Abtasttheorem vs. Abtastrate 48 vs. 96 kHz - technischer Hintergrund?

PeaveyUltra120
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Hallo zusammen,

ich höre in letzter Zeit immer wieder mal Kollegen, Kunden, Verleiher, für die alles unter 96 kHz „unprofessionell“ ist, weil diese der Meinung sind, dass Details verloren gehen.
Deshalb werden dann Geräte wie z.B. das Behringer Wing teilweise belächelt.

Jetzt stelle ich mir die Frage inwiefern die höhere Abtastrate überhaupt eine Relevanz haben kann?
Dass live der Unterschied -sofern es einen geben kann- sicherlich irrelevant ist, das sehen sicher die meisten so. Aber abgesehen davon:

Laut Nyquist-Shannon-Abtasttheorem (Zitat unten) dürfte es ja theoretisch keine Signalanteile im hörbaren Bereich bis 20 kHz geben, die bei einer Abtastrate von 48 kHz nicht erfasst werden könnten. Selbst wenn es keine idealen Tiefpassfilter gibt, dürfte eine maximale mögliche Signalfrequenz von 24 kHz doch eigentlich genug „Reserve“ zu den 20 kHz zulassen, um im hörbaren Bereich alles erfassen zu können, oder?

Oder sind es die Phasenverzerrungen der nötigen steilflankigen Filter, die Artefakte bis in den hörbaren Bereich erzeugen?

Weiß jemand mit Erfahrung in der Audio-Digital-Technik, wie sich die entsprechenden Filter in aktuellen Geräten (z.B. Behringer Wing) verhalten, und hat dazu Bode-Diagramme, Übertragungsfunktionen, etc., um das zu verfizieren?
 
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Erfahrung in der HF-Technik
HF beginnt bei ca. 300 MHz (einer meiner Profs meinte, alles unter 1 GHz und ohne Hohlleiter ist eh Kinderkram), also nichts, was hier zur Geltung kommt.

Steilflankige Filter zeigen im Filterbereich eine große Phasenverschiebung, daher ist das nicht so gut für das Signal. Das Abtasttheorem ist auch nur soweit relevant, wenn man es mit "idealen" Filtern, also unendlicher Steilheit zu tun hat. Daher wird höher abgetastet als mit idealen Filtern erforderlich wäre und die Dämpfung der Filter im Nyquist Bereich ist bereits hoch genug, um einerseits keine oder wenig Phasenverschiebungen zu zeigen als auch die Spiegelung der höheren Frequenzen in das hörbare Spektrum zu minimieren. Das ist halt Ansichts- oder Gehörsache, was man für ausreichend hält. Weiter ist es auch die nachfolgende Bearbeitung des digitalisierten Signals, die einen Einfluss auf die resultierende Qualität hat - je höher die Abtastrate und Auflösung, desto weniger Verfälschungen entstehen durch weitere Rechenschritte.

Mit der digitalen Signalverarbeitung kann man Bücher füllen, ebenso mit Meinungen der Praktiker dazu. Kommt halt darauf an, wie "ideal" oder "praxisrelevant" man unterwegs ist :)
 
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HF beginnt bei ca. 300 MHz (einer meiner Profs meinte, alles unter 1 GHz und ohne Hohlleiter ist eh Kinderkram), also nichts, was hier zur Geltung kommt.
Klar, keine Ahnung wo ich geistig beim Schreiben des Beitrags war, oh man. :D
 
Bis 20 kHz herunter? Welche Filter, bzw. mit welchen Steilheiten verwendet man?

desto weniger Verfälschungen entstehen durch weitere Rechenschritte
Okay, da fehlt mir der nötige Background in der Audiosignalbearbeitung, welche Berechnungen da tatsächlich alles dahinterstehen, und wie das realisiert wird. Aber liege ich richtig, das es dann im Endeffekt Ungenauigkeiten bzw. Rundungsfehler durch die niedrigere Granularität liegt?
 
Ja, aber die heutigen Wandler sind ohnehin Delta Sigma Wandler und da ist die Tastung bei der Wandlung (nicht bei den angelieferten oder abgelieferten Daten) im Bereich 10 - 20 MHz und daher braucht man keine so steilflankigen Filter mehr wie in den Anfangszeiten der CD Spieler.
Viellicht erinnert sich noch jemand an die Werbe-Aufkleber 256-fach Oversampling und so ...

Für die Übertragung des Hörbereichs reichen die 44.1 kHz der CD locker aus, selbst für die Transienten. 48kHz um so mehr.
Bei 96 kHz kann man durch die höhere Taktrate theoretisch kürzere Latenzen erzielen.
Live ist da ohnehin alles Banane und selbst bei Studio-Aufnahmen erschließt sich mir der Sinn nicht wirklich.
Vielleicht bringt es ein letzes hörbares Quäntchen bei klassischer Musik, aber im Rock/Pop Bereich oder gar Rap oder Heavy Metal erschließt sich mir der Sinn nicht,

HF beginnt übrigens schon durchaus bei 10 MHz, weil da schon ab gewissen Leitungslängen die Leitungstheorie zum Tragen kommt (Sagt einer der schon beruflich Designs bis 28 GBit/sec gemacht hat).

Und früher waren sogar 300kHz - 3 MHz Mittelwelle

Und es gibt noch Langwelle. Heute immer noch im Einsatz bei den Funkuhren DCF77 bei 77 kHz, die drahtlos in ganz Euroba übertragen werden.
 
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Mit der digitalen Signalverarbeitung kann man Bücher füllen, ebenso mit Meinungen der Praktiker dazu.
Das ist mir natürlich klar, die Frage für mich ist eben, ob die Abweichungen zwischen reellem und idealem System mit dem aktuellen Stand der Technik und Rechenleistung in dem Bereich zwischen 20 und 24 kHz stattfinden, oder Rückwirkungen bis in den hörbaren Bereich zwangsläufig sind.
 
Wenn ein Filter in die Nähe der Nyquist-Frequenz kommt, dann kann es zu Abweichungen vom idealen Verhalten kommen, weil die ideale Übertragungsfunktion auch über die Nyquist-Frequenz hinaus von 1 abweicht. Sprich, ein EQ bei > 10 kHz kann bei identischer User-Parametrierung mit 48 kHz eine leicht andere Wirkung haben, als mit 96 kHz. Das kann man aber zumindest näherungsweise kompensieren. Und ob solche Unterschied auf den üblichen Wiedergabesystemen und bei dem durchschnittlichen altersbedingten Hörverlust in diesem Frequenzbereich tatsächlich ein relevantes Ausmaß annehmen, ist zumindest zu bezweifeln.
Größere Unterschiede kann es bei nicht-linearer Bearbeitung geben, wenn diese Signalanteile > 24 kHz erzeugt. Aber meines Wissens nach arbeiten nicht-lineare Plugins etc. aus diesem Grund oft mit lokal höheren Abtastraten (Over-Sampling).
 
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Delta Sigma Wandler
Das heißt, rein bei der Wandlung und Erfassung des Signals dürften durch das extreme Oversampling des Delta-Sigma-Wandlers eigentlich keine
Verluste/Quantisierungsfehler im hörbaren Bereich auftreten, d.h. bis zur Signalbearbeitung im Pult ist es eigentlich nicht nachvollziehbar, dass 96 kHz gegenüber den 48 kHz tatsächlich einen Vorteil hätten, richtig?

Spätestens nach der Wandlung des Bitstreams in ein Multibitsignal muss 48 kHz ja dicke ausreichen, um das bereits gefilterte Signal verlustfrei übertragen zu können, oder?

Weißt du, wie die digitalen Tiefpassfilter nach dem 1-Bitstream üblicherweise realisiert sind?
 
Für mich ist das im Live Bereich eher eine Sache der Latenz, als eine Sache der Qualität. Im PA Mix hört das keiner, behaupte ich mal zu sagen. ZB bei In Ear Mixen macht es aber schon einen Unterschied, ob ich 4 oder 2ms Latenz im Pult habe. Umso mehr wenn noch digitaler Mic/IEM Funk dabei ist und auch noch dazu addiert.
 
ZB bei In Ear Mixen macht es aber schon einen Unterschied, ob ich 4 oder 2ms Latenz im Pult habe
Ja, aber der Unterschied dürfte wohl eher im us-Bereich liegen, als im ms-Bereich.
Ein Behringer X32 hat z.B. eine Durchlauflatenz von 0,8ms. Eine A&H Avantis 0,7ms.
 
Ich hab mal gehört das klassische Musik, wegen der benutzten Instrumente und deren Klangfarbe, Oberwellen >24kHz hat und man deswegen diese höher abtastet/mischt.
Kann aber auch ein Gerücht sein
 

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