Für mich ist der Musikunterricht eher ein künstlerischer Vorgang denn ein Training. D.h. indem ich den Schüler unterrichte, versuche ich nicht (nur), ihm bestimmte pianistische Fertigkeiten anzutrainieren, sondern ich versuche, ihn unter einem künstlerischen Gesichtspunkt zu bilden und zu erziehen. Ich versuche also nicht, ihm die Unterarmschüttelung beizubringen, damit er die Unterarmschüttelung kann, sondern ich versuche, ihn musikalisch-künstlerisch zu befähigen. Und wenn er dafür die Unterarmschüttelung braucht, bringe ich sie ihm halt bei. Viel wichtiger ist mir dabei aber, daß sich die inneren Fähigkeiten entwickeln, die man zum Musikmachen braucht. Und dazu kann ich mir einen inneren "Trainingsplan" ehrlich gesagt nicht vorstellen. Dazu sind die Menschen im Inneren zu verschieden.
Die äußeren Erfordernisse ergeben sich dann zumeist von selbst aus der Literatur, die gespielt wird, die eben einfach bestimmte Spieltechniken erfordert. Das kann man immer dann lernen, wenn es gebraucht wird. Natürlich wird der Lehrer darauf achten, daß in den Stücken, an denen gearbeitet wird, nicht immer nur dieselben technischen Schwierigkeiten auftauchen. Aber das ergibt sich in der Regel von alleine, wenn man versucht, die verschiedenen Stilepochen (Barock, Klassik, Romatik, Moderne) und deren wichtige Vertreter abzudecken, da diese auch verschiedene Spieltechniken enthalten. Die großen Lehrmeister zur musikalisch-künstlerischen Befähigung sind meiner Ansicht nach immer noch die großen klassischen Komponisten.
Zu Clementi & Hanon:
Wenn Du neben dem Clementi noch genügend Übekapazitäten übrig hast, finde ich "nur" Hanon etwas unglücklich, wenn auch nicht verkehrt. Auch Clementi op.36 No.2 würde ich nicht machen. Du solltest - als Resultat aus dem oben gesagten - eher etwas aus einer anderen Stilepoche dazu nehmen, z.B. Bachs kleine Präludien und Fughetten, Schumanns Album für die Jugend oder etwas aus den Etüden von Burgmüller.
Zum reinen Fingertraining: Tonleitern, Dreiklangsumkehrungen, Kadenzen,Arpeggien über die Stufendreiklänge etc.
Viele Grüße,
McCoy