Mico schrieb:
Das Erstaunliche ist nur, dass es das Tonsystem schon gab, bevor man es mathematisch-physikalisch analysiert hat.
Innerhalb der pythagoräischen Stimmung haben sich vor allem zwei Tonleitersysteme entwickelt,
die 5-tönige Pentatonik und die 7-tönige Heptatonik (Kirchentonleitern),
aber auch das ist meiner Meinung nach kein Zufall.
Da in beiden Systemen die Quinten übereinandergelegt werden, hängt von der Anzahl der Töne das Modulationsintervall ab,
also das Intervall um das man einen Ton verschieben muss,
um in die Quinttonart zu wechseln.
Wenn wir z.B. die Quintreihe F C G D A E H haben, dann können wir in die Quinttonart wechseln,
indem wir vorne eine Quinte wegnehmen (das F) und sie hinten dransetzen (das Fis).
Der Unterschied beträgt 7 Quinten = 1 übermäßige Sekunde (1 Halbton + 1 pyth. Komma).
Bei der Pentatonik wäre das entsprechend von C G D A E aus (ich bleib mal bei der Benennung)
5 Quinten = 1 große Septe* (-1 Halbton), wir erhalten G D A E H*.
*eigentlich müsste man hier andere Intervallbezeichnungen verwenden, und das H ist ja hier eigentlich eher ein Ces, da von C abgeleitet)
Bei allen anderen Tonarten ist das Modulationsintervall größer, bei 6 Tönen z. B. hat man einen Tritonus.
Die Folge ist, dass man in anderen Tonarten mit mehr als 3 Tönen nicht vernünftig mit Begriffen wie "kleine Sekunde" arbeiten kann,
da eine "große Sekunde" dann schon größer als eine "Quinte" sein könnte.
Beispiel:
Angenommen, wir haben die 6 Töne C G D A E H.
Wenn wir die Tonleiter "a h c d e g a" betrachten, könnten wir das h als "kleine Sekunde" bezeichnen.
Verschieben wir das h um das Modulationsintervall (Tritonus), erhalten wir "a c d e his g a",
wobei unser "his" (= f) hier ein um einen Tritonus verschobenes h sein soll und die "große Sekunde" zum a bildet,
man hat also ein ziehmliches Chaos, wenn man das ganze systematisieren will.
Wie gesagt, ich glaube nicht daran, dass es "richtige" oder "falsche" Tonleitersysteme gibt,
aber wegen der nahen Beziehung zwischen Musik und Naturwissenschaft kann man reine Willkür doch meist ausschließen.