[Stratocaster] Stratbody mit Hartöl behandeln

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Heute möchte ich vorstellen, wie ich den Body meiner Strat mit Hartöl behandelt habe.

Die Vorgeschichte zur Strat findet Ihr hier.

Nach einigem gedanklichen Hin und Her habe ich mich entschlossen, den Korpus der Strat nicht zu lackieren, sondern basierend auf meinen Erfahrungen mit den Holzgehäusen alter Radios, ihn zu hartölen.

Zur Erinnerung: So sah der Body bei Kunstlicht aus, nachdem "alle Farbe frisch runter" war:

DSC02721.JPG


und mit montierter Hardware sah er bei Tageslicht so aus:

DSC03100.JPG


Er wirkt irgendwie roh und unbehandelt. Kann man so lassen oder man ändert es individuell. Zum Beispiel mit Farbauftrag, farblosem Lack, individuellem Bemalen oder Öl. Ich entschied mich für Hartöl.

Warum keine deckende Farbe? Nun, Holz ist ein natürlicher Werkstoff, Holz ist Natur. Holz ist keine künstliche "polierte Platte". Ist der Lack einmal ab und das Holz benutzt, so sieht man daren jede Riefe, jeden Grat, jede Scharte, jeden Umgang mit ihm. Freilich könnte man nun feinschleifen wie ein Blöder. Aber das nimmt dem Holz auch seine Seele, seine Jahre - das wollte ich nicht. Mit einer dünnen, mattgänzenden Schicht Öl drauf wird aus so einem Stück Holz ein Kunstwerk, welches sich weich schmeichelnd in die Hand schmiegt.

Was ist also zu tun? Zunächst einmal ist zu schleifen, zu schleifen und nochmals zu schleifen. Sich bereits abzeichnende Verschmutzungen wollten entfernt sein, außerdem galt es vor allem, die Oberfläche gleichmäßig aufzurauhen. Eigentlich ist der Body bereits aalglatt wie ein Kinderpopo, denn der Hersteller hat ja bereits werksseitig bezüglich der Grundierung seine Hausaufgaben gemacht. Das Schleifen hat also den oben erwähnten Grund und soll dem Öffnen der Poren des Holzes dienen.

Ich habe 220er, dann 320er dann 500er Naßschleifpapier verwendet und um Schluß mit Stahlwolle relativ fest aufgedrückt übergerieben. Das hat dem Holz nichts geschadet, aber alle Rundungen bekamen dadurch vor allem dort einen sauberen Abschliff.

Nach dem Staubsaugen - der Body muss wirklich peinlich sauber sein - erfolgte der erste Auftrag von Clou Hartöl mit dem Pinsel.

Da der Korpus werksseitig extrem grundiert ist, saugte er das Öl im Gegensatz zu unbehandelten Rohlingen oder Furnier auf Gehäusen, wo es regelrecht verschlungen wird, kaum auf. Daher habe ich - um die Gefahr von ungleichmäßiger Trocknung oder Schlieren zu vermeiden - den Auftrag dann mit Zewa wieder fein runtergewischt. Zum einen, um überflüssiges Hartöl abzunehmen und zum anderen, um absichtlich nur einen hauchdünnen, ersten Auftrag zu bekommen.

Die Trockung erfolgte über Nacht und am nächsten Morgen sah der Body nun so aus:

DSC03231.JPG


Es hatten sich dennoch ein, zwei feine Schlieren gebildet, aber das war egal, denn ich wischte nun mit Zewa und Nitroverdünnung ohnehin die Poren wieder auf. Denn nach einem weiteren intensiven Trocknen kam mit bodenloser Absicht eine Schicht oranger Beize drauf!

So sah der Korpus mit der stumpfen Schicht Beize aus:

DSC03246.JPG


Warum diese Vorgehensweise? Ich möchte nicht, dass das Holz stark gebeizt wird und sich orange verfärbt. Außerdem hätte ich möglicherweise bei diesem grundierten Body auch gar keine Chance gehabt, eine mehr oder weniger deckende Schicht Beize aufzutragen. Ich möchte lediglich einen feinen orangen Schimmer auf dem Holz haben, er darf meinetwegen auch etwas fleckig sein - mehr nicht! Die Beize habe ich mit einem Zewa-Ballen nur ein- oder eher nur auf die Oberfläche fest aufmassiert (die Latexhandschuhe waren Pflicht):

DSC03239.JPG


Wie schon geschrieben - viel kann hierbei nicht passieren, da ja der Korpus durch die werksseitige Grundierung und durch meinen ersten dünnen Hartölauftrag relativ geschützt ist. Die Beize kann also nur dort etwas einziehen, wo die Poren des Holzes noch mehr oder weniger offen sind.

Über Mittag ist alles bestens getrocknet. Nun habe ich wieder geschliffen, geschliffen und geschliffen. Mit 320er, dann 500er Naßschleifpapier. Zum Schluß wieder mit Stahlwolle. Anschließend erfolgte ein erneutes Aufpinseln plus dünnes Einwischen der zweiten Schicht des Hartöles. Nach dem Trocknen wiederholte sich die gleiche Prozedur mit der dritten Schicht Hartöl am Abend. Jetzt musste der Body mindestens 24 Stunden trocknen, das Hartöl braucht unbedingt diese lange Trockenzeit, damit es aushärten kann. Das folgende Foto zeigt das Ergebnis:

DSC03259.JPG


Man sieht ihn nun, diesen orangen Schimmer. Das Orange wirkt je nach Lichteinfall ganz leicht fleckig bis fast nicht sichtbar. Ebenso sieht man einen "nassen" Glanz des Hartöles. Aufgrund der sich jetzt zeigenden Reflexionen ist das allerdings schon schwieriger zu fotografieren. Dieser Glanz wird wieder weggeschliffen, aber nur hauchdünn! Die Kunst besteht m.E. nicht nur darin, einen neuen Ölauftrag gleichmäßig aufzuwischen, sondern sie besteht darin, jetzt erst einmal diesen speckigen Glanz ganz gleichmäßig und feinst wieder abzutragen, ohne dabei bis aufs Holz durchzuschleifen! Feinster Zwischenschliff ist das A und O, soll das Vorhaben gelingen. Das Ziel ist ein matter Glanz, der dann mit weiteren, hauchdünnen Schichten Hartöl erreicht wird.

(Wird fortgesetzt)
 
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Einschub: Anbei ein Foto von der Verschmutzung, die sich begann, auf dem Korpus abzuzeichnen. Dieses Grau wurde dunkler und dunkler und fraß sich regelrecht in den Korpus ein.

DSC_Schmutz.jpg
 
Kommt Zeit, so kommt nicht nur Rat. Sondern bei denen, die mit Hartöl arbeiten, kommt auch der Moment, wo das Öl nun mehr oder weniger ausgehärtet ist. Zeit also, das Instrument zusammenzubauen. :)

Der Body meiner Strat sieht nun so aus:

DSC03286.JPG


und bei anderem Lichteinfall so:

DSC03288.JPG


Die mattglänzende Oberfläche ist gut zu erkennen, ebenso das changierende Orange.

Es ist kein Hexenwerk, eine Stratocaster zusammenzuschrauben und einzustellen. Ich spare mir also die Worte dazu. Hier die Fotos des fertigen Instrumentes:

DSC03290.jpg


DSC03292.JPG


Das war's! Ich würde mich freuen, wenn das geschilderte Verfahren Nachahmer findet! :)
 
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Sieht sehr gut aus. Ich habe das vor Jahren mal mit einem E Bass gemacht und Auro Hartöl verwendet. Beim Esche Korpus den ich in Natur und ungebeizt ließ sah das Ergebnis so aus:

f4t2p60n1.jpg


f4t2p61n1.jpg


Ich hätte den auch gerne gebeizt und zwar blond, war mir aber wegen dem Ergebnis nicht sicher. Man hat ja nur einen Versuch. ;)
 
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Ich habe inzwischen einige Bodies, und ALLE meine Hälse mit dem Hartölfinish behandelt. Allerdings verwende ich eine andere Methode: Es wird nicht eingepinselt oder aufgetragen, sondern eingeschliffen. Das hat sich von allen Versuchen als die besten Methode erwiesen. Mit 240er und 320er Schleifpads etwas aufgetragenes Hartöl einschleifen. Es entsteht ein wenig "Matsch", eine Mischung aus Hartöl und Holzabrieb (Staub). Diese "Masse" in das Holz einreiben. Je nach Holzsorte und Oberfläche (die schon vorher fein geschliffen sein sollte) muss die Prozedur ggf. wiederholt werden. Danach die Oberfläche mit einem trockenen, nicht fusselnden Tuch polieren, je nach dem ob man seidenmatt oder glänzend haben möchte. Nach dieser Methode ist die Oberfläche so, das die grauen, matten oder stumpfen Stellen gar nicht erst entstehen. Wer aber stärker mit Handschweiß Probleme hat, oder es Stellen gibt, die oft Hautkontakt haben (Armshaping) sollte diese Stellen ab und zu mit etwas Hartöl reinigen und einreiben.
Ich habe Bilder eingefügt, wie und womit ich die Hälse bearbeite. Ist etwas mühsamer als einfach nur einpinseln, lohnt sich aber..Vom Einreiben und Polieren habe ich leider keine Bilder...

.IMG_2645.jpg IMG_2646.jpg IMG_2647.jpg IMG_2648.jpg
 
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Moin!

Interessante Schleiftechnik! Ich kenne das nur vom Drechseln, dass man bis 600 schleift und dann mit einem Stück Scotch Brite das Hartöl aufträgt.

Schicken Gruß,
Etna
 
@murle1 ,

Das klingt wirklich interessant. Auf eine Einschleif-Technik wäre ich nie gekommen. Super Hinweis, danke!

@Moulin ,

Ja, so in etwa würde es bei mir aussehen, wenn ich nicht gebeizt und wieder abgeschliffen hätte. Es wäre "nur" die Struktur / Maserung der Erle durchgekommen. Das "Orangieren" hatte bei mir noch den Hintergrund, die Plankigkeit etwas zu kaschieren, da die äußeren Holzteile etwas dunkler sind.
 
20171021_174639.jpg

Moin moin

Ich habe deinen Thread als Idee genutzt um eine Harley Benton von der Tonne zu bewahren.

Das Resultat soll einem jungen Mädchen gefallen und nicht ganz so gut gelungen wie deine.
 
Und noch einmal schreibe ich die Geschichte meiner Stratocaster fort. Aber jetzt ist es bestimmt ein letztes Mal. ;)

Es begab sich nämlich, dass mir zufällig ein Göldo-Body über den Weg lief. Und angesichts seines Preises konnte ich einfach nicht widerstehen.

Hier ist er:

DSC03998_s.jpg


Das Beklopfen des neuen Bodys ergab vergleichsweise zum schwer beschreibbaren, kurzen und trockenen "tock, tock" des alten Bodys mehr oder weniger genau denselben Ton; nur, dass er frequenzmäßig ein klein wenig höher lag. Keine größeren klanglichen Abweichungen! Das stimmte mich erwartungsvoll. Außerdem ergab das genaue Vermessen der Halstasche, dass sie wirklich und wahrhaftig nur um insgesamt 0,2 mm tiefer gefräst war, als die originale. Ich hatte seinerzeit und auch erst vor kurzem mal wieder bei Göldo-Korpi richtig große Abweichungen gemessen - hier hingegen macht die Abweichung rein gar nichts aus!

Schaut Euch mal die Halstasche an. Mich wundert etwas - siehe Pfeilmarkierungen. Ist das lediglich aufgezogene Folie, die an den Kanten umgelegt und verklebt ist, oder was ist das? Und ist das normal?

DSC03995_s.jpg


Also habe ich mich am vergangenen Wochenende beigemacht und die Bohrungen für das Pickguard und die Tremoloabdeckung gesetzt, anschließend habe ich die Strat zusammengebaut und neu justiert. Der Hals passte saugend in die Fräsung der Halstasche. Das hat insgesamt zwei Tage gedauert: neues Einstellen der Halskrümmung sowie der Höhe der Bridge (schwebendes Tremolo) nebst ihren Reitern. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch gleich einige der zu langen Madenschrauben passend gekürzt (mit der Feile die Unterseite der Schrauben abgefeilt und sie dabei flächig gefeilt). Es scheppert nur die g-Saite, da muß ich nochmal nachjustieren, ansonsten passt's. Sehr schön!

So sieht die Dunkle, Schöne nun aus:

DSC04036_s.jpg


Vergleichweise zum alten Body habe ich den Eindruck, dass sie noch etwas "unterkühlt" klingt, noch einen Ticken zu analytisch. Aber ihre klangliche Tendenz hin zur vorherigen Strat ist ganz eindeutig herauszuhören. Bei anderen Korpi hatte ich immer den Eindruck, ein ganz anderes Instrument vor mir zu haben. Das ist mit diesem Body nicht der Fall. :)

Tja, nun hat sich zu diesem Pärchen hier (ich schrieb darüber hier):

DSC03752_s.jpg


ein weiteres Pärchen hinzugesellt:

DSC04003_s.jpg


(Man beachte vergleichsweise zum linken, originalen Fender-Body das deutlich weiter nach rechts rübergezogene Shaping des Göldo-Bodys.)

:)
 
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und um Schluß mit Stahlwolle relativ fest aufgedrückt übergerieben.

Ich habe meine Gitarren auch mit Hartölwachs behandelt, aber nur je 2 Schichten
mit zwischenschliff.........Zum Feinschliff würde ich niemals Stahlwolle nehmen,
sondern diese Schleif-Pads aus Kunstfaser (gibt es in verschiedenen Körnungen).
Zum Glanzpolieren habe ich dann das Rockinger Wax genommen und einen fusselfreien Lappen.

Pad > https://www.amazon.de/Connex-Schlei.../dp/B00CFY0CX4/ref=sr_1_13?ie=UTF8&qid=152691

IMG_3806.JPG
IMG_3424.JPG
 
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@ Stratspieler: Das ist "um die Ecke" lackierter Lack. Und das ist gut so. Gäbe es da eine scharfe Kannte, bestünde die Gefahr das dort der Lack sich ablöst, wenn "gebastelt" wird. Hinten würde ich es so lassen, unten etwas anschleifen - immer in Richtung innen der Halstasche.
 
@murle1 ,

herzlichen Dank! Endlich weiß ich hier mal Bescheid! Weil ich hatte schon argwöhnische Bedenken, dass es sich hier nur um eine Folie handelt.

@*Capricorn* ,

sieht schnieke aus und herzlichen Dank für den Tipp!

:great: :)
 
@murle1 ,

herzlichen Dank! Endlich weiß ich hier mal Bescheid! Weil ich hatte schon argwöhnische Bedenken, dass es sich hier nur um eine Folie handelt.

@*Capricorn* ,

sieht schnieke aus und herzlichen Dank für den Tipp!

:great: :)

Beim Schleifen bitte darauf achten: Immer nach innen. Sonst kann doch noch Lack wegbrechen. (Schreibe aus eigener schlechter Erfahrung!)
 

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