Warum ist ein Dis höher als ein Es?

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Anm. d. Mod.: Ausgelagert aus Thema 'Wie spielt man die D# und A# Akkorde im Bass?'

aber eigentlich ist mir nicht klar, was sich klanglich ändert.
Ein Dis ist höher als ein Es. Das kann man über die Frequenzen ausrechnen.

Die Frage ist, wie man damit umgeht.

Ganz pauschal kann man sagen:
Ein Dis führt weiter nach oben, also als Leitton zum E. Genauso für alle anderen erhöhten Töne. (also mit Kreiz oder entsprechendem Auflösungszeichen)
Wenn also E-Moll folgt, dann schreibt man H-Dur und nicht Ces-Dur.

Analog dann: Ein Es leitet nach unten weiter, also wenn D der nächste Ton ist.

Wenn es natürlich zu absurden Tönen oder Tonarten kommt wie oben A-is -Dur, ist das völliger Schnulli, sowas schreibt man normalerweise nicht. Eine Tonart mit zehn Kreuzen, hallo. Für einen Gitarristen, der nur Barre-Griffe rumschiebt, mag das egal sein, aber auch unter Gitarristen kennt ja nun jeder Bb-Dur.

Diese Konventionen sind auch fürs Blattspiel sehr wichtig. Wenn man da ständig über unkonventionell verwendete Versetzungszeichen nachdenken muss, frisst das Gehirnkapazität ;)
Interessant wird es bei verminderten Akkorden, da hat man dann oft Kreuze und Bs in einem Akkord - daher erkennt man die beim Blattspiel auch ganz gut.

Aus der Logik ergibt sich dann auch, warum es manchmal Doppelkreuze und Doppel-Bs gibt, man also Fisis statt G schreibt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Aber Streicher können sehr wohl zwischen Dis und Es unterscheiden und tun es auch beim Solospiel oder beim Zusammenspiel mit ihresgleichen.


Ein Dis ist höher als ein Es. Das kann man über die Frequenzen ausrechnen.

Ja, ich habe davon gehört.
Aber könnt ihr es mal genauer erklären, auch wenn das hier nicht hingehört?

Vor allem interessiert mich, wie Streicher "damit umgehen".
Nehmen wir H Dur nd bauen einen Durakkord. Die Durterz kling höher als ein Es, wenn man Was tut? Kleine Terz von C moll bauen?
Welche Regeln gibts da, bzw wie hört man es sich "zurecht?

Ich hatte ja mal Reinstimmung in der linken Hand simuliert, in denen die Akkorde trotz gleicher Töne auch unterschiedlich klingen.
 
Ein Lehrer hat es mir mal so erklärt, ich hoffe, das stimmt so und ist anschaulich:

Wenn Du eine Oktave hochgehst, verdoppelt sich die Frequenz. Wenn Du Quinten hochgehst, multiplizierst Du die Frequenz mit 3/2.

Man kann jetzt zB vom tiefen C ausgehend in Oktaven (Verdopplung) und in Quinten (mal 3/2) nach oben gehen, bis man sich bei C bzw. His wieder trifft.
Die Zahlen sind nicht die gleichen, sondern His ist etwas höher. Also 2 hoch 7 ist 128, 3/2 hoch 12 ist 129 komma irgendwas.

Daher ist his etwas höher als C. His also als "Leitton von Gis-Dur" zum Cis, C als "Septime von D7" leitet zum H.
(Am Ende kommt man damit auch auf die temperierte vs. reine Stimmung, weil dieser Unterschied auf die zwölf Halbtöne verteilt wird)

Ein Geiger müsste also einen nach oben leitenden Ton etwas höher greifen als den enharmonisch wervechselten, der nach unten führt. Ob der das wirklich macht, weiß ich nicht. Die machen ja eigentlich immer Vibrato. Vielleicht in alter Musik?
Ich empfinde das auch als höher, wenn ich ein Kreuz sehe gegenüber einem b, das "schiebt" irgendwie nach oben, ich fühle das auch beim Singen - aber ob ich da wirklich einen anderen Ton singe oder das zweifelsfrei höre, habe ich noch nie ausprobiert. Beim Klavier oder Akkordeon fällt es mir nicht auf.
Manche hören es aber bei der Orgel und sagen, dass eine temperierte Stimmung nicht gut klingt. Eine reine dagegen (in der der Leitton wirklich höher ist als die "Mitte") strahlt.
Man könnte es mal am Computer mit generierten Tönen ausprobieren... wenn ich mal Zeit habe, machen wir das mal ;)

Da fällt mir noch ein - in der Romantik hast Du ja diese witzige Abfolge von zB D7 - F#/C# - C#7 - F#.
Da wird also die nach unten "drückende" Septime enharmonisch umgedeutet zu einem His und führt nach oben zum Cis. Das müsste in Reinstimmung forschtbar klingen.

Jacob Collier spielt auch mit dieser Mikrotonalität, es gibt von ihm ein tolles Video, in dem er eine Stunde lang erklärt, wie er "Moon River" aufgenommen hat. Fand ich super spannend. Also er hört solche Sachen, und wenn er es erklärt, hat man auch den Eindruck, dass man es hört ;)
 
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Ja, die Theorie ist klar und ich höre das auch.
Aber was machen die Streicher anders wenn sie Kreuze oder B sehen?
Ich hatte auch schon etliche Videos dazu gemacht und will das jetzt nicht weiter vertiefen.
Nur dieser intonatorische "Umgang" interessiert mich schon ein wenig.
Allein wenn ein Orchester spielt und es klingt einfach wunderbar nach Dur und ich spiele meine Töne dazu, dann klingt das oft viel zu klein und unrein. Das ärgert mich manchmal.

Andererseits, eine in alter Stimmung gestimmte Orgel oder Cembalo finde ich gruselig.

Vierteltöne gehen aber schon wieder.
 
Nur dieser intonatorische "Umgang" interessiert mich schon ein wenig.
Ja, das ist spannend. Ich frage mal nach bei Gelegenheit, was die Geiger im A-Orchester machen, wo ich jemand kenne. Kann aber etwas dauern.
Meine Vermutung ist, dass die das intutiv machen und nicht so detailliert drüber nachdenken.
Bei den Trompeten müsste man das eigentlich auch hören.

Du hast doch bestimmt auch Kontakt zu Profis?

Man müsste da mal gemeinsam rumprobieren, was da warum wie klingt.
 
Hier geht einiges durcheinander. Ob es in der Frequenz einen Unterschied zwischen z.B. dis und es gibt, hängt von der zugrunde gelegten Stimmung ab. In aller Regel werden Akkordeons gleichstufig gestimmt, da gibt es diesen Unterschied NICHT. Wenn jetzt eine Geige dazu kommt, muss sie sich anpassen und sollte tunlichst auf diese Unterscheidung verzichten. Diese Rechnung mit den 12 Quinten bezieht sich auf reine Quinten - die haben wir am Akkordeon nicht. Alle Quinten sind gleich falsch gestimmt, nämlich etwas zu klein. Damit kommt man von C aus nach 12 Quinten sehr wohl zu His mit derselben Frequenz wie C (natürlich um Oktaven verschoben).
Andererseits, eine in alter Stimmung gestimmte Orgel oder Cembalo finde ich gruselig.
Wenn man die dazu passende Musik nimmt, klingt es göttlich :)
 
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Ein Dis ist höher als ein Es
Naja, so einfach ist das nicht :D

Für Joachim Quantz, dem Flötenlehrer von Friedrich II. im 18. Jahrhundert, war ein Dis niedriger als ein Es.
Zur Zeit der Barockmusik waren die reinen Terzen noch ziemlich wichtig und eine rein gestimmte große Terz ist immer niedriger als unsere heutigen gleichstufigen Terzen. Wer also Wert auf reine Terzen legte, und das Instrument es hergab, spielte also das Dis niedriger.
Das ist heutzutage an vielen Stellen auch immer noch so. Blechbläser erzeugen natürliche Obertöne, da kommen dann auch reine Terzen raus - zumindest wenn man's richtig macht.

Quelle: Johann Joachim Quantz, "Versuch einer Anweisung die Flöre traversière zu spielen", 1752

Im Buch gibt es auch ein Stichwortverzeichnis, da taucht der Begriff "Leitton" nicht auf. Der Leitton wird erst historisch später wichtiger. Es kommt also immer auf den musikalischen Kontext an, wie hoch ein Ton gespielt werden sollte.

Bei Orgeln wurde seinerzeit - und auch heute bei historischen Orgeln - oft die mitteltönige Stimmung verwendet, die reine Terzen präferiert, allerdings auch nur mit C-, F- und G-Dur richtig klingt. Mit jedem weiteren Kreuz wird's immer schiefer...
 
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Das Instrument scheint mitteltönig gestimmt zu sein, oder? Also eine Stimmung, die für Bach auch schon eher altmodisch war. Musik, die 100 Jahre früher entstanden ist, passt besser. Obwohl: das erste Stück von dem Video geht zur Not auch mitteltönig. Was gefällt Dir daran nicht?
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Wir hatten das Thema schon mal. Temperiert ist nicht dasselbe wie gleichstufig, da gibt es einen Denkfehler. Und eine reine Stimmung ist nicht möglich. Irgendwo muss man den Fehler in der Stimmung hinpacken, der sich z.B. nach 12 Quinten zeigt. Jedensfalls gilt das für die abendländische Musik, die davon ausgeht, dass Harmonien möglich sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was mir daran nicht gefällt?
Naja, viele meiner Erwartungen an Intervalle werden permanent enttäuscht und liegen grottig daneben.
Ich meine, das kann man als Intension in bestimmter anderer Musik sicher sehr effektvoll ausnutzen, aber in solcher wohlstrukturierten Musik, die mit den Spannungen in der Musik arbeitet darf es nicht sein, dass zb. Leittöne einen km zu schmal oder zu breit sind. Das macht doch alles kaputt?

Hast Du mal bitte ein Beispiel, das Deiner Meinung nach "göttlich" ist? Wo alles passt?

Ich würde wirklich gern versuchen, mich da hinein zu hören, so wie es mir bei 15 Ton Skalen und Vierteltonskalen teilweise gelingt!

Aber eigentlich ging es mir um die Frage, wie ein Streicher intoniert.
Ein paar Takte mit einer wirklich schönen, sehr fein gestimmten Intonation und am besten dagegen die selbe Stelle mit einem Klavier, das deutlich macht was daran anders ist.

Und damit wir beim Thema bleiben vielleicht sogar im Zusammenhang mit Ais und Bb oder D# und Eb

Das ist wirklich etwas, das man mit Sample Libraries nicht lernen kann, denn die sind auch nur schnöde temperiert gestimmt.
 
Das ist wirklich etwas, das man mit Sample Libraries nicht lernen kann, denn die sind auch nur schnöde temperiert gestimmt.
In Cubase kann man Microintonation einstellen, da gibt es zum Einen vorgefertigte Sets mit verschiedenen Intonationskonzepten und mann kann wohl auch eigene Intonationen einstellen. Bin mir aber nicht sicher, ob das nur in den Pro-Versionen so ist.
Das sollte dort auch mit samplebasierten Instrumenten gehen, und sonst nimmt man halt einen Synth.
 
Das stimmt natürlich, aber es ist eben keine feste Skala sondern eine permanent neu zu entscheidende Angelegenheit, je nach Umgebung.
 
Moin!

Warum ist ein Dis höher als ein Es? Isses das?
Iregendwo im Hinterkopf habe ich abgelegt, dass erstaunliucherweise das Es höher(!) ist als das Dis.

Muss noch weiter forschen, aber:

"...
Now our imaginary guitar has a D-sharp string tuned to 75/64 Hz and an E-flat string tuned to 6/5 Hz. These strings are almost but not quite tuned to the same pitch—the E-flat string is only 125/128 Hz sharper than the D-sharp string.
.."
https://www.ethanhein.com/wp/2022/why-are-d-sharp-and-e-flat-considered-to-be-two-different-notes/

Und da mir das eine Violinisten erzählte:
"...
Unter Berücksichtigung der Frequenzverhältnisse der leeren Saiten errechnet man dabei das Gegenteil von dem, was die meisten Geiger glauben: Nicht das dis, sondern das es ist höher.
...
Nun sind Leittöne aufwärts ja meistens die Durterz der Dominante, und reine Durterzen sind hörbar tiefer als temperierte. Wenn es also stimmt, daß Streicher Leittöne höher intonieren, dann heißt das nichts anderes, als daß sie sie eher genauso hoch wie auf dem Klavier nehmen und das dis eher derselbe Ton wird wie das es.
..."
http://www.pian-e-forte.de/texte/01inton.htm

Ich muss mal darüber meditieren.

Grüße
Omega Minus
 
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Iregendwo im Hinterkopf habe ich abgelegt, dass erstaunliucherweise das Es höher(!) ist als das Dis.
Ja.

Also so habe ich die dynamische Intonation verstanden:
Das führt praktisch zu genau dieser Konsequenz.

Verbleibendes "Problem" ist, dass man keine festen Bezugspunkte hat und es gibt auch keinen Grund, warum allgemein manche Töne "wichtiger" als andere sein sollten.

Bei Streichern kann man vielleicht die (auf reine Quinten gestimmten) leeren Saiten als fest und gegeben annehmen.


Die im Film gezeigten Cent-Korrekturen lassen sich auch nachvollziehen, wenn man die gleichschwebenden mit den jeweils rein gestimmten Intervallen vergleicht.


Die Beispiele aus dem Dynamic-Pure-Tuning-Filmchen:

(alles auf 3 Nachkommastellen gerundet)

Große Terz Es-G
Gleichschwebend
ergibt sich 4 Halbtonschritten ein Faktor von 1,260.
Eine reine große Terz entspricht allerdings einem Faktor von 1,250 (5:4).
Die gleichschwebende große Terz ist also 14 Cent zu groß.
Dies, wird ausgeglichen, indem diese 14 Cent Abweichung vom Ideal so aufgeteilt werden, dass das Es 7 Cent höher gestimmt wird und das G darüber 7 Cent tiefer, um eine reine große Terz zu erhalten, die demnach nicht gleichschwebend 400 Cent, sondern nur 384 Cent groß ist.
Es: +7 Cent
G: -7 Cent
Die beiden Töne sind also insgesamt 14 Cent näher zusammengerückt als gleichschwebend und erklingen somit rein (5:4).

Quinte dazu: Es-G-Bb

Die Quinte dazu bedeutet, dass noch eine kleine Terz obendrauf kommt oder eben vom Es aus gesehen die Quinte.
Die gleichschwebende Quinte (mit 7 Halbtonschritten) entspricht aber dem Faktor 1,498 statt rein 1,500 (3:2). Sie ist also gleichschwebend 2 Cent zu klein,
Es: +4 Cent
G: -10 Cent
Bb: +6 Cent
Jetzt hat sich alles ein wenig verschoben, um "im Mittel" möglichst wenig von der gleichschwebenden Stimmung abzuweichen.
Aber immer noch haben wir die große Terz um 14 Cent ggü. gleichschwebend verkleinert.
Vom Es zum Bb liegen ggü. der gleichschwebenden Stimmung 2 Cent weiter auseinander, um eine reine Quinte (3:2) zu erreichen.
Der Akkord in sich klingt also rein.

Das könnte man statt mit Quinte auch genau so mit einer gestapelten großen Terz rechnen.
Statt Faktor 1,200 (6:5) wäre die gleichschwebend mit Faktor 1,189 um um 16 Cent zu klein.
Vom G mit Ausgleich -10 Cent muss das Bb also noch um 6 Cent erhöht werden, um diese 16 Cent zu erreichen. man kommt also zum gleichen Ergebnis.

Nur Quinte Es-Bb
Hier muss man "nur" die eben genannten 2 Cent Differenz ausgleichen, so dass es minimal invasiv genügt, das Es 1 Cent tiefer und das Bb ein Cent höher zu nehmen.
Es: -1 Cent
Bb: +1 Cent
Im Ergebnis hat man eine reine Quinte (3:2)

D# F# B
Das entspricht einem B-Dur-Dreiklang (deutsch: H) in der 1. Umkehrung.
Zwischen D# und F# erwarten wir also eine kleine Terz, die gleichschwebend um 16 Cent zu klein wäre. Diese zusätzlichen 16 Cent zwischen D# und F# werden entsprechend verteilt und zwischen D# und B brauchen wir ein um 14 Cent vergrößertes Intervall, um eine reine Quarte (4:3) zu erreichen:
D#: -10 Cent
F#: +6 Cent
B: +4 Cent

Für den reinen Klang kommt es nur auf die Frequenzverhältnisse innerhalb des Akkordes an. Die absoluten Frequenzen bzw. die Aufteilung der Korrekturen werden bei diesem Verfahren so verteilt, dass man im Mittel möglichst nahe an der gleichschwebenden Skala bleibt.

Viele Grüße
Torsten
 
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Ihr habt hier ja eine interessante Diskussion am Start! Als Gitarrist macht man sich da ja weniger Gedanken und lebt auch mit den tonalen Unzulänglichkeiten des Instrumentes, z.B. durch die "Mikrokorrektur" durch "Saitenziehen" und Saitendruck.

War es nicht früher in der Kammermusik üblich, dass auf eine andere Grundtonfrequenz gestimmt wurde? Bei unterschiedlichen Stimmungen auf der Gitarre verändert sich das "Intervallverhalten" ja auch etwas. Oder bin ich jetzt voll im Nebel???
 
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