x-Riff
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Hi @Jongleur und @FerdinandK
in Euren beiden letzten posts äußert Ihr Gedanken, mit denen ich gut mitgehen kann.
Sofern sie aber damit zu tun haben, warum das Texte Schreiben für die Schreibenden so wichtig sind und was da in den Schreibenden passiert, hat das nichts mit der Wirkung auf ein Publikum zu tun. Man muss ja seine Texte nicht veröffentlichen. Es gibt auch Tagebücher etc.
Hier geht es aber um die Wirkung auf das Publikum mit der Kernfrage, ob das Publikum versteht, was der oder die Schreibende sagen will und was die Schreibenden dafür tun können, dass sie nicht missverstanden werden. Und das passiert nur, wenn ich als Schreibender meine Texte in der Öffentlichkeit präsentiere.
Ich würde die Verantwortlichkeit (und um die geht es mir hier) so beschreiben:
Wer veröffentlicht, übernimmt auch Verantwortung dafür, wie das ankommt.
Verantwortlichkeit heißt nicht absolute Sicherheit übernehmen, sondern sich mit dieser Frage auseinandersetzen, was mit meinem songtext durch die Veröffentlichung passiert bzw. passieren kann und so weit wie möglich dafür zu sorgen, dass er seine intendierte Wirkung entfaltet (und nicht missverstanden oder missbraucht wird).
Ein ironischer, (gesellschafts-)kritischer, tabuverletzender oder provozierender songtext soll ja aufwühlen, verunsichern, zu Debatten anregen etc. Das soll ja seine Wirkung sein. In dem Fall würde es diese Wirkung mindern, wenn eine Erklärung etc. mitgeliefert wird, dass das ja alles gar nicht so gemeint ist etc. Und dann muss ich auch davon ausgehen, dass zumindest ein Teil der Wirkung bei mir als Autor landet. Wie ich mich dann dazu verhalte - dazu kann (und sollte) ich mir ebenfalls vorher Gedanken zu machen. Das schließt mögliche Pseudonyme, das bewußte Schaffen einer Kunstfigur etc. ein.
Ich persönlich habe einen Text (von dem ich sehr überzeugt bin), den ich nicht so ohne weiteres veröffentlichen werde, weil er missverstanden werden, vom falschen Lager beklatscht, gefeiert und als eigene Hymne vereinnahmt werden kann. Er ist aus Sicht eines selbstüberzeugten religiösen Fundamentalisten geschrieben, der in dem Aufruf zur Gewalt gipfelt, diese gutheißt und in dem der Autor sich als Werkzeug und Schwert Gottes sieht. Der Text entstand kurz vor 9/11 und kann seitdem nicht mehr ohne den Kontext von 9/11 rezipiert werden.
Ich müsste ihn umschreiben oder in einen eindeutigen Kontext (z.B. mit Video, Vor- oder Nachspann, erklärenden Worten etc.) gestellt werden - und auch da wäre fraglich, ob nicht der song selbst oder Teile davon (z.B. der Refrain) davon losgelöst kursiert und genau die gegenteilige Wirkung befeuert - nämlich als Aufruf zur Gewalt als von Gott gebilligt oder befohlen.
Ein recht neuer Kontext stellen hierbei die sozialen Medien dar, die es genau ermöglichen, songs in einen neuen Kontext zu stellen und dann zu vervielfältigen.
Kunstschaffende auf der Bühne und in direktem Kontakt mit dem Publikum - daher auch die Rückfrage an den threadersteller - können für diesen Kontext sorgen. Dort ist der künstlerische Vortrag eh ganz anders eingebettet. In soziale Medien wie youtube kann bzw. muss man damit rechnen, dass sie in Kreisen kursieren und eventuell verändert werden, die man nicht mehr beeinflussen kann.
Das ist zweifellos sehr komplex und ich würde keine Forderung aufstellen, die versucht, alle möglichen Folgen etc. vorherzusehen und sozusagen unschädlich zu machen. Das geht nicht.
Dennoch bleibt die Verantwortung der Schreibenden, der seine Werke veröffentlicht, aus meiner Sicht bestehen und ist aufrecht zu erhalten. Genau so, wie man eben auch zu jeder eigenen Handlung und Position stehen können muss, Kant und so.
Ich setze hier mal einen Punkt, sonst wird das leicht uferlos ...
Interessant ist es allemal.
Vielleicht eins noch zum Zeitgeist: Jeder Zeitgeist ist dominant - sonst wäre er keiner! Blasen hat es immer gegeben und schon Tucholsky pflegte sein Publikum zu fragen, ob es wirklich so dumm sei, wie der Verleger es ihm immer wieder sage (das wird nicht verstanden ...) - und zur Zeiten der Fackel von Karl Kraus war es auch schon so und hundert Jahre vorher auch. Tucholsky: https://www.abipur.de/gedichte/analyse/274-an-das-publikum-tucholsky.html
Natürlich ändern sich die Zeiten und damit die Möglichkeiten - da sehe ich heutzutage in erster Linie die sozialen Medien (welche es auch erlauben, die früher üblichen gatekeeper Verleger etc. quasi aushebeln) und eine paradoxe Öffentlichkeit, in der - demokratisch, demokratisch - irgendwie immer alles gesagt können müssen dürfen soll (oder so ähnlich) und gleichzeitig verschiedene freiwillige Polizistenvereinigungen (in Anlehnung an die Jazzpolizei) für die Eingemeindung in den alles überragenden gesellschaftlichen Konsens stellt und sozusagen permanent Leitplanken dessen, was gesagt werden darf und soll, aufstellt.
x-Riff
in Euren beiden letzten posts äußert Ihr Gedanken, mit denen ich gut mitgehen kann.
Sofern sie aber damit zu tun haben, warum das Texte Schreiben für die Schreibenden so wichtig sind und was da in den Schreibenden passiert, hat das nichts mit der Wirkung auf ein Publikum zu tun. Man muss ja seine Texte nicht veröffentlichen. Es gibt auch Tagebücher etc.
Hier geht es aber um die Wirkung auf das Publikum mit der Kernfrage, ob das Publikum versteht, was der oder die Schreibende sagen will und was die Schreibenden dafür tun können, dass sie nicht missverstanden werden. Und das passiert nur, wenn ich als Schreibender meine Texte in der Öffentlichkeit präsentiere.
So wie der Satz formuliert ist, kann man nur JA sagen. Das hat aber eher damit zu tun, dass NICHTS AUF DIESER WELT das sicherstellen kann - und also die Kunstschaffenden auch nicht.ES IST NICHT DIE AUFGABE DES KÜNSTLERS DIE INTERPRETATION SICHERZUSTELLEN!
Ich würde die Verantwortlichkeit (und um die geht es mir hier) so beschreiben:
Wer veröffentlicht, übernimmt auch Verantwortung dafür, wie das ankommt.
Verantwortlichkeit heißt nicht absolute Sicherheit übernehmen, sondern sich mit dieser Frage auseinandersetzen, was mit meinem songtext durch die Veröffentlichung passiert bzw. passieren kann und so weit wie möglich dafür zu sorgen, dass er seine intendierte Wirkung entfaltet (und nicht missverstanden oder missbraucht wird).
Ein ironischer, (gesellschafts-)kritischer, tabuverletzender oder provozierender songtext soll ja aufwühlen, verunsichern, zu Debatten anregen etc. Das soll ja seine Wirkung sein. In dem Fall würde es diese Wirkung mindern, wenn eine Erklärung etc. mitgeliefert wird, dass das ja alles gar nicht so gemeint ist etc. Und dann muss ich auch davon ausgehen, dass zumindest ein Teil der Wirkung bei mir als Autor landet. Wie ich mich dann dazu verhalte - dazu kann (und sollte) ich mir ebenfalls vorher Gedanken zu machen. Das schließt mögliche Pseudonyme, das bewußte Schaffen einer Kunstfigur etc. ein.
Ich persönlich habe einen Text (von dem ich sehr überzeugt bin), den ich nicht so ohne weiteres veröffentlichen werde, weil er missverstanden werden, vom falschen Lager beklatscht, gefeiert und als eigene Hymne vereinnahmt werden kann. Er ist aus Sicht eines selbstüberzeugten religiösen Fundamentalisten geschrieben, der in dem Aufruf zur Gewalt gipfelt, diese gutheißt und in dem der Autor sich als Werkzeug und Schwert Gottes sieht. Der Text entstand kurz vor 9/11 und kann seitdem nicht mehr ohne den Kontext von 9/11 rezipiert werden.
Ich müsste ihn umschreiben oder in einen eindeutigen Kontext (z.B. mit Video, Vor- oder Nachspann, erklärenden Worten etc.) gestellt werden - und auch da wäre fraglich, ob nicht der song selbst oder Teile davon (z.B. der Refrain) davon losgelöst kursiert und genau die gegenteilige Wirkung befeuert - nämlich als Aufruf zur Gewalt als von Gott gebilligt oder befohlen.
Ein recht neuer Kontext stellen hierbei die sozialen Medien dar, die es genau ermöglichen, songs in einen neuen Kontext zu stellen und dann zu vervielfältigen.
Kunstschaffende auf der Bühne und in direktem Kontakt mit dem Publikum - daher auch die Rückfrage an den threadersteller - können für diesen Kontext sorgen. Dort ist der künstlerische Vortrag eh ganz anders eingebettet. In soziale Medien wie youtube kann bzw. muss man damit rechnen, dass sie in Kreisen kursieren und eventuell verändert werden, die man nicht mehr beeinflussen kann.
Das ist zweifellos sehr komplex und ich würde keine Forderung aufstellen, die versucht, alle möglichen Folgen etc. vorherzusehen und sozusagen unschädlich zu machen. Das geht nicht.
Dennoch bleibt die Verantwortung der Schreibenden, der seine Werke veröffentlicht, aus meiner Sicht bestehen und ist aufrecht zu erhalten. Genau so, wie man eben auch zu jeder eigenen Handlung und Position stehen können muss, Kant und so.
Ich setze hier mal einen Punkt, sonst wird das leicht uferlos ...
Interessant ist es allemal.
Vielleicht eins noch zum Zeitgeist: Jeder Zeitgeist ist dominant - sonst wäre er keiner! Blasen hat es immer gegeben und schon Tucholsky pflegte sein Publikum zu fragen, ob es wirklich so dumm sei, wie der Verleger es ihm immer wieder sage (das wird nicht verstanden ...) - und zur Zeiten der Fackel von Karl Kraus war es auch schon so und hundert Jahre vorher auch. Tucholsky: https://www.abipur.de/gedichte/analyse/274-an-das-publikum-tucholsky.html
Natürlich ändern sich die Zeiten und damit die Möglichkeiten - da sehe ich heutzutage in erster Linie die sozialen Medien (welche es auch erlauben, die früher üblichen gatekeeper Verleger etc. quasi aushebeln) und eine paradoxe Öffentlichkeit, in der - demokratisch, demokratisch - irgendwie immer alles gesagt können müssen dürfen soll (oder so ähnlich) und gleichzeitig verschiedene freiwillige Polizistenvereinigungen (in Anlehnung an die Jazzpolizei) für die Eingemeindung in den alles überragenden gesellschaftlichen Konsens stellt und sozusagen permanent Leitplanken dessen, was gesagt werden darf und soll, aufstellt.
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