Polyrhythmik richtig notieren? (mit Hörbeispiel...)

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Moin,
Ich habe mal eine Frage: wenn in einem Stück mehrere Stimmen gleichzeitig völlig unterschiedliche Rhythmen spielen, und man will das in Noten ausschreiben, wie wird das richtig gemacht?
Konkretes Beispiel: Der Anfang von Meshuggah - "Perpetual Black Second"

Die Gitarre spielt ein sich ständig wiederholendes Muster in 7/8, das Schlagzeug spielt gleichzeitig einen normalen 4/4-Takt mit Snare auf der 3. (by the way, geile Band!)

So, und angenommen ich will das jetzt songbook-reif notieren... schreibe ich dann alles in 4/4 und mache einfach die Achtel- und 16tel-Balken der Gitarrenstimme über die Taktstriche hinweg, so daß man die zusammenhängende Figur erkennt, oder kriegt jedes Notensystem seine eigene Taktangabe? :confused: auch irgendwie krank, dann stehen die Taktstriche kreuz und quer in der Gegend.... da ich davon ausgehe, daß es in der Klassik etc. sowas auch gibt, wurde doch da sicher irgendein schlaues System entwickelt? Kennt sich jemand aus oder hat nützliche Tips und Hinweise zum Thema Polyrhythmik?

Ich hoffe auf euch... ;)

Timur

edit: huiuiui, ich habe mal ein bißchen in diesem Forum geblättert... es gibt also noch einen Unterschied zwsichen Polyrhythmik und Polymetrik... mein Beispiel ist dann wohl Polymetrik? ach naja, was solls, ich bin halt nicht vom Fach... :)
 
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Mir ist nicht ganz klar, ich habe es auch nicht hören können, ob beide instrumente synchron spielen oder nicht, denn davon hängt die notierung ab. Mit anderen worten: sind die längen der achtel in beiden stimmen identisch? Dann wäre es polyrhythmik, 4/4 takt, in der gitarrenstimme jeweils 7 töne mit balken verbunden, auch über den taktstrich hinaus.
Oder verlaufen die 7/8 im gleichen zeitraum wie die 4/4 ? Dann notiert man die verschiedenen taktarten mit gemeinsamem taktstrich, die einen achtel wären länger als die anderen.
Beides kommt vor.
 
Günter Sch.;2111769 schrieb:
Mir ist nicht ganz klar, ich habe es auch nicht hören können, ob beide instrumente synchron spielen oder nicht, denn davon hängt die notierung ab. Mit anderen worten: sind die längen der achtel in beiden stimmen identisch?

Ja, die Achtel sind identisch. Darum geht es ja. Das kann man hören: nach exakt 8 Wiederholungen des Gitarrenriffs (jeweils 7/8tel, zusammen 56 Achtel) und 7 Wiederholungen des 4/4 Schlagzeugrhythmus (= ebenfalls 56 Achtel) fallen die beiden Taktarten wieder zusammen.

Das heißt also, wenn ich dich richtig verstanden habe, immer 7 Achtel mit einem Balken verbinden, über die Taktstriche hinaus, und das Ganze in 4/4 notieren.
 
So, ich habe mal mit dieser Methode versucht, das von mir oben verlinkte Stück auszunotieren... und bin über eine Schwierigkeit gestolpert. Die Figur (aus 6 Tönen), die über dem 4/4-Takt immer wiederholt wird und eine Länge von genau 7/8 hat, wird durch die Taktstriche so unterbrochen, daß man die Achtel und punktierten Achtel auftrennen und überbinden muß, damit man den Taktstrich dazwischensetzen kann. Bilder sagen mehr als Worte (s. angehängtes Bild). Dieses System ist also auch irgendwie bescheuert... wollte man das durchziehen, sähe alles tausendmal komplizierter aus als es ist...

Wohlgemerkt, dadrunter muß noch das Schlagzeug ausnotiert werden, das nichts weiter macht als: eins zwei drei vier, eins zwei drei vier....

Ich will mich jetzt nicht auf diese spezielle Stelle festbeißen, aber das Album, wo das herkommt (Meshuggah - "Nothing"), baut zum großen Teil auf solchen Verschiebungen verschiedener Rhythmen gegeneinander - und wenn man das alles heraushören/nachspielen/aufschreiben will, muß man sich wohl was schlaues überlegen...
 

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vorab, wenn das Achtel als Metrum gleich ist, dann ist es polyrhythmisch, wenn es verschiedene Metren hätte, wäre es polymetrisch.

Speziell bei dieser Notierung hätte ich jetzt keine Probleme, das erste Achtel der zweiten Gruppe als Einzel-Note zuschreiben, wird ja durch den Bindebogen über den Taktstrich zusammengehängt.

Viel einfachher wäre allerdings, das Ganze im 7/8 zu schreiben, das Drumset mit seinen durchgängigen Vierteln, wäre in Achteln notiert augenfälliger - ... wenn denn eine gemeinsame Taktart unbedingt sein muß.

In der Praxis wäre mir persönlich viel sympatischer, wenn man die beiden Notenlinen von Gitarre und Drums am Anfang durch einen Strich verbindet, die Gitarre in 7/8 notiert, die Drums in 4/4 - dabei die Taktstriche für den 4/4 "augenfällig richtig" unter den 7/8 schreibt, den gemeinsamen Taktstrich nach 56 Ahteln auch wieder über beide Notenlinien.
Und ganz oben drüber notieren, daß die Achtel gleich sind.
Somit weiß jede Stimme wo sie dran ist, jeder kann so lesen, wie es sinnfällig ist.

...übrigens wird so auch afrikan. Trommelmusik notiert, die ja aus wesentlich mehr als zwei verschiedenen Taktarten bestehen kann.
 
Wenn rhythmus und struktur kompliziert sind, ist es die graphische wiedergabe auch, du bist auf dem richtigen weg, und irgendwann kommen die beiden stimmen wieder zusammen, und am schlagzeug kann man sich festhalten (darin besteht der besondere reiz vom spiel von beat und off-beat). Statt der punktierten achtel würde ich eine sechzehntel-note anhängen, wäre übersichtlicher für blatt-leser/spieler wie mich.
Ich hatte versucht, ein modell zu basteln, bekam es aber nicht ins "board", vielleicht haben wir mal die möglichkeit, von Cubase oder einem anderen programm aus direkt zugreifen zu können.
Auch mich interessieren strukturen der rock-musik, um sie interdisziplinär verarbeiten (und verstehen) zu können, aber es ist ein harter job, sie herauszufiltern, improvisierte musik ist nicht leicht schriftlich festzuhalten. Wie kommst du denn zu solchen aktivitäten? Ich bin durch "klassische moderne" an so etwas gewöhnt. Etwa auch bei Skjrabin geht vieles "taktübergreifend".
Im übrigen freue ich mich, dass wir uns verstanden haben, ist immer ein lichtblick in der öde.

Wie ich sehe, hat Basie eine andere, praktische lösung aus dem blickwinkel eines perkussionisten, ich sehe es vom standpunkt einer korrekten "partitur".
 
Günter Sch.;2112651 schrieb:
improvisierte musik ist nicht leicht schriftlich festzuhalten.

Speziell bei dieser Band ist es etwas anderes :) die haben streng durchkomponierte Stücke, die neben dem derben Metal-Sound eben diese ziemlich komplexen rhythmischen Spielereien verwenden, alles auf ziemlich ausgefeiltem Niveau (wieviel Takte braucht welches Instrument, um wieder mit dem Rest zusammenzufallen, damit dann der nächste Abschnitt beginnen kann etc...)

Günter Sch.;2112651 schrieb:
Wie kommst du denn zu solchen aktivitäten?

relativ einfach... ich bin Gitarrist und mag Progressive Rock und bin irgendwann auf diese Band gestoßen... und dachte, es kann ja für das eigene Rhythmusgefühl nicht schaden, solche Stücke mal mit der Band nachzuspielen... aber dafür muß man es halt irgendwie sinnvoll (übersichtlich & nachvollziehbar) schriftlich festhalten können.

Da gefällt mir dein System irgendwie besser... wenn ich in dieselbe Partitur übereinander unterschiedliche Taktarten notieren müßte, fühlt sich das so komisch an für das Ästhetikempfinden:) aber beide Systeme sind sicherlich sinnvoll. Letztendlich ist es ja auch egal, wie man es macht - bevor man es nachspielt, muß man sowieso erst den Rhythmus "spüren"...

Übrigens würde mich wirklich mal interessieren, in welchen Bereichen der Musik solche Polyrhythmen noch auftreten... Skrjabin also? sollte ich mir mal anhören (habe leider nicht so viel Ahnung von neuerer "Klassik"...)

Also dankeschön nochmal an Günter und Basie - ich würde sagen, meine Frage ist beantwortet :)
 

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