Alternativen zu WAVES PSE? (Source Expander mit speziellem Sidechain Ducking)

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Liebe Mischenden,

vorgestern hatte ich erstmals die sehr positive Erfahrung mit WAVES PSE.

Das Teil taucht hier im Forum wenig auf, also im Wesentlichen kurz skizziert: Es handelt sich um ein Plugin, das WAVES-typisch auch im Live-Setup genutzt werden kann, bzw. sogar speziell dafür konzipiert ist. Es ist ein Expander mit einem Sidechain, der einen zusätzlichen, speziellen Ducking-Mode beherrscht.

Situation: Snare Drum kommt auch massiv über das Vocal Mic rein. PSE auf Vocal Kanal inserten und dann gebe ich Snare-Mic in den Sidechain und aktiviere den Ducking-Mode. Dann wird, bildlich gesprochen, die Lautstärke des Snare-Signals von der Lautstärke des normalen Eingangssignals des Expanders abgezogen.

Resultat: Expander bleibt „zu”, wenn der Drummer abgeht, obwohl auf das Vocal Mic viel Drums übersprechen. Legt der Sänger an seinem Vocal Mic los, dann macht der Expander „auf” wie er soll. Viel weniger Übersprechen von den Drums auf den Gesamtmix, insb. bei stark komprimierten Vocal Channels. Entsprechend auch weniger Feedback-Anfälligkeit derselben.

Nachteil: Man braucht für dieses Plugin das ganze WAVES-Universum. Also im besten Fall den SoundGrid-Server und eine WAVES-Karte im Pult, wenn man sehr niedrige Latenz will – und während das Plugin nur 39$ kostet, ist man für die Hardware schnell in Richtung 2k€ los. Oder das WAVES Superrack Performer auf dem Laptop und via USB ans Digitalmischpult, ist aber weniger ausfallsicher und mit viel mehr Latenz (irgendwo zwischen 5 und 10msec Roundtrip mit einem A&H SQ6 via USB, dem A&H-ASIO-Treiber und einem hochgezüchteten Gaming-Laptop, dem es verboten wurde, seine CPU-Leistung zu drosseln).


Das Konzept ist so einfach wie genial, also einfach genial. Um so mehr verwundert es mich, dass das Plugin offenbar alternativlos ist. Zwar gibt es Source Expander u.A. für ein Schweinegeld analog für Neve, dort Primary Source Enhancer genannt, allerdings eben ohne den Trick mit dem Sidechain. Denn mal ehrlich, ein Source Expander ohne diesen speziellen Ducking-Modus ist halt auch nur ein deutlich freundlicheres Gate, wie wir es in den allermeisten Digitalpulten sowieso vorfinden. Nicht unnütz, aber auch eben nicht so überzeugend.

Gibt's da wirklich nix anderes, so als Hardware?

Bin auf Input gespannt.

Beste Grüße
Schwob
 
Ich kenn diese Art eines „Expanders“ vom Behringer WING und inzwischen auch vom dLive. Keine Ahnung inwieweit die mit der Waves Variante vergleichbar ist, funktionieren tun die Varianten in den beiden Pulten jedoch ganz gut.
 
Ich habe versucht, das herauszufinden, aber ich bin mir nicht sicher, ob der Expander in der dLive oder im Wing eben diese spezifische Form des Sidechains Duckings unterstützen. Das ist schwierig rauszufinden, wenn man keine der Kisten vor sich hat. Expander mit Sidechain an sich haben sie ja fast alle.
 
PSE ja, aber wie du schon vermutet hast, ohne dieser Ducking Geschichte.
Denn mal ehrlich, ein Source Expander ohne diesen speziellen Ducking-Modus ist halt auch nur ein deutlich freundlicheres Gate, wie wir es in den allermeisten Digitalpulten sowieso vorfinden
Naja, ein Gate ist halt die Abrissbirne unter den Dynamics, für mich nur dann geeignet, wenn eigentlich schon ohnehin Hopfen und Malz verloren ist. Sprich, absurd falsche Akustik, Mikrofonierung und egoistische Musiker zusammen. ich verwende am WING den PSE immer dann, wenn wirklich viel Information auf der Bühne entsteht und ich die Stimme etwas isolieren will. Zu viel Gating macht für mich das Ergebnis extrem unruhig und unmusikalisch, deshalb lasse ich die Finger von Gates, wo immer es nur geht. Mit ein Grund warum ich die Strategie von A&H nicht verstehe. Nun gut, beim dLive und Avantis gibts inzwischen Expander und PSE, aber das SQ haben die da nicht mit unterstützt, was ich schade finde. Aber das ist ja wieder eine andere Geschichte.
 
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Können wir uns evtl. mal drauf einigen, dass ein Gate der Sonderfall eines Expanders ist? Also das Gate macht komplett zu, der Expander reduziert das durchgelassene Signal um einen einstellbaren Wert. Der Source Expander ist dann eine Version von letzterem, die mit Attack/Release etc. musikalischer umgeht.

In diesem Sinne hat auch das SQ einen Expander.

Ich schreib das nun natürlich zum dritten Mal… aber der WAVES PSE als reiner Source Expander ist wenig spannend, denn das Ziel, Drum Bleed zu reduzieren, verfehlt er natürlich ohne seinen Sidechain-Trick ebenso wie alle anderen Expander. Erst wenn man Sidechain + Ducking verwendet, passiert damit die Magie.
 
In diesem Sinne hat auch das SQ einen Expander.

Ein Gate ist ein Expander mit einem Ratio von ∞:1
1707743643751.png

Expander, hier mit Ratio 3:1:
1707743726653.png

Und so gesehen, kann das SQ keinen Expander. das SQ kann nur hart auf und zu machen, ein Gate eben.
denn das Ziel, Drum Bleed zu reduzieren, verfehlt er natürlich ohne seinen Sidechain-Trick ebenso wie alle anderen Expander.
Dann hast du es mit extrem lautem Bleed tu tun, etwas mit dem ich zum Glück nicht wirklich zu tun habe. Und da macht der WING PSE einen recht brauchbaren Job.
Aber gut, es kann den WAVES trick nich, also musst da wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. oder gleich auf ein LV1 umsteigen.
 
Ich sag mal so, die Einstellung, die ich beim WAVES PSE mit Sidechain Ducker fahre, ist in der Regel: Auf oder Absenkung -12dB. Also nach Deiner Definition wäre das ein Gate.

Warum schwappt der Sound dabei nicht wie Irre? Weil die Vocals danach wieder ganz ordentlich komprimiert werden. D.h. in dem Moment, in dem der PSE aufmacht, wir das wieder durch einen Kompressor kontrolliert.

Dass das Mic des Haupt-Sängers das eigentliche Drum-Overhead ist, das Phänomen habe ich auf kleinen Bühnen leider ziemlich oft. Die -12dB aus dem PSE scheinen einem da nicht arg viel… aber letztens hatte ich 7 singende Personen auf der Bühne, da summiert sich das Problem auf.
 
Ich probiere mal, ob ich das richtig verstanden habe:
Das Waves-Plugin hat quasi 2 steuernde Eingänge, einmal das Kanalsignal und dann noch einen Sidechain-Eingang. Der Sidechain steuert das Ducking, kann aber vom Kanalsignal "überschrieben" werden.
Wenn man einen herkömmlichen Expander oder Ducker hat, hat man nur einen steuernden Eingang. In dem Szenario wird über den Sidechain-Eingang das Vocal-Signal weggedrückt. Das soll aber nur dann passieren, wenn das Kanalsignal unterhalb eines gewissen Pegels bleibt (keiner singt). Was wäre denn, wenn man auch in das Sidechain-Signal einen Ducker einfügt, der wiederum vom Vocal-Signal gesteuert wird? Dazu müsste das Signal natürlich auf einen extra Bus, man will den Effekt ja nicht auf der Front haben. Wenn man dann noch die passenden Thresholds findet, müsste die Snare den Vocals-Kanal runterziehen, wenn viel Signal von der Snare und weniger von den Vocals kommt. Und sobald die Vocals laut sind, wird die Snare (Steuersignal auf extra Bus) heruntergezogen und damit der von ihr gesteuerte Ducker wieder freigegeben.
Bin mir gerade noch nicht sicher, ob das mit den Kennlinien so geht oder ob man nicht irgendwo einen "invertierten Expander" bräuchte.
 
Also mir hat diese Seite hier geholfen, das Plugin zu verstehen: https://www.waves.com/4-ways-to-reduce-stage-noise-pse-plugin

Letztenlich müsste innerhalb des Sidechain vom Expander das Original-Signal durch den Ducker, bzw. einen Kompressor, gesteuert vom externen Signal. (Sehr ähnlich zur Beschreibung von @the flix, nur dass in meiner Auffassung die Steuerverhältnisse im Ducker/Kompressor andersrum sind..)

Am Beispiel Snare-Drum überspricht in Vocal-Mic: Wird sie nicht nicht gespielt, dann geht das Vocal-Original-Signal im Sidechain ungehindert durch, der Expander reagiert „normal”. Wird sie gespielt, so wird das Original-Signal ebenfalls laut, da es nun übersprechende Snare beinhaltet, durch den separaten Snare-Kanal würde das über einen Duckerdas dann „wegkomprimiert”; der Expander reagiert, als wäre da keine Snare. Wird nun auch noch gesungen, so ist das Original-Signal trotz wegkomprimierter Snare deutlich lauter, da der Gesang ja quasi oben drauf kommt. Man kann sich vorstellen, dass man auf dem Fußweg einiges an experimentellem Tuning in den Einstellungen machen müsste, um zum Ziel zu kommen.

Technisch gesehen müsste man bei einem Pult wie dem SQ von Allen&Heath jeden Vocal-Kanal doppeln (2 Kanäle mit 1 Input): Der erste Kanal ist das Signal, das in den Mix kommt. Der zweite Kanal dient allein als Sidechain-Feed fürs Gate/Expander im ersten Kanal – sein Kompressor/Ducker wird von einem AUX-Bus gesteuert, auf dem die Drum-Störenfriede liegen.

Jetzt bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich das richtig gedacht habe.

Auch ist unklar, an welchem Punkt im Kanalzug abgegriffen wird, wenn ich diesen Kanal in einen Sidechain route. Darüber hinaus muss man sich natürlich fragen, wie viel Parameter-Tweaking einem bevorsteht, wenn man den Effekt damit umsetzen würde, neben der Tatsache, dass man für alle Vocals doppelt so viele Kanäle braucht. (Na gut, bei einer Konsole wie dem SQ von A&H mit 48 Kanälen ist das weniger tragisch.)

Klar, outboard analog…? Naja, Expander/Gates mit Sidechain, schwierig zu finden.
 
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Mit der Idee „Sidechain-Signal ducken mit Snare” habe ich einen Proof of Concept für eine Alternative zu WAVES PSE mittels der open-source Plugins aus der Calf-Serie umgesetzt, im Plugin-Host Carla. Als nerviger Snare-Drummer dient mir testweise im Hintergrund die Hydrogen Drum-Machine.

pse-clone.png


Erklärung:

Der Snare-Drummer Hydrogen drischt lautstark auf meine Studio-Monitore. Außerdem kommt er zu Audio Input Right rein.

Ebenfalls auf den Monitoren ist ein Gesangsmikrofon, das auf Audio Input Left reinkommt, und zu Audio Output Left nach Verarbeitung rausgeht.

Auf Left liegt also das Gesangs-Signal mit saftig Bleed von der Snare Drum mit inbegriffen. Auf Right liegt nur die Snare Drum. Das Signal wird gesplittet und geht durch den Kompressor, von dort in den Sidechain des Gate/Expander. Ist der virtuelle Drummer friedlich, so agiert das Gate wie ein normales Gate, der Kompressor rührt das Steuersignal nicht an.

Macht der Drummer Aggro, dann werden seine Geräusche durch den Kompressor aus dem Sidechain des Gates weggedrückt – indem der Drummer selbst im Sidechain des Kompressors sitzt. Wird gleichzeitig gesungen, so kommt das noch auf den Drummer-Radau obendrauf, daher wird das insgesamt nicht weggedrückt, das Gate macht auf.

Proof of Concept: Es funktioniert.

Das ist also mit jedem Plugin-Host mit Sidechain-Verdrahtung und einem normalen Gate/Expander sowie Kompressor möglich. (Bei vielen DAWs sind solche Plugins ja auch dabei.)

Die Frage ist nun: Kann man es so hintunen, dass es so elegant funktioniert wie Waves PSE, und dass es auch so klingt?

Die Calf-Plugins waren unter Linux lange beliebt, auch für ihre schnuffigen GUIs, klanglich sind sie aber gar nicht mal so geil. Vor allem die Kompressoren und Limiter klingen ungewollt kratzig. Das Sidechain Gate jedoch berichtet an den Plugin Host eine Latenz von 0 Samples und lügt hoffentlich nicht.

Optisch sehr schlicht kommen die ACE-Plugins, die Ardour neuerdings mitliefert, die dann auch systemweit zur Verfügung stellen – mit denen sollte sich das auch umsetzen lassen. Leider sind sie in meinem veralteten Linux nicht mit GUI in Carla lauffähig.

Carla läuft übrigens auch erfolgreich auf OS X (Core Audio) und Windows (ASIO), ich hab's probiert. Das Tool ist libre und free.

EDIT: Man muss schon einiges spielen mit den Knöpfen, bis das dann Wirkung zeigt. Hier noch ein zweiter Schirmschuss mit einem Oszi als Analyse… etwa nach 1/3 des Zeitverlaufs habe ich den Bypass des Gate/Expander ausgeschaltet, also das Monster aktiviert. (Grün: Input Vocal Signal, Rot: Output Vocal Signal, Blau: Sidechain Drummer/Snare, Lila: mit Drums komprimiertes Sidechain-Signal) – in diesem Test ist der Snare Bleed deutlich lauter als das Vocal-Nutzsignal, live wäre die Situation wohl insgesamt hoffnungslos. Man sieht aber, der Output wird weniger (es sind übrigens etwa die eingestellten 12dB)

Nun sieht man leider auch, dass das Steuersignal für das Gate zumacht mit der Snare, und nicht entsprechend mit den Vocals wieder auf, es entstehen diese Kerben im lila Signal. Auswirken tun die sich wegen der Release- und Threshold-Einstellungen des Gates nicht. Aber eigentlich ist das nicht wie gedacht. Es funktioniert also, aber nicht genau aus den Gründen, aus denen ich mir das überlegt habe.

Nun gilt es rauszufinden, ob das was ausmacht. Ich muss mir mal eines der Live-Multitracks von der Kapelle besorgen, bei der ich mittlerweile den Original-PSE einsetze und damit experimentieren. Komplette Carla-Patches lassen sich übrigens über das Plugin Carla Rack als einzelnes Plugin in eine DAW etc. laden.

EDIT2: Warum die GUI der Calf-Plugins komisch aussieht, weiß ich auch nicht, in einem neuen Rack ist sie anders, wie in den Screenshots der Homepage von Calf.

pse-ersatz-proof.png
 
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