Hallo!
Da gibt es die Mathe Fraktion, die arbeitet mit Skalen, lernt den Quintenzirkel auswendig und fischt sich irgendwelche Töne raus. Soll irgendwie modern klingen.
MODERN!?
Was ist bitte an einer 08/15-Durskala, die man in jeder Tonart des Quintenzirkel kennen und beherrschen sollte, modern!? Die gibt's schon ein paar Jahrhunderte und gehört zur Grundausbildung eines westlichen Musikers! :-D
Den Quintenzirkel sollte man schon können. Hilft auch mächtig beim Transponieren. Wenn ich die Standard-Kadenzen/Wendungen, II-V-I etc. auch in Fis-Dur kenne, dann kann ich auch einfacher in Fis-Dur improvisieren. Oder ein Stück nach Fis transponieren, wenn ich die Struktur kenne. Oder die typischen Stilmittel benutzen. Oder auch eben genau
vermeiden.
Je mehr an Theorie ich kenne, desto mehr kann ich nach Gefühl spielen, weil ich weiß wo ich bin, wo ich hin will und wie ich dort hinwill und mit welchen Mitteln. Theorie entlastet mich beim Improvisieren enorm. Ich kann erst vernünftig Bauch spielen, wenn ich Kopf habe. Und dann wende ich wieder Kopf an, höre die Sachen, spiele, verinnerliche, dann wird's wieder Bauch. Eine große Feedbackschleife:
Hören, Verstehen, Verinnerlichen, Fühlen, Spielen, Hören, ...
Bei mir war's übrigens historisch umgekehrt: Ich habe festgestellt, dass es sowas wie II-V-I gibt, oder Tritonussubstitution und vieles Weiter. Quintenzirkel kannte ich eh, seit ich 7 bin (Klavierlehrer einmal erklärt und verstanden). Als ich dann ein Theoriebuch las, fiel es mir Schuppen von den Augen. Jetzt wusste ich viel besser, was ich da mache, und was ich auch anders machen könnte.
Für mich ist die Balance zwischen Kopf und Bauch wichtig. Ich benutze den Kopf beim Üben und Analysieren, dann habe ich den Bauch beim Improvisieren.
Woher die kopffeindlichkeit kommt .... keine Ahnung. Ausser das berühmte "XYZ kannse nich kernen, das musse haben", um sich von der Masse der Menschen abzusetzen, die XYZ nicht haben und auch nie erlernen werden. Damit ist man dann was Besonderes. XYZ kann z.B. "Blues" sein. Aber ich drifte in die Psychologie und Soziologie ab, da sind die Mechnismen sattsam bekannt ...
Meine Empfehlung:
Bauch und Lauscher: ja, auf jeden Fall!
Theorie aber auch. Jazz-Harmonielehre von Sikora ist da mein Favorit.
Darüberhinaus: Hören, was gute Posaunisten so mit ihrem Instrument anstellen. Sound und Pharsiereung ist ja auch so eine Sache.
Kopf und Bauch, das Yin und Yang der Musik. Nein, ich zünde jetzt kein Weihrauchstäbchen an ...
Also, schau, wo Deine Defizite sind, und arbeite daran. Das gilt sowohl für die Kopf- als auch für die bauch-Fraktion.
Liebe Grüße
Roland