Wonach werden Streichinstrumente bepreist?

Hallo Kywalda,

interessant, was so ein unschuldiges Wort anrichten kann ...

Das Handwerk muss gar nicht "verteidigt" werden. Warum auch? da muss ich die leise Kritik anbringen, dass etwas verteidigt wird, was überhaupt nicht als negativ gedacht ist.

Was ist denn dagegen zu sagen, wenn Geigenbauer in einem gewünschten Preisbereich den Weg des Zukaufs von Bodies beschreiten? Ist doch vollkommen ok, neben den hochpreisigen Handarbeiten, für Schüler und Einsteiger günstige Cellos aufzubauen. Einsteiger und besonders die Mietinteressierten, wollen oft keine Cellos für Mietpreise, die dem Kaufpreis von 3.000.- aufwärts angemessen sind.

Es ist erfreulich, dass man beim Geigenbauer seines Vertrauens auch Instrumente bekommt, die man sich nicht einmal im Leben kauft, sondern auch Einstiegsinstrumente, die dem kleinen Geldbeutel angemessen sind. Und dazu gehört eben, dass gewisse hochpreisige Arbeitsschritte "outgesourced" werden.

Letztlich kommt es am ehesten auf die Endbearbeitung des Korpus an. Wenn der mies ist, bringt auch das beste Tonholz nichts. Also bekommt man beim klassischen Geiegenbauer auf diese Weise ein ordentliches Instrument mit dem individuellen Feinschliff des normalerweise höchstpreisig bauenden Geigenbauers, aber eben mit einem günstigen Korpus, der das Schülerbudget nicht sprengt.

"Derbe" ist der Preisuafschlag auf ein Meisterinstrument natürlich für jeden ersichtlich. Das eine kostet an die 1.000.- Euro, das andere 5.000.- und mehr. Das Wort "derbe" mit "nicht berechtigt", "überzogen", oder "unlauter" zu verbinden - darauf wäre ich jetzt offengestanden nicht gekommen. Ok, die Beschränkung auf die Schrift in einem Forum sorgt oft für Missverständnisse, aber manchmal hat man den eindruck, der ein oder andere reagiert etwas sehr subjektiv auf gewisse Ausdrücke.

Meinetwegen ersetzt das "derber Preisaufschlag" durch "qualitätsangemessenen Preisaufschlag" oder sowas.

Ich habe allerdings des Eindruck, dass die Szene etwas geteilt ist. Die einen Geigenbauer gehen den modernen Weg, und bieten in ihrem Ladenlokal auch diese endbearbeiteten Bodies an, um gegen den Onlinehandel anzukommen. Die anderen haben eine kleine Terminwerkstatt ohne Ladenlokal, und müssen sehen, wo sie in Zeiten des Geiz ist Geil, Kunden für ihre ausschließlich im oberen Preisbereich angesiedelten Meisterinstrumente aquirieren können. Anscheinend liegt darin durchaus sozialer Sprengstoff, der hier durchgebrochen ist.

Das lässt sich meine ich ganz gut an fiddles auch nicht gerade sensiblen Spruch über meine angeblich "geschätzten Händler mit den dicken Autos" erkennen. Es ist aber eher nicht Sache des Endverbrauchers, den Konkurrenzkampf und die Sortimentserweiterung in der Geigenbauer-Szene mit Samthandschuhen anzufassen. Wir Endkunden ohne berufliche Involvierung sehen das dann eben pragmatischer und stellen schlicht die Preise und die Leistungen gegeneinander. Deshalb sollte vielleicht etwas weniger Dünnhäutigkeit in Diskussionen gezeigt werden.
 
Ich möchte das Thema auch nochmal aufgreifen, weil ich einige Dinge anders kenne (liegt vielleicht an der Zeit) Ist auch gleichzeitig als Frage zu verstehen:

1.
Es gibt doch den "urklassischen" Geigenbauer. Der hat sein kleines Holzlager, fertigt vorwiegend auf Bestellung, spricht das Drumherum mit seinen Kunden ab und baut dat Ding dann. Oder er baut auch so Instrumente oder repariert. Der Geschäftsbetrieb besteht also vorwiegend aus der Fertigung; die Wertschöpfung findet quasi im eigenen Hause statt. Manche haben (oder hatten) auch ein kleines Sortiment zur Vermietung; als Service.

Der Handel mit Billiginstrumenten spielte nur eine untergeordnete Rolle, zumal sie gegen den Onlinehandel ja sowieso chancenlos sind. Einen Container mit Rohware kann ich mir dort nicht vorstellen, alleine schon aus Imagegründen. Ich würde mir nie ein 7.000 Euro Cello da bauen lassen wenn ich sehe, dass der Geigenbauer 30 Billigrohlinge auf´m Hof stehen hat.:) Begründung: Der Hauptteil der prozentualen Wertschöpfung fand im Ausland statt....womit begründet er denn den Preis?

2.
Dann gibt es Firmen, deren Geschäftsbetrieb die Herstellung/Handel von Musikinstrumenten im größeren Stil ist. Irgend jemand muss ja die Fachhändler beliefern....aber die liefern wohl meist Komplettinstrumente und bedienen unterschiedliche Qualitätsansprüche. Gibt ja auch da teure und billige Instrumente. Die spielen jetzt mal keine Rolle (obwohl die wohl am meisten Celli produzieren, glaube ich)

3.
Dann gibt welche, die Rohlinge/Rohcelli, -bässe, -geigen günstig iwo einkaufen und dann in ihrem Hause komplettieren. Z.B. mit Lack versehen, Steg rein, vorher die Stimme, Saiten rauf usw.. Man liest dann ja immer folgende Sätze: "Das Instrument wurde in unserer deutschen Werkstatt von deutschen Geigenbauern optimiert bzw. spielfertig gemacht. Unsere deutschen Geigenbauer sind der Meinung, das Cello hat ein vorzügliches P/L-verhältnis und steht teueren Instrumenten in nichts nach". So oder so ähnlich, Hauptsache das Wort deutsch kommt oft genug vor.:)

Ich bin sicher, dass die 1. Gruppe nicht mit der 3. Gruppe in einen Topf geworfen werden möchte, umgekehrt aber schon.
Weiterhin hat die 3. Gruppe die Kostenvorteile der Massenproduktion (Arbeitsablauf und Stücklohnkosten) und braucht an eigener Wertschöpfung keine grundlegenden Arbeiten an der Konstruktion mehr vollziehen (lackieren, komplettieren und einstellen). Der Schwerpunkt des Geschäftsbetriebs ist also hauptsächlich der Handel. Die Hauptfertigung des Cellos wurde ja bereits im Ausland vollzogen.


Zitat v. kort: Letztlich kommt es am ehesten auf die Endbearbeitung des Korpus an. Wenn der mies ist, bringt auch das beste Tonholz nichts. Also bekommt man beim klassischen Geigenbauer auf diese Weise ein ordentliches Instrument mit dem individuellen Feinschliff des normalerweise höchstpreisig bauenden Geigenbauers, aber eben mit einem günstigen Korpus, der das Schülerbudget nicht sprengt.

Ich bin da nicht ganz sicher ob es so ist. Du schreibst ja selber "wenn der Korpus mies ist, bringt das beste Tonholz nichts". Eine Hauptvoraussetzung ist also, dass der Rohkorpus überhaupt erstmal gut ist. Ist der zugekaufte Rohling nämlich schlecht, nutzt auch die anschließende Lackierung wenig:)
Deswegen schrub ich ja, dass ich persönlich keinen klassischen Geigenbauer kenne, der seine Geschäftstätigkeit auf Importrohlinge stützt (siehe oben).

Wie gesagt: die Zeiten können sich auch geändert haben.
Ich habe ja selber kein Topcello. Ich weiß aber hundertprozentig, dass auch die Fertigung der Korpusbestandteile bei einem Top-Instrument in wesentlichen Punkten von der Herstellung eines Massenkorpus für ein paar hundert Euro abweicht.

Eine Diskussion über solche Sachen ist aber völlig legitim und normal. Auch bei den Gitarren ist es ja so. Einige bauen die von Grund auf, andere kaufen fertige Hälse und Korpi und sagen "aus eigener Fertigung". Die Unterschiede zwischen "Bau" und "Komponentenmontage" verwischen auch dort.

Vielleicht ist sowas alles ja auch ein Grund für Missverständnisse?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo nochmal,

ein letzter Versuch der Aufklärung:

Den Satz "die letzte Prozente der Qualität werden mit einem derben Preisaufschlag bezahlt." las ich fogendermaßen:
Ein GB ermittelt einen Preis für sein Instrument und addiert einen phantasievollen Preisaufschlag.

Da ich korts Satz jetzt erst verstehe, war das ganze hin und her für die Katz.

Jedoch bietet die deutsche Sprache die Möglichkeit, sich vollkommen unzweifelhaft ausdrücken zu können.
Ich bitte daher auch darum, künftig davon Gebrauch zu machen.

Daß weiße Schachteln zugekauft und "veredelt" werden, ist natürlich bei einigen GB üblich.
Aus meinem Satz: "Für 1000 Euro kann kein Mensch in Deutschland ein Instrument von Hand bauen und davon leben", kann man,
mittels geringfügigem Einsatzes von Gehirnschmalz, darauf kommen, daß ich natürlich diese Praktik bei einigen GB kenne.
Ich finde diese Praxis auch legitim und sie war nie Gegenstand einer Diskussion meinerseits.
------
Ich arbeite bei Thomann, korrekt. Mein oberster Chef will Kundenservice und Qualitäts-Sicherung durch qualifiziertes Fachpersonal.
Das ist seit Mai 2012 mein Job. Ich habe eine entspannte Einstellung zu niedrig-Preis-Instrumenten aus Fernost.
Ich vertrete die Auffassung, daß jeder - auch Menschen mit niedrigen Gehältern - seinen Kindern das Erlernen von
Streichinstrumenten ermöglichen können soll.

Hier im Forum bin ich kein Vertreter von Thomann, sondern ein freier user und Musiker ohne Maulkorb.
Ihr könnt sicherlich nachvollziehen, daß es für mich manchmal schwierig wird. Dann halte ich einfach meine Klappe.
In einem Fall (NS Design WAV) habe ich mich aus offizieller Position eingeschaltet, was ich nicht hätte tun müssen.

Ich bitte alle hier, ein sensibeles Gefühl für mein freies Geschreibsel und meinem Job zu entwickeln und,
nach Möglichekeit, den Job aus der Diskussion zu lassen. Es sind zwei unterschiedliche Geschichten.

Das ist mein ganz persönlicher Wunsch und ich bitte darum, das zu respektieren!


cheers, fiddle
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 8 Benutzer
Zitat von fiddle

Jedoch bietet die deutsche Sprache die Möglichkeit, sich vollkommen unzweifelhaft ausdrücken zu können.
Ich bitte daher auch darum, künftig davon Gebrauch zu machen.

und:

[...] kann man, mittels geringfügigem Einsatzes von Gehirnschmalz, darauf kommen [...]

Der menschliche Gehirnschmalz bietet aber zudem die Möglichkeit, über geschriebene Worte anderer User genauso nachzudenken, und dies nicht nur von anderen für das eigene "Geschreibsel" zu verlangen.

Es sind zwei unterschiedliche Geschichten.

Das schon, aber so wie bei anderen "Admin" oder "Mod" unter dem Nick steht, ist es natürlich klar, dass Dein Job bei so offensiver Kenntlichmachung natürlich gewisse Grundvoraussetzungen schafft. Hat jemand in einem z.B. Foto-Forum den Zusatz "Nikon-Service" oder so stehen, werden seine Worte auch auf eine ganz andere Wagschale gelegt.

Vielleicht solltest Du Dir ähnlich wie die Mods auch, eine andere Schriftfarbe für offizielle und private Stellungnahmen zulegen. Ganz wirst Du das aber nicht trennen können, denn der Nick-Zusatz soll ja sicher einen gewissen Zweck erfüllen.



Ich bin da nicht ganz sicher ob es so ist. Du schreibst ja selber "wenn der Korpus mies ist, bringt das beste Tonholz nichts". Eine Hauptvoraussetzung ist also, dass der Rohkorpus überhaupt erstmal gut ist. Ist der zugekaufte Rohling nämlich schlecht, nutzt auch die anschließende Lackierung wenig:)

Mit einem Korpus verbinde ich neben dem Tonholz eher besagte Aufarbeitung in Punkto Saitenlage, Wirbelanpassung, Stimme, Steg, Saitenkerben usw. Also die Dinge, die immer wieder bemängelt oder befürchtet werden, wenn es um Versenderteile vs. vor-Ort-Kauf geht.

Die fast schon Ehrfurcht vieler Leute vor Einstellarbeiten wie Saitenlage, Wirbel, Sattelkerben, Stegbearbeitung, oder gar Setzen des Stimmstocks, ist aber auch oft etwas unnötig, finde ich.
 
Zitat v. kort: Mit einem Korpus verbinde ich neben dem Tonholz eher besagte Aufarbeitung in Punkto Saitenlage, Wirbelanpassung, Stimme, Steg, Saitenkerben usw. Also die Dinge, die immer wieder bemängelt oder befürchtet werden, wenn es um Versenderteile vs. vor-Ort-Kauf geht.

Die fast schon Ehrfurcht vieler Leute vor Einstellarbeiten wie Saitenlage, Wirbel, Sattelkerben, Stegbearbeitung, oder gar Setzen des Stimmstocks, ist aber auch oft etwas unnötig, finde ich.

Hi,

nein, mit Korpus meinte ich die Decke, die Zargen, den Boden....hinsichtlich der Art der Herstellung:
Holzqualität, die Bearbeitung, wie und in welcher Weise wird da optimiert und vor allem welche Hölzer werden verwendet. Ein Geigenbauer kann da stundenlang drüber erzählen; ich habs nur ein paar Mal von dichten gesehen.
Die Fertigung eines Korpus, Hals usw. kann völlig unterschiedlich sein. Nur weils hinterher gleich aussieht ist es aber nicht gleich.


Einstellarbeiten sind für mich z.B. weniger ein Problem, ich habe diese Arbeiten an meinem Cello auch selber machen müssen (zumal ja viele Teile fehlten).
Aber was die Ehrfurcht anbelangt, da stimme ich dir zu. Beschäftigen sollte man sich sowieso damit, finde ich. Aber nicht jeder traut sich, einen durchs Stimmen schräg gezogenen Steg wieder zu begradigen....
 
Ah, ok. Für den Bau eines Korpus muss man wirklich richtig was drauf haben, da stimme ich zu. wenn man das mal so in Videos sieht, wie da mit Fingerhobeln gearbeitet wird - da braucht es wirklich jahrelange Ausbildung. Die Restarbeiten kann auch nicht jeder Depp, klar, aber das ist dann eine ganz andere Liga als der Korpus, schon wahr.
 
Ich wußte das auch nicht - und ich bin auch kein Geigenbauer. Aber alleine beim Boden hatte ich mir gemerkt, dass ich die Abstimmung der Dicke interessant fand.
Hoffentlich erzähle ich jetzt nix falsches, aber der Boden ist ja unterschiedlich dick. Die Dicke schwankt ja zum Rand hin sehr stark. Wie das nun trotz irgendwelcher Maschinenhilfe noch nachgearbeit wird bzw. was es bei dem Vorgang noch so zu beachten gibt....da gehen schon ein paar Stunden drauf, weil derjenige da wirklich von Hand nacharbeitet.
Bestimmt gibts da noch etliche Details, wo diverse Handwerkskünste/ Feinabstimmungen usw. Anwendung finden, die einem "Nichtgeigenbauer" verborgen bleiben.
 
möglicherweise von Heinz Fischbach.

Hallo,

bin eben auf diesen Beitrag gestoßen. Vielleicht könnt Ihr mir helfen. Habe im Internet auch nach Intrumenten-Herstellern gesucht und bin auf die Seite von Heinz Fischbach gestoßen, der scheinbar auch hochwertige Barockistrumente nach individuellen Vorstellungen baut und verkauft. Leider konnte ich bisher keine nennenswerten Erfahrungsberichte im Netz finden, die weiterhelfen. Wie läuft das dort ab? Muss ich hinfahren und mitteilen, für welches Instrument ich mich interessierte. Oder geht das auch online? Gerät auswählen, anrufen/E-Mail, bezahlen und zusenden lassen? Hat schon einmal jemand von Euch dort etwas gekauft und kann berichten, wie das abläuft? Ich danke Euch.
 
Hallo Anja,
Klich doch auf der Fischbachseite auf Kontakt, da findest du Telefonnummer, Faxnummer, E-Mail-Adresse und ein Kontaktformular.....
Welches Instrument interessiert dich eigentlich ?

robbert
 
Ich grüße Dich, danke für die Info. Leider hab ich bereits versucht per Mail Kontakt aufzunehmen. Leider keine Antwort erhalten - seltsam.
Ich wäre an einer Violone interessiert. Ist eben nur eine Preisfrage. Daher hatte ich erst einmal nach diversen, regionalen Anbietern im Internet gesucht und diese schriftlich kontaktiert. Leider habe ich bisher von noch keinem Antwort erhalten. Ist das normal?
 
Dann ruf doch einfach mal an, ist vielleicht die schnellste Variante.

Geigen-bzw. Instrumentenbauer sind oftmals mehr mit ihrem tradionellem Handwerk verbunden als mit dem Internet.....;)

(ich weiß, es gibt Ausnahmen....:D )
 
Was anderes bleibt mir wohl nicht übrig. ;-)
Dennoch, Erfahrungen mit dem ein oder anderen Instrumentenbauer in der Region Bayern hat keiner, oder?
 
Hi Anja,

darf ich mal fragen, wie hoch du dein budget für sowas gesetzt hast?
 
Hey Danke noch einmal für alles. Hab Freitag Nachmittag glaube 4 Mal versucht anzurufen, bis es geklappt hat. Werd in dieser Woche mal hinfahren und mir mal die Instrumente anschauen und anstimmen. ;-)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben