Allgemeine Hinweise und Tipps zum Ablauf und der Gestaltung von Hochzeitsfeiern

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Ich hoffe, dieser Beitrag ist hier richtig, sonst die Bitte an den MOD, es entsprechend zu verschieben.

Mittlerweile wurde ich schon häufiger angesprochen, ob ich Tipps geben könnte, was man als Musiker für Hochzeitsfeiern berücksichtigen sollte. Ich habe in den letzten Jahren bestimmt schon 500 Hochzeiten und Silberhochzeiten gespielt. Beides läuft in etwa ähnlich, und wenn man sich aktiv einbringt, den Abend versucht mitzugestalten, kann wenig schief laufen.

OK, ich weiß nicht, ob die Hochzeiten überall so ähnlich ablaufen wie bei uns in der Gegend. insofern beziehen sich meien Ausführungen hauptsächlich auf den nordeutschen Raum
Wenn ich hier ein bisschen weiter aushole und meine Ausführungen nicht nur auf Musikauswahl beschränke, dann weil ich überzeugt bin, dass dies nur ein Teil ist, den die Musiker abzuliefern haben. Viel mehr sollte man sich aktiv an der Gestaltung und am Ablauf des Tages beteiligen. Je mehr man die Moderation des Abends in der Hand hat, und das tut man am besten, wenn man sie sich einfach nimmt, umso mehr kann man das Geschehen beeinflussen. Das Brautpaar ist meistens sehr dankbar und verlässt sich gerne auf die Erfahrung der Musiker und dass sich jemand wirklich um den ablauf kümmert. Der Wirt kümmert sich um das Essen und um die räumliche Gestaltung, die Musiker sich letztlich um das Geschehen auf dem Saal.

Üblicherweise beginnt eine Hochzeit mit einem Essen im Anschluss an die Kirche. Da spielt die Band - wenn gewünscht - leise Hintergrundmusik, überwiegend Instrumentals, z.B. Jazz Standards, James Last etc. So 2-3 Stunden Programm muss man da schon mal haben. Manchmal wird noch eine Hochzeitszeitung vorgetragen, da hat man natürlich Pause.
Es hilft, sich vor dem Essen mit dem Wirt über den Ablauf des Essens kurzzuschließen. Möglicherweise soll die Suppe von den KellnerInnen zu einem Suppenmarsch hereingetragen werden. Das muss natürlich koordiniert werden, die Band benötigt ein Zeichen, wann das losgehen soll.
Evtl. kommt der Nachtisch mit Wunderkerzen, Lichtershow etc. Da wird dann das Licht runtergedimmt und die Band spielt entsprechend dazu (Traumschiff liefert z.B. die passende Melodie dazu). Auch hier ist Koordination mit den kellnern wichtig.
Während des Essens kann man schon mal das Brautpaar hochleben lassen. Manchmal wird das von den Gästen initiert, kann aber auch von der Band kommen. Immer schön die Leute aktivieren und animieren, das hilft schon mal für später. Nichts ist für eine Feier ätzender als eine einschlafende Gesellschaft. Man kann die Situation nutzen, um mal vorzufühlen, wo die stimmungskanonen sitzen, schon mal Kontakt herstellen usw. Sind viele ältere dabei, kann man sogar zwischen Hauptgang und Nachtisch eine Schunkelrunde einschieben, wo sich natürlich jeder beim Sitznachbar einhakt, und lautstark mitsingen sollte. Je nach dem wie man als Musiker die Gäste einschätzen kann, ist es auch möglich sie während des Schunkelns mal aufstehen zu lassen (Bewegung!). Es gibt auch kleine Spielchen, wie "immer wieder, auf und nieder..." lassen wir das lieber ;)
Wenn der Nachtisch an die Tische gebracht ist, ist der beste Zeitpunkt für die Musiker, selbst essen zu gehen. Ja das ist üblich. In den meisten Lokalen bekommen die Musiker auch dasselbe, was die Gäste bekomemn haben, nur dass sie dafür keine 3 Stunden Zeit haben, sondern meistens nur 45-60min. Dies sollte man mit dem Brautpaar absprechen, denn vielen ist das nicht ganz klar. Genauso wenig, wie es dem Bräutigam klar ist, dass er die Tafel offiziell aufheben sollte, damit jeder weiß, jetzt ist dieser Teil zu Ende. Oft wird dann irgendwo Kaffee gereicht, damit die Bedienung Zeit hat, die Tische zu räumen und umzustellen für den Tanzabend. Auch sollte man dem Bräutigam drauf hinweisen, dass er den Gästen mit dem Aufheben der Tafel eine Zeit mitgibt, wann sie sich auf dem Saal zum Ehrentanz einzufinden haben.

Der Abend beginnt dann mit einem Ehrentanz (Walzer, aber nicht zwingend, manche wollen auch Disco-Fox, z.B. "Er gehört zu mir") für das Brautpaar, ggf. die Eltern, Geschwister, Trauzeugen. Dann Tanzfläche frei für alle. Es hat sich bewährt, wird auch oft gefordert, den Abend mit kurzen Tanzrunden á 2 Lieder zu beginnen. Im Gegensatz zu DJs - zumindest die, die ich kenenngelernt habe - spielen Bands üblicherweise Tanzrunden, das ist zum einen sehr praktisch, um eine Stimmungslinie aufzubauen, zum anderen hilft es auch dem Publikum, denn jedem ist schnell klar: Jetzt wird getanzt, und danach ist Pause. Die Pausen werden von den meisten Gästen an der Theke verbracht, was ja auch hilft, um die Stimmung aufzubauen. Da kann man als Band auch anstelle des obligatorischen Pausen-(erkennugns-)zeichens immer wieder gerne einmal die Gelegenheit nutzen, die Gäste mit einem fröhlichen Trinklied an die Theke zu schicken: "Ein Prosit, ein...", nach der melodie des Gefangenenchors aus Nabucco "Ja, wir wollen so gerne einen heben...", oder auch ganz neumodern: "Du hast die Haare schön..."
Ein wichtiger Grund für kurze Tanzrunden gerade bei Hochzeiten ist, dass der Gastgeber, das Brautpaar oder Silberbrautpaar oder Geburtstagsjubilar seine "Pflichttänze" absolvieren muss. D.h. Der Bräutigam sollte wenn möglich schon mit den meisten der weiblichen Gäste - vor allem Schwiegermutter, Tanten, Omas (daher ja auch "Pflicht"-tänze ;) ) - getanzt haben, die Braut mit den männlichen Pondons, daher kurze Runden, weil das schafft mehr.

Man spielt sinnvollerweise erst einmal Lieder, nach denen wirklich jeder mit jedem tanzen kann, Discofox oder Gammelfox heißt das bei uns - 2 links, 1 rechts. z.B. Sommer in der Stadt, California Blue, Country Rhodes, Movie Star, Love is in the air, den einen netten Song von Flippers, Roger Whittaker, Brunner&Brunner, wobei es ziemlich egal ist, ob die Sachen bekannt sind oder nicht. Hauptsache man kann tanzen. Dann kann man auch mal schneller werden, Latin wie Amor, Sag mir Quando etc. Langsam aber sicher steigert man sich von 2 Songs auf 3, baut auch mal einen Rock'n'Roll oder Twist ein. Im Laufe des Abends kommen die Leute von alleine und fragen gezielt nach Songs. Abgesehen davon, ob Ihr die Songs im Programm habt oder auch nicht, müsst Ihr abwägen. Man sollte schon drauf achten, dass man allen Gästen gerecht wird, sollte aber vorrangig die bedienen, die aktiv sind und tanzen, weil die die anderen automatisch mitziehen. Es war ein Griff in's Klo, spielt Ihr Musikwünsche von Leuten, die selbst nicht tanzen, Songs, nach denen die anderen aber nicht tanzen können, oder wollen, und die Tanzfläche dann leer bleibt. Konzertcharacter ist fehl am Platz bei einer Hochzeit.
Ich habe schon öfter in Vorgesprächen auf eine Hochzeit gehört, dass man nicht das gewöhnliche Programm hören will, also kein Wolle Petri, keine Schlager, Ballermann-Mucke ist eh bescheuert, lieber anspruchsvollere Musik. Ich muss dann jedesmal erklären, dass eine Feier kein Konzert ist, sondern davon lebt, dass getanzt wird. Und bislang hab ich immer recht gehabt. Spätestens nach zwei Stunden, nach 4-5 Bier oder Sekt, tanzt jeder und singt Songs mit, die er sich freiwillig nie anhören würde. Darüber kann man jetzt geteilter Meinung sein, ist aber so, und hat sich bewährt, und zum Schluss sind alle zufrieden, haben eine super Feier gehabt. Vergesst die Handvoll Kids, die AC/DC, Limp Bizkit, Green Day und so fordern. Die tanzen eh nicht und tragen nicht zur Stimmung bei.

Sonstiges, an das man denken sollte:
Gerade bei Hochzeiten kommen die Leute und haben irgendwelche Spielchen geplant, für die sie Mikros brauchen. Also tut ihr gut dran, ein oder zwei drahtlose Mikrofone dabei zu haben (wird evtl. auch schon bei der oben erwähnten Hochzeitszeitung benötigt).
Tipp: Koordiniert die Spiele, so dass nicht zu große und lange Unterbrechungen passieren, die stören nur das Aufbauen der Stimmungslinie. Bittet diese Leute, sich möglichst unmittelbar im Anschluss an eine Tanzrunde damit zu starten, und nicht erst am Ende einer Pause. Außerdem sollte man nach dem Eröffnungstanz erst einmal zwei bis drei Runden gespielt haben, um die Leute in Gang zu bringen. Und dann auch nicht Spiel auf Spiel, sondern schön verstreut auf den Abend.

Rituale
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Brautentführung: Kann, wenn es ausartet der absolute Partykiller sein. Am besten, man verhindert es. Gern gehörte Ansage bei der Begrüßung durch den Bräutigam: "Die Braut ist über die Musik versichert. Wer sie entführt, muss die Musik bezahlen." Manche machen das aber dennoch sehr gut koordiniert, am besten zwischen Essen und Ehrentanz und dann max ne halbe bis dreiviertel Stunde. Das ist völlig ok und braucht Euch nicht zu kratzen, Ihr sitzt eh gerade beim Essen ;)

Neues Brautpaar: a. Die einen werfen den Brautstrauß in die im Halbkreis hinter der Braut aufgestellte Gruppe der unverheirateten Frauen, b. die anderen tanzen das neue Brautpaar aus, wobei sich die Braut mit verbundenen Augen in den Kreis der Männer begibt, und der Bräutigam entsprechend in den Kreis der Frauen. Dann wird von beiden per Fühlen jeweils ein Gast herausgesucht (natürlich vorab abgesprochen).
Warum ich das erwähne? Weil die Musik dies üblicherweise moderiert, damit das auch was wird und nicht alle unkoordiniert irgendwo herumlaufen.

Die Hochzeitstorte: Einer der Höhepunkte, die nie wirklich welche sind, ist das Hereintragen und Anschneiden der Hochzeitstorte, wobei die Musik auch hier irgendwas was flottes, marschmäßiges aus Traumschiff oder Traumhochzeit intoniert wo alle Gäste im Takt dazu klatschen können. Warum es kein Höhepunkt ist? Weil die Torte entweder kurz vor dem kalten Buffet oder kurz danach gebracht wird, und niemand wirklich Hunger hat *lol* aber sieht natürlich gut aus, und gehört dazu.

Strumpfband versteigern: Für die Musik interessant zu wissen, weil sie das oftmals moderieren müssen, und wenn das Strumpfband dann an den meistbietenden weggegangen ist, dieser es auch der Braut abnehmen darf, was natürlich eine hocherotische Angelegenheit ist, die gerne mit entsprechender Musik begleitet wird, was bietet sich da besser an als "Je Taime"
 
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