Vernachlässigung von E- und A-Saite beim Solospiel?

Adson
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Guten Morgen allerseits,

ich habe da mal eine Frage, die möglicherweise total dämlich ist. Allerdings beschäftigt sie mich seit einigen Wochen:

Ich bin - ursprünglich Keyboarder - erst vor ein paar Jahren zur Gitarre gekommen.
Und wie ich das vom Piano her gewohnt war, habe ich natürlich auch lange alle gängigen Skalen mit den "richtigen" Fingersätzen eingeübt.
Das heißt, ich habe bei den Übungen alle 6 Saiten gleichermaßen bespielt.

Wenn ich aber einfach nur aus Spaß vor mich hin soliere, stelle ich fest, dass ich die Saiten D, G, B und E viel öfter verwende, als die beiden tieferen E und A Saiten.
Die A-Saite kommt dabei noch relativ gut weg, die tiefe E-Saite spiele ich nur dann, wenn es sich mit vernünftigen Aufwand (Abstand) nicht anders realisieren lässt, oder wenn die Tonlage einfach unterhalb der A-Saite liegt.

Der Grund dafür ist mir klar: Die tiefen Saiten sind - zumindest für mich - anstrengender zu greifen und zu spielen als die oberen 4.
Insbesondere Töne, die mit dem kleinen Finger auf E- oder A-Saite gegriffen werden müssten, vermeide ich oft (unbewusst).

Wie sieht das in der Spielpraxis bei fortgeschrittenen Gitarristen aus? Spielt ihr bei einem Solo gleichmäßig oder gleich häufig auf allen Saiten?
Oder ist das gewissermaßen "normal", dass die tiefen Saiten bei einem Solo nicht so oft gespielt werden, wie restlichen?

Es geht mir vor allem darum, ob ich meine Spielpraxis beim Solieren generell verändern sollte (alle 6 Saiten gleichmäßig verwenden), oder ob das vielleicht nicht so wichtig ist, wie ich denke.

Danke im Voraus für eure Erfahrungen und Tipps :)
 
Eigenschaft
 
Die tiefe E-, die A- Saite sind Bass Saiten. Die werden ehe weniger gegriffen.
 
Also zunächst einmal: Saubere Technik vorausgesetzt, sollte auch ein kleiner Finger auf den tiefen Saiten kein Hinderniss darstellen und auch nicht anstrengender zu greifen sein. Das mal vorweg, hier würde ich ggf nochmal überprüfen ob du technisch in Sachen Handhaltung gut unterwegs bist.

Wie du ja weißt, sind Fingersätze am Klavier in jeder Oktave gleich, auf der Gitarre jedoch nicht. Das liegt an der Terz zwischen G und H Saite die mit dem Quartenmuster bricht. Dadurch kann es sich durchaus ergeben dass man bestimmte Fingersätze, auch abhängig von dem was davor und danach kommt, auf den höchsten vier Saiten vorzieht, weil diese dort einfach günstiger liegern als "unten".

Die übrigen Fragen sind meines Erachtens eher Fragen des Sounds und der musikalische Gestaltung. Wie dir ja wahrscheinlich auch schon aufgefallen ist, neigen die tiefen Saiten je nach Gitarre, Mensur, Pickups und eingestelltem Sound ein eher zum Matschen und undefiniert sein als höhere. Willst du in einem Sound gleichzeitig eine dicke Suppe die unten beim Begleiten zudeckt, und sich obenrum im Mix beim Solo durchsetzt, musst du ggf die Fingersätze bzw den Ort auf dem Griffbrett der Situation anpassen. Du kannst das ja auch als Vorteil begreifen. Gerade klassische Gitarristen machen sich da recht viel Gedanken drüber, wie sie ihre Interpretation der Stückes mit der Wahl des Fingersatzes unterstützen können.
Letztlich kommt noch dazu, dass gewisse Spieltechniken das Denken auf dem Griffbrett gewissermaßen in die horizontale zieht. Slide wäre so eine Spieltechnik, auch Tapping, an das Klavier angelehnte, sich wiederholende Motive durch mehrer Oktaven, manche Formen von Legatospiel etc etc.

In Summe würde ich sagen, es ist ganz normal, und wahrscheinlich halten die die meisten Gitarristen in der Tendenz beim solieren etwas mehr in der höchsten Saitengruppe auf. Solltest du deswegen die unteren Saiten bei Bedarf jederzeit einbeziehen können: Ja, solltest du. Ich denke hier gilt wie immer der Grundsatz, dass man versuchen sollte sich nicht von vermeintlichen Hindernissen oder persönlichen Spieltechnischen Schwächen das Ergebnis diktieren zu lassen, das man eigentlich verfolgt. Daher: Wenn es dich nicht daran hindert den Sound in deinem Kopf zu Gehör zu bringen ist alles gut, ansonsten würde ich dran arbeiten.

grüße B.B.
 
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Wenn man die tiefe E-Saite spielt, dann fühlt man sich für einen kurzen Moment wie ein Bassist, und das will man ja möglichst vermeiden :D
 
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Hi,
ich würde mal sagen, das Ziel beim Solospiel ist nicht die gleichmäßige Auslastung aller Saiten oder Bünde, sondern genau das umzusetzen, was Du hören willst.
Oft ist es einfach so, dass sich beim Solo in der Band die höheren Saiten einfach besser durchsetzen und deshalb sich eher anbieten.
 
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mit anstrengend oder schwierig hat das imho nichts zu tun.
die hohen töne setzen sich erstens besser durch und zweitens kann man sie schöner heulen lassen.

dazu spielt man ja auch öfter die gesangsmelodie, das sind ja auch eher die höheren Frequenzen
 
..... lange Läufe lassen sich wunderbar mit der E Saite beginnen und ......

Geschmacksache ..... Nutze eigentlich oft die E und A Saite für Soli .......

Kommt aber auch auf die Gitarre an, manche klingen auf bestimmten Lagen einfach "besser"
 
Wie sieht das in der Spielpraxis bei fortgeschrittenen Gitarristen aus?
Prinzipiell spielen sich soli ja meist in den höheren Regionen ab, aber, wie dir schon aufgefallen sein wird, gibt es auf der Gitarre immer verschiedene Wege, eine Tonabfolge zu spielen, etwas anders als beim Klavier. Wenn man in den höheren Lagen spielt, kommen dann auch vermehrt, die tiefen Saiten zum Einsatz.
Die Finger richtig aufsetzen ist eigentliche eine Sache der Gewöhnung, im Grunde nicht anders als bei den höheren Saiten.
meine Spielpraxis beim Solieren generell verändern sollte (alle 6 Saiten gleichmäßig verwenden), oder ob das vielleicht nicht so wichtig ist, wie ich denke.
Spiel so, wie es für dich am bequemsten ist, aber du wirst merken, wenn du alle Saiten mit einbeziehst, hast du manchmal halt kürzere und komfortablere Wege,
und du bist flexibler auf dem Griffbrett unterwegs.
Viel Erfolg noch auf der Gitarre
Micky
 
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Beim Solo verwende ich die Bassaiten E und A meist für 'muted' Läufe, als leicht abgedämpft. Je weiter es Richtung Melodiesaiten geht, desto offener spiele ich diese Saiten.
Das ist keine Faustregel, aber ich setze diese Läufe sehr oft ein. Von tief nach hoch, von gedämpft zu offen.
 
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Wow! Vielen vielen Dank für eure Antworten und Tipps :great:

Ich schätze fast, dass das bei mir so ein Fall ist, bei dem zu viel Nachdenken nicht zu einem brauchbaren Ergebnis, sondern nur zu Unsicherheit geführt hat.
Im Grunde mache ich es schon immer mehr oder weniger genau so, wie ihr es auch beschreibt.
Ich war mir nur plötzlich (zu viel denken - zu wenig spielen) unsicher, ob ich damit auch im Hinblick auf meine gitarristische Weiterentwicklung richtig liege.

Leider habe ich auch Corona-bedingt zur Zeit keinen Unterricht und somit niemanden, den ich hätte direkt fragen können.

An meinen "Problemzonen" im Hinblick auf den kleinen Finger auf den Bass-Saiten werde ich mal gezielt arbeiten.
Ich habe mich tatsächlich schon öfter dabei erwischt, dass ich selbst große Intervalle auf diesen Saiten statt mit dem kleinen mit dem Ringfinger gespielt habe.
Das ist zwar eine schöne Dehnübung, aber ganz sicher auf Dauer keine gute Praxis ;)

Nochmal vielen Dank für eure Hilfe. Ich bin sehr froh, dass es dieses Forum gibt.
Ich habe hier schon sehr viel gelernt, was in keiner Gitarreschule und in keinem YouTube-Tutorial zu finden ist.

Ich wünsche allen noch einen schönen Abend :)
 
Spontan fällt mir hier Zappas (live-) Solo von Cone head ein, da werden die beiden tiefen Saiten relativ oft gequält, quasi als Wechselseitiger Kontrast zu den jeweils anschliessenden Phrasen auf den hohen Saiten.
Solo ab ca 1:38
 
Ich habe mich tatsächlich schon öfter dabei erwischt, dass ich selbst große Intervalle auf diesen Saiten statt mit dem kleinen mit dem Ringfinger gespielt habe.
Das ist nicht unbedingt von Nachteil, denn so hast du den Kleinen frei um mit ihm z.B einen neuen "RUN" zu beginnen.
Ich hab mich viel zu lange auf die Ein Finger pro Bund-Methode konzentriert.
 
Kommt aber auch auf die Gitarre an, manche klingen auf bestimmten Lagen einfach "besser"
Und nicht nur das, je nach Bauform kommt man ab einer bestimmten Lage halt etwas schwerer an die E und A Seite. bei meiner Semi (rel. kleines Cutaway) so über dem 14. Bund.
 

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