CASIO XW-P1 Performance Synthesizer (Review)

CASIO XW-P1 Performance Synthesizer-Review​

Ich habe vom Musiker-Board die Gelegenheit bekommen, den neuen CASIO XW-P1 "Performance Synthesizer" gründlich unter die Lupe zu nehmen vielen Dank dafür schonmal vorab an Casio, Musik-Service und die MiCom.

Ein paar Eckdaten vorab: Bei einem Straßenpreis von 500 550 Euro bietet der als Live-Gerät konzipierte Synth 61 Tasten und auf der Tonerzeugerseite an prominenter Stelle einen 6-Oszillator-Solo-Synthesizer, zusätzlich einen sogenannten "Hex-Layer"-Modus, eine Zugriegelorgel sowie eine PCM-Tonerzeugung. Es gibt einen "zweieiigen Zwilling", den XW-G1 Groove-Synth, dem die Orgel und der Hex-Layer-Modus fehlen, der dafür aber einen Sample-Looper mit an Bord hat.

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Der Test wird sich in loser Folge auf die nächsten Tage und Wochen verteilen, los gehts...

Teil 1: Der erste Eindruck​


Optik und Haptik

Beim Auspacken werden zwei Dinge sofort klar: Erstens, es ist unverkennbar ein Casio. Das Design ist funktional, kantig, fast schon als "retro" zu bezeichnen, dominant in silber/orange gehalten und es drängt sich der Eindruck auf, dass die Design-Abteilung bei Casio immer noch dieselbe ist, die in den 80er Jahren schon die ledendären Digitaluhren mit Taschenrechner entworfen hat. "Schön" geht sicherlich anders optisch wirkt das gute Stück etwas unruhig, aus funktionaler Sicht ist es aber relativ strukturiert und aufgeräumt. Blaue LEDs beleuchten einige der Taster bzw. heben als Leuchtstreifen über der Zugriegelsektion die jeweils verwendete Funktion der Schieber hervor. Das Blau ist zwar im Trend, will aber nicht so recht zur restlichen Farbwahl passen. Ein sattes Rot oder Orange hätte hier dem Retro-Stil besser zu Gesicht gestanden.

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Zweitens: Das Ding besteht außenherum ausschließlich aus Plastik und macht so nicht gerade einen "wertigen Eindruck", ist mit etwas über 5kg dafür aber erfreulich leicht. Bei genauerem Hinsehen scheint die Verarbeitung insgesamt aber durchaus in Ordnung zu sein, insbesondere, wenn man dies in Relation zu Preis und Gewicht setzt.

Oben rechts befindet sich eine gummierte Ablage, auf die ein Tablet passen könnte, oder auch die von mir früher heißgeliebten DIN A5-Spickzettel. An sich eine schöne Idee, die zwar dem Design nochmals einen Dämpfer verpasst, aber die durchaus einen praktischen Nutzwert hat. Es scheint ein bisschen so, als wäre dieses Detail zusammen mit der obersten Oktave der Tastatur erst spät bei der Entwicklung des Geräts hinzugekommen: Der Bedienteil geht genau bis zum zweithöchsten C der Tastatur ein Schelm, wer sich dabei seinen Teil denkt...!?

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Die Drehknöpfe, Schieber und Taster lassen sich insgesamt obwohl aus Plastik nicht so schlecht bedienen, wie es zunächst den Anschein hat. Der recht große Durchmesser der Drehknöpfe lässt feinfühliges Arbeiten zu. Die Taster haben zwar keinen echten Druckpunkt, den man aber im Betrieb nicht wirklich vermisst. Die Fader / Zugriegel sind allerdings etwas klein und vor allem zu kurz geraten, um wirklich Zugriegel-Feeling aufkommen zu lassen. Ziemlich winzig und tatsächlich als einzige mehr schlecht als recht bedienbar sind die kleinen runden Knöpfe oben im Bild für den Phrase-Sequencer und Arpeggiator.

Eher ungünstig angebracht sind der Power-Schalter und der Volume-Drehregler: Den Power-Knopf erwarte ich auf der Rückseite (wo er auch eigentlich hingehört) und habe ihn tatsächlich beim Erstkontakt erst bei genauem Hinsehen gefunden ; )

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So schlecht, wie man an den fast mittig über der Tastatur sitzenden Volume-Regler beim Spielen kommt, so groß ist auch die Gefahr, im Eifer des Gefechts (z.B. beim Wechsel in den Performance-Modus) oder auf einer dunklen Bühne danebenzulangen und den Synth kurzerhand versehentlich auszuschalten: Eine Rückfrage gibt es nicht. Wem das passiert, der kann trotzdem beruhigt sein: Nach dem Einschalten ist der XW-P1 quasi sofort spielbereit (Startzeit sind nur wenige Sekunden).

Stromversorgung​

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Auf der Unterseite findet sich ein Batteriefach für 6 D-Zellen ("Mono"), mit denen das Gerät bis zu 35 Stunden betrieben werden können soll. Der Sinn des Batteriebetriebs erschließt sich mir bei einem Synth ohne eingebauten Verstärker allerdings nicht so recht. Zum Umhängen ist das Keyboard nicht gedacht und letztlich auch zu sperrig (was auch für das Üben mit Kopfhörer in der U-Bahn gelten dürfte). Da, wo man Verstärkung findet, findet man in der Regel auch Strom mir fällt auf Anhieb kein Szenario ein, wo der Batteriebetrieb wirklich sinnvoll wäre.

Ansonsten wird der XW-P1 über ein externes Schaltnetzteil versorgt. Mein Fall ist das nicht, zumal sich der Stecker nicht verriegeln lässt. Aber auch hier gilt wieder: angesichts des Preises und des Gewichts ein verschmerzbares Manko. Bei dem mir zur Verfügung gestellten Demo-Gerät waren zwei Netzteile dabei, eine (recht groß geratene) "Wandwarze" sowie ein Netzteil in Notebook-Manier mit separater Zuleitung und Euro-Stecker.

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Letzteres ist sicher die angenehmere Variante so, wie die beiden Netzteile verpackt waren, ist allerdings davon auszugehen, dass nur das Steckernetzteil zum normalen Lieferumfang gehört und das zweite ein optionales Zubehör ist.

Anschlüsse​

Die Stromversorgung und alle weiteren Anschlüsse befinden sich hinten was leider auch für den Kopfhöreranschluss gilt: dickes Minus an dieser Stelle! Der Kopfhöreranschluss gehört bei Tasteninstrumenten nach vorn, damit einem das Kabel beim Spielen nicht im Weg ist.

Neben den schon genannten Optionen finden sich die üblichen Line-Outs (Klinke), ein (regelbarer) Mikrofon- sowie ein Mono-Instrumenteneingang und der obligatorische Anschluss für ein Haltepedal, das aber auch anders genutzt werden kann. Dessen "Polarität" lässt sich leider am XW-P1 nicht umstellen, es muss also Casio-typisch ein Schließer-Pedal sein was im übrigen in der Anleitung nirgendwo erwähnt wird.

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Zusätzlich findet sich noch ein Stereo-Line-Eingang (3.5mm Stereoklinke) für externe Audio-Quellen. Aber bitte: Auch wenn heutzutage vielleicht eher ein iPod oder MP3-Player dort angeschlossen wird als ein CD-Player wenn schon ein "Consumer"-Anschluss statt separater Monoklinken gewählt wird, dann doch bitte Cinch/RCA! Ein Kabel Miniklinke auf Cinch findet sich überall, Miniklinke auf Miniklinke ist selten. Das geht besser!

Viel schlimmer ist allerdings, dass Casio keinen Anschluss für ein Expression-Pedal eingebaut hat. Bei einem Gerät, das eigens eine Zugriegel-Orgel bereitstellt, ist ein Schweller-Pedal Pflicht! Da hat Casio in meinen Augen wirklich gepennt: Doppel-Minus.

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Die letzten drei Anschlüsse: Minimalbestückung MIDI (out/thru kombiniert), ein USB-Anschluss zur MIDI-Kommunikation mit dem PC sowie ein SD-Card-Slot zum Speichern und Abspielen von Midi-Files, User-Programmen, Konfigurationsdaten sowie mit dem herunterladbaren Editor erstellten Audiodaten.

Tastatur​

Die Tastatur wirkt zwar auf den ersten Blick entwas klapprig und ist auch mechanisch relativ geräuschvoll, spielt sich dann aber doch relativ angenehm. Das straffe Spielgefühl ist für Synths und Orgel angenehm und bietet trotzdem genug Widerstand, um auch Piano-Sounds einigermaßen differenziert spielen zu können. Die vorne geschlossenen Tasten bieten Schutz vor Staub, allerdings ist die Lippe an den Tasten ziemlich scharfkantig, so dass beim Spiel mit dem Handballen (z.B. bei Orgelslides) Vorsicht geboten ist. Für meinen Geschmack überflüssig ist die unterhalb der Tasten vorstehende, halbrunde Plastikkante.

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Links neben der Tastatur befinden sich die beiden recht kleinen Pitch- und Modulationsräder. Ich finde inzwischen zwar hierfür ein Joystick-Konzept deutlich besser, nachdem ich mich 20 Jahre lang nicht wirklich mit den klassischen Rädern anfreunden konnte aber immerhin liegen die Spielhilfen beim Casio schön ergonomisch nah am Rand und sind auch aufgrund ihrer Größe intuitiver zu bedienen als die großen, schmalen Räder, die seit den 80ern überall verbaut werden.

Display​

Das zentrale Display bietet einem sehr spartanisch einen Überblick über momentan relevante Parameter. Zwar findet man sich in die Menüführung relativ schnell ein (das Handbuch habe ich beim ersten Kontakt bewusst im Karton gelassen), es sind aber etliche Menüpunkte an Orten versteckt, wo man sie nicht erwartet oder gleich findet. Vor allem aber sind die verwendeten Abkürzungen oft recht kryptisch.

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Das Display selbst leuchtet in einem wiederum anderen Blau als die Tasten und LEDs und ist selbst für die Preisklasse eine Enttäuschung. Natürlich erwartet man bei rund 500 Euro keinen HD-fähigen, farbigen Touchscreen, aber im Jahr 2012 darf es dennoch gerne etwas mehr sein als ein lediglich 32 x 64(!) Pixel kleines Monochromdisplay.

So, für den Anfang war das schon recht viel später mehr!

Es folgen demnächst die weiteren Teile:
Teil 2: PCM-Sektion Pianos + Co.
Teil 3: Orgel
Teil 4: Solosynth
Teil 5: Hex-Layer
Teil 6: Step-Sequencer
Teil 7: Fazit
 
Eigenschaft
 
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Teil 2: CASIO XW-P1​

So, nach längerer Pause geht es hier weiter - jetzt auch endlich mit ein paar Tonbeispielen. Schließlich soll ein Synth-Review nicht in erster Linie die optischen Qualitäten, sondern vor allem die akustischen beleuchten - fangen wir also an.

Heute soll es zunächst um die PCM-Sektion gehen, also die gesampleten Sounds, die man dann doch allenthalben braucht: Pianos, Streicher, Bläser - das Standard-Programm. Dies ist hier besonders interessant, weil sich der XW-P1 ja nunmal "Performance Synthesizer" nennt und somit durchaus in Anspruch nimmt, auch ein gewisses Allround-Talent zu sein.

Die PCM-Sektion lässt sich direkt über sinnvoll benannte Instrumentengattungen anwählen, als da wären:
  • Piano
  • Strings/Brass
  • Guitar/Bass
  • Synth
  • Various

Im Ganzen findet sich dort in etwa der Soundvorrat, den man von typischen General-Midi-Vertretern gewohnt ist, darüber hinaus darf man nicht allzuviele Spielereien erwarten - der Schwerpunkt des CASIO liegt eindeutig im Synth-Bereich und nicht in hunderten fein abgestimmter PCM-Samples.

Piano​

Wenn man sich den (akustischen) Pianos widmet, erlebt man zunächst eine positive Überraschung: Die ersten paar davon (namentlich die Stereo-Samples) klingen gar nicht mal übel und lassen sich auf der Plastiktastatur sogar relativ differenziert spielen.

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-pianos

Im Beispiel sind zu hören: ein Stereo Grand Piano, ein Stereo Bright Piano und das Classical Piano. Natürlich darf man hier keinen Vergleich zu Gigabyte-Sample-Libraries anstellen, aber für ein "mal-eben-dabei"-Klavier können sich diese Sounds doch sehen lassen. Wenn man allerdings den Fehler macht (wie ich versehentlich im ersten Anlauf), diese Samples mono abzuhören, wird einem schnell klar, dass das relativ stark getrickst wurde, denn mono klingen die eben noch gelobten Samples recht drahtig und dürftig - Obacht also, wenn im Bandmix nur ein Kanal zur Verfügung steht.

Leider war es das dann auch schon fast mit den positiven Beispielen aus der PCM-Welt, denn das eben gesagte gilt auch für die vielen Samples, die dann folgen und bis auf wenige Ausnahmen auf Mono-Material basieren. Stellvertretend für eine Reihe weiterer Pianos hier mal zwei Layer (StringsPiano und PianoPad) sowie ein CP80:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-pianopadscp80

Da wird es doch schnell dünn, klingt zu sehr nach 80er und Plastik, da wird in hohen Lagen mehr als deutlich, was "Aliasing" ist - und das CP80 mag als Effektsound nett sein, hat aber mit einem echten Elektro-Stutzflügel nicht wirklich was zu tun. Schade.

Ganz so traurig sieht es bei den E-Pianos nicht aus, für "Butter und Brot" reicht das definitiv. Aber es bleibt beim Mittelmaß, so richtige Begeisterung kommt hier nicht auf - zu wenig "Biss" haben hier auch die (in meinen Augen) gelungensten Kandidaten ElecPiano, Mellow E.Piano, 60s E.Piano und Dyno:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-epianos

Zu guter Letzt finden sich neben einer annehmbaren Auswahl an Pianos, EPs und passenden Layers auch noch einige Clavis, Marimbas, Akkordeons und schließlich auch Orgeln in dieser Sektion. Die E-Orgeln spare ich mir an dieser Stelle, dafür hat der P1 ja eine eigene Engine an Bord. Als akustischen Ersatz gibt es was sakrales, gefolgt von einem Layer namens StringsVoice, der uns zur nächsten Sektion "Strings/Brass" überleitet:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-church-stringsvoice

Bei den "StringsVoices" wird leider deutlich, dass viele der Samples sehr schnell in den Loop gehen und die Loop-Punkte recht lieblos ausgewürfelt worden zu sein scheinen - jedenfalls hört man die Schleife recht deutlich.

Strings/Brass​

Um bei den Strings zu bleiben: Hier setzt sich im Grunde in vielerlei Hinsicht das Bild fort, das wir schon kennen. Einige wenige Sounds heben sich positiv vom Rest ab, ohne allerdings wirklich zu überzeugen. Auswahl und Qualität genügen dabei Gelegenheitsansprüchen für "mal" einen Streicher-Teppich hier oder dort - das große Aha-Erlebnis bleibt aus. Hier mal drei gerne gebrauchte und in diesem Fall sogar ganz passable Patches: SlowStrings, St(ereo) Strings und WideStrings.

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-strings

Es fällt allerdings wiederum auf: das Prädikat "realistisch" ist hier fehl am Platze. Das wird nach den Orchesterstreichern noch deutlicher bei den Soloinstrumenten, für die ich mal eine kleine Auswahl aus Strings und Brass zusammengestellt habe (Cello, Trumpet, BreathyASax, BariSax, Clarinet):

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-solo-inst

Nun sind überzeugende Solo-Naturinstrumente zwar die Königsdisziplin, die selbst im Top-Segment teurer Workstations oft stiefmütterlich behandelt wird und der es selbst bei Top-Samples oft an spielbaren Artikulationen mangelt - aber hier hätte ich dann doch mehr erwartet.

Man weiß leider nicht, wie groß der Sample-ROM des XW-P1 ist, jedenfalls wird im Handbuch nichts dergleichen erwähnt. Sehr viel kann es jedoch nicht sein, denn hörbare Loops und deutlich erkennbar aufgesetztes (künstliches) Rauschen bei Anblasgeräuschen wie beim Breathy A.Sax wären sonst nicht nötig.

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-brass

Zumindest die Brass-Sections bringen wieder etwas Licht ins Dunkel: Auch hier sind keine Wunder drin, soviel haben wir inzwischen gelernt, aber die Brass-Sounds reichen einem sonst eher Synth-lastig orientierten Spieler sicher für die üblichen "Verlegenheits-Riffs". Bei einem kurzen Ausflug in die Synth-Brass-Abteilung (der nach Stereo Brass und der Brass Section folgende 80s SynBrass) zeigt einmal mehr, wo der XW-P1 seine Hauptaufgabe sieht (auch wenn es hier tatsächlich ein Sample ist).

Die Gitarren-Sektion reisse ich nach den Erfahrungen mit den Naturinstrumenten nur kurz an - zumal wirklich gute Gitarren im Synthbereich ohnehin selten sind und speziell bei der Zielgruppe "Bandkeyboarder" auch am wenigsten gefragt sein sollten:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-gitbass

Es kommen schließlich noch die Rubriken "Synth" und "Various". In letzterer versteckt sich so ziemlich alles, was sonst nicht gepasst hätte - Effektsounds, Orchesterhits und eine Reihe von "Ethnic"-Instrumenten - aber nichts, was man nicht aus dem GM-Vorrat so ähnlich auch kennen würde, und natürlich die Drumsets, die später zusammen mit dem Step-Sequenzer für rhythmische Untermalung sorgen können. Die "Synth"-Sektion (im PCM-Modus wohlgemerkt!) sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt: Wenn dieses Gerät eins sicher nicht braucht, dann sind es komplett gesampelte Synth-Sounds - die aber immerhin dann doch ironischerweise eher zu überzeugen wissen als die Natursounds.

Alles in allem macht die PCM-Sektion nicht den besten Eindruck. Die Pianos können für den Preis tatsächlich durchgehen, das meiste andere ist deutlich unter dem Niveau selbst preisgünstiger aktueller GM-Schleudern. Warum man hier überhaupt noch "GM"-Varianten anbietet (die sogar oft besser klingen als das "Nicht-GM"-Äquivalent) und sich nicht gleich auf den Minimalvorrat an Sounds beschränkt hat, die dann aber in "gut", ist im Jahr 2012 - auch in dieser Preisklasse - nicht wirklich zu verstehen. Selbst ein gut 20 Jahre alter Roland Sound Canvas macht hier trotz geringer Bitbreite zu oft das Rennen gegen den CASIO, zu sehr klingt die PCM-Abteilung nach dickem Rotstift. Zu allem Überfluss sind die Sounds (auch ähnlichen Typs) teilweise sehr unterschiedlich laut programmiert und liegen - was ich so noch nicht kannte - teilweise in unterschiedlichen Oktavlagen vor.

Immerhin: Man hat in diesem Synth zumindest für den gelegentlichen Einsatz "alles am Mann" und kann sich bei geringen Ansprüchen ein weiteres Gerät auf der Bühne sparen. Selbstverständlich ist das bei so einem "Spartengerät" nun auch wieder nicht.
 
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Teil 3: CASIO XW-P1​

Weiter im Text, damit wir uns bald den wirklich interessanten Dingen zuwenden können. Nach dem enttäuschenden Ergebnis der Sample-ROM-Abteilung im letzten Teil bin ich aus mehreren Gründen sehr gespannt auf die Drawbar-Orgel: Zum einen zählen Hammond-Sounds zu meinen erklärten Favoriten im Bandsound, zum zweiten ist eine "echte" Zugriegel-Orgel bei Synths in der Preisklasse um 500 Euro eine Seltenheit (wenn man mal von ausdrücklichen "Spezialisten" wie der Hammond XM1 oder der Ferrofish B4000+ absieht die dann aber nur Orgel können). Zum dritten richtet sich der XW-P1 ja ausdrücklich an Bandkeyboarder und stellt die Orgel deutlich als Produktmerkmal heraus mal sehen, ob Casio hält, was versprochen wird.

Grundsound​

Bevor wir zu den "nackten Fakten" kommen, hier schonmal zwei Eindrücke vom Gesamtsound der Orgelsektion ein klassischer 888er Sound und einmal "Full Organ" - all out.

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-888

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-full

Auf den ersten Blick scheint der Grundsound gar nicht mal übel zu sein, wenngleich das Leslie etwas dürftig daherkommt. Dazu aber später mehr. Das Spielgefühl der Tasten ist für Orgler sicher etwas straff und gewöhnungsbedürftig, insgesamt hat aber Casio mit der gewählten Tastatur den Spagat zwischen Piano, Orgel und Synth-Anforderungen ganz gut gelöst.

Bedienung​

Die Bedienung gestaltet sich ausgesprochen übersichtlich: "Organ" ausgewählt und los geht's. Es gibt genau wie in den anderen Sektionen eine Reihe von Presets, die sich natürlich auch ändern und abspeichern lassen. Im Orgelmodus fungieren die 8 Kanalslider und der zusätzliche Masterslider als insgesamt 9 Zugriegel, die auch "richtig herum" funktionieren und im Display grafisch visualisiert werden. Die Slider sind zwar recht kurz geraten echtes Zugriegelfeeling kommt nicht auf aber die Bedienung ist intuitiv und man kann direkt loslegen. Links oberhalb der Modulationsräder sind drei Taster für Leslie fast/slow, Percussion 2nd / 3rd, deren Status sich dank Beleuchtung direkt ablesen lässt. Für weitere Feinheiten muss man ins Menü abtauchen.

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Zwei Dinge fallen jedoch direkt negativ auf: Zum einen hat der XW-P1 keinen Eingang für ein Schwellerpedal ein echter Fauxpas, den sich Casio dort geleistet hat. Immerhin "versteht" die Orgel den Midi-Controller "Expression", so dass man wenigstens über ein externes Masterkeyboard Fußarbeit leisten kann. Zum Zweiten sind die Abstufungen der Zugriegel recht grob und beim Spielen hörbar, insbesondere der Sprung von 0 auf 1 ist deutlich zu groß geraten man hat fast das Gefühl, danach kommt bis 8 nicht mehr viel. Ein Hörbeispiel dazu: 888 liegt an, und ich spiele mit dem 1'-Zugriegel oben.

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-drawbar

Beim Spielen in hohen Lagen und hohen Registern zeigt übrigens auch: das Hammond-typische Foldback gibt es hier nicht. Damit ist zwar der XW-P1 in guter Gesellschaft einiger (vornehmlich älterer) Hammond-Clones, aber dadurch wird es obenrum doch schnell etwas schrill.

Percussion​

Die Percussion lässt sich in der zweiten und dritten Harmonischen bei Bedarf auch gleichzeitig aktivieren, und das 1'-Register bleibt dennoch (anders als beim Original) aktiv. Da hat womöglich die alte Korg CX3 Pate gestanden. Die Bedienlogik ist diesbezüglich nichts für Puristen, bietet aber immerhin maximale Flexibilität.
Eins der wichtigsten Merkmale der Percussion wurde aber übernommen: Es ist ein "single Trigger", d.h. beim Legato-Spiel wird der Percussion-Sound lediglich bei der ersten der verbundenen Noten erzeugt - etwas, das Sample-Orgeln regelmäßig nicht zu bieten haben.

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-perc

Feintuning​

In den Tiefen des Menüs lässt sich die Orgel nun relativ umfassend einstellen: Man hat die Wahl zwischen zwei verschiedenen Tonrad-Typen: "Sinus" und "Vintage" - letzterer soll wie üblich etwas obertonreicher sein, der Unterschied ist aber marginal bis nicht zu hören. Für die Percussion lässt sich lediglich das Decay einstellen eine Einstellung für "soft/loud" sucht man vergebens. Der Key Click lässt sich für "Key on" und "Key off" separat aktivieren, aber ebenfalls nur in den Stufen "an" und "aus".

Beim Vibrato fehlen die üblichen Presets C1...3 und V1...3 man kann hier die Rate (Geschwindigkeit) und Effekttiefe nach Gusto einstellen. Es gibt aber nur ein Vibrato, keinen Chorus, und das wirkt recht unbeholfen da nützen auch die besten Einstellmöglichkeiten nichts:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-vibrato

Leslie​

Der Leslie-Effekt das A und O einer Orgel-Emulation. Was soll man hier jetzt sagen? Im Menü lassen sich zwar etliche Aspekte fein einstellen: die Geschwindigkeiten für schnell und langsam und die Beschleunigung für Hochlaufen und Abbremsen separat... Aber das Ergebnis überzeugt nun ganz und gar nicht: Zunächst mal fehlt die typische Zweiteilung in Horn und Rotor es gibt nur einen "Quirl". Und der klingt schräger und wimmeriger als die ältesten Eimerkettenleslies aus den 80er Jahren, selbst die vielgeschmähte Leslie-Simulation der (ur)alten CX3 war dem deutlich überlegen. Von Feinheiten wie Speakersound und dem typischen Frequenzgang der Weiche brauchen wir hier nicht zu reden das wäre allerdings zugegeben auch etwas viel verlangt. Aber aus einem DSP, der in der Lage ist, Hall, Chorus, Wahs, Flanger etc. zu emulieren (und das sogar im Dual-Modus) muss doch ein besserer Leslie-Effekt herauszuholen sein. Hier wären weniger editierbare Parameter zugunsten eines vernünftig klingenden Standard-Leslies sinnvoller gewesen.

Hier mal ein "kompletter" Jazz-Orgelsound mit Percussion, Keyclick, Vibrato und Leslie:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-jazzy

Overdrive​

Die Mankos des Leslies setzen sich dann beim Overdrive fort: Der OD-Gain lässt sich in exakt drei (sehr groben) Stufen einstellen. Schon die erste ist deutlich zu hart, die dritte ist selbst für John-Lord-Sounds eigentlich schon grenzwertig und es klingt wie zu erwarten recht digital-hart. Klar, ich bin da anspruchsvoll und man darf auch nicht zuviel erwarten aber bei der Umsetzung kommen einem dann doch fast die Tränen.

Mit Schwellerpedal lässt sich mit etwas Gefühl noch so etwas wie ein "crunchy" Sound herauslocken (denn der Expression-Parameter greift wenigstens so, wie es sein soll: vor dem simulierten Overdrive), aber da das im Normalzustand (ohne zweites Midi-Keyboard) schon fehlt, ist der Overdrive so eigentlich nicht zu gebrauchen unspielbar.

Im Beispiel spiele ich erst mit Overdrive-Gain "1", dann mit "3":

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-overdrive

Da das Leslie also komplett durchgefallen ist, interessierte mich mal, wie sich der Grundsound der Orgel schlägt, wenn man ihn durch eine externe Leslie-Simulation schickt. Dazu habe ich mein altes Korg ToneWorks G4 ausgepackt und den XW-P1 mit abgeschalteter Leslie-Simulation dort mal durchgejagt. Den Overdrive des G4 werfe ich etwa bei der Hälfte des Soundsamples in den Ring:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-organ-g4

Immerhin: So ist die Orgelsektion dann immerhin brauchbar. Wiederum nichts für Orgelfetischisten, aber als Zugabe zu einem "Alleskönner" dieser Preisklasse gibt es schlimmeres - allerdings eben nur mit externem Equipment. Fragt sich, wen Casio beim Entwurf dieses Modus im Hinterkopf hatte: Diejenigen, die einen passablen Orgelsound suchen und wissen, was sie dort erwarten dürfen, vergrault man schon mit fehlendem Schweller und einer so lieblos programmierten Leslie-Simulation mit nur einem Rotor. Die anderen, denen ein überzeugender Hammondsound nicht so wichtig ist, kommen wahrscheinlich im Bandkontext dann auch mit einer vernünftigen Auswahl an "Rompler-Orgeln" zurecht. :gruebel:

So, wie es aussieht, ist der CASIO XW-P1 als "Allrounder" an dieser Stelle bereits durchgefallen. Er muss seine Stärken also anderswo beweisen: bei den Synth-Sounds. Um es gleich vorweg zu nehmen: Genau dort gibt es Licht am Ende des Tunnels dazu aber mehr in den nächsten Teilen.
 
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Erstmal, hammer wieviel mühe du dir hier machst, vielen dank :)

Zum Casio, also wenn ich die beispiele so höre, klingt das für mich total nach Billig-Tischhupe, sehr ernüchternd, hätte ich nicht geacht. mit sowas würd ich nirgendwo aufschlagen.
Für über 500 EUR ist man da mit was gebrauchtem viel besser bedient.
 
Hi Jens,

Deine Mühe und Dein Testbericht ist sehr umfangreich und großartig.

Der Casio wurde im Forum auch schon einmal von manchen Useren unter die Lupe genommen und - wie mir scheint - sind
wohl die meisten zu ähnlichen Eindrücken gekommen.
Die Qualität der Sounds hatte ich in einem Thread schon einmal ... "qualitätsgesichert", obwohl natürlich immer eine subjektive Note einfließt.
Der Pianosound ist aber recht gut, finde ich.
Diverse andere Soundbeispiele, insbesondere die Synth.Sounds, sind meines Erachtens aber auffällig schlecht, weil sie alle irgendwie ähnlich klingen.
Gegen die Synth.Sounds des MOX, des Fantoms G., Juno G, Motif klingen die meisten Sounds das Casios drucklos und bescheiden.
Leider kann man es nicht anders sagen. Aber, ich will nicht ungerecht sein, denn der Casio bewegt sich ja in einer viel niedrigeren Preisklasse.
den Usern oder potentiellen Käufern sei es selbst überlassen, ob man nicht ca. 150 Euro draufpackt und sich lieber einen Roland Juno D holt.
Nun wird von manchen Useren der Einwand kommen, der kleine Juno D, sei eine Presetschleuder. Meine Antwort darauf: ... Wir sind aber in einem
Zeitalter der Presets und Presetschleudern. Alle gängigen top-Charthits im Elektrobereich sind voll mit Nexus-, Vegeance-Clubsound, Roland Fantom, Motif-
Preset-Klängen und da bietet der Casio meines Erachtens einfach zu wenig. (s. Thread, in dem Soundbeispiele vorgestellt worden sind).
 
Kommen wir nun zu einer der beiden zentralen Synth-Modi des XW-P1: dem "Solo Synth". Bevor es an die Details geht, gleich mal das erste Werks-Preset zum reinhören und angewöhnen:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-solosynth

Was sofort auffällt: von den Presets klingen viele sehr ähnlich, es wird schon ein deutlicher Schwerpunkt auf die im ersten Beispiel gezeigte Art dominanter Elektro-Leads gesetzt.
Etwas "dreckiger" geht es auch, das Attribut "fett" wäre allerdings hier fehl am Platz:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-solosyn2

Einige "klassische" Leadsounds haben sich genauso in die Preset-Liste verirrt wie eine Reihe Synth-Bässe, die mit etwas Tuning durchaus zu gebrauchen sind:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-mg-raw-lead
http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-solo-synbass

An einigen Stellen finden sich sogar fast zärtliche Klänge – das geht also auch, ist aber in den Presets kaum vertreten.

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-solo-softlead

Etwas störend finde ich, dass (wie schon in der PCM-Sektion) die Sounds doch teilweise sehr unterschiedlich laut programmiert sind.

Aufbau

Der Solo-Synth des XW-P1 ist ein monophoner Synth, der im "fast klassischen" Grundaufbau der subtraktiven Synthese a la Moog und Co. daherkommt, aber einige zumindest interessante Eigenschaften mitbringt. 6 Oszillatoren, 6*3 +1 Hüllkurven (je Oszillator Pitch, Filter und Amp, sowie ein Common EG), 2 LFOs, Filter und ein DSP für weitere Effekte.

Die Einschränkung auf die monophone Betriebsart ist nicht ganz nachzuvollziehen, denn im (grundsätzlich ähnlich aufgebauten) Hex-Layer-Modus geht’s ja auch polyphon – und, hey, wir haben 2012. Zwar ist die monophone Spielweise typisch für Leadsounds, aber vielleicht bastelt man sich ja auf dem Wege einen schönen Sound, den man dann auch mal polyphon verwenden möchte...

Trotz des grundsätzlich an die klassischen Analogsynths angelehnten Aufbaus tue ich mich schwer damit, diesen Modus als "virtuell analog" zu bezeichnen. Dafür sind die Eingriffsmöglichkeiten an einigen Stellen zu eingeschränkt, die Filter nicht knackig genug, der Sound zu digital und vor allem stört in den hohen Lagen doch deutlich einsetzendes Aliasing.

Oszillatoren

Man hat auf der Tonerzeugungsseite 6 "Oszillatoren": Zwei typische Synth-Oszillatoren mit Grundwellenformen wie Sinus, Rechteck, Sägezahn und Co. Zusätzlich lassen sich zwei PCM-Wellen als Eingangssignale nutzen und genauso durch EGs, Filter und LFOs verbiegen wie die Grundwellenformen. Der 5. Oszillator ist interessant: Er wird von einem externen Eingangssignal "gefüttert", was soweit noch nichts ungewöhnliches ist. Hier steht aber noch ein Pitch-Shifter zur Verfügung, der das externe Eingangssignal abhängig vom Spiel auf der Tastatur transponiert, bevor es durch die weitere Signalverarbeitung geht. Das ist zwar sicher keine Weltneuheit, aber in Kombination mit dem Rest und zu diesem Preis zumindest erwähnenswert. Der letzte Oszillator ist ein Rauschgenerator mit verschiedenen Rauschtypen.

Die "Oszillatoren" scheinen (daher auch die Anführungszeichen) letztlich auch PCM-Samples der entsprechenden Wellenformen zu verwenden und keine echten (digitalen quasi-analogen) Generatoren (das allerdings ist zunächst reine Spekulation). Es lassen sich dementsprechend auch sonst typische Parameter wie Pulsbreite nicht verändern, sondern nur aus einer Reihe von z.B. Rechtecken mit verschiedenem Tastverhältnis wählen. Immerhin ist ein Oszillator-Sync dennoch möglich, was auch heute noch nicht als selbstverständlich gelten kann.

Dieser Trick, nämlich das Zurückgreifen auf PCM-Samples, schenkt dem XW-P1 allerdings eine interessante Eigenschaft, die die Entwickler konsequent umgesetzt haben: Man wählt nicht nur aus elementaren Grundwellen (Sinus, Rechteck, Dreieck, Square usw.) aus, sondern hat derer gleich etliche Varianten, die den Klassikern der Synthgeschichte abgeschaut (und womöglich direkt von dort gesampelt) wurden. Die Wellenformtypen sind mit entsprechenden Kürzeln versehen, die zwar nirgendwo explizit aufgelöst werden, aber leicht zu durchschauen sind (eine – wahrscheinlich – markenrechtliche Krücke, die sich z.B. in vielen Amp-Modellern ähnlich findet). Die Liste der emulierten Oszillatortypen ist dabei erfreulich lang:

  • MM - Minimoog
  • MG - Moog(?)
  • AP1/2 - ARP
  • OB - Oberheim
  • P5 – Prophet 5
  • CZ – Casio CZ-Serie
  • ND – Nord
  • JP - Jupiter 8
  • VA – „Virtuell Analog“ - wahrscheinlich Access Virus
  • TB - Roland
  • SH - Roland

Für jeden der Typen stehen dann auch jeweils die Wellenformen zur Verfügung, die das Original auch hat: So gibt es beim Minimoog neben Dreieck und Saw auch noch die „Ramp“-Wellenform und drei verschiedene Rechteckversionen (square, wide, narrow) – ganz wie im Original. Beim CZ finden sich auch (wen wundert's?) die ganzen CZ-typischen "abgefahrenen" Wellenformen wie Tri-Reso und eine ganze Reihe von "Phase-Distortion"-Wellenformen.

Ein bisschen schade ist, dass diese Wahl "nur" bei den Oszillatoren besteht, sind es doch eigentlich die Filter, die jeweils den typischen Sound ausmachen. So sind denn auch die Unterschiede, z.B. zwischen den einzelnen Sägezähnen, oft marginal – mit dem Ohr nur schwer auszumachen und auch beim Betrachten der Wellenformen teilweise nicht zu erkennen. Dennoch sind Unterschiede da, bei genauem Hinsehen lassen sich z.B. die Sägezähne von Minimoog (oben) und Nord (unten) am Überschwinger an der Flanke und am Obertongehalt durchaus unterscheiden (und sie klingen auch unterschiedlich).

WaveformsXW.jpg

Von den meisten der Sounds gibt es jeweils auch noch eine "L(ow)"-Variante, die eine Oktave tiefer klingt (wahrscheinlich bei anderer Registerstellung gesamplet), sowie eine "B(ass)"-Version, die nur bis zum C5 erklingt und auch definitiv ein anderes Sample verwendet. Es scheint so, dass die drei Versionen jeweils Samples aus unterschiedlichen Oktaven der Synths sind, um dem sich ändernden Einschwingverhalten in hohen und tiefen Lagen etwas Rechnung zu tragen.

Filter und Hüllkurven

Je Oszillator gibt es einen eigenen Filter, die sich allerdings bei der Echtzeitbedienung von Cutoff und Resonanz einen gemeinsamen Drehregler teilen müssen. Zur Wahl stehen Tief-, Hoch- und Bandpass, die sich jeweils über Cutoff-Frequenz und Resonanz parametrisieren lassen. Zusätzlich gibt es neben der Verbiegung durch die EGs noch einen "Touch Sense"-Parameter, der das Ansprechverhalten des Filters Velocity-abhängig macht und natürlich die Möglichkeit, die Filter durch die beiden LFOs zu steuern.

Die Vielzahl an Filtern und Hüllkurven ist zumindest bemerkenswert und lässt kaum Wünsche offen – lediglich eine besser konfigurierbare Echtzeitkontrolle wäre sicher wünschenswert – wenngleich man natürlich kaum erwarten kann, für so viele Parameter jeweils einen eigenen Knopf zu spendieren.

Die Filter reagieren beim "Schrauben" prompt, aber es sind bei schnellen Sweeps leider recht grobe Abstufungen deutlich hörbar:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-solo-filter

Bei hohen Resonanzwerten entwickeln die Filter tatsächlich so etwas wie ein Eigenleben und neigen zum Schwingen, was Freunde abgedrehter Effektsounds sicher freuen wird. So richtig zupacken im besten Analog-Stil wollen die Filter jedoch nicht; sie kommen insgesamt etwas "kratzig" daher und sind trotz der großen Potiknöpfe live nur schwer dosierbar.

Die Hüllkurven warten mit einer kleinen Besonderheit auf: sie sind vom ADSRR-Typ, bieten also zwei statt nur einer Release-Stufen. Damit sind auch Sounds möglich, die beim Loslassen der Taste erst noch einmal kurz "Gas geben", bevor sie ausklingen. Die Editierung erfolgt weitestgehend im Blindflug, weil auf dem Winz-Display keine (noch so rudimentäre) Grafik Aufschluss über die Form der Hüllkurve gibt.

Bedienung

Damit sind wir bei einer entscheidenden Frage für einen Solo-Synth: Wie gut lässt sich an ihm schrauben?

Zunächst hat man über die Schieberegler in der Mixersektion sofortigen Zugriff auf die Pegel der 6 Oszillatoren sowie einen "Total"-Regler - sowie zwei Schieber für wählbare Parameter des DSP. Das scheint zunächst im Vergleich zu einem sofortigen Zugriff z.B. auf alle Hüllkurvenparameter eine wenig gelungene Wahl zu sein, aber tatsächlich hat mich das Spielen allein mit diesem Mixer zum ersten Mal an diesem Synth eine Weile "gefangen" - das macht tatsächlich Spaß, auch wenn (oder vielleicht gerade weil?) man hier auf das Wesentliche reduziert ist.

Die vier Drehregler sind standardmäßig mit Cutoff, Resonance, Attack(-Time) und Release(-Time) belegt, was sich in den Tiefen des Menüs aber ändern lässt.

Alle weiteren Eigenschaften des Klangs muss man über das Menü einstellen. Zwar ist der Aufbau der Menüseiten sehr schön logisch und folgt der wirklich übersichtlich gestalteten "Block-Logik" des Synth-Aufbaus. Aber die Vielzahl der Menüebenen und die rein numerisch einzustellenden Parameter lassen etwas Intuitivität bei der Programmierung vermissen – ich fühlte mich jedenfalls unwillkürlich in die alten DX7-Zeiten zurückversetzt.

Zwischenfazit

Dieser Synth ist – eigen. Das kann man positiv und negativ sehen, er hat jedenfalls einen gewissen Charme und bietet einige Dinge, die man so (und vor allem in der Kombination) woanders nicht findet. Manches ist schon fast ein bisschen viel (wer will wirklich 20 Hüllkurven programmieren?), und an anderen Stellen vermisst der eingefleischte Soundschrauber sicher auch das eine oder andere. Unterm Strich hat der XW-P1 hier aber sicher am ehesten seine Stärken. Er klingt zwar nicht wirklich nach analog, klingt aber andererseits auch nicht so flach wie gesampelte Synths oder manche Vertreter, die die "Schrauber-Schiene" eher stiefmütterlich behandeln.

Vielleicht will Casio hier wirklich an die alten CZ-Zeiten anknüpfen und bewusst polarisieren?
Ich könnte mir jedenfalls gut vorstellen, dass man bei tieferem Einstieg tatsächlich "XW-typische" Sounds kreieren kann, an denen man sich an anderen Maschinen die Zähne ausbeißt.

Wer sich allerdings im typisch-analogen Revier tummeln möchte, findet sicher bei Arturia, Waldorf, Korg und Co. auch in der hier anvisierten Preisklasse "knackigere" Vertreter.
 
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So, nach längerer Pause geht’s hier weiter und mit großen Schritten dem Ende zu – dem des Reviews, versteht sich ;)

Neben den schon besprochenen Voice-Modi Solo-Synth, Organ und den verschiedenen Kategorien aus der PCM-Sektion gibt es einen weiteren Modus auf dieser Ebene: den

Hex-Layer-Modus

Wie der Name schon andeutet, lassen sich im Hex-Layer-Modus bis zu 6 Sound im Layer stapeln. Was der Name nicht verrät: a) es sind nicht nur Layer, sondern auch Splits und alles dazwischen möglich – für jede Ebene lassen sich Tastaturzonen frei editieren, also auch (teilweise oder ganz) überlappend. b) man ist hier auf das Layern von PCM-Sounds beschränkt, wobei allerdings auch die schon aus dem Solo-Synth bekannten Oszillatorgrundformen mit den verschiedenen "Hersteller-Charakteristiken" zur Verfügung stehen. Wer also mal eben einen fetten Sawtooth-Stack zusammenstöpseln möchte, wäre hier genau richtig.

Die einzelnen Ebenen lassen sich mit den nun als Mixer fungierenden Slidern schnell zusammenmischen und in Echtzeit der Mix verändern. Pro Ebene stehen darüber hinaus Pan, eine Hüllkurve, Reverb, Chorus und ein Filter mit Cutoff und Resonance zur Verfügung – und die Ebenen können natürlich sinnigerweise einzeln grob und fein transponiert respektive verstimmt werden.

Der Gesamtmix lässt sich dann noch mit dem bordeigenen DSP weiterbearbeiten – hier gibt es zwar nicht allzuviele, aber durchaus sinnvolle Presets wie Wah, Compressor, Distortion, Enhancer, Auto Pan, Tremolo, Phaser, Flanger Chorus, Delay, Early Reflections, Rotary und LoFi. Das ganze geht auch im Dual-Modus unabhängig oder mit einem von 32 vordefinierten seriellen Presets, z.B. Compressor->Chorus. Soweit, so schön – die Qualität des DSPs (wir erinnern uns, den Rotary-Effekt kennen wir schon von der Orgel) ist allerdings nicht über jeden Zweifel erhaben, um nicht zu sagen: nicht mehr ganz zeitgemäß.

Zusätzlich gibt es noch einen gemeinsamen LFO und einen Detune-Parameter, mit dem die einzelnen Layer mit einem "Griff" leicht gegeneinander verstimmt werden können – um z.B. den oben erwähnten Saw-Stack anzufetten.

Beim Durchhören der Werkspresets kommt nicht unbedingt Begeisterung auf – ein paar Beispiele habe ich mal aufgenommen, der Rest klingt im Grunde sehr oft so ähnlich. Das betrifft zumindest die interessanteren Sachen, ansonsten gibt es natürlich die üblichen Piano-Strings-Layer, Synthpad mit was Glockigem im Anschlag usw.
Der eigenen Kreativität sind natürlich wie immer kaum Grenzen gesetzt, aber so unendlich viele bahnbrechend neue Sounds wird man durch das Layern von ein paar PCMs nicht erzeugen können – jedenfalls nicht viel, was man nicht auch woanders hinbekommt und im Zweifel so oder ähnlich seit Jahren kennt.
Ich habe mich jedenfalls bei den Beispielen auf solche Sachen beschränkt, von denen ich das Gefühl hatte, dass sie das Spektrum des XW-P1 nochmal ein bisschen erweitern:

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-hex1

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-hex2

http://soundcloud.com/josh-35-2/xwp1-hexpad

Ein Manko dieses Modus' soll nicht unerwähnt bleiben: Zwar hat man mit den bekannten Drehknöpfen Zugriff auf z.B. Cutoff und Resonance – aber in diesem Modus greifen diese Parameter nicht in Echtzeit, sondern wirken jeweils erst ab dem nächsten Tastenanschlag. So kriegt man zwar im Hex-Layer-Modus tatsächlich ein paar schöne analog angehauchte Pads und auch aggressivere Polysounds hin, wird aber dann bei einem Filtersweep scheitern. Schade – sowas muss nicht sein.

Insgesamt fragt man sich unwillkürlich, wozu dieser Modus bei solchen Einschränkungen eigentlich gedacht ist, denn es gibt ja auch noch den

Performance-Modus

In diesem kann man für den direkten Tastaturzugriff zwar nur vier statt sechs Ebenen layern (oder splitten, s.o.), aber die lassen sich mit jedem beliebigen Modus versehen. Man kann dort also auch z.B. einen PCM-Sound mit einem Hex-Layer, einer Orgel und einem Solo-Synth zusammenpacken, und die einzelnen Teile funktionieren dann auch im Zusammenspiel wie gewohnt.

Insgesamt ist der XW-P1 16fach multitimbral (in dem Rahmen, den die Polyphonie setzt – mit 64 Stimmen bzw. 32 "bei einigen Klangfarben" stößt man da sehr schnell an Grenzen!), so dass im Grunde natürlich nicht nur die 4 direkt über die Tastatur ansteuerbaren Timbres zur Verfügung stehen, sondern 12 weitere. Die lassen sich entweder per Midi ansteuern, oder über den eingebauten Step-Sequencer, den Phrase-Sequencer und den Arpeggiator. Der Step-Sequencer belegt standardmäßig 8 Tracks – aber wie gesagt, die Polyphonie schlägt da eher zu als die Begrenzung, nur noch 4 weitere Tracks zur freien Verfügung zu haben.

Die Editierung der Lautstärkeverhältnisse innerhalb einer Performance geht (in zwei Mixer-Ebenen) über die schon bekannten Slider recht schnell von der Hand, alles andere folgt wie gewohnt der zwar logischen, aber nicht besonders ergonomischen Menüstruktur, so dass man gut daran tut, sich schon vorher eine ziemlich genaue Vorstellung vom gewünschten Ergebnis zurechtzulegen: Zum Experimentieren lädt das Menü jedenfalls nicht unbedingt ein.

Alles in allem sind der Hex-Layer und der Performance-Modus brauchbare Zugaben, und insbesondere letzterer tut das, was man erwartet: Ein Setup für einen Song zurechtlegen, abspeichern und dann bei einer Live-Performance abrufen. Zu üppig sollte man bei der Rezeptur aber nicht vorgehen, damit einem nicht im Eifer des Gefechts die sehr begrenzte Polyphonie einen Strich durch die Rechnung macht.

Im nächsten Teil geht es dann weg von den eigentlichen Sounds und an die kleinen Helferlein hinter den Kulissen: Step- / Phrase-Sequencer und Arpeggiator, bevor wir uns an ein Fazit im letzten Kapitel wagen dürfen.
 
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Kommen wir jetzt zu den kleinen Helferlein, die einem (nicht nur) bei live-Performances unter die Arme greifen sollen, wenn mal wieder die dritte oder vierte Hand fehlen – wer kennt das nicht ;) Da man natürlich für 500 Euro keine ausgewachsene Workstation mit voll ausgebautem Sequencer erwarten kann (mal davon abgesehen, dass die Sequencer selbst im Top-Preissegment oft nur rudimentäre Funktionen bieten), muss man es schon anerkennen, dass Casio sich hier die Mühe gemacht hat, gleich drei Varianten anzubieten, die man relativ frei kombinieren kann: einen Arpeggiator, der auf Basis der gespielten Akkorde rhythmische Phrasierungen erzeugt, einen Phrase-Sequencer, mit dem einmal eingespielte Linien auf Abruf bereit stehen, und einen klassischen Step-Sequencer, der für die Programmierung kürzerer, sich wiederholender Loops da ist, und der ganz nebenbei auch noch die Aufgabe der Rhythmus-Sektion übernimmt.

Ein kurzes Wort vorab dazu: Als "reiner" live-Keyboarder, der ich nunmal bin, bin ich mit Werkzeugen dieser Art bisher nur am Rande in Berührung gekommen – ich habe sie schlicht nie gebraucht bzw. mangels clickfester Drummer ohnehin nicht wirklich benutzen können. :cool: Daher kann ich in diesem Bereich nur auf einen sehr begrenzten Schatz an Praxiserfahrung zurückgreifen – bei der Bewertung dieser Helferlein werde ich mich daher zurückhalten und zunächst mal nur die Fakten darlegen.

Arpeggiator

Der Arpeggiator ist über drei Tasten unterhalb des Displays zugänglich – die Grundfunktionen umfassen neben dem Ein- und Ausschalten des Arpeggiators die Wahl eines Styles, eine Hold-Funktion und die wahlweise Synchronisation auf den auslösenden Tastendruck oder das Metrum des Step-Sequencers.

Bei den Styles hat man zunächst die Auswahl aus 100 Presets, die verändert und gespeichert werden können sowie 100 freien Speicherplätzen für eigene Kreationen. Die Tonfolge der Styles (also z.B. "up" als "1-2-3-4-1-2-3-4" oder "up-down" als "1-2-3-4-4-3-2-1") wird in Form kleiner Balken in der rechten Hälfte des Displays angezeigt, wobei neben den klassischen Akkordauflösungen natürlich auch Elemente wie das Spielen des ganzen Akkords oder Zufallstöne eigene Symbole haben – die muss man sich allerdings einprägen, denn im Gegensatz zu den Strichlein sind die nicht gerade selbsterklärend. Das Editieren der Styles geht fix, mit < und > wählt man den aktuellen Step aus und mit + und – (oder dem Value-Schieber) das gewünschte Ereignis, auch unterschiedliche Velocity-Einstellungen sind pro Ereignis möglich.

Die Hold-Funktion sorgt im eingeschalteten Zustand – wie der Name vermuten lässt – dafür, dass das Arpeggio auch nach dem Loslassen der Tasten weiterläuft, bis der nächste Akkord gespielt wird.

Alles in allem recht unspektakulär und zweckdienlich – aber (soviel weiß selbst ich) gute Arpeggiatoren zeichnen sich ja meist gerade durch ihre Schlichtheit und Übersichtlichkeit aus, insofern ist das kein Makel.

Phrase-Sequencer

Eins gleich vorab: Der Phrase-Sequencer ist wirklich ein nettes Spielzeug, das im Alltag sicher gut zu gebrauchen ist, und das in dieser Form sogar auf meinem Flaggschiff namens Kronos tatsächlich fehlt – und das ich mit seiner einfachen Bedienung jetzt schon auf anderen Maschinen vermisse.

Auch hier wieder drei Tasten für die Grundfunktionen: Mit REC wird eine Aufzeichnung gestartet (wahlweise mit Click, Vorzählen etc.) und mit PLAY/STOP finalisiert. Spielhilfen können mit aufgezeichnet werden, eine Quantisierung ist wahlweise verfügbar, und per Overdub kann man die Phrase auch in Schichten aufbauen – bis zum Limit von 1600 Midi-Events pro Phrase (was für reine Noten dicke reicht, bei kontinuierlichen Spielhilfen muss man sich etwas zügeln).

Bei der Wiedergabe hat man die Wahl zwischen dem Abspielen per Knopfdruck (PLAY) oder dem (wiederholten, wenn gewünscht sogar überlappenden) Abfeuern mit Hilfe der Klaviatur, wobei die Phrase dann im Grundsetup mit der jeweils gedrückten Taste transponiert wird. Das Tempo folgt selbstverständlich dem gerade eingestellten Master-Tempo, so dass man ohne Probleme eine Phrase langsam einspielen und nachher im Normaltempo benutzen kann.
Auch im Phrase-Modus kann man zwischen "hold" (Phrase läuft ohne Gnade zu Ende) und dem Abbrechen der Phrase bei Loslassen der Taste wählen – und auf Wunsch die Phrase per Loop beliebig oft im Kreis laufen lassen.

100 vordefinierte Phrasen gibt es, die allerdings überwiegend aus dem Techno- und Dance-Bereich zu stammen scheinen. Die restlichen 100 Plätze kann man nach Belieben bestücken.

Ähnlich wie bei der Arpeggio-Funktion kann die Phrase entweder Tastensynchron loslaufen oder sich am Beat des Sequencers orientieren.

Step-Sequencer

Beim Step-Sequencer zeigt sich im Grunde das gleiche Bild wie bei den beiden anderen "Spieluhren" - schlicht und aufs wesentliche reduziert. Nochmal: gerade bei den Spielhilfen dieser Art ist das absolut kein Nachteil, wie ich finde – kommt man doch so oft schneller zum Ziel.

Die Bedienlogik ist hier ganz straight-forward: Part auswählen (einen von 8 der insgesamt 16 Tracks, die man im Mixer zur Verfügung hat) und Grundeinstellungen wie den verwendeten Sound etc. auswählen. Hat man das hinter sich, stehen die 16 beleuchteten Taster für je ein Event im Loop, d.h. für eine Note, die erklingen soll. Angelehnt an das klassische Layout von Drummachines wie dem TR 808 wird so festgelegt, welche 16tel in einem Takt erklingen sollen (oder z.B. Viertel in einem 4-Taktigen Loop). Die Schieber darunter (in zwei Ebenen organisiert, 1-8 und 9-16) legen dann Note, Anschlagsstärke oder Dauer fest. Die LEDs in den Knöpfen leuchten dabei wie ein Lauflicht während der Wiedergabe (während derer man simultan in die Programmierung eingreifen kann) auf und zeigen einem optisch an, wo im Loop man sich gerade befindet.

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Das Erstellen eines Drumgrooves z.B. geht so unspektakulär und flott von der Hand, auch wenn man sich bei der Zuordnung der Noten mittels der Schieber weitestgehend im Blindflug bewegt, weil im Display nur wenig Information zu sehen ist. Wer es genauer haben will, sollte gerade bei Drumtracks ggf. doch das Menü öffnen und die Notenzuordnung für exotische Belegungen mit Displayunterstützung vornehmen. Immerhin lädt dieser Aufbau schön zum Experimentieren ein und mit einem kleinen Schubs am Schieber hat man ruck zuck einen ganz anderen Charakter in seinen Groove gebracht.

Die feste Rastereinteilung birgt natürlich auch Nachteile – aber immerhin kann man dem ganzen Loop einen einstellbaren Swing/Shuffle mitgeben, und die Grundnotendauer des Rasters lässt sich pro Part festlegen – es spricht also nichts dagegen, die Drums im 16tel-Groove durchtackern zu lassen und eine Basslinie gleichzeitig auf Viertelbasis über vier Takte zu verteilen. Wem dann die Events pro Loop noch nicht reichen, greift auf den Chain-Mode zurück, wo man eine Folge von Step-Sequencer-Linien hintereinander hängen kann.

Alles in allem kann festgehalten werden: Bei den verschiedenen Sequencer-Modi ist Casio den einzig richtigen Weg gegangen – wir reden nicht von einer High-End-Maschine, sondern von einem Budget-Synthesizer. Also hat man sich hier konsequenterweise auf das wesentliche konzentriert und diese Spielhilfen schlicht, funktional und übersichtlich gehalten. Obwohl es natürlich immer Verbesserungspotential gibt, habe ich eigentlich in diesem Bereich auf Anhieb nichts wesentliches vermisst. Vielleicht hätte man dem Step-Sequencer statt eines starren 16er Rasters lieber 16 einzelne Events mit jeweils frei einstellbarer Notenlänge spendieren sollen. Das hätte mehr Flexibilität ergeben, wäre aber andererseits auf Kosten der intuitiven Programmierung gegangen. Unterm Strich also ein positives Fazit.

A Propos Fazit: Damit geht es dann im nächsten und letzten Teil weiter.
 
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Beim XW-P1 fragt man sich unwillkürlich, welche Zielgruppe Casio mit dem Gerät ansprechen will. Sicher: zunächst mal ein Publikum mit begrenztem Budget – den Vorreitern des Workstation-Segments kann und will dieses Gerät sicher nicht die Stirn bieten. Den klassischen Bandkeyboarder erreicht dieses Gerät trotz seiner Auslegung auf die namensgebende "Performance" nicht – zu groß sind da die Schwächen im "Brot und Butter"-Bereich, namentlich die PCM-Sounds.

Aufgrund von Optik, dem Fokus auf Leadsounds und Synths im Allgemeinen und der durchaus (im Rahmen des Budgets) gelungenen Sequencer-Sektion tendiere ich dazu, den XW-P1 am ehesten im Bereich Elektro, Trance, Dance und Co. anzusiedeln – vielleicht noch in musikalischen Bereichen, wo der Synth lediglich eine Nebenrolle spielt (ein gelegentliches Synth-Solo im Metal... ) oder in Progressive-Bands – sowas in der Art. Zwar ist der Sound dafür eigentlich nicht analog genug, aber er bringt einen gewissen eigenen Charakter mit.

Die Optik ist typisch Casio, darüber lässt sich aber bekanntlich nicht streiten. Sie ist, wie das ganze Gerät, eben eckig, sperrig und polarisierend. Mit der Tatstatur hat Casio tatsächlich einen gelungenen Kompromiss gefunden. Das Handling insgesamt geht für den Preis in Ordnung – fehlende Anschlüsse für ein Expressionpedal und das viel zu kleine Display allerdings nicht. Wer sich seinen Soundpark überwiegend aus iPad und Co. holt, findet im XW-P1 womöglich einen guten Partner, der mit einer passenden Ablage, der Tastatur und einer passablen Anzahl an Real-Time-Controllern glänzen kann.

Soundmäßig ist der Bereich PCM zu dürftig – immerhin das Klavier ist OK, aber danach ist schnell die Luft raus, das ist nicht mehr zeitgemäß. Die Orgel ist in meinen Augen komplett durchgefallen – wer sowas wie eine Zugriegel-Sektion anbietet, muss ein gewisses Mindestniveau halten. Und dazu gehört definitiv eine zumindest als brauchbar zu bezeichnende Leslie-Simulation.

Der Solo-Synth ist – wie schon gesagt – eigen, aber nicht uninteressant. Kein klassischer VA, aber mit vielen Möglichkeiten, die es zu entdecken gilt. Ob die zwar logisch aufgebaute, aber mühsam zu bedienende Menüstruktur dabei hilft, ist fraglich. Aber hey: so 80er, wie der Synth daherkommt, ist das Menü gegenüber dem DX7 und seinen Verwandten ein echter Fortschritt ;)

Den Hex-Layer-Modus hätte man sich eigentlich sparen können, zumal wildes Schichten von vielen Sounds bei einer derart begrenzten Polyphonie zu schnell an Grenzen stößt. Dafür hat Casio mit dem Arpeggiator und den Sequencern in ihrer einfachen Art ziemlich genau ins Schwarze getroffen.

Unterm Strich muss man leider sagen: Viele gute Ideen sind nicht richtig zuende gedacht worden. Das Konzept an sich besticht eigentlich - "all in one" zu einem vernünftigen Kurs. Und ich bin sicher, das wäre auch umsetzbar gewesen, wenn man sich an ein paar Stellen aufs Wesentliche konzentriert hätte. Aber für das Jahr 2012 hätte man – auch zu dem Preis – irgendwie an vielen Stellen mehr erwartet.

Bleibt die Frage: Kommt da noch was von Casio? Ist das ein Testballon für ein Comeback? Wenn da noch an einigen Stellen nachgebessert wird, könnte das tatsächlich interessant werden...


In diesem Sinne, Danke für's Lesen und die Geduld – die Diskussion ist eröffnet :)
 
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Jens, ich finde, Du hast es neutral und objektiv top untersucht. :great:

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Aufgrund von Optik, dem Fokus auf Leadsounds und Synths im Allgemeinen und der durchaus (im Rahmen des Budgets) gelungenen Sequencer-Sektion tendiere ich dazu, den XW-P1 am ehesten im Bereich Elektro, Trance, Dance und Co. anzusiedeln

.... Hm, ja aber auch nur in mageren nicht kommerzfähigen Trance-Sounds. Wer Dance und Trance machen möchte, empfehle ich eher Roland Fantom + Nexus.
Dieser Vergleich ist aber derbe ungerecht, weil letzteres auch viel mehr kostet.
 
...dazu muss ich vielleicht erwähnen, dass ich ich mit der Art Musik nicht so wahnsinnig viel anfangen kann und daher nur die grobe Richtung im Auge habe. Das mögen andere tatsächlich besser beurteilen können.

Wer allerdings (egal in welcher Musikrichtung) "kommerzfähig" sein will (im Sinne eines professionellen Equipments) ist in der preislichen Liga ohnehin nicht gut bedient. Aber es fängt ja jeder mal klein an ;)
 
Hi Jens,

habe deinen Testbericht mit Interesse gelesen. Als Keyborder will ich mir auch einen preiswerten Synthy zulegen. Da kam mir der XW-P1 gerade recht, zumal er mit dem Step Sequenzer auch Eigenschaften eines KB aufweist. Zumindest kann man mit ihm auch schon mal ohne den Begleitrythmen eines KB spielen. Leider habe ich aber gerade hier einen Pferdefuss gefunden. Wie du schon bemerkt hast, sind vorallem die Sample Sounds mit unterschiedlicher Latstärke programmiert. Manche wie die Klavieresounds sind so schwach, dass sie sich gegen die Begleitpattern nicht behaupten können. Bei einem KB kann man hier wenigsten die Lautstärke der Styles verringern und die Gesamtlautstärke anheben. Das scheint beim Casio nicht der Fall zu sein. Ich habe jedenfalls keine Möglichkeit dazu gefunden. Das verhindert eine vernünftige Lautstärkeanpassung im Sequenzermodus und somit eine entsprechende Darbietung. Wenn ich überlege wie oft ich bei meinem KB diese Einstellung vornehmen muss, ist dieser Fauxpas beim Casio unverzeihlich und somit m.E. no go. Was ist deine Meinung dazu, auch wenn du es momentan nicht testen kannst? Anhand des Manuals ist aber zu ersehen dass kein Parameter dafür vorgesehen ist.

Gruss
Michael
 
Hi, danke für den genialen ausführlichen Test.
Kannst du zufällig etwas über den XW-P1 im vergleich zum Korg PS60 sagen?
Interessieren würde mich vorallem der Hex-Layer vergleich.
Die Sound Editierbarkeit
Und derr Vergleich der Natursounds / Orgel / Drumkits.

Wäre schön wenn jemand weitere infos hätte.
Welche alternative zum XW-P1 würdet ihr empfehlen? (ähnlicher Preis bereich)
 
Bei einem KB kann man hier wenigsten die Lautstärke der Styles verringern und die Gesamtlautstärke anheben. Das scheint beim Casio nicht der Fall zu sein. Ich habe jedenfalls keine Möglichkeit dazu gefunden. Das verhindert eine vernünftige Lautstärkeanpassung im Sequenzermodus und somit eine entsprechende Darbietung. Wenn ich überlege wie oft ich bei meinem KB diese Einstellung vornehmen muss, ist dieser Fauxpas beim Casio unverzeihlich und somit m.E. no go. Was ist deine Meinung dazu, auch wenn du es momentan nicht testen kannst? Anhand des Manuals ist aber zu ersehen dass kein Parameter dafür vorgesehen ist.
Das gesamte Begleitpattern mit einem Parameter leiser, das scheint nicht zu gehen. Du kannst aber natürlich alle Spuren, aus denen das Pattern besteht, entsprechend leiser machen, bis es passt... Oder ich verstehe gerade die Problematik nicht so ganz... !?


Hi, danke für den genialen ausführlichen Test.
Kannst du zufällig etwas über den XW-P1 im vergleich zum Korg PS60 sagen?
Nein, kann ich leider nicht, weil ich den PS60 nicht kenne... Sorry.
 
Das gesamte Begleitpattern mit einem Parameter leiser, das scheint nicht zu gehen. Du kannst aber natürlich alle Spuren, aus denen das Pattern besteht, entsprechend leiser machen, bis es passt... Oder ich verstehe gerade die Problematik nicht so ganz... !?

Immerhin habe ich es jetzt geschafft, die kpl. Begleitung mithilfe des Mixers herunter zu regeln. Das ist allerdings derart umständlich, dass es dazu 5 veschiedene Schritte in der Menüsteuerung bedarf. Da der Performance-Synthesizer aber vielfach mit dem Stepsequenzer als Begleitung verwendet wird und diese ständig nachgeregelt werden muss, ist dies alles andere als bedienungsfreundlich. Ebenso könnte ich auch die Einstellung der Touchstärke nennen, die ebenfalls mit mehrern Untermenüs mühsam eingestellt werden muss, und dies bei jeder Änderung des Sounds. Das ist nicht nur umständlich, sondern m.E. ärgerlich und sollte unbedingt nachgebessert werden. So zieht sich die komplizierte und umständliche Bedienung wie ein roter Faden durch die Bewertung des Instruments. So sehr ich die vielseitige Verwendung gegrüsse, machte es diese auch schwer sie anzuwenden. Wer wie es sich bei einem Synthie geziemt, viel einzustellen hat, wird diese Tatsache auf Dauer verärgern. Das haben auch einige Tester inzwischen erkannt und bemängelt.
 
Wer wie es sich bei einem Synthie geziemt, viel einzustellen hat, wird diese Tatsache auf Dauer verärgern.
Das ist sehr schade! Besonders bei kleinen und großen Parametermonstern, wie es Synthesizer nunmal sind, ist das wichtigste ein logisches und möglichst intuitives Bedienkonzept...
 
Das ist sehr schade! Besonders bei kleinen und großen Parametermonstern, wie es Synthesizer nunmal sind, ist das wichtigste ein logisches und möglichst intuitives Bedienkonzept...

Deswegen habe ich mir noch einen anderen Synthie gekauft, den brandneuen MX49 von Yamaha. Dieser legt besonderen Wert auf einfache Bedienung und ist wesentlich besser zu handhaben. Allerdings fehlen ihm einige Features die den Casio auszeichnen. So der Step-Sequenzer und der hervorragende Arpeggiator. Dafür kann der MX49 mir seinem AP auch Song Pattern erzeugen, die wiederum den Sep-Seq. ersetzen. Beide Geräte haben ein völlig unterschiedliches Bedien- und Funktionskonzept. Demzufolge fällt es mir anfangs schwer mich da hinein zu finden. Der Casio ist allerdings derart komplex dass man ihn nicht auf einmal verstehen kann. Nur nach und nach erschliesst sich einem sein Potenzial. Deswegen schätze ich ihn trotz seiner erschwerten Bedienung und benützte ihn weiter als Ergänzung meines Geräteparks.
 
Also bei dir klingt das teil echt bescheiden. Was meinst du, haben die dann ein extra Hallgerät dran ?. Hier klingt das teil spektäkular und ist innovativ und auch der Hall klingt gut. Eins muss man Casio lassen, sie bauen neues, innovatives, während sich bei den andren ausser an bessre Naturklang kaum was tut.

https://www.youtube.com/watch?v=mCe8V7njBLM

Mich würde mal interessieren, kann man mit dem arpeggeiator, (Pattern) sequencer, und den Reglern auch externe Synthesizer per Midi Out, oder USB steuern ?. Mir gefällt das Song erstell Bedienkonzept, und für den Preis hat man viele Regler, aber für den Sound würd ich lieber was andres nehmen. ODer solche Sequencer im sowas in Korg, Roland, oder Yamaha.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also bei dir klingt das teil echt bescheiden. Was meinst du, haben die dann ein extra Hallgerät dran ?. Hier klingt das teil spektäkular und ist innovativ und auch der Hall klingt gut.
Nun ja... mit der passenden Hallsuppe kann man natürlich so ziemlich alles spektaktulär klingen lassen, deswegen wird daran in Demo-Presets auch selten gespart. Man kann allerdings den Grundklang damit immer schlechter beurteilen, deswegen habe ich in meinen Beispielen weitestgehend darauf verzichtet.

Alles in allem klingt der XW im Video genauso, wie ich ihn in Erinnerung habe - auch der Hall könnte durchaus aus den Onboard-Effekten stammen. Der XW spielt in den Beispielen in dem Video m.M.n. genau seine Stärken aus - wer einen echten Synth sucht und keine Orgel oder GM-Sounds braucht, sollte den in Betracht ziehen.

Der Verkäufer spricht allerdings ein paar mal von "echt analog" statt "PCM" - da wäre ich vorsichtig. Alles, was die technischen Daten und das Manual hergeben, spricht eigentlich eine andere Sprache. Egal, wenn es klingt, wie gewünscht, ist der Rest Nebensache.

Mich würde mal interessieren, kann man mit dem arpeggeiator, (Pattern) sequencer, und den Reglern auch externe Synthesizer per Midi Out, oder USB steuern ?. Mir gefällt das Song erstell Bedienkonzept, und für den Preis hat man viele Regler, aber für den Sound würd ich lieber was andres nehmen. ODer solche Sequencer im sowas in Korg, Roland, oder Yamaha.
Puh, da fragst du mich was - habe ich nicht probiert. Das Handbuch gibt es online: http://www.support.casio-europe.com/de/download/manuals/emi/Web_XWP1-G-1B.pdf , vielleicht steht dazu was drin...
 
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