Erinnerungen an ein nie gelebtes Leben

Der_Blindschleicher
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Hallo Kreativlinge,

hier ein Text, inspiriert durch einen ungeschriebenen Roman, basierend auf einem ungelebten Leben.

klingt der Text zu depresso?

Grüße


Erinnerungen an ein nie gelebtes Leben

Die Bilder, die ich nie gemalt.
Sünden, für die ich nie bezahlt.
Münder, die ich nie geküsst.
Wer nicht lebt, der auch nicht büßt.

Die Songs, die ich nie geschrieben,
wie Kinder, lautlos abgetrieben.
All die Träume, ungeträumt,
sich aufsummieren, monströs aufbäumt.

Ich reiß dem Sensenmann die Sense
aus der Hand,
zerkleiner ihn,
pinne die Teile an die Wand.

Mein Leben ist -
Mein Leben ist -
vorbei, vorbei
noch lange nicht vorbei.

Glauben, zweifeln,
scheitern, aufstehen
so ist das eben.
Und zwischendrin
Erinnerungen
an ein nie gelebtes Leben.

Der Ritter, der ich niemals war,
ein Gespenst wird sich selbst gewahr.
Was war? Was soll? Was könnte sein?
Gespenster bleiben nie allein.

Keine Drogen, die mich nicht zerstört.
Ein Leben, das, trotz allem, mir gehört.
Ich mach kaputt, nehme Scherben in Kauf,
baue darauf noch viel besser auf.

Ich reiß dem Sensenmann die Schaufel
aus der Hand,
schaufel sein Grab,
vergrabe ihn auf eigenem Land.

Gott wird mich fragen:
„warum hast du nicht
warum hast du nicht
auf mich gehört?“

Gott wird mir sagen,
„ich will doch nicht,
will wirklich nicht
dass dich irgendwas zerstört!“

Glauben, zweifeln,
scheitern, aufstehen,
so ist das eben.
Und zwischendrin
Erinnerungen
an ein anders gelebtes Leben.

Ich spuke durch Ruinen
falscher Träume, Illusionen.
Ich ziehe als Untermieter
dorthin, wo
schräge Gelegenheiten wohnen.

Jeder Tag, ein neues Leben.
Mein altes ICH vergessen.
Habe Zeit und Luft verbraucht
und nie wirklich besessen.

Du Superheld!
Wie ist das denn bei dir?
Und täglich grüßt -
Und täglich grüßt das Murmeltier.

Du edler Prinz!
Was heulst du denn hier rum?
Prinzessinnen verschlissen
und die Lebensuhr tickt stumm.

Glauben, zweifeln,
scheitern, aufstehen,
so ist das eben.
Und zwischendrin
Erinnerungen
an ein bevorstehendes Leben.
 
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Sollte es nicht "Ein Leben, das, trotz allem, mir gehört." sein?
Hui! Danke! stimmt! Schnell noch ändern.
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Ich persönlich finde mich da überhaupt nicht wieder.
Ganz ehrlich, da freue ich mich aufrichtig für dich! ;) Und danke für das ehrliche Statement! Genau das habe ich gebraucht. Ich selbst bin gegenüber meiner Texte oft "betriebsblind".

Danke!
 
Ich finde Tatsachen nie depressiv, höchstens die Einstellung zu Tatsachen.
Dass man, indem man sich für etwas entscheidet (Berufsausbildung, Frau, Musik, Kinder) sich gleichzeitig gegen etwas entscheidet (alle anderen Berufsbilder, Frauen, andere Künste, keine Kinder), ist eben eine Tatsache des Lebens. Dass man das mitunter bedauern kann: klar. Aber dass es einen depressiv macht? Bei mir zumindest: Nein.

Ich finde das Thema total interessant - inklusiver einer Einstellung dazu, die sich ja auch ändern kann - Wer bedauert schon als Kind oder Jugendliche/r "vertane Chancen"? Das setzt, meiner Beobachtung nach, erst ab einem bestimmten Alter ein - dann, wenn schon weitreichende Entscheidungen getroffen wurden. Und meist dann, wenn sie sich für einen nicht stimmig anfühlen ... und daher kommt meines Erachtens der depressive Einschlag: Man wünscht sich, im Nachhinein, eine andere Wahl getroffen, ein anderes Leben gelebt zu haben. Gibt es - gar keine Frage. Aber so ganz und gar und total? Ist man mit nichts zufrieden, ist das nicht Anlass zur Trauer (die kann auch mit dabei sein), sondern vor allem einer bewußten Ent-Täuschung und einer Wende: So lange man lebt, kann man etwas anders machen als zuvor.

Besonders bei diesem Text kommt es sehr stark auf die musikalische und gesangliche Umsetzung an - die wird meiner Meinung nach viel mehr das "Lebensgefühl" wiedergeben/prägen als der Text selbst.

Allerdings: Ich finde den Text vieeeeeel zu lang! Aus meiner Sicht verschenkst Du Höhepunkte, wenn der Sensenmann mehrmals auftaucht, wenn Gott mehrmals angerufen wird, wenn Beispiel über Beispiel genannt wird, was im Kern das gleiche meint. Es ist gut, das alles aufgeschrieben zu haben und ich finde auch nichts "falsch" - es kommt mir vor wie die erste Fassung, die raus muss, damit sie in der Welt ist. Ab da - das wäre meine Empfehlung - heißt es: Was ist wirklich wichtig im Text? Welche Wendungen, welche Höhepunkte brauche ich? Welche Beispiele sind am aussagekräftigsten? Die Wendung hin zum bevorstehenden Leben finde ich sehr konsequent und lebensbejahend! Das sollte der Höhepunkt sein.

just my 2 cents

x-Riff
 
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sondern vor allem einer bewußten Ent-Täuschung und einer Wende: So lange man lebt, kann man etwas anders machen als zuvor.
Danke! genau darauf wollte ich raus.

Dein Kommentar ist soviel mehr wert als 2 cents! Danke dafür!

Grüße!
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es kommt mir vor wie die erste Fassung, die raus muss, damit sie in der Welt ist.
erwischt! ;)
 
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