wenn ich den Liedtext im Bezug auf das sehr rechtssympatisantische Video untersuche??????
Nun ja, das sollte zumindest ergiebiger sein als eine reine Textanalyse.
Die Frage, inwiefern Rechtsrock aggressiv macht, finde ich so ohne weiteres nicht beantwortbar. Vor allem weil es stark kontextabhängig ist: Mag sein, dass sich Nazis mit Stahlgewitter aufgeilen, bevor sie Mollies auf Asylbewerberheime werfen und jüdische Friedhöfe vollpissen. Vielleicht haben sie aber auch ganz romantischen smoothen Kuschelsex zu Stahlgewitter. Es gibt kein vordefiniertes Einsatzspektrum harter, schneller Musik.
Interessanter wäre imho die Analyse einer Band auf die Frage hin, wie rechtsradikales Gedankengut medial transportiert wird. Ob es mit dem ausgewählten Song möglich ist, als ahnungsloser Neuling in eine rechtsradikale Szene reinzukommen (Stichwort Schulhof-CD), oder ob er nur voll erschlossen werden kann durch Menschen, die schon längst im braunen Sumpf drinstecken und die Codes und Bedeutungen kennen, und ob der Text bzw. die Performance der Band so offensichtlich Nazi-Like ist, dass die anvisierte Kundschaft mit noch nicht so gefestigtem Weltbild nicht eher abeschreckt wird.
Zumal du da bei der Analyse auf einiges an Literatur zurückgreifen kannst.
Was noch nicht genannt wurde bisher (edit: oh doch, danke cudo) ist der subkulturelle Kontext eines Liedes undoder einer Band. Dafür könntest du z.B. analysieren, wo die Band auftrat und welches Publikum zugegen war (unpolitisches Spektrum oder einschlägig rechtsradikale Kneipe?), welche Bands vorher und nachher noch spielten und welchen Ruf die haben, wie die Performance der Musiker auf der Bühne aussieht, wie das Artwork ihrer Alben, ihr Merchandizing, ihr Bandlogo etc. - werden da rechtsradikale Codes verwendet?
Textlich könntest du analysieren in Hinsicht auf gesellschaftliche Themen, die angesprochen werden, und welche vermeintlichen Lösungen vermeintlicher sozialer Probleme gefordert werden. Welche Fixpunkte und historischen Daten werden in Songs (oder Band-Selbstdarstellungen) genannt? Haben sie einen Bezug zum NS oder zu Ereignissen der neofaschistischen Szene? An welche (zur Veröffentlichung aktuellen) Debatten wird angeknüpft? Fallen eindeutige Schlagwörter oder Beschimpfungen? Oder werden nur sehr indirekte, beim ersten Hören und ohne das Insiderwissen nicht fassbare Feindbilder konstruiert? Und ähnliche Fragen.
Seeehr komplexes Thema, du musst dich schon etwas mit der (neo)-faschistischen Szene auseinandergesetzt haben, um das Rechtsradikale ausfindig machen zu können. Nicht alle Bands posaunen das ja so raus, wobei das bei Stahlgewitter jetzt wohl nicht so schwerfallen dürfte, das zu entdecken...
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Musik für sich genommen bleibt immer nur Musik und somit politisch wertfrei. Wagners Musik als nationalsozialistisch zu bezeichnen, nur weil Hitler diese mißbrauchte, ist absurd.
Darin stimme ich dir nur bedingt zu. Die reine Musik, von ihren Urheber_innen und konsument_innen getrennt, ist wertfrei.
ABER: Musik ist ein Medium zwischen den Menschen, die sie machen und denen, die sie hören. Darum überlegen sich Musiker_innen ja genau (oder zumindest sollten sie das, auch wenn ein Blick ins hiesige Songwriting-Forum mich oft daran zweifeln lässt...), was sie erreichen wollen und welche musikalische Umsetzung sie dafür am geeignetsten betrachten. Auch Wagner war ja als Kulturproduzent nicht völlig losgelöst von der Gesellschaft, in der er lebte, und irgendwie muss er also die gesellschaftlichen Vorstellungen seiner Zeit in seiner Musik reflektiert haben. Nicht umsonst hat Wagner ja ein antisemitisches Pamphlet über jüdische Musiker geschrieben und mit dem Ring der Nibelungen bewusst an die deutschnationale Mythologie angeknüpft.
Das macht die reine Musik an sich nicht nationalistisch oder antisemitisch, aber sie kann dennoch so verstanden werden, weil es das Werk eines nationalistischen, antisemitischen Komponisten in einer nationalistischen, antisemitischen Ära war, die gehört wurde von überwiegend nationalistischen, antisemitischen Menschen. Und es auch keinen Songtext zur Musik gibt, der diese Interpretationen vollends ausschließen würde.
Auf Rechtsrock übertragen: Es ist doch imho sehr bezeichnend, dass Rechtsrock erst entstehen konnte, als der Rock den Rock'n Roll abgelöst hatte (welcher seine schwarzen Wurzeln nie verneint hat) und Rock mit Punk zunehmend sozialkritischer und politischer geworden war. Davor war diese Musikrichtung für Nazis einfach nicht geeignet, faschistische Anliegen zu transportieren, beziehungsweise es wäre höchst inkonsequent gewesen, das dennoch zu tun.