Bei einer Beerdigung singen

Jed
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Macht ihr das, oder hat eine(r) von euch das schon gemacht?

Weshalb ich frage: eine sehr liebe, sehr alte Tante meiner Frau ist von uns gegangen. Demnächst gibt's eine kirchliche Trauerfeier. Jetzt meint meine Frau, da auch ich die Tante sehr gern hatte, und sie mein Singen immer gerne hörte und sogar recht früh meinte, ich sollte es öffentlich tun, und da die Tante immer zu den schönsten ihrer Altersgruppe gehörte und außerdem Rosen züchtete - deshalb sollte ich "The Last Rose of Summer" (die Vorlage zu Flotows "Letzte Rose" aus "Martha") bei der Trauerfeier singen. So, wie ich als Ständchen beim letzen runden Geburtstag der Tante tat.

Das Lied kenne ich von Kindesbeinen an. Die Melodie habe ich als Stück für klassisches Banjo arrangiert, und zwar in einer für mich singbaren Tonart. Ich habe kein Problem, das Soloarrangement zu einer Begleitung abzuspecken. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich in einer Kirche ohne Verstärkeranlage zum Banjo singe.

ABER... schaffe ich es in der Situation als Trauernder ein solches Lied zu singen, das die Vergänglichkeit so genau auf den Punkt bringt? Hält die Stimme??

Habt ihr Erfahrung?

Cheers,
Jed
 
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Chor habe ich schon gemacht bei solchen Anlässen, aber nie für Familienangehörige. In der Gruppe schafft man das, das fällt es nicht so auf, wenn jemand ein paar Töne pausiert. Solo würde ich glaube ich nur bei Fremden machen, da wäre mir das Risiko eines Aussetzers zu groß - gerade beim Singen. Du weißt nie im Voraus wie die Stimmung sein wird, und mit Stimme kannst du deren Auswirkungen am wenigesten überspielen.
 
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ganz ehrlich, das ist egal, wenn sie dich gern singen gehört hat - sing. Wenns schief wird ists egal. Ist ja kein Konzert.
 
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Mein Beileid.
ABER... schaffe ich es in der Situation als Trauernder ein solches Lied zu singen, das die Vergänglichkeit so genau auf den Punkt bringt? Hält die Stimme??
Das kannst letztlich nur Du wissen. Du weißt, ob Du die Trauer beiseite schieben kannst, Du weißt, wie stark die Bindung war, Du weißt, wie Du generell mit dem Thema umgehst.
Ich habe im Chor schon auf Beerdigungen gesungen. Ich war auch auf einer Beerdigung eines Chormitgliedes, da war ich froh, nicht singen zu müssen, auch wenn es nur im Chor gewesen wäre. Ich hätte es nicht durchgehalten. Wir sangen einmal ein Lied auf einer Veranstaltung von Amnesty International, da bin ich hoffnungslos eingebrochen, schon während der Proben. Auf dem Liedblatt stand der Ort, in dem meine Mutter starb und das Jahr, in dem sie starb...
@chick guevara so einfach ist es leider nicht. Wenn man vor lauter Heulen nicht mehr zum Singen kommt, hilft es auch nichts.
 
Ich habe auf der Beerdigung meines Opas ein Lied zur Gitarre gesungen, was zum Mitsingen für alle gedacht war. Ein Segenslied, was aber gar nicht so viele kannten und es dadurch halb zu einem Vortragslied meinerseits wurde, worauf ich nicht so richtig vorbereitet war, weil ich es auch erst kurz vorher gelernt hatte. Es war trotzdem OK - auch wenn ich unsicher war und nicht alles glatt lief.
 
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Danke euch! Eigenartig wie es klingt, helfen mir eure scheinbar widersprüchlichen Antworte zusammengenommen weiter ...

Jed
 
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chick guevara so einfach ist es leider nicht. Wenn man vor lauter Heulen nicht mehr zum Singen kommt, hilft es auch nichts.
Glaub mir ich kenne das, aber was macht es schon wenns nicht perfekt wird oder ich/er/du das Lied nicht zu Ende bringst. Das stört niemanden, sollte es nicht.Ich bitte dich, du machst in solch einer Situation keine Fehler weil du schludrig oder nicht vorbereitet bist. Du trauerst, mit einem Lied, und deswegen ist die Beerdigung da.Das Lied soll der Trauer Ausdruck verleihen und auch Kraft geben. Das tut es egal was geschieht.
 
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Glaub mir ich kenne das, aber was macht es schon wenns nicht perfekt wird oder ich/er/du das Lied nicht zu Ende bringst.
Ich glaube Dir, dass Du das kennst und es geht mir hier nicht um die Fehler. Für mich wäre es eine Belastung in einem Moment, in dem ich eigentlich nur in den Arm genommen und getröstet werden will. Ob ich das etwas schief aufführen würde in dem Fall, dass ich da sänge, das wäre mir in dem Moment sowas von schnurzegal. Ich könnte nur nicht einmal anfangen, zu singen. @Jed wird wissen, ob es für ihn Belastung oder Trost ist, zu singen.

Das bei AI war ein Konzert übrigens, und ich war nicht die einzige mit Tränen in den Augen.
 
ABER... schaffe ich es in der Situation als Trauernder ein solches Lied zu singen, das die Vergänglichkeit so genau auf den Punkt bringt? Hält die Stimme??

Ich habe anfang das Jahres auf der Trauerfeier meines Bruders gesungen, zusammen mit einer Freundin, die vor vielen Jahren auch mal mit ihm zusammen war. Ein altes Lied, was er selbst geschrieben hatte. In dem Song geht es ums Sterben. Ich habe ihn das letzte Mal mit ihm zusammen gesungen - vor fast 40 Jahren, als wir kurz in einer gemeinsamen Band gespielt hatte. Damals war ich 15.

Er war kein komplettes Duett, die jeweiles ersten Stropen musste ich allein singen. Die Zeit vor dem Singen war hart und ich hatte mich rückversichert, im Zweifelsfall nicht zu singen. Aber das Singen ging dann doch einigermaßen. Ich hatte mich sogar ein bisschen geärgert, dass meine Duettpartnerin ihren Einsatz verpasst hat. Aber vielleicht war das genau richtig, weil ich dadurch in so eine Art "Musiker-Modus" geschaltet wurde. :)
 
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Man kann nie wissen, wie so eine Situation für einen selber ausgeht. Auf der Beerdigung einer nahe stehenden Person zu singen/musizieren ist eine Situation, auf die man sich nicht vorbereiten kann. Es wird sicher nur wenige Situationen geben, in der die eigene emotionale Verbindung näher und intensiver ist.

Zu solchen Anlässen habe ich auch schon öfter musiziert, allerdings mit Klarinette oder Saxophon. Singen ist sicher noch intensiver, weil die eigene Stimme das persönlichste und intimste "Instrument" ist.

Vielleicht hilft die Vorstellung, das man dem Verstorbenen noch ´post mortem´ eine Freude machen kann. Den anwesenden Trauergästen wird man auf jeden Fall etwas gutes tun, wenn man ein schönes und zur Situation passendes Lied vorträgt. Es hat auch etwas tröstliches.
 
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Ich denke, da lässt sich auch deshalb nichts verallgemeinern, auch weil die Sichtweise a) mit der Einstellung zum Tod bzw. einem etwaigen Weiterleben im Jenseits und b) mit der Verfassung zusammenhängt, in der sich die sterbende Person zuletzt befand (soweit das überhaupt bekannt ist).
 
Gut ist, ein relativ unbekanntes Stück zu nehmen und keines, was man regelmäßig im Alltag hört.
Denn die Leute fühlen sich sonst bei jedem Hören im Radio usw. an das Ereignis erinnert.
Hab ich schon mehrfach erlebt, dass ich z. B. "Imagine" oder "Über den Wolken" anstimme und jemand rennt heulend aus dem Raum und kriegt sich aus dem Grund lange nicht mehr ein. Man kann sich so auch Songs für den Rest des Lebens verderben.
Muss man auch bisschen auf dem Schirm haben, finde ich.
 
Vielleicht hilft die Vorstellung, das man dem Verstorbenen noch ´post mortem´ eine Freude machen kann. Den anwesenden Trauergästen wird man auf jeden Fall etwas gutes tun, wenn man ein schönes und zur Situation passendes Lied vorträgt. Es hat auch etwas tröstliches.

Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Man trägt zu einer tröstlichen Verabschiedungsfeier bei und erweist der/dem Verstorbenen die letzte Ehre. Um eine perfekte Performance geht es dabei weniger. Trotzdem kann es eine Gratwanderung sein.
Ich habe schon auf einigen Beerdigungen gesungen. Mit einer Ausnahme waren das bezahlte Auftragsarbeiten, und ich hatte die Verstorbenen nicht persönlich gekannt. Da ist es natürlich leichter, die emotionale Distanz zu wahren und einfach seinen Job gut zu machen.
Schlimm war die Beerdigung eines Freundes meines Exmannes, den ich auch gekannt hatte und der sehr jung an Krebs sterben musste, erst kurz verheiratet und Vater eines Babys. So ein völlig sinnloser Tod, das fand ich furchtbar. Ich sollte in der Kirche "Tears in heaven" singen und die ersten Töne blieben mir tatsächlich im Hals stecken. Aber dann dachte ich an das oben Erwähnte (die letzte Ehre erweisen, mit für eine würdevolle Trauerfeier sorgen) und es ging.
Ich bin sicher, du kriegst das auch hin.
 
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ABER... schaffe ich es in der Situation als Trauernder ein solches Lied zu singen, das die Vergänglichkeit so genau auf den Punkt bringt? Hält die Stimme??
Mach's einfach!
Und selbst wenn die Stimme nicht hält - wenn man Dir Deine Trauer anmerkt - das wäre doch sogar sehr passend.
 
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So was ist schwierig, dass muss jeder für sich entscheiden. Bin selbst ein recht guter "Ausblender" und kann mich dann nur auf das Stück konzentrieren, d.h. ich würde es mir wahrscheinlich zutrauen.
Von unserer ehemaligen Sängerin ist kürzlich der Vater gestorben und sie sollte auch etwas singen, aber sie hat es sich nicht getraut. Wir haben dann bei mir ein paar (einfache - mit Zoom H2n) Aufnahmen gemacht, sie hat sich die beste rausgesucht und die wurde dann abgespielt. Ist wohl auch gut angekommen und wäre halt eine Alternative zu live singen.
 
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Ich würde nochmal sagen: Mach es! Versuch es!
Wenn es nicht klappt, so ist das kein Drama, wenn Du es nicht versucht hast, wirst Du das nicht wiederholen können.
Trau Dich! Es kann nur gut werden!
 
Ich persönlich fände es eher befremdlich wenn du in so einer schweren stunde, zu so einem traurigen Anlass einfach komplett professionell und ohne Emotionen singen könntest.
Unsere Sängerin hat bei der Taufe meines Sohnes „Last Unicorn“ gesungen. Also sie ihre Tränen nicht mehr zurück halten konnte ging es vielen in der Kirche genauso. War ein wunderschöner und emotionaler moment. Und niemand hat danach irgendwas moniert, ganz im Gegenteil.
Und Musik macht doch Emotionen aus, also wenn du anfängst zu weinen ist das nur menschlich und niemand würde dir einen Strick daraus drehen. Und das wichtigste der Tante hätte es gefallen! Also hau rein, zieh es durch und mach es einfach!
Mein Beileid zu eurem Verlust!
 
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Von unserer ehemaligen Sängerin ist kürzlich der Vater gestorben und sie sollte auch etwas singen, aber sie hat es sich nicht getraut.

Die eigenen Eltern, das ist nochmal eine andere Hausnummer. Meine Mama hätte sich gewünscht, dass ich während der Trauerfeier für meinen Vater ein Lied singe, aber das konnte ich einfach nicht und sie hat das auch verstanden.
 
Ich habe auf den Beerdigungen meiner Eltern jeweils eine Trauerrede gehalten, weil das Friedwaldbestattungen waren und keine "richtige" Trauerfeier vorgesehen war, ich wollte es so und bin die einzige in unserer Familie, die so etwas formulieren kann. Bei meinem Vater haben wir dazu noch "Behind Blue Eyes" eingespielt. Mein Bruder hatte mich zwar gefragt, ob ich das nicht selbst singen möchte, aber das hätte ich nicht geschafft. Reden war schwer genug.

Demnächst werden wir als Chor auf der Trauerfeier eines verstorbenen Chormitgliedes auftreten. Das ist eine völlig andere Hausnummer, auch wenn ich diesen Menschen persönlich sehr geschätzt habe.

Ich gebe denen hier Recht, die sagen: Du musst selbst entscheiden, ob du das möchtest und kannst, und es wird garantiert niemand übel nehmen, wenn zwischendurch Tränen fließen oder es dir die Stimme zuschnürt.
 
Bin vom typ her sehr emmotional. Mir kamen schon die Tränen beim lesen des Threads.
Hab mich aus dem Grund auch noch nie getraut auf einer Beerdigung (alleine) zu singen.

Mein Tipp:
Wenn Du es für Deine Tante singen willst und Du traust es Dir zu:
Tu es!
Wenn Dir die Stimme versagt und Du abbrechen musst wird Dir niemand böse sein. Ich habe keine Zweifel das die Trauergemeinde das versteht.
Evtl. mit dem Pfarrer vorher absprechen wie er in der Situation reagieren soll.

Kopf hoch, nur Mut und mein Beileid!
 
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