Schubert, Impromptus Ges-Dur op. 90 Nr.3

McCoy
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Hallo liebe Foristen,

ich habe hier zwei Ausgaben der Schubert Impromptus, die eine von Walter Niemann (Edition Peters), die andere von Walter Gieseking (Urtext Henle).
Beim Impromtus in Ges Dur, op. 90 Nr.3, stehen in beiden Ausgaben in Takt 5 unterschiedliche Harmonien.

Bei Gieseking steht in Takt 5 auf der Zählzeit 4 (also die Vierte Halbe) durchgehend Ges-Dur, wie hier:

http://2.s.cdn2.semplicewebsites.com/music/larger_c33c20745083882cbec05ed8de89c40b.jpg


Bei Niemann steht auf Zählzeit 4 ein Bb7-Akkord, also in der l.H. von unten nach oben F und d, in der rechten bb, d', as', bb', also Zwischendominante zur Mollparallele Es-Moll. (Ich kann keider gerade keine Screenshots einbinden, und diese Version finde ich im Netz nicht als Noten).

Man kann sich den Unterschied anhören bei Alfred Brendel, der die Gieseking-Version spielt (bei 0:24):



und bei Horowitz, der an nach Niemann spielt (bei 0:53):



In den Anmerkungen der beiden Ausgaben finde ich alles mögliche, nur dazu nichts, obwohl das doch ein gravierender Unterschied ist. Weiß dazu zufällig jemand etwas?

Viele Grüße,
McCoy
 
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Hallo,

ich kann vielleicht etwas Halbwissen beitragen. Zunächst mal ist der Autograph zu den Impromptus online zu finden unter:

http://www.themorgan.org/music/manuscript/115648

da ist jedenfalls kein Wechsel zur Zwischendominante zu sehen.

Nach meinem Wissen ist die von Dir beschriebene Abwandlung erstmalig in der ja auch sonst recht frei von Liszt bearbeiteten 'Cota Edition' der Impromptu zu finden:

http://imslp.org/wiki/4_Impromptus,_D.899_(Schubert,_Franz)#For_Piano_solo_.28Liszt.29

Insofern gehe ich bisher davon aus, dass die Bb7 Version eher einer kapriziosen Überarbeitung entstammt, als direkt auf Schubert zurückzugehen. Eine interessante Klangvariante ist das aber schon :rolleyes:
 
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Super, dankeschön!

Franz Liszt kommt vermutlich das Verdienst zu, viele dieser Stücke überhaupt erstmal bekannt zugemacht zu haben. Radio, Schallplatte oder Internet hatten die ja damals noch nicht. Wenn man etwas hören wollte, mußte jemand das spielen. :D Dabei hat er es wohl seinen Bedürfnissen angpasst. Urtexttreu waren die Musiker damals ja sowieso nicht immer, wahrscheinlich genausowenig wie die Jazzer heute: Wenn McCoy Tyner 'Round Midnight spielt, tut er das ja auch ganz anders, als Monk es komponiert hat.

Der Autograph ist ja hoch interessant: Der doppelte Alla Breve-Takt am Beginn des Stückes hat deutliche Anzeichen von Korrekturen, und die ungeraden Taktstriche sind deutlich blasser und breiter als die geraden. Ab der dritten Zeile sind sie gar nicht mehr vorhanden. Schubert hat wahrscheinlich auch hin und her überlegt, wie man das Stück am besten notiert.

Viele Grüße,
McCoy
 
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