Frust vom alten Trott - Ein kleiner Erfahrungsbericht und Gedankengänge

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hallo zusammen,

heute muss ich mich einfach mal ein wenig im Biergarten Forum auskotzen.
Normalerweise lese ich im musiker board eher in den Fachforen mit und dann und wann stelle ich auch mal eine dumme Frage.

Seit einiger Zeit, beschäftigt mich aber auch mein Werdegang als Gitarrist und wenn ich so auf die letzten 18 Jahre zurückblicke, frustriert er mich einfach tierisch.

Ein kurzer Abriss:

Bereits als Kand mit 6 Jahren habe ich Musikunterricht genossen, zu Beginn habe ich Melodika gelernt, später Akkordeon.
Das war alles ganz nett, konnte mich jedoch nie ganz fesseln.

In der Pubertät dann mit 13/14, in Zeiten der Selbstfindung - auch beim Musikgeschmack -, hörte ich dann eigentlich das erste mal bewusst Rock, Metal, Grunge, also sehr gitarrenlastige Musik.
Das hat mich sofort umgehauen und ich habe mich in diesen Sound total verliebt. Es wurden massiv und stundenlang Kassetten kopiert, getauscht und auf dem Weg zur Schule war der Walkman mein bester Freund. ;-)

Die Freundschaft zu wesentlich älteren Kumpels, die auch eine Rockband hatten, brachten dann das Fass zum überlaufen und ich entwickelte den Wunsch E-Gitarre zu lernen.

Gesagt getan, mit 14 ging ich dann erstmals zu einem VHS Kurs (anders als ein Gitarrenuntericht in der Musikschule, war der Kurs bezahlbar für mich als Schüler). Ich hatte wirklich einen super guten Lehrer und bekam schon mal die Basics ziemlich gut vermittelt, also saubere Spieltechnik, (Power-)Chords, A-Moll Pentatonik, etc.). Später kam dann noch ein Kurs für Akustikgitarren hinzu, wo ich die ganzen Barree Akkorde usw. lernte.

Ab diesem Zeitpunkt habe ich dann bis zu meinem 17 Lebensjahr dann jeden Tag für 4-5 Stunden gespielt, gespielt und gespielt. Auch dort schon begonnen mit eigenen Liedern etc.
Klar hat das noch mal dazu geführt, dass ich meine in den Kursen gelernten Techniken weiter ausgefeilt habe und besser wurde. Ich habe auch viel Liedbegleitung in Kirchengruppen gespielt.
Es war also auch in der Hinsicht eine wichtige und gute Zeit und ich denke, dass ich in diesen Punkten auch ein ganz guter Gitarrist bin.

Was sich aber dort bereits früh eingeschlichen hatte: Ich habe mich nicht wirklich weiter entwickelt, meinen Horizont nicht erweitert! Es blieb im wesentlichen bei Akkordgeschrammel, dann und wann ein Pentatonik-Solo, ich habe max. noch D-Drop kennengelernt,... das wars.
Ich haber zwar weiterhin gerne Rock und Metal gehört, aber irgendwie bin ich nie auf den Gedanken gekommen mir die Stücke, die ich gerne gehört habe, mal wirklich von der Spielerseite anzugucken und mal nachzuspielen oder so.
Selbst in meiner ganzen Zeit in diversen Bands bin ich eigentlich nicht über diesen Status hinaus gekommen, auch nicht als ich mehr und mehr eigene Songs komponiert habe.

Ich habe das irgendwie nie hinterfragt, weil ich immer das Gefühl hatte ja bereits das wesentliche zu beherrschen, was man als Gitarrist braucht.
Lediglich beim Komponieren habe ich teilweise gemerkt, dass mich das Songwriting mit der Gitarre zunehmends einschränkt. Ich habe damals aber gedacht es läge eben am Instrument, dass das Komponieren mit einem Klavier eh viel geeigneter und vielseitiger wäre.

Heute weiß ich weiß gar nicht mehr, wie ich damals eigentlich so Betriebsblind sein konnte.

Vor ca. 1,5 Jahren fing es dann an. Nachdem ich nach 5 Jähriger Abstinenz (Umzüge, Kind, Studium, Beruf,...) endlich wieder Musik machen wollte/konnte.
Ich habe wieder mit meinem alten Trott angefangen und bin auch langsam wieder entrostet.

Was ich allerdings das erste mal in meinem Gitarrenspielerleben gemacht habe: Über den Tellerrand zu schauen! Hauptsächlich auf Youtube.

Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, was ich eigentlich alles noch nicht kann, oder zumindest wo ich noch viel nachholbedarf habe.

Einige Dingen seien mal genannt: Harmonielehre, andere Tunings spielen können, andere Improvisationspatterns, alternative Akkorde (nicht nur Power Chords und Baree), andere Musikstile und Rythmen, bessere Vibratotechniken (mit den Fingern), gutes Fingerpicking mit der Akustik und vor allem Tapping wollte ich schon immer mal richtig können...

Allerdings werden mir auch andere Dinge bewusst, die ich vorher so nie wahrgenommen habe.
Klassisches Beispiel: Mit ist zuvor nie Wirklich aufgefallen, wie unterschiedlich verschiedene Plekten den Sound beeinflußen, ich habe halt früher immer das gleiche genommen. Auch habe ich jetzt erst so richtig Bemerkt, wie unterschiedliche Winkelstellungen der Fingerkuppen auf der Saite den Sound noch verändern können.


Man könnte natürlich jetzt sagen, super, jetzt ist es dir doch bewusst - ein erster Schritt ein besserer Gitarrist zu werden und das ist sicher richtig, aber:

In erster Linie verhagelt es mir derzeit eigentlich die Stimmung zu sehen/hören, was ich alles verpasst habe und es löst einen großen Frust in mir aus. - Warum? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mal!

Klar ist für mich, Gitarre spielen und musizieren im allgemeinen ist immer noch auch eine Leidenschaft von mir und daher kommt frustriertes Aufgeben auch nicht in Frage.

Allerdings fühle ich mich hauptsächlich parallel auch unglaublich erschlagen von der Fülle der Dinge und da ich mit Familie und Beruf nur noch begrenzt Zeit habe, weiß ich nicht so recht, wie ich aus diesem alten Trott ausbrechen und die neuen Klangwelten entdecken kann.

Sicher wäre regelmäßiger Gitarrenunterricht für solche Dinge ratsam, aber das ist momentan Budgettechnisch einfach auch schwierig. Zumal ich derzeit bereits auch aktiv Gesangsunterricht nehme.
Also bleibt mir nur der autodidaktische Weg, aber ist das überhaupt alles möglich damit?
Gibt es vielleicht ein Werk (in Buchform), das die wesentlich relevanten Spieltechniken strukturiert gut erklärt und mit Übungsmaterial aufwartet, ohne direkt auf Anfänger abzuzielen?)
Gerade bei Spieltechniken, die ja sauber erlernt werden wollen, bin ich da doch eher skeptisch.

Wie seht ihr das?
Hat jemand vielleicht schon ähnliche Erfahrungen gemacht?
 
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Ich habe 2 Links zu von mir erstellten Threads, die dir ggf. weiterhelfen könnten.

Der erste handelt von der Harmonielehre:
https://www.musiker-board.de/thread...such-eines-musiktheoretischen-angangs.624891/

Der zweite handelt so ein bisschen von deinem Dilemma, in dem du dich befindest.
https://www.musiker-board.de/thread...1-jahr-dann-sehe-ich-mich-hier-wieder.629700/

Was du brauchst, ist ein Plan, der dich gezielt und mit System weiterbringt. Melde dich dort doch einmal und schreibe, was du kannst und wo du irgendwann einmal stehen möchtest!
Ich selbst habe das Gefühl keine großen Schritte zur Zeit zu machen und bin auf die Idee mit dem Plan für mich gekommen. Das hilft mir auch sehr weiter und die Schritte sind wieder größer. Man braucht zwar Disziplin und Ehrlichkeit für so einen Plan, aber aus eigener Erfahrung lohnt sich das gewaltig...

Family und Beruf habe ich auch... Ich habe mir mit 32 jetzt täglich ca. 1/2 bis max. 2 Std. Gitarrespielen vorgenommen. Wenn ich mal wirklich keine Lust habe, spiele ich auch nicht. Es klappt wunderbar...

Wie gesagt:
Schreib ruhig mal in die Threads... :great:
 
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Das mit dem Auf-der-Stelle-Treten kenn ich auch. Und ich spiel seit mehr als 35 Jahren Gitarre und Bass. Hab aber auch eine längere Pause drin und vor paar Jahren hat es auch bei mir mal damit angefangen wieder da weiterzumachen wo ich aufgehört hab.
Ich denke den ersten und wichtigsten Schritt hast du schon gemacht: du schaust über den Tellerrand und bist bereit und willig neues zu lernen! Wenn du da dann mal drin bist geht das fast von allein. Youtube etc. sind ganz gute Hilfen dabei - was aber für mich am wichtigsten ist, ist die Interaktion mit anderen Musikern. Muss noch nicht mal in einer Band sein. Viel davon spielt sich zb hier im MB ab, wo ja in diversen Threads Tipps ausgetauscht werden und Soundsamples hochgeladen - und teilweise gnadenlos ehrlich kommentiert :D

Also lass dich nicht entmutigen und erschlagen. Lerne die Techniken die dir Spass machen, lass weg, was dich - zumindest im Augenblick - nicht interessiert. So fang ich zb jetzt an mir Gedanken über andere Tunings zu machen - weiß aber jetzt schon, dass zb ein Open-Tuning sehr, sehr viel Umdenkarbeit mit sich bringen wird, weil ja die gleichen Harmonien dann ganz anders gespielt werden müssen.

Und lass dich nicht hetzen - lern nach deinem Rhythmus - und wie CinRen richtig sagt: wenn es mal einen Tag gar nicht passt, dann eben nicht. Musik machen soll ja Spass machen und kein Stress sein - ausser du willst nächstes Jahr deinen Job an den Nagel hängen und Berufsmusiker werden ;)
 
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Jo ... dann ich mal :gruebel: .

Ich hab auch eine längere Pause hinter mir .... waren so knapp 30 Jahre .

Damals fand ich das , was ich machte gut .

Als ich dann ganz langsam wieder die Finger bewegen konnte ( Bass und Gitarre ) , fiel mir auf , das so manches nicht wirklich OK war . Man konnte zwar so Musik machen , aber es hat einen nicht befriedigt .

So eine Pause kann richtig gut sein , um umzudenken . Manche Sachen sieht man auch auf einmal anders , wobei man nicht bös darüber sein sollte , wie man das eben früher gemacht .

Kleines Beispiel .... ich hab früher nur mit Plek gespielt , jetzt hab ich noch nicht mal eins und am Bass ist das jetzt ne ganz andere Nummer .

Der Kopf verschiebt sich auch und man achtet jetzt auch viel mehr auf Kleinigkeiten , die aber wichtig sind . Ich glaub , das das Musikverständnis weiter wächst , obwohl man nicht gespielt hat .

Ich würde die Situation nutzen , um einen Schritt nach vorne zu machen .... Du hast ja was im Kopf , sonst würde es dieses Thema nicht geben ;) .

Setz es um ! :)
 
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Das was Du schreibst, ließt sich so, das Du Dir zuviel vornimmst.

Natürlich möchte man alle Techniken der Gitarre beherrschen. Praktisch wird man das aber nicht schaffen, weils einfach zuviel ist.

Konzentriere Dich auf das was Du kannst., denn das ist verdammt viel.
Akkordspiel, Pentatoniken (oder Gesang) und Rhythmus!
Mehr braucht es erst mal nicht um gute Musik zu machen.

Die Pentatonik wird meiner Meinung nach oft unterschätzt, da viele gerne sagen, dass sie sie zwar könnten, aber irgendwie langweilig klingt.
Das liegt nicht an der Pentatonik, sondern an dem der sie nutzt!
Rhythmus wird ebenfalls nicht ordentlich geübt. Lerne die Pentatonik in allen rhythmischen Variationen, mit Phrasierungen, Bendings, Slides, hoch, quer, breit mit Dings und Dongs und Du kannst fast 90% des Handwerkszeugs, aller Solis der Rockgeschichte.

2 Hand-Tapping mit jonglierenden Plektren, auf einer exotischen Skala ist zwar schön zu können, aber nicht wirklich notwendig um gute Musik zu machen. Also mMn!

Also los, lass den Kopf nicht hängen und musiziere! Alleine, mit Band, im Duo, Trio oder what ever und habe Spaß dabei.

Ich denke mal jeder Gitarrist hat noch viele Techniken die er nicht beherrscht, aber die Guten haben derweil Spaß mit dem was sie schon können!

Gruß wannenkind.....
 
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@wannenkind, aber es kann auch Spass machen sich weiterzuentwickeln und neue Techniken und Bereiche kennenzulernen. Wobei ich hier den Spass ganz fett unterstreichen möchte!
Wie oben schon erwähnt, ich mach in letzter Zeit paar neue Sachen - aber eben nicht weil ich das Gefühl hab das muss ich jetzt auch können, sondern weil ich will.
Darum mein Tipp an @Matthaei: lerne was dir Spass macht, aber mach dir keinen Stress damit!
 
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@wannenkind, aber es kann auch Spass machen sich weiterzuentwickeln und neue Techniken und Bereiche kennenzulernen. Wobei ich hier den Spass ganz fett unterstreichen möchte!
Wie oben schon erwähnt, ich mach in letzter Zeit paar neue Sachen - aber eben nicht weil ich das Gefühl hab das muss ich jetzt auch können, sondern weil ich will.
Darum mein Tipp an @Matthaei: lerne was dir Spass macht, aber mach dir keinen Stress damit!

Ja logisch.
Ich möchte jetzt auch nicht zum Ausdruck bringen das der TE sich nicht weiterentwickeln soll.

Ich möchte ihm lediglich ein bißchen den Frust nehmen, indem ich halt schreibe das er alles kann, um gute Musik zu machen und das er von dem Berg an Aufgaben, vor dem er sich gerade sieht, lediglich erst mal eine Sache raussuchen soll, sie zu üben.

Also im konkreten Beispiel, erst mal mit einfachen Tapping Übungen beginnen und das Fingerpicking erst mal beiseite legen, ohne dabei das Gefühl zu entwickeln etwas zu verpassen, oder zu wenig zu machen.

Das ist doch das schöne beim musizieren, es gibt immer was zu tun. ;-)

Welcher Gitarrist kann schon alles. Außer man heißt vllt. Jürgen Hendrix-Vai-Scofield-de Lucia. :-D

Also Ruhe bewahren, sich eine, nächste Technik raussuchen und weiter machen.

Druck ist meist kontraproduktiv.
 
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Genau, der Spaß dabei ist sogar das wichtigste! Ohne ist das eben nur eine Pflichtveranstaltung... Wenn man kaum abwarten kann, was neues auszuprobieren oder neues anzuwenden, ist das die beste Voraussetzung. Dann fehlt eben nur noch der persönliche Plan.
 
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