Kristall

[Lehrgut01]

Hallo, hier nach langer Zeit nochmal etwas von mir. Ich habe ein wenig gefeilt, bis ich mit dem Text selbst zufrieden war und bin nun gespannt, wie er euch so gefällt. Ursprünglich hatte ich überlegt am Ende eine positive/ermutigende Wendung (Alternative 2) einzufügen, allerdings glaube ich, dass es in der "traurigeren" Version (Alternative 1) gelungener erscheint, was denk ihr? Nun denn, hier ist der Text:

Als seist du zerbrochen
Wie gestürztes Glas
Ein trauriger Rest
Von dem der du warst

Du liegst hier am Boden
In tausend Teilen da
Während rundherum alles
Schier unaufhörlich rast

Du warst einmal ganz
Du warst einmal heil

Manchmal wärst du gern aus Metall
Dann prallte alles an dir ab
Ein jeder Stoß, ein jeder Schlag

Doch du bist aus Kristall
Und jeder Tritt bringt einen Riss
Der nicht so leicht zu kitten ist

Jeder deiner Muskeln
Scheint völlig lahmgelegt
Auch dein emsiger Geist
Hat sich lang nicht mehr geregt

Doch so kann’s nicht bleiben
Sprichst du im Gebet
Und hoffst, dass bald jemand
Die Scherben wieder klebt

(Alternative 1)
Du wärst gern wieder ganz
Du wärst gern wieder heil

Manchmal wärst du gern aus Metall
Dann prallte alles an dir ab
Ein jeder Stoß, ein jeder Schlag

Doch du bist aus Kristall
Und jeder Tritt bringt einen Riss
Der nicht so leicht zu kitten ist

Ja du bist aus Kristall
Dein Herz ist taktvoll und grazil
Doch zerbrechlich und fragil

(Alternative 2)
Was du grad nicht sehen kannst
Ist ein wichtiger Teil

Ja manche sind bloß wie Metall
Doch alles Licht prallt außen ab
Und im ihrem Inneren bleibt es Nacht

Und bist du aus Kristall
Zu tausend Farben wird zugleich
Ein jedes Licht, dass dich erreicht

Ja du bist aus Kristall
Dein Herz ist taktvoll und grazil
Doch zerbrechlich und fragil

 

[Katz23]

Hallo Lehrgut01,
Eine schöne Idee: der Kristall-Vergleich mit einem zerbrechlichen Menschen. Der Einstieg ist auch stark, da ist man sofort dabei.

Ich würde sie 2. Variante als Ende bevorzugen, nicht unbedingt weil sie positiver ist, sondern weil sie noch weitere Facetten von Kritall mit reinbringt (mit dem Licht). In der 1. Variante wird ja hauptsächlich wiederholt, was schon gesagt wurde.

Die Vergleiche funktionieren ganz gut, allerdings bin ich bei
"Jeder deiner Muskeln
Scheint völlig lahmgelegt"
raus aus dem Bild. Da schaffe ich die Verbindung zu Kristall nicht mehr, weil das eine völlig andere Stofflichkeit ist. Ansonst kann man es gut auf geistige und emotionale Zustände anwenden.

 

[Swingaling]

Hallo Lehrgut01,
Die Vergleiche funktionieren ganz gut, allerdings bin ich bei
"Jeder deiner Muskeln
Scheint völlig lahmgelegt"
raus aus dem Bild. Da schaffe ich die Verbindung zu Kristall nicht mehr, weil das eine völlig andere Stofflichkeit ist. Ansonst kann man es gut auf geistige und emotionale Zustände anwenden.

Das ist ein guter Einwand, finde ich, darüber bin ich auch gestolpert, ohne analysieren zu können weshalb. Vielleicht kannst du an der Stelle aber irgendetwas mit "stumpf" oder "matt" machen, die zum Kristall, aber andererseits auch gut in das Begriffsfeld der Antriebslosigkeit passen?

LG

Swingaling

 

[x-Riff]

Du liegst hier am Boden
In tausend Teilen da
Während rundherum alles
Schier unaufhörlich rast

Das wäre für mich - neben der schon erwähnten Strophe mit den lahmgelegten Muskeln - einer der wenigen Punktabzüge: rasen ist kein positives Wort, meinem Gefühl nach, es soll aber ein Gegensatz aufgebaut werden zum in Scherben am Boden liegenden Kristall. Wobei mir die Umgebung des Kristalls nicht so recht deutlich wird - weshalb ich auch das Rasen nicht in ein für mich intuitiv funktionierendes Bild umgesetzt bekomme ... was wäre denn ein guter Gegensatz zum bedauernswerten Zustand des Kristalls - sicherlich zum einen das Ganze, das Heile, das Unversehrte, Unzerstörte (zu den Scherben), zum anderen das nicht am Boden liegen, was aber nicht gleich ein rasend schnelle Bewegung sein muss, auch ein Schweben sein kann - was vielleicht eher zum Bild des Kristalls paßt ...

Auch mir gefällt die zweite Variation besser, da bislang ungenannte Aspektes des Kristalls ins Spiel gebracht werden: das finde ich eine hohe Kunst: ein Bild wirklich auszukosten, auszumalen, zu vervollständigen: das trägt zum Eindruck einer Geschlossenheit bei, die für mich den Vorzug vor dem inhaltlichen Setzen eines Endes hat: bzw. auch ein offenes Ende ist ein Ende und der mögliche, eher tragische Ausgang kann auch alleine über die Musik transportiert werden ...

Auch dies ist ein songtext, bei dem schon sehr viel drin ist, dessen Kristall aber durch einiges Schleifen und Polieren noch an Strahlglanz gewinnen kann.

x-Riff

 

[Katz23]

Vielleicht noch eine Kleinigkeit, die komisch klingt, aber das könnte auch an mir liegen:

Du liegst hier am Boden
In tausend Teilen da

"Du liegst hier ... da"
Hier da liegen - eigentlich ganz witzig und auch legitim - aber in dem Kontext würde ich eins der beiden Wörter weglassen - rein gefühlsmäßig.

 

[x-Riff]

Ging mir auch so - als ich es aber laut gesprochen habe, floß es ganz gut ...

 

[Lehrgut01]

Danke für eure Beiträge! Ich werde nochmal ein bisschen überlegen.
Ich gebe recht, das mit den Muskeln mag vielleicht nicht ganz passend sein, ich denke da fällt mir noch was ein - vermutlich etwas mit zerlegt, passt ja ins Bild
Bei dem "Rasen" ging es mir darum einen lethargischen Zustand zu untermauern, der bei Hilflosigkeit oder Trauer schon mal auftreten kann. Man wird aus der Bahn geworfen und alles was rundherum passiert scheint dann unglaublich schnell zu gehen. Das war was ich damit ausdrücken wollte. Ich gebe zu, vielleicht ist das nicht ganz optimal im Bild geblieben, allerdings für mich ein wichtiger Aspekt des Gefühlszustandes, den ich im Lied beschreiben will. Da fällt mir jetzt aber adhoc nichts ein, was das ausdrückt und gleichzeitig ins Bild passt.. für Ideen bin ich aber offen