Workshop : Improvisieren mit einem Dreiklangbasiertem Denkmodell

B.B
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Hallo Liebes Musiker Board,


wiedermal ein kleiner Workshop zum Thema Improvisation/Spieltechnik . Für die ,die es interessiert möchte ich heute einmal ein Konzept vermitteln , dass meiner Erfahrung nach eher etwas zu kurz kommt oder aus irgendeinem Grund seltener zur Sprache kommt. Das Improvisieren mit Dreiklängen. Meistens fangen Gitarristen an mit der Pentatonik zu improvisieren. Danach steigen viele in das Prinzip der Kichentonarten ( Modes ) ein. Dann kommen weitere Skalen für spezielle Fälle dazu ( Alteriert ,Melodisch und Harmonisch Moll, GTHT, HTGT etc. ) . Das Prinzip bei den Modes ist , das man jedem Stufenakkord in einer Diatonischen Akkordfolge einen "Mode" zuordnen kann . Man kann zwar über die gesamte Abfolge meistens auch mit nur einer Skala improviesieren ( so wie viele im Blues nur eine Pentatonik verwenden ) . Allerdings ist es durch das verwenden des jeweiligen Modes einfacher die Harmonien "auszuspielen" und besser herauszuarbeiten wo man sich grade in der Akkordfolge befindet. Akkord und Skala gehen dabei Hand in Hand . Eine Skala erklingt nacheinander , ein Akkord zeitgleich. Beide haben jedoch das gleiche Tonmaterial .


Wenn wir zum Beispiel Dm 7 als Akkordsymbol sehen , sagt uns das auf alle Fälle schonmal, dass es ein Moll- Modus sein sollte mit dem wir drüber spielen. Wir haben allerdings noch keinen näheren Zusammenhang. Wir könnten darüber jetzt also Dorisch ,Phyrigisch oder Äeolisch spielen.


Erst das Harmonische Umfeld sagt uns welche Stufe dieser Akkord innerhalb einer Akkordfolge einnimmt und gibt uns genaueren Aufschluss darüber wie wir an ihn rangehen.


Lautet die Akkordfolge z.B. Dm7 G7 C maj7 , handelt es sich wahrscheinlich um einen II. Stufe/Dorisch


im Falle von Dm7 Gm7 C7 Fmaj7 z.b. um eine IV. Stufe / Äeolisch.


Im Falle von Dm7 G7b9 Cm7 F7 Bb maj7 z.b. um eine III.. Stufe/ Phyrigisch .


Manchmal lässt uns auch ein Optionston auf eine Funktion schließen. Ein moll 9 Akkord wird sehr selten Phyrigisch sein, denn dieser Ton kommt im Normalfall dort nicht vor. (Phyrigisch hat eine b9 )


Improvisieren mit Dreiklängen


Das dazu. Warum erzähle ich das , wo es doch um Dreiklänge geht.?



Wenn wir mit Dreiklängen improvisieren muss uns dieses Grundprinzip trotzdem vertraut sein,um die Akkorde ihrer Funktion nach korrekt auszupsielen.

Der Unterschied besteht darin , nicht Skalenbasiert zu denken sondern Akkorde in Dreiklänge zu zerlegen . Sozusagen unser kleinster gemeinsamer Nenner. Da unserer Akkorde alle aus Terzschichtungen bestehen , ergeben sich da interessante Zusammenhänge. Außerdem ist der Dreiklang als solcher ein zutiefst in uns verwurzeltes Klangbild. Ich glaube daher dass es manchen von uns im Verhältnis leichter fällt mit Dreiklängen zu spielen als in Skalen zu denken. Wir können also auch immer mit den Akkordtönen improvisieren. Das funktioniert immer . Im falle von einem normalen Akkord wären das eben Dreiklänge. Im Falle von vierstimmigen SeptAkkorden vierklänge oder 2 verschiedene Dreiklänge wie wir gleich sehen werden. Optionstöne können wir auch immer mit einbeziehen wenn wir sie hören oder lesen
Steht irgendwo zum Beispiel C add 9 können wir zum Dreiklang noch die 9 dazunehmen .

Doch zunächst mal zum Aufbau von Dreiklängen



Es gibt im wesentlichen vier Dreiklänge :


Dur Dreiklänge
Moll Dreiklängen
Verminderte Dreiklänge
Übermäßige Dreiklänge



Dur Dreiklänge bestehen aus dem Grundton + große Terz + Quinte

Moll Dreiklänge bestehen aus dem Grundton + kleine Terz + Quinte

Vermintderte Dreiklänge bestehen aus dem Grundton + kleine Terz + Verminderte Quinte

Übermäßige Dreiklänge bestehen aus dem Grundton + Große Terz + Übermäßige Quinte

Die verminderte Quinte ist einen halbton tiefer als die normale Quinte , also der Tritonus



Die übermäßige Quinte in einen Halbton höher als die normale Quinte also enharmonisch verwechselt die kleine Sexte ( b6 )


Wie bereits erwähnt besteht unsere Harmonik aus Terzschichtungen. Würde man den kleinsten gemeinsamen Nenner noch etwas kleiner Ansetzen könnte man Dreiklänge auch so betrachten


Dur Dreiklänge = Der Grundton + eine große Terz und dann nochmal eine kleine Terz oben drauf ( der Abstand zwischen großter Terz und Quinte entspricht dem Intervall "kleine Terz "


Moll Dreiklänge = Der Grundton + eine kleine Terz und dann nochmal eine große Terz oben drauf
( Der Abstand zwischen kleiner Terz und Quinte enstspricht dem Intervall " große Terz " )


Verminderte Dreiklänge = zwei übereinander geschichtete kleine Terzen


Übermäßige Dreiklänge = zwei übereinander geschichtete große Terzen


Alle Dreiklänge neben ihrer Grundstellung auch ich 2 Umkehrungen gespielt werden. Kehrt man die 2 Umkehrung um erhält man wieder die Grundstellung. Es ändern sich dabei nicht die Töne , jedoch deren Aufbau (von Tief nach Hoch)


Grundstellung = Grundton - Terz - Quinte
1 Umkehrung = Terz - Quinte - Grundton
2 Umkehrung = Quinte - Grundton - Terz


Es ist zu empfehlen alle Dreiklänge in allen Umkehrungen übers Griffbrett verteilt zu lernen




Soweit so gut ...


Betrachten wir nun Vierstimmige Akkorde:



Diese bestehen, zusätzlich zum einem Dur oder Moll Dreiklang noch aus einer Septime . Diese Septime kann "klein" oder "groß" sein. Daraus ergeben sich vier Möglichkeiten .Ein Molldreiklang mit einer kleinen Septime heißt moll7 ( Schreibweise Cm7 oder C-7 )
Ein Molldreiklang mit einer großen Septime heißt mollmajor7 ( Ein Sound , den wir hier vorerst wieder vergessen , weil er in üblichen Akkordfolgen seltener vorkommt ) (Schreibweise z.b. Cmmaj7 )
Ein Durdreiklang mit einer kleinen Septime heißt Dominantseptakkord ( Schreibweise z.b. C7 )


Ein Durdreiklang mit einer großen Septime heißt major-sieben Akkord ( Schreibweise z.b. Cmaj7)


Diese Vierklänge lassen sich alle in 2 Dreiklänge zerlegen: Das sieht dann so aus.




Ein Cmaj7 Akkord besteht zum Beispiel aus den Tönen : C E G und H


Die Töne C E und G bilden , logisch einen C Dur Dreiklang.


Die Töne E G und H hingegen , also Terz Quinte und große Septime von Cmaj7 bilden einen E Mollreiklang. Die beiden Dreiklänge haben die Töne E und G gemeinsam .

Wir schließen daraus, das wir über Cmaj7 sowohl E Molldreiklänge spielen können als auch C Durdreiklänge.

Zerlegen wir nach dem gleichen Prinzip auch Dominantseptakkorde und Mollseptakkorde erhalten wir folgendes:



Ein C Dominantseptakkord (C7( besteht aus den Tönen C E G und Bb


C E und G ist wieder ein Durdreiklang . E G und Bb bilden einen verminderten Dreiklang


Wir können über C7 also einen C Durdreiklang oder einen E vermindert Dreiklang spielen.


Cmoll7 besteht aus den Tönen C Eb G und Bb :


C Eb und G bilden einen Molldreiklang . Eb G und Bb bilden einen Eb-Durdreiklang.


Wir können also über Cm7 mit C molldreiklängen und mit Eb Durdreiklängen improvisieren.



Wenn wir gut aufgepasst haben fällt uns jetzt folgendes auf :



Der Grundton des zweiten Dreiklangs ist immer die Terz des ersten. Da wie bereits erwähnt unsere Harmonik aus Terzschichtungen besteht , besteht ebenfalls eine enge Verwandtschaftschaft zwischen Akkorden die den Abstand einer Terz zueinander entfernt sind. Dies gilt nicht nur für Dreiklänge sondern auch für Vierklänge.



Schauen wir uns die Stufenakkorde (in C )an.


Cmaj7 Dm7 Em7 Fmaj7 G7 Am7 Hm7b5


Cmaj7 und Em7 sind eine Terz voneinander entfernt . Sie haben auch 3 Töne gemeinsam


C maj7 = C E G und H


Em7 = E G H und D


Alle anderen Akkorde die eine Terz voneinader entfernt sind haben ebenfalls 3 gemeinsame Töne .
z.b. G7 und Hm7b5 oder Am7 und Cmaj7


Das D , welches in Em7 enthalten ist und in Cmaj7 nicht , entspricht auf C als Grundton bezogen der None ( 9 ) . Spielen wir also über einen Cmaj7 Akkord ein Em7 Arpeggio erklingt effektiv ein Cmaj9 Sound.
Selbiges gilt zum Beispiel auch für andere Konstellationen.


Spielen wir über G7 ein Hm7b5 Arpeggio erhalten wir einen G7/ 9 Sound. Usw.


Im Falle von Cmaj 7 und Em7 bleibt uns nun wieder die Möglichkeit. Em7 in ein Dreiklangspaar zu zerlegen:


Em7 = E G H und D
Dann erhalten wir einen E Molldreiklang (E G und H) und einen G Durdreiklang. ( G H und D )


Für einen Cmaj7 Dreiklang, dem wir als Cmaj9 interpretieren haben wir nun also schon 3 Dreiklänge zur Verfügung . C Dur , E moll , und G dur.


Das gleiche Prinzip lässt sich auf alle Akkorde erweitern . ( Bei Bedarf nachfragen , aber alles aufzuschreiben sprengt den Rahmen ).
Es besteht auch die Möglichkeit andere Dreiklänge über einen bestehenden Sound zu verwenden . Spielt man zb. einen D Molldreiklang über Cmaj7 erhält man mit der 9 , der 11 und der 13 alle Optionstöne und keinen einzigen Grundakkordton. Das kann bei übermäßigem gebrauch schnell schief werden ( auf die 11 aufpassen ) . Gut funktionert bei Dominantseptakkorden zum Beispiel ein Durdreiklang vom Tritonus aus . Das gibt uns die b5 7 und b9 ) und gibt somit einen alterierten Charakter.



Außerdem interessant ist folgendes:


Nehmt mal ein übliches Dreiklang-Griffbild auf der Gitarre und oktaviert die mittlere Stimme davon nach oben oder unten. Schon klingt das ganze viel "Pianistischer" . Außerdem eröffnet das einen anderen Blick auf das Griffbrett und verbessert den Überblick über selbiges. Außerdem sind solche Voicings auf der Gitarre nach wie vor eher unüblich und wirken von daher angenehm "frisch" und auch in Solos verheiht dieses Prinzip so mancher Dreiklangbasierter Idee die nötige Würze.



Ich hoffe es hat dem einen oder anderen geholfen und/oder inspierert die Dinge mal so zu betrachten.


Verständnisfragen bitte stellen. Kritik und Anregungen sind erwünscht.
Auf evtl. sachliche Fehler bitte ich aufmerksam zu machen.


Grüße B.B
 
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Hi BB

schöne Zusammenstellung der Akkord/Harmonie-Theorie.

Somit hat man einen Parameter der Improvisation, nämlich die Ton-Auswahl, etwas bestimmt und eingeschränkt.
Ich finde eine von der Harmonie statt Skalen gesteuerte Improvisation sowieso einfacher und logischer, da ja der Harmonieablauf festliegt.
Die Skalen ergeben sich aus dem Harmonieansatz eigentlich automatisch durch die in der Grundtonart zum jeweiligen Akkord vorhandenen Optionstöne.

Man sieht auch dadurch, daß die 2 Ansätze Dreiklang/Akkord versus Skalen ineinander übergehen und der Dreiklang/Akkord-Ansatz sich eher dadurch auszeichnet, daß man nicht in Sekundschritten fortschreitet, sondern durch Aneinanderreihung von Terzen. Der Unterschied ist also weniger im gesamten Ton-Material, sondern wie man es benutzt zu sehen.

Ich glaube ich habe mich jetzt etwas im Kreis gedreht. ;)

Gruß
 
Man sieht auch dadurch, daß die 2 Ansätze Dreiklang/Akkord versus Skalen ineinander übergehen und der Dreiklang/Akkord-Ansatz sich eher dadurch auszeichnet, daß man nicht in Sekundschritten fortschreitet, sondern durch Aneinanderreihung von Terzen. Der Unterschied ist also weniger im gesamten Ton-Material, sondern wie man es benutzt zu sehen.


Völlig richtig. Dazu ist es auch gedacht. Um aus eventuell vorherrschenden Skalengenudel rauszukommen , bzw als Alternativer Ansatz dazu.

Weiter treiben kann man das spiel natürlich dann nocht mit etwas Quart-Harmonik und Quinten , dem komplimentärintervall zur Quarte. Dann wird das ganze noch "moderner" . Ab Sexten wird es , zumindest meiner Meinung nach langsam schwierig was schönes zu zaubern.....
 

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