Laufzeitunterschiede zw. Haupt- undi Stützmikrofonen ... zB am Drumset

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Im Zusammenhang mit Schlagzeug aufnahmen wird oft über Phasen-Probleme geredet.

Seit ein paar Tagen drehen sich meine Gedanken allerdings um die Frage, wo es denn echte Phasenprobleme am Schlagzeug überhaupt gibt. Vorweg sei noch gesagt, dass es mir um einen natürlichen Drum-Sound geht und nicht um einen künstlerisch gestalteten (bei dem dann natürlich alles erlaubt ist, was gut klingt und gefällt).

Der beliebte mit "Phase" betitelte Knopf am Pult/Preamp dreht die Phase um 180° bzw. invertiert die Polarität des Signals. Dieses Feature macht Sinn, sofern man zwei offenkundig gegenphasige Signale mischen möchte. (zB Snare oben+unten)

Aber folgende Situation:

Ein Drumset ist mit zwei Overheads (Hauptmikrofon zB. ORTF System) und je einem Stützmic an Snare und Bassdrum mikrofoniert und alle Spuren werden logischerweise syncron aufgenommen. Jetzt wirds spannend. Wo können Phasenprobleme auftreten? Ich selbst erkenne erstmal vordergründig Laufzeit-Unterschiede. Die Snare ist auf ihrem Stützmikrofon natürlich ein paar Millisekunden eher zu hören als auf den Overheads. Selbiges betrifft die Bassdrum.

Im Mix werden bestimmte Frequenzen jetzt ausgelöscht, die nun gerade um 1/2+n Wellenlängen versetzt die Mikros erreichen. Das ist aber ein Laufzeit-Problem und hat mit Phasen meines Erachtens nach nichts zu tun. Betätigen der Phase-Reverse-Taste bringt nur, dass sich eben andere Frequenzen auslöschen -was möglichweise subjektiv besser klingt. Wenn ich jetzt die Spur des Stützmikrofons aber einfach ensprechend später abspiele müsste das Problem eigentlich verschwinden. Oder, Denkfehler? :gruebel:

In anderen Threads wurde an dieser Stelle oft (und teilweise etwas ruppig) auf Verständnis-Defizite zum Thema Phasenverschiebung hingewiesen. Mir ist klar, dass eine Phasenverschiebung frequenzabhängig ist und es deshalb teure und aufwändige 19"-Kästen oder Plug-Ins gibt, die "echte" Phasenverschiebung bieten. Aber hier ist doch garnichts "echt" phasenverschoben!?:confused:

Das ist zugegeben alles relativ theoretisch, aber bevor ich Musiker und Homerecorder wurde, habe ich zwei Jahre Physik studiert und solche ungeklärten Fragen nagen an meiner geistigen Verfassung. ;)
Wer diesen Post bis zum Ende gelesen hat ist sicher auch nerdig genug um meine Frage zu beantworten. :D

Gruß,
Chaos.Klaus

edit: um missverständnissen vorzubeugen: phasenunterschiede will ich ja schon haben, aber eben nur nützliche ... zb für das Overhead-Stereosystem. Ich will mir nur nicht mit meinen Stützmirkos den Raumeindruck der Overheads kaputt machen.
 
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Laufzeitunterschiede ergeben doch Phasenverschiebungen.
 
Hi chaos.klaus!

Und gleich mal großes Lob, nur wenige Leute wissen was den überhaupt Phase ist und werfen daher lieber mit dem Begriff Phasenschweinereinen um sich, anstatt sich mal -so wie du- hin zu setzen und sich ordentlich darüber gedanken zu machen!

Und du hast theoretisch vollkommen recht, es gibt nicht nur "in-phase" und "gegen-phase" sondern auch frequenzabhängige phasenbeziehungen die durch Laufzeitunterschiede entstehen.

Dein Ansatz mit dem delay (spuren verschieben) ist gold richtig. Wird bei einigen Produtkionen sogar angewand. Stell dir ein großes Orchester vor.. wenn man da nicht ausgleich, hört man das delay sogar schon! (Mal abgesehen, davon, dass Stützen eher nach dem Hauptmic signal kommen sollten um dessen richtungsinfo nicht zusehr zu übertönen)
Allerdings beginnt die Praxis genau beim 4. Mic.
Wenn du nun die Snare entsprechend nach hinten verschiebst, wie machst du dann mit der 3. Tom.
Diese befindet sich ja ca. gleich weit von den OH-mics weg -> ca. gleiche verzögerung, aber zwischen Snare und Tom ergeben sich ja auch Laufzeitunterschiede.
Man sieht, ganz kommt man um Kammfiltereffekte nicht rum.

Auch das berühmte Snare oben/unten bsp. ist eigentlich viel komplexer als vielfach vermutet.
Hast du schon mal was von Besselfunktionen gehört? (ernst gemeinte Frage)
Es gibt Ansätze schwingende Membranen (wie zB. die Snarefell) durch selbige zu simmulieren, alles andere als freundliche Zeitgenossen..
Zumal zwischen den beiden unterschiedlich beschaffenen, gespannten und teilweise noch behängen Fellen noch ein Luftvolumen ist welches als Feder wirkt..
-> so einfach mit standardmäßig Phase drehn sollte man es sich nicht machen.
Hingen hab ich es schon oft erlebt, das Mics unterschiedlich gepolt waren, und in diesem Fall ergibt ein Phaseninvertieren natürlich Sinn.

Lg Jakob

Edit:
Laufzeitunterschiede ergeben doch Phasenverschiebungen.
Ja aber (leider) freuquenzabhängige. Welche alles andere als leicht handzuhaben sind.
 
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Hallo 13.Melody.

Kann das Lob nur zurückgeben. Ich habe so schnell fast nicht mit einer qualifizierten Antwort gerechnet. :]
Danke erstmal für die Bestätigung.

zwischen Snare und Tom ergeben sich ja auch Laufzeitunterschiede

Das kam mir auch schon in den Sinn. Allerdings ist das Übersprechen zwischen den Stützen "relativ" gering und der Kammfilter daher nicht so tief. Die Pegel von Stütze und Hauptmikrofon liegen jedoch in ähnlicher größenordnung, weshalb ich das Problem als größer eingestuft habe.

Kompliziert wirds mit einer Floortom-Stütze bei Äquivalenz- oder Laufzeitstereophonie, da man sie quasi für L- und R-Kanal verschieden verzögern müsste, um die Interchannel-Laufzeitdifferenz für's Panorama zu erhalten. *uff*

So. Und nun zur Bessel-Fkt.:

Da weiß ich gerade nichtmehr so genau bescheid. Ich nehme jetzt mal an, dass die Besselfunktion etwas darüber aussagt, wie sich die mechanische Welle auf zB. dem Schlagfell ausbreitet. (aber nur die radiale komponente?! o_O) Es gibt dort ja bestimmte Schwingungs-Moden die angeregt werden. Die verschiedenen Partialschwingungen machen sich ja Drummer auch soundmäßig zunutze indem sie das Fell an unterschiedlichen Stellen anregen (hauen). Wenn ich jetzt mit einer Stütze nah mikrofoniere, dann werde ich wohl unweigerlich bestimmte Ausschnitte dieser komplexen Schwingung bevorzugt aufnehmen. Die Overheads hingegen nehmen eine viel gleichmäßigere Summe all dieser Partialschwingungen auf. Deswegen sind OH und Stütze wahrscheinlich sowieso nur zum Teil korelliert, was das Laufzeit-Problem eigentlich etwas entschärft, gleichzeitig das Blending verschlechtert.

Wow. Die Nummer ist ja mit zwei Mikros schon wahnsinnig kompliziert. ;)

Bei sovielen Fehlerfaktoren, die noch dazu schwerer abzuschätzen sind als die Laufzeitdifferenz, muss man wie du schon sagst wohl mit dem ein oder anderen Kammfilter leben.

Gruß!
 
Kann das Lob nur zurückgeben. Ich habe so schnell fast nicht mit einer qualifizierten Antwort gerechnet. :]
Danke erstmal für die Bestätigung.
Danke, ich gebe mir Mühe. :)

Das kam mir auch schon in den Sinn. Allerdings ist das Übersprechen zwischen den Stützen "relativ" gering und der Kammfilter daher nicht so tief. Die Pegel von Stütze und Hauptmikrofon liegen jedoch in ähnlicher größenordnung, weshalb ich das Problem als größer eingestuft habe.
Das ist wieder ein wichtiger Punkt.
Ich würde sogar sagen, eine typische Aufgabe für jeden Aufnahmetechniker. Deshalb kommen ja auch nur richtende Mics zum einsatz. :)
Auch mit Gates kann man sich behelfen.. oder beim Orchester (bei längeren Passagen) mit automation, oder einfach freischneiden (zb. tom spuren).
Aber du hast klarerweise recht zwischen den Stützen sollte das Problem weitaus geringer sein und damit vernachlässigbar werden.

Kompliziert wirds mit einer Floortom-Stütze bei Äquivalenz- oder Laufzeitstereophonie, da man sie quasi für L- und R-Kanal verschieden verzögern müsste, um die Interchannel-Laufzeitdifferenz für's Panorama zu erhalten. *uff*
neee.. da würd ich die ganze Sache vermutlich so und so anderes angehn..
Weil das führt schnell zu blöden Problemen. (s.o.) :D
Anstatt alles auf eine Zeitebene zu bringen kann man auch Stützen bewusst hinter das Hauptmikrofon setzen. Ob das bei einem Drumset die richtige Lösung ist bin ich mir nicht sicher.. aber diese Methode gibt es auch.
Damit versucht man die Stützen als erste Reflexionen zu betrachten und somit vom typischen Kammfilter-phenomän zu entkoppeln.

So. Und nun zur Bessel-Fkt.:

Später.. ich muss weg.. Meld mich morgen wieder!

Lg Jakob
 
Damit versucht man die Stützen als erste Reflexionen zu betrachten und somit vom typischen Kammfilter-phenomän zu entkoppeln.

verdammt ... jetzt bin ich aber wirklich heiß. :great:
dann müsste man die stützen dann vom timig aber noch vor der echten ersten reflektion positionieren?

Erwarte brennend deinen nächsten Post.

Gruß.
 
Später.. ich muss weg.. Meld mich morgen wieder!

Sinn meines Verweisens war eigentlich weniger das konkrete eingehn auf die Mathematik dahinter..
Deine Punkte treffen alle zu, ich will da aber auch garnicht weiter eingehn, zumal ich zugeben muss nicht total fit zu sein wenns jetzt um die konkrete mathematische Beschreibung von Membranen geht.
Es sollte viel mehr ein plakatives Beispiel sein um aufzuzeigen, wie viel komplizierter diese "Phasenschweinerein" schon bei diesem typischen, fast schon klassischen, Beispiel der Snaredrum Mikrophonierung sind, als oft angenommen!
Ich hatte gehofft du kannst dir ungefähr vorstellen was da dahinter steht.. (du hast mich ja auch nicht enttäuscht ;) )
Auf der Uni spricht man einfach aus einer anderen Sicht über solche Themen, und so wie der Tontech davon dann nix versteht, so gehts dem Akademiker bei den Praktiken. ;)

Aber zurück zum Thema:
dann müsste man die stützen dann vom timig aber noch vor der echten ersten reflektion positionieren?
Eigenlich nicht umbedingt..
Das Model dieser Zeitlichen verschieberei würde eher ein einbetten aller Stützmics in mitten der ersten Reflexionen vorsehen.
Die Raummics werden dafür dann eher wieder nach vorne gehort (bzw. ALLES andere einfach verzögert).

Unser Gehör summiert / integriert :p die akustischen Ereignisse über einen gewissen Zeitbereich. Bei Musik spricht man ca. von 80msec.
Innerhalb dieser Zeit spielt es dann für den Lautstärkeneindruck eigentlich keine Rolle wann die Reflexion(en) kommt/en.
Allerdings kann man mit dieser Zeit natürlich dann auch spielen.

Ich hab damit jetzt nicht so viel Erfahrung gesammelt bisher, aber ein Bsp kann ich bieten:
Gesang mit Klavierbegleitung. Mittelgroßer Saal, ORTF, und 3 Stützen (Klavier Disk/Bass, Gesang).
Der Gesang war leider entwerder zu laut, oder zu indirekt.. Ich hab dann die typische delayzeit von 650samples (ca 5m) bei einem Abstand von 3-4 meter zum Hauptmic auf 550 reduziert und auf einmal hatte ich das Gefühl, der Sänger wandert bei gleicher Lautstärke heraus..
War für mich echt ein ziemliches Erlebnis.. ;)

Aber gerade dieses Bsp zeigt auch wieder: wir haben die reflexion einfach mal 2-6msec hinter das hauptsignal gelegt. Klar treten da eigentlich Kammfilter auf.
Vielleicht war das auch nur der Effekt welchen ich beobachtet hatte -> weniger Kammfilter. Man hätte die Stütze ja auch um 2000 samples verzögern können.. (keine ahnung warum ich das nicht getan hab.. es war auch eine gruppenarbeit, -> alles eher chaotisch)

Konkret dazu kenne ich allerdings weder tipps noch nogo's... Hauptsache das Ergebnis gefällt zum schluss. :)
Wenn man mit diesen Dingen noch wenig Erfahrung hat, dann hört man da auch so gut wie keinen Unterschied (etwas was mMn auf viele Homerecorder zutrifft, mich eingeschlossen).

Lg Jakob
 
Interessante Diskussion. Hier gab's schonmal einen ausführlichen Thread mit teils hochkompetenten Beiträgen:

https://www.musiker-board.de/pa-plauderecke-pa/409372-phasenumkehr-vs-polaritaetsumkehr.html

Mit von der Partie war auch Tonmeister-Guru Eberhard Sengpiel, der hier allerdings von den Usern 13. Melody und Carl etwas "zerlegt" wurde, und zwar, wie sich das für mich mit meinen begrenzten Kenntnissen darstellt, auch zu recht.

Ein entscheidendes Statement von Carl:

Phasenverschiebung (allg.) ist keine Verpolung, aber eine Phasenverschiebung aller Fourierkomponenten um 180° (Pi) entspricht einer Verpolung. Das lässt sich mathematisch nachweisen.
Nichtsdestotrotz ist es für das Verständnis der Materie imho hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, was Sengpiel meint, wenn er sagt:

Phasenverschiebung ist keine Verpolung
Was die Praxis angeht ist, bei Tonmeistern & Co. das Thema "Verzögerung der Stützmikrofone" umstritten, sowohl, was das ob, als auch das wie angeht. Dabei geht es aber weniger um klangbeeinträchtigende Laufzeit- und Phasenprobleme sondern vorwiegend um den Einfluss auf die Lokalisation und Räumlichkeitseindruck (wohl weil die Stützen nicht genug Pegel haben um sich in der hier diskutierten Richtung störend auszuwirken).

Vertreter der "Verzögerer" behaupten, dass das Panning einer "hinter" das HM verzögerte Stütze keinen Einfluss auf die Lokalisation hat, sondern dass alleine das HM die Lokalisation bestimmt (Stichwort "Präzedenz-Effekt") . Das mag stimmen, aber so allgemein wohl eher nur für "richtige Stützen" stimmen, die relativ leise zugemischt werden. Ob man da die typische Schlagzeug-Mikrofonierung, wo die "Stützen" ja eher gleichwertig zugemischt werden oder sogar dominieren, vergleichen kann...?

Ich glaube es lassen sich was diese Effekte angeht nur schwer allgemeingültige Regeln aufstellen, weil zu viele Faktoren zusammenspielen und sie auch erheblich von der Art des Signals abhängen. Da hilft wohl oft nur viel ausprobieren und den richtigen Kompromiss finden. Es kann aber imho nur gut tun, bei Experimenten mit Erzeugung oder Kompensation von Laufzeitunterschieden, immer auch hinzuhören, ob und welchen Einfluss sie auf Lokalisation, Räumlichkeitseindruck, etc. haben. Es könnte z.B. passieren, das die Snare plötzlich zwar "gesünder", räumlich integrieter oder sonstwie "besser" klingt, aber plötzlich von rechts kommt, was meistens im Rock- und Pop-Kontext unerwünscht ist. Wir wollen hier ja die Lokalisations-"Cues" des OH oft gar nicht.

Grundsätzlich wird die Möglichkeit mit Laufzeitausgleich oder "echter", frequenzunabhängiger Phasendrehung zu arbeiten immer noch grob unterschätzt. Klar, in analogen Zeiten war das schlicht praktisch unmöglich, deshalb taucht das Thema in der "alten Schule" (die heute immer noch weit verbreitet ist) nicht auf. Heute ist es aber lächerlich einfach, schnell mal eine Spur um ein paar Millisekunden zu verzögern und oft ist das viel effektiver als sämtliches "Rumgeschraube" bzw. ermöglicht Ergebnisse und "gesunde" Signale, die anders einfach nicht hinzukriegen sind.

Einfaches Beispiel: Ein Gitarrenamp, der mit zwei Mikros abgenommen wird, die je einen unterschiedlichen Abstand zum Amp haben. Beide klingen für sich genommen gut, man möchte sie kombinieren. Das funktioniert dann nicht, die Summe ist hier "weniger als die Teile". Dann geht's meist los mit mit Rumgedoktere: Polaritätsumschalter, EQ, bis hin zu Kompressor und Schmarrn. Was natürlich alles nicht das bringt, was es soll. Ein einfacher Ausgleich der Laufzeitunterschiede und schon hat man das "beste beider Welten".
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Hallo UranusEXP,

willkommen in unserer illustren Runde. :]

Die genaue zeitliche Positionierung der Stützen erfordert sicher eine Menge experimentieren. Das fällt ja dann unter Psychoakustik, worüber ich ehrlich gesagt gar nicht fundiert reden kann. Ich könnte mir vorstellen dass das Schlagzeug ein Spezialfall ist, da die Signale ja sehr Perkussiv sind. Zusätzlich ist besonders nahe Mikrofonierung üblich. (im Gegensatz zu zB Streicher-Stützen in Orchestern)

Der Thread zum Thema Phase/Polarität enthält viele wichtige Aussagen. Ich muss mich auch der Meinung anschließen, dass Sengpiel an dieser Stelle ausnahmsweise nicht Recht hat. Eine Phase zu verschieben hat mit einer zeitlichen Verschiebung nichts zu tun ... es kann nur in Spezialfällen genauso aussehen. Hingegen ergeben Verpolung und 180° Phasendrehung (in jeder einzelnen Furier-Komponente) tatsächlich das selbe Ergebnis. Der Stolperstein liegt darin, was man darunter versteht eine Phase zu "drehen/verschieben".

Grundsätzlich wird die Möglichkeit mit Laufzeitausgleich oder "echter", frequenzunabhängiger Phasendrehung zu arbeiten immer noch grob unterschätzt.

Diese Möglichkeiten würden mich sehr interessieren. Wo erhalte ich denn bei der Aufnahme Signale, die tatsächlich um einen konkreten Betrag phasengedreht sind? Die klassische snare oben/unten-Geschichte ist bei näherer Betrachtung ja auch ein Polaritätsproblem ... oben und unten ist getauscht. Selbst andere Mikrofonwinkel ändern daran doch nichts.

Ich folgere erstmal für die Praxis: Die meisten Probleme die auf die Phase geschoben werden, hängen tatsächlich mit Laufzeiten zusammen. Man muss Laufzeit-Probleme klar von Phasen-Problemen trennen und jeweils die entsprechend nötigen Korrekturen vornehmen!

Gruß.
 
Wo erhalte ich denn bei der Aufnahme Signale, die tatsächlich um einen konkreten Betrag phasengedreht sind? Die klassische snare oben/unten-Geschichte ist bei näherer Betrachtung ja auch ein Polaritätsproblem ... oben und unten ist getauscht. Selbst andere Mikrofonwinkel ändern daran doch nichts.

Siehst Du, hier enden auch schon meine Fähigkeiten, nicht vorhandene Kompetenzen vorzutäuschen. ;)

Aber mal intuitiv-heuristisch:

Oft reduziert die Theorie ja Schallquellen auf Punktschallquellen, die in der Praxis nicht vorkommen. Wenn Du z.B. eine akustische Gitarre (zwangsläufig in einem echten Raum, mit akustischen Eigenschaften) mit zwei Mikros (aber Mono) aufnehmen willst, können da sicher wildeste Phasenbeziehungen entstehen, die nicht so einfach vorhersehbar sind wie die, die bei einem einfachen Laufzeitunterschied entstehen. Ich habe auch 13. Melodys Hinweis auf Besselfunktion, Snaremembran, auch als Hinweis in die Richtung verstanden, dass es eben bei tatsächlichen akustischen Ereignissen nie ein einfaches Polaritätsproblem sein kann. Eine natürliche Situation, wo auf rein akustischem Wege ein Phasenwinkel entsteht, der über den gesamten Frequenzbereich gleich ist, dürfte natürlich nie vorkommen.

Das würde bedeuten, dass in der Praxis keiner der beiden Lösungsansätze perfekt sein kann, es aber wahrscheinlich ist, dass einer besser funktioniert als der andere. In der Praxis ist das imho auch irgendwann nicht mehr von so großer Bedeutung, selbst wenn man es komplett verstünde, wirklich vorhersehbar wird es deshalb auch nicht, das Geschehen ist viel zu komplex und chaotisch. Man probiert dann halt letztlich aus, was funktioniert besser: Laufzeitverzögerung (= frequenzabhängige Phasenverschiebung) oder frequenzunabhängige Phasenverschiebung. (Wer's ganz bunt treiben will kann dann noch kombinieren und/oder sogar verschiedene Frequenzbereiche unterschiedlich behandeln.) Was dann halt besser funktioniert macht man dann eben. In der Praxis geht es ja imho erstmal um ein möglichst "gesundes" Signal. Da hilft's imho oft, den umgekehrten Weg über die Differenzbildung zu gehen, also die Polarität eines Kanals zu switchen und etwa versuchen, möglichst große Auslöschungen zu erzeugen, dann wieder zurückschalten. Dann hat man eine eindeutige Referenz, die Stille.

Ich folgere erstmal für die Praxis: Die meisten Probleme die auf die Phase geschoben werden, hängen tatsächlich mit Laufzeiten zusammen. Man muss Laufzeit-Probleme klar von Phasen-Problemen trennen und jeweils die entsprechend nötigen Korrekturen vornehmen!

Gruß.
Wie gesagt, ich glaube es ist sehr vorteilhaft, das theoretisch so gut wie möglich zu verstehen, aber in der Aufnahme-Praxis werden die Probleme immer irgendwie zusammenhängen, sofern sie VOR der Aufnahme-Technik entstehen.
 
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So nun hab ich auch wieder ein bisschen Zeit gefunden, immerhin handelt es sich doch um ein eher komplexeres Thema.
Hi UranusEXP! :)
Ich kann dir leider keine Punkte mehr geben :(

Interessante Diskussion. Hier gab's schonmal einen ausführlichen Thread mit teils hochkompetenten Beiträgen:
Oje.. ich hatte eigentlich gehofft diesen Thread nicht mehr so schnell wieder zu sehn.
Nicht wegen des Themas. Sondern weil ich nicht gerade stolz drauf bin, wie ich damals diskutiert hab.
Mein Standpunkt hat sich nicht geändert, aber ich hätts etwas "netter" schreiben können..

Vertreter der "Verzögerer" behaupten, dass das Panning einer "hinter" das HM verzögerte Stütze keinen Einfluss auf die Lokalisation hat, sondern dass alleine das HM die Lokalisation bestimmt (Stichwort "Präzedenz-Effekt") . Das mag stimmen, aber so allgemein wohl eher nur für "richtige Stützen" stimmen, die relativ leise zugemischt werden. Ob man da die typische Schlagzeug-Mikrofonierung, wo die "Stützen" ja eher gleichwertig zugemischt werden oder sogar dominieren, vergleichen kann...?
Das ist def. richtig. Zumal die art des Klangformung welche beim Schlagzeug unternommen wird (zumidnest beim Rock und Pop bereich) alles andere in den Schatten stellt.
Wenn die Stützen wirklich nur leise und verzögert zugemicht werden sollte die Richtung wirklich rein vom HM kommen (manche werfen dann sogar noch einen Hall auf die Stützen..). Vgl. mit frühen Reflexionen, diese kommen ja in der Regel sogar auch ziemlich anderen Richtungen als das Direktsignal.
Allerdings sollte man nicht vergessen, dass die Lokalisation bei Orchesteraufnahmen ganz einen anderen Stellenwert hat, als bei modener "Unterhaltungsmusik".
Selbst Konzertbesucher in den vordersten Reihen können nur schwer einzelne Instrumente orten.
Durch die Menge der Musiker passiert einfach eine ganz natürliche Durchmischung, meines Erachtens ist das auch gut so... Nur sollte man das vielleicht auch im Hinterkopf behalten, wenn man Drum <-> Orchester Mikrophonierung bespricht.

Ich glaube es lassen sich was diese Effekte angeht nur schwer allgemeingültige Regeln aufstellen, weil zu viele Faktoren zusammenspielen und sie auch erheblich von der Art des Signals abhängen. Da hilft wohl oft nur viel ausprobieren und den richtigen Kompromiss finden.
:great: Meine Langzeitverfahrung damit wird wohl erst in langer Zeit da sein, bis dahin heißts ausprobieren und genau hinhören.
Wobei man die Kirche auch im Dorf lassen darf, mir wurde im Bereich der Akusik immer erzählt, das die Relevants wann die Signale innerhalb der ersten 50-80msec kommen gegen 0 geht (zumindest für die Richtungeinschätzung/Lautstärke).
Ein bisschen ist es noch wichtig, ob sie von Vorne oder von der Seite kommen (Erzeugen ein Gefühl von "eingehüllt sein") aber das wars dann auch schon wieder (so grob zumindest).. Die Stützen irgendwo innerhalb dieser Zeit zu legen sollte eigentlich schon mal 80% des maximal machbaren Ergebnisses bringen. Wenn mans noch schafft die Stützen ungefähr an den wirklich passierten ER anzupassen, dann hat man sicher 90% des maximal herausholbaren herausgeholt.

Wir wollen hier ja die Lokalisations-"Cues" des OH oft gar nicht.
Doch ich eigentlich schon..
Wenn man die OH schon auf das hin aufstellt, dann kann man diese sogar gut verwenden.
Ich panne auch meine Tom mics nach den OH. bzw. lehne mich daran an.
Dafür muss ich halt beim Aufstellen gut auf Abstand und Winkel achten.

Wo erhalte ich denn bei der Aufnahme Signale, die tatsächlich um einen konkreten Betrag phasengedreht sind?
Sehr gute Frage. Dazu muss ich eigentlich auch passen. Ich glaube eine verschiebung in ganzen Frequenzbereich um x° gibt es prakatisch nicht. Mir fällt auch kein Beispiel aus der Elektrotechnik ein.
Sicher ist jedoch, das auch akustische Filter (wie zb. Absorber usw) einen Phasengang haben. Analog zu den Eketrischen und mechanischen. Allerdings halt auch immer nur bei einem Teil des Frequenzspektrums und nicht gerade konstant.. :D
Wo man wirklich Phasenunterschiede hat sind bei Oszilatoren (war auch irgendwie klar :rolleyes: ).. Man kann sogar Sin- und Cos-sweeps erzeugen. :p

Die Phase zu invertieren / um 180° zu drehn/ polatität zu tauschen ergibt eigentlich nur bei ganz wenig Fällen wirklich Sinn.
Wenn das Signal wirklich einfach verpolt ist. Sei es das Kabel, oder im Mic.
Wenn die Aufzeichnug "verkehrt" passiert ist. zb. ein Mic vor dem LPS und eines dahinter.
Oder bei 8-Mics die "falsche" Seite zum Signal gesehen hat. Auch bei MS gibts das ja.

UranusEXP hat meinen Hinweis zur Snare auch richtig verstanden:
Ich habe auch 13. Melodys Hinweis auf Besselfunktion, Snaremembran, auch als Hinweis in die Richtung verstanden, dass es eben bei tatsächlichen akustischen Ereignissen nie ein einfaches Polaritätsproblem sein kann.
Genau das ist der Punkt. Das Snarebsp ist zwar änlich dem LSP nur noch viel komplexer, daher würde ich von einer allgemeinen Regel abstand nehemn. Beim LSP hingegen ist das schwingunsverhalten nach vorne und hinten praktisch identisch.

So gesehen gibt es wirklich nur wenige Fälle so es Sinnvoll sein kann die Phase zu invertieren.
Wobei ich wirklich mal bitte einen Versuch mit dem eigenen Mic-fuhrpark durchzuführen:
Alle Mic ca mit gleichem Abstand aufstellen und dann im Zentrum Klatschen oder sonst etwas breitbandiges.. hauptsache es sind auch ein paar tiefe Frequenzen dabei.. Dort kann man dann recht schnell an der Wellenform ablesen ob alles wirklich gleich reagiert.
Also ich war erstaunt, wie zufällig da die Ergebnisse meiner Mics verteilt waren. :eek:

Lg Jakob
 
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Interessante Diskussion... das meiste wurde mittlerweile gesagt und richtig gestellt. :)

Alle Mic ca mit gleichem Abstand aufstellen und dann im Zentrum Klatschen oder sonst etwas breitbandiges.. hauptsache es sind auch ein paar tiefe Frequenzen dabei.. Dort kann man dann recht schnell an der Wellenform ablesen ob alles wirklich gleich reagiert.
Also ich war erstaunt, wie zufällig da die Ergebnisse meiner Mics verteilt waren. :eek:

Hier muss ich aber einhaken:
Wenn du das mit Klatschen machst, was ja doch einer Impulsantwort einigermaßen nahekommt, ist es aber logisch, dass die IRs der verschiedenen Mikrophone unterschiedlich sind! Sonst würden sie ja alle gleich klingen. ;)
Wenn du die Phasenbeziehungen auf Kohärenz testen willst, dann musst du schon ein eher tonhaftes Signal nehmen, das einige Perioden von Sinuskomponenten enthält.
 
Haha, das is klar ja.. :)
Ich will ja auch weniger die Impulsantwort, als vielmehr die "Ausschlagrichtung" des Impulses.
Das kann man natürlich (vermutlich sogar wirklich besser) mit einem Sinus machen, jedoch sollte dieser tieffrequent genug sein um die Abstandsdifferenzen vernachlässigen zu können. Sonst die die ganze Sache fürs Hugo. :redface:
Deshalb mein Impuls, welcher ja hoffenltich ein Druckimpuls ist und daher überall hin die gleiche "Polarität" hat.

Lg Jakob
 
yep. Entweder war mein "Versuchsaufbau" ziemlich fehlerhaft (wobei ich nicht wüsste warum) oder die Mics waren wirklich einfach alle irgendwie angeschlossen.
Es war nämlich auch kein System zu erkennen.

Lg Jakob
 
ich denke eher zweiteres. Oder ist es bei deinen Kabeln nicht unwahrscheinlich, dass ein paar verpolte dabei sind?
Beim Versuchsaufbau kann vieles ausschlaggebend sein: Raumreflexionen, Störgeräusche, Positionierung etc.

Ich hab das kurz mit einem E906 und NT-5 mit Klatschen getestet. Selbst in meinem stark reflektierenden Raum, Mics irgendwie am Tisch gelegt, ist deutlich die Signalkohärenz zu erkennen. Im Bild oben das E906, glattere Kurve da dynamisch mit gröberem Einschwingen. Unten NT-5 deutlich feinzeichnender (kondensator). Den Tieffrequenten Schwingungsverlauf sieht man aber bei beiden deutlich einigermaßen gleichphasig.
 

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Ich seh schon, ich werd um ein nachreichen dieses Versuches nicht rumkommen. ;)
Mal schaun wie es sich ausgeht, ich hab zwar Mics+Interface bei mir, jedoch nur ein XLR Kabel, der Rest liegt beim Kollegen.
Vielleicht geht es sich diese Woche mal aus.

Und ja mir ging es genau um diese koherenz von der du sprichst. Diese war bei meinen Mics irgendwie statistisch verteilt. :D

Lg Jakob
 
hm, manchmal wird man aus dem optischen betrachten von Wellenformen nicht schlauer... man könnte ja mal die Korrelation zwischen den Signalen berechnen. Dann spielen auch zeitliche Verschiebungen keine Rolle mehr. Hast du die Aufnahmen noch? Falls ja kannst du sie mir gern schicken. Oder selber schnell die Kreuzkorrelation in Matlab berechnen :D
aber vielleicht machen wir das in nem neuen thread...
 
Nein hab ich leider nicht mehr.. Nach dem 5 Projekt welches irgendwie "Mic-test" oder einfach nur "test" geheißen hat, hab ich den ganzen haufen einfach mal weg geworfen. Die Waves alleine hab ich so und so nie aufgehalten weil ich damit noch weniger ordung halten kann. :D

Wie gesagt werd ich dazu nochwas nachreichen. Wenn du willst dann auch mit Kreuzkorrelation aus Matlab. ;)

Lg Jakob
 

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