Yamaha GX-1: Sounds als Samples?

Alderaan
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Hallo, liebe Experten!

Bin zur Zeit fasziniert vom Yamaha GX-1. Ihr wisst schon, diesen ungeheuer teuren dreimanualigen Orgel-Synthesizer aus den 70-ern. Den spielte z.B. Emerson, Lake & Palmer ("Fanfare for the comman man", "Pirats"), Stevie Wonder (er nannte sie "Dreammachine) und Benny Andersson von Abba.

Weiss jemand, ob es dazu Samples zu kaufen gibt?

Gruß vom Alderaan
 
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Hallo Akleraan!

Der GX-1 ist leider ziemlich teuer und selten, was viele Anbieter von Sample-Bibliotheken vermutlich davon abhält, ihn in ihre Kollektion aufzunehmen. Der Versand von diesem Ungeheuer wäre schon ein Albtraum, die geforderten Preise liegen aber - wenn er mal angeboten wird - auch schon im sechsstelligen Bereich. Dazu kommt, dass niemand so genau weiß, wie viele Exemplare überhaupt noch existieren. Man geht aber höchstens von einer zweistelligen Zahl aus.

Das macht es natürlich recht schwer. Vor dem Hintergrund ist es zumindest schon mal etwas, dass VSM-Expansion Pack von GForce Software ein paar (Streicher-relevante) Samples von einem GX-1 enthalten sind, auf den das Team kurz Zugriff hatte. Unter den Audio-Beispielen sind auch zwei Dateien, in denen der GX-1 namentlich erwähnt wird. Sogar Stevie Wonders Village Ghetto Land wird zitiert.
(Für die Wiedergabe muss Flash aktiviert sein, dann auf das Viereck in der Mitte des Bilds zu dem jeweiligen Soundbeispiel klicken. Je nach Browser wird das unter Umständen nicht direkt angezeigt, aber es sollte funktionieren.)

Es ist etwas wenig, wenn man nur den GX-1 möchte, aber aufwendigere Sample-Bibliotheken mit dem GX-1 kenne ich leider keine. Für die artverwandten Yamaha Electone-Orgeln und den inoffiziellen Nachfolger Yamaha CS-80 gibt es da schon mehr Auswahl...aber die klingen auch wieder etwas anders.:redface:
 
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Hallo zusammen. Vielen Dank für die Infos und die interessanten Links. Die machen enorm Lust auf mehr.

Eigentlich wäre das doch auch eine Aufgabe von Yamaha, solche Samples in ihren Workstations aufzunehmen. Roland hat das ja auch mit seinem Jupiter 8 gemacht und Korg seinem Kronos sogar einen Soundgenerator Polysix spendiert. Mal schauen, was die Zukunft bringt ;)

Gruß vom Planeten Alderaan
 
Hallo zusammen. Vielen Dank für die Infos und die interessanten Links. Die machen enorm Lust auf mehr.

Eigentlich wäre das doch auch eine Aufgabe von Yamaha, solche Samples in ihren Workstations aufzunehmen. Roland hat das ja auch mit seinem Jupiter 8 gemacht und Korg seinem Kronos sogar einen Soundgenerator Polysix spendiert. Mal schauen, was die Zukunft bringt ;)
Vom Polysix und vom Jupiter-8 sind tausende Exemplare gebaut und verkauft worden. Yamaha GX-1: maximal 40–50 gebaute Exemplare. Meines Wissens hat Yamaha kein einziges mehr, kann sie also auch nicht samplen. Auch sonst hat fast niemand Zugriff auf eine GX-1, daß er sie absamplen könnte (nur 12 oder 13 Exemplare befinden sich außerhalb Japans).

Kurioserweise hat der Alesis Quadrasynth GX-1-Samples drin, ebenso die QS-Modelle.

Aber bei analogen und virtuell-analogen Synthesizern sehe ich den Einsatz von Samples kritisch. Das ganze Gerät von den Oszillatoren über neun Filter bis hin zu den Röhrenkabinetten zu samplen, funktioniert für eine Note. In dem Augenblick, wo du dasselbe Sample für andere Tonhöhen pitchst, funktioniert es nicht mehr. Hüllkurven und LFOs werden bei tieferen Noten langsamer bzw. schneller, und auch die Klangcharakteristik der Röhrenkabinette verändert sich. Schon von daher müßte man in Halbtonschritten samplen.

Dann kommt bei der GX-1 noch eine Fiesität hinzu, die mit Sampling überhaupt nicht abdeckbar ist: Es gibt bei den beiden polyphonen Manualen pro Tone (= 8 Stimmen; 2 Tones sind gelayert) 16 VCFs (8 Hochpaß, 8 Tiefpaß), aber nur eine einzige paraphone Hüllkurve für alle 16 VCFs zusammen. Doch, den Unterschied zu einer Hüllkurve pro Stimme oder einer pro Filter und Stimme hört man.

Eine wirklich detailreiche GX-1-Emulation sehe ich noch in weiter Ferne. Aphex Twin hat ja mal eine in Auftrag gegeben, aber davon haben wir nie etwas gehört. Außerdem haben digitale (und somit auch virtuell-analoge) Synthesizer immer das Problem eher langsamer Hüllkurven – und die Yamaha GX-1 kann ihre Hüllkurven öffnen und wieder schließen innerhalb einer Hundertstelsekunde und stufenlos aufwärts. Wenn auf x86-64-CPUs berechnete Emulationen anderer Analogsynthesizer schon an schnellen Hüllkurven scheitern, hat eine VSTi-Emulation der GX-1 schon gar keine Chance.

Last but not least sollte man so konsequent sein und ein GX-1-VSTi zwingend mit 88,2 kHz aufwärts betreiben – denn die GX-1 ist berüchtigt dafür, gnadenlos in den Ultraschallbereich zu gehen. Die Cutoff-Frequenzen beider Filter gehen von 25 Hz bis 25.600 Hz. Wenn das für digitale Effekte zuviel ist, dann ist das auch wieder Teil des Realismus: Eine echte GX-1 ist für digitale Hardware-Effekte auch zuviel.


Martman
 
Hallo Martmann!

Ich glaube, ich verstehe dich. Wahrscheinlich ist das, was in einem Synthesizer dieser Art abläuft, zu komplex, als das man das (noch) virtuell in voller Pracht wiedergeben kann. Das hört man auch, wenn auf den Aufnahmen von damals voll in die Tasten des Instrumentes gegriffen wird. Da passiert viel gleichzeitig, meine ich zu hören. Naja, vielleicht sollen Legenden auch solche bleiben...

Danke für den interessanten Beitrag

Gruß vom Alderaan
 
Das eine Problem ist der Klangcharakter der GX-1. Ähnlich wie beim CS80 verzerren die Hauptfilter ganz leicht. Und dann kommt noch hinzu, daß die GX-1 keine Line-Ausgänge hat und über die dazugehörigen Röhrenkabinette abmikrofoniert wird, so daß die Röhrenverstärkung und die Lautsprecher der Kabinette fester Teil der Signalkette sind.

Das andere Problem ist, daß die GX-1 sich in der Struktur zu weit von dem entfernt, was man besonders von amerikanischen Analogsynthesizern gewohnt ist. Das Ding ist völlig anders aufgebaut als ein Moog oder ein Oberheim oder ein Prophet (oder meinetwegen auch ein Jupiter-8). Hat sich was mit „2–3 VCOs mit wählbarer Wellenform, Mischer, Tiefpaß-VCF, VCA, Hüllkurven einmal pro Stimme vorhanden“. Schon wenn man sie strukturell nachbauen will, muß man komplett umdenken – und auf Virtuell-Modulares umgreifen, und auch da wird man wenig Glück haben.


Martman
 
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Dein Wissen ist großartig. Meine Faszination für das Gerät steigt immer mehr. Ich durfte als Jugendlicher mal in die Tasten einer riesigen Yamaha, ich glaube es war die EX-42, greifen. Damals gastierte der "Chef-Organist" von Yamaha Georges Fleury in unserer Stadt und als Schüler unserer Yamaha-Orgelschule durfte ich mir nach dem Konzert ein Autogramm von dem lustigen Schweizer Virtuosen abholen und mal an den Spieltisch sitzen. Die vielen Knöpfe und der Sound und dann noch das kleine dritte Manual - so was war der Traum meiner schlaflosen Nächte. Meine bescheidende BK-4C Orgel hatte übrigens die gleichen farbigen Kippschalter, worauf ich stolz war. Die EX-42 war wohl der Vorgänger der GX-1?
 
Die EX-42 ist vom Aufbau her eher eine typische Analogorgel und der Vorgänger der EX-1. Die Erbfolge war EX-21 → EX-42 → EX-1 → EX-2 → FX-1 → HX-1...

Die GX-1 war immer eigenständig und zwar von der Produkteinstufung (Electone) und vom äußeren Aufbau her, aber nicht von der Klangerzeugung her eine Orgel (vor allem hat sie keine Sinusregister). Sie hatte keine Vorgänger und an Nachfolgern allenfalls Synths wie den CS80.

Ach ja, Georges Fleury hab ich vor diversen Jahren zu Zeiten des neuen Analogorgelhypes mal live gesehen – er hat Roland Ateliers vorgeführt – und kurz mit ihm gesprochen.


Martman
 
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Ui, da hat Georges die Seiten gewechselt. Hatte ihn immer als "Mr. Yamaha" in Erinnerung. :D Aber Yamaha stellt ja keine Orgeln mehr her? Georges wäre auch ein verdammt guter Jazzer geworden...
 
Aber um noch mal zur Ausgangsfrage zurück zu kehren: Ich möchte mich eigentlich an ein paar Stücke von Emerson, Lake & Palmer heranwagen und möchte einen möglichst authentischen Sound. Moog ist klar, aber vielleicht gibt es ja ein paar ELP-Samples...?
 
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Ui, da hat Georges die Seiten gewechselt. Hatte ihn immer als "Mr. Yamaha" in Erinnerung. :D Aber Yamaha stellt ja keine Orgeln mehr her? Georges wäre auch ein verdammt guter Jazzer geworden...
Yamaha baut noch Orgeln, exportiert sie aber nicht mehr, weil der Bedarf im eigenen Lande groß genug ist. Ohne Flachs, da werden erfolgreich Kinder im Kindergartenalter für die Orgel begeistert.

Aber um noch mal zur Ausgangsfrage zurück zu kehren: Ich möchte mich eigentlich an ein paar Stücke von Emerson, Lake & Palmer heranwagen und möchte einen möglichst authentischen Sound. Moog ist klar, aber vielleicht gibt es ja ein paar ELP-Samples...?
Auch da wirst du mit Samples nicht weit kommen. Hör dir mal "Lucky Man" ganz genau an. Oder noch besser, "Fanfare For The Common Man" in voller Länge (acht Minuten irgendwas). Keef hat keine statischen Sounds gespielt. Der hat immer irgendwie am Sound rumgedreht. Und das Rumdrehen an der Filter-LFO-Geschwindigkeit in den späteren Teilen von "FFTCM" geht nicht zu samplen.

Und wenn du sogar "Lucky Man" authentischer haben willst als entsprechend angepaßte Presets, die es in gefühlten 190% aller Analog- und VA-Synths gibt, wenn du also wirklich bis ins Detail ganz genau den Klangcharakter von Keefs ehemaligem Moog-Vorführ-Erstgenerations-Modular haben willst, dann wirst du mit statischen Samples schon gar nicht glücklich.

Vielleicht werden Samples in sehr ferner Zukunft ersetzt durch mehrdimensionale hochauflösende Graintables, die etwa bei der Nachahmung analoger Synthesizer pro Klangparameter eine Dimension mit mindestens 16 Bit haben. Aber die werden ein Riesenaufwand werden und auch wieder kompromißbehaftet.


Martman
 

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