Nahmikrofonierung: Sousaphon, Posaune, Bassklarinette.

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Hallo Leute,

ich nehme demnächst ein Quintett auf, das zeigenössischen Jazz spielt. Die Besetzung ist Schlagzeug, Kontrabass (Fünfsaiter), Sousaphon/Bassposaune, Tenorposaune mit Quartventil, Tenorsax/Bassklarinette. Das Konzept sind also tiefe akustische Sounds und ich sehe die Herausforderung darin, dass es nicht mulmig und undefiniert klingen darf.

Mir stellen sich nun verschiedene Fragen. Ich bin natürlich nicht ganz unbedarft, aber falls jemand Ideen oder mehr Erfahrung hat als ich freue ich mich über Kommentare.

Ich mikrofoniere zum ersten mal ein Sousaphon und eine Bassklarinette. Beim Sousa sehe ich das Problem, dass sich der Trichter vor dem Mikro möglicherweise stark bewegt und der Sound sich verändert. Größerer Mikrofonabstand? Da der Musiker Sousa und Bassposaune spielt hätte ich ein Sennheiser MD 441 für beide Instrumente benutzt. Bei tiefem Blech habe ich damit gute Erfahrungen gemacht.

Bei der Bassklarinette wieß nicht nicht genau wo die bessten Ansatzpunkte zur Mikrofonierung sind. Auf jeden Fall werde ich den Schallbecher mit einem Sennheiser Clip-Mikro bestücken, damit sich der Musiker nicht eingeschränkt fühlt. Zusätzlich hätte ich eine Großmembran etwa 20-30cm von vorn auf den Korpus gerichtet, zwischen den Händen des Klarinettisten.

Der Raum klingt ziemlich gut/interessant. Er ist eher länglich dimensioniert, so dass ich etwas Entfernung zwischen Raummikros und Band bringen kann. Der Wunsch des Bandleaders ist ein intimer ungeschönter Sound, ala Route 70.

http://youtu.be/7zfhWPZR1f8
Fun Fact: Ich glaube das ist sogar der Take der auf dem Album gelandet ist. Man beachte wie Jochen Rückert erst am Ende den Raum betritt und mit seinem Schlüssel raschelt ... großen Kino. ;)

So sieht die geplante Mikrofonierung aus:

Raum - 2x Line Audio OM1 (Kleinmembraner Kugeln in groß AB)
OH - 2x Line Audio CM3 in ORTF
Snare - Rode NT5
Bassdrum - Rode NT2A oder AKGD112, je nachdem wie's auf der Probe klingt.
Kontrabass - DI-Box + Shure KSM32 (mittlere Membran)
Tenorposaune - MD441
Bassposaune/Sousaphon - MD441
Tenorsax - Großmembran am Trichter (zB TLM103), eventuell zusätzlich seitlich ein NT5 an den Klappen.
Bassklarinette - Großmembran frontal, Clip-Mikro am Trichter.

Das Ganze wird im selben Raum aufgenommen mit zwei Motu 8pre (Eins USB als Master und ein Firewire-Modell als Preamp-Konverter per ADAT angeschlossen).

Das Projekt startet mitte März.

Gedanken? Stolperfallen? Anregungen? :]

Gruß!
 
Eigenschaft
 
Hallo Klaus,

dein Projekt ist ja mittlerweile sicher schon aufgenommen & gemischt. Würdest du etwas über deine Erfahrungen mit dieser Mikrofonierung schreiben? Mich würde interessieren wie du zufrieden bist/was du ändern würdest bei:

- Close-Miking Aufnahme von der Bläsergruppe ganz ohne Stereomikrofonierung (die CM3 waren ja für den Trommler, richtig?)
- Verhalten des Raumes/Halls durch Mischung von Reverb-Effekt auf Close-Mics und OM1 AB - oder hast du gänzlich auf künstlichen Hall verzichtet?
- OM1/CM3 - wie zufrieden bist du mit den Mics? ;) (ich habe die auch, konnte sie bisher aber nur 1x bei Schlagzeug-Aufnahmen testen)
- Clipmikro vs standard-Mikrofon (MD441) - wie sind die klanglichen Unterschiede und Vor-/Nachteile? Würdest du bei Verfügbarkeit hochwertiger Clipmikros (z.B. DPA) diese Methode auch für Recording vorziehen, oder führt der kurze Instrument-zu-Mikro Abstand zu klanglichen Problemen?
- hast du bei den Drums noch einen Hall genutzt für die Tiefenstaffelung?

LG
Patrick
 
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Schönen Sonntag euch allen.

Letztlich kommt immer alles anders als gedacht. Die Aufnahme musste kurzfristig in einem anderen Raum gemacht werden.

Ich habe die OM1 (Kugeln) als AB-System aufgestellt (etwa 60cm Abstand), dann die Bläser auf die eine und Bass/Schlagzeug auf die andere Seite gestellt. Zusätzlich habe ich aber noch Hall-Busse verwendet um einen größeren Raum zu schaffen. Die Raummikros haben aber einen schönen schwebenden Sound ergeben. Ich habe sie noch 80ms verzögert um ein wenig Predelay zu erhalten. Ich bin Soundmäßig sehr zufrieden mit den OM1, allerdings hatte ich in der Anwendung als Raum-Mikro probleme mit dem Rauschabstand. Das kann aber auch an den Preamps meiner MOTU-8Pre liegen.

Die beiden Posaunen waren jeweils in etwa 30cm Abstand mit einem MD441 abgenommen. Auch beim Sousaphon hat das gut funktioniert. Meine Angst der Sound würde sich bei Bewegungen des Trichters zu sehr verändern hat sich nicht bestätigt.

Das Tenor bekam ein Rode NT2-A auch etwa 30cm von schräg oben auf den Trichter und ein NT5 von der Seite auf die Klappen am Knie gerichtet. Für sich genommen klang das sehr gut. Hier hatte ich aber später große Probleme um das Tenor in die Posaunen hinein zu blenden, da das Tenor durch die vielen Luftgeräusche und die hoch aufgelösten Höhen sehr präsent war. Ein zusätzliches MD441 für's Tenor wäre nicht schlecht gewesen.

Die Bassklarinette hatte letztlich ein RE20 am Trichter und ein NT5 an den Klappen (etwa zwischen den Händen des Musikers). Das Ergebnis ist schön warm und doch präsent genug. Am Teno hat mir das RE20 übrigens überhaupt nicht gefallen. Klang wie ein altes Radio. ;)

Um den Bass habe ich einiges an Absorbern und Trennwänden aufgestellt um nicht zu viel Schlagzeug auf der Bassspur zu haben. Schräg vor dem Steg stand das KSM32 leicht nach oben gewinkelt. Das Signal vom Pickup ging in eine DI-Box. Zusätzlich habe ich die Saiten etwa auf dem Übergang zwischen Hals und Korpus mit einem Rode NT5 mikrofoniert, was beim Anschlag einen schönen Knack gegeben hat. Normalerweise hätte ich das nicht gemacht, aber bei diesem speziellen Bass hat es das gebraucht, da er sehr dunkel und matt klang.

Beim Schlagzeug hingen die CM3 als Äquivalenz-Stereosystem über dem Kit. Hier hatte ich keine Probleme mit Rauschen, denn der Gain musste natürlich nicht so hoch sein. Bei einer Akustik-Sologitarre bin ich an anderer Stelle mit meinen Stock-Preamps aber schon an Grenzen gestoßen. An der Snare tat das Sennheiser Clip-Mikro seinen Dienst problemlos. Für die Bassdrum gab es in Ermangelung an Alternativen eine Kombination aus D112 und einem Rode NT5.


Um jetzt nochmal direkt auf die Fragen oben einzugehen:
- Ganz ohne Stereo-Mikrofonierung ist es halt sehr direkt. Mit den MD441 ist das eigentlich sehr schön, aber ein Raumsignal bringt einfach viel mehr Leben in den Klang.
- Ich habe nur soviel Raummikros beigemischt bis ich eben diesen Effekt der Lebendigkeit bekommen habe. Zur Tiefenstaffelung und zur Erzeugung einer größeren schwebenden Räumlichkeit habe ich mehrere (Faltungs-)Hallbusse benutzt. Um mir die große Räumlichkeit des Faltungshalls nicht kaputt zu mahcen habe ich die Raummikros etwas verzögert. Keine Ahnung ob das Orthodox ist. ;)
- Mit den Line-Audio-Mikros bin ich Soundmäßig sehr zufrieden bis auf die Rauschprobleme weil ich meine Preamps so weit aufreißen musste.
- Ich habe neulich eine Liveaufnahme gemacht und hatte einen DPA-Clip an einem Altsax. Habe das Mikro am Schwanenhals so weit wie möglich vom Instrument weg plaziert und damit ein (für mich als Saxophonist) sehr gut klingendes Ergebnis erzielt. Wenn man natürlich die Färbung einer Großmembran will, dann wird man damit nicht glücklich.
- Ja, fast alles hat noch ein kleines Fitzelchen Hall bekommen um ein wenig mehr Glue zu haben.

Gruß!
 
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Danke für diesen ausführlichen Bericht! Ich hätte noch eine Frage bezüglich des Pannings: Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, fungiert das AB-System ja als Raummikrofone, aber nicht als Hauptmikrofone. Hast du das Panning trotzdem an das AB-System angepasst oder ist der Einfluss der Raummikros so gering, dass es keine Rolle spielt?
 
Ich hatte mir natürlich vorher überlegt welche Instrumente auf dem AB-System wie abgebildet werden. Dementsprechend habe ich auch das Panning der Bläser entsprechend angepasst. Bei Bass und Schlagzeug hab ich ein bisschen getrickst und trotzdem ins Center gepannt.
 
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