Framus Diablo Pro von 2005 (Seymour Duncan Pickups). Ich hätte erwartet das die LP am gleichen Amp (Line6 Helix LT) fetter, singender klingt, doch die LP klingt gegenüber der Framus Strat fast drahtiger als diese.
Das wundert mich nicht wirklich, denn in der Framus ist mit dem JB halt auch ein ziemlicher Schreihals eingebaut. Der JB machts einem leicht, erst recht in Kombination mit einem guten Modeller. Ordentlich Zerre reindrehen, und der PU schmeißt so mit komprimierten Mitten um sich, dass der Amp dann gar nicht mehr anders kann als singen. Und das funktioniert auch mit richtig tiefer Saitenlage und leichtem, vielleicht soigar etwa schlampigem Anschlag. Aber, und das ist ein
großes Aber: Man erkauft sich das durch einen weitgehenden Verlust auf Dynamik und spielerische Nuancen.
Viele denken, mit einer fetten Les Paul kommt der fette Ton von alleine. Ich hab selber lange gebraucht, um herauszufinden, dass es ganz so einfach halt nicht ist. Klar, Du kannst jetzt in die Faber ebenfalls einen JB, Custom Custom oder einen anderen heißen HB schrauben. Ich gehe mal stark davon aus, dass sie dann noch viel mehr singt als die Framus - nur ist das eben nicht der klassische Les Paul-Ton, sondern ein weitgehend durch elektrische Krücken "erzwungener" Sound. Mit genügend Gain und einem JB bekommst Du auch eine Spanplatte zum Singen. Mit meiner LP Studio habe ich diesem Ton anfangs auch (mit dem ab Werk montierten, ziemlich fetten 498T) nachgejagt und mich gewundert, dass mich das Resultat nicht so recht zufriedengestellt hat. Im Prinzip war schon alles da, aber es klang halt so wie eine Sauce mit zu viel Sahne schmeckt - üppig und wuchtig, aber irgendwie auch banal.
Was man auf den teils legendären LP-Aufnahmen so hört, ist aber ein Ton, der meist viel weniger durch Verzerrung zu Stande kommt als man denkt, was vor allem heißt: den muss sich selbst auf einer guten Paula erst mal erarbeiten. Und das ist genau das, was einem diese Gitarre
ermöglicht - was aber nicht heißt, dass sie einem die ganze Arbeit abnimmt und diesen Ton von sich aus
erzeugt. Rein auf der technischen Saite muss ich mich übrigens auch
@Dr Dulle anschließen, 50s Wiring dürftest Du schon ab Werk haben, und schon ganz leicht zurückgedrehte Regler unterstützen - auch wenn das erst mal kontraintuitiv erscheint - diesen singenden, vokalen Ton.
Es ist in abstrakter Form schwer zu erklären, aber versuche mal, Soli mit lange stehenden Tönen auf beiden Gitarren ohne Amp oder doch zumindest mit einem cleanen, dynamischen Sound zu spielen (und das soll in dem Fall natürlich ohne Compressor, aber auch ohne übermäßig Hall und Delay heißen). Spiel dabei in den Lagen um den 10.-15. Bund, das eignet sich gut, um eine Gefühl dafür zu bekommen. Dabei solltest Du auf die Unterschiede in der Tonbildung (und ich meine nicht im Sound) zwischen beiden Gitarren achten:
Wie muss ich greifen, um den Ton fett und lange schwingen zu lassen? Drücke ich vielleicht zu stark oder zu schwach, muss ich das je nach Gitarre vielleicht verändern?
Lasse ich es vielleicht gar nicht zu, dass die Saite richtig lange ausschwingt bzw. hindere ich sie unabsichtlich sogar daran?
Wie stark und in welchem Winkel muss ich anschlagen, damit sich das Ganze nicht überschlägt und eher schnarrt als singt?
An welcher Stelle der Saite sollte das Pick auftreffen? Wie verändert sich der Charakter dabei?
Helfen mir unterschiedliche Saitenstärken? Ein guter Ausgangspunkt sind bei einer LP in Standardstimmung .010er, generell ist meine persönliche Faustregel, auf der kürzeren Mensur eine Stufe nach oben zu gehen, um eine ähnliche Spannung zu erreichen. Eine Alternative kann es sein, dünnere Saiten zu verwenden und dafür die Saitenlage - zumindest anfangs - ein wenig höher zu stellen. So können die Saiten freier schwingen, ohne dass die Bespielbarkeit leidet. Ich glaube jedenfalls nicht an "Nur fette Saiten machen einen fetten Sound".
Es kommen sicher noch weitere Parameter in Betracht, die mir gerade nicht einfallen, aber es geht ums Prinzip: Wenn Du bewusster spielst und Dich selbst genau beobachtest, wirst Du den Dreh auch rausfinden, wie Du das Potential der Gitarre besser nutzen kannst. Spüre jeden Ton bewusst in den Fingern und gib ihm auch Raum, sich zu entfalten, mit oder ohne Vibrato und Bending. Hör Dir unbedingt Live-Aufnahmen von Spielern wie z.B. Gary Moore an ("Parisenne Walkways"), die Allman Brothers oder Peter Frampton - das sind alles Beispiele für dieses sehr bewusste Formen des Tons. Und keiner von ihnen benutzte dafür besonders heiße Humbucker.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Du beim Spielen dann auch feststellen wirst, dass die Framus bei diesen langen Tönen eher an Grenzen stößt als die Faber und weniger Tiefe hat (sie kann dafür sicher anderes bessser, aber das ist hier nicht das Thema). Und wenn es Dir dann gelingt, klar definierte, lang stehende Töne ohne oder mit cleanem Amp zu erzeugen, kannst Du vorsichtig mit dem Gain höher gehen, oder vielleicht auch einen leichten Mittenboost bzw. Overdrive vor den Amp schalten, in dem Fall wohl in virtueller Form. Dabei wirst Du merken, wie Dich dieser Ton dann unterstützt und den Klang weiter andickt, aber Du brauchst ihn nicht mehr als "Krücke". Und da fängts dann an, richtig Spaß zu machen.
Gruß, bagotrix