
Basselch
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Hallo zusammen,
gestern verstummte eine ganz wichtige Stimme im Kampf gegen das Vergessen und für die Aussöhnung: Im Alter von 103 Jahren ist Margot Friedländer, eine der letzten Überlebenden des Holocaust, verstorben. Erst am 8. Mai hatte sie anläßlich des Gedenken an das Ende des 2. Weltkrieges gesprochen und sollte gestern (Quelle: WDR2) eigentlich noch mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden.
Ihre Familie versuchte im Dritten Reich mehrfach erfolglos, auszuwandern. 1942 wurde ihr Vater im KZ ermordet, 1943 wurden ihr Bruder und ihre Mutter ebenfalls von der Gestapo verhaftet und in Auschwitz ermordet.
Sie selbst konnte lange Zeit in Verstecken und mit verändertem Aussehen überleben, wurde aber 1944 verhaftet und nach Theresienstadt deportiert.
Sie überlebte Theresienstadt und ging 1946 mit ihrem Mann in die USA. 2003 war sie auf Einladung des Berliner Senates erstmals wieder in ihrer alten Heimatstadt und beschloß 2010, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Seitdem besuchte sie unermüdlich vor allem auch viele Schulen, um über ihr Schicksal zu berichten, und wurde für ihre Aufklärungsarbeit als Zeitzeugin mehrfach hoch ausgezeichnet.
Sie war eine unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen, was nicht zuletzt in diesen Zeiten, wo Haß und Intoleranz sogar wieder in deutschen Parlamenten sitzen, nicht hoch genug zu bewerten ist. Ungeachtet ihres Schicksals trat sie immer für Versöhnung ein (ein Zitat aus einem Interview: "Ich hab' immer gesagt, ihr müßt viel mehr miteinander reden...")
Ich habe immer bewundert, wie viele Holocaust-Überlebende starke, gefestigte Persönlichkeiten waren, die keinerlei aktuelle Haßgefühle hegten und trotz ihrer fürchterlichen Erlebnisse eine sehr "positive" (...will ich mal so formulieren - ich weiß, nicht, wie besser...) Ausstrahlung hatten. Ein eigenes Erlebnis möchte ich kurz erzählen. Vor einigen Jahren traf ich während einer Chorreise nach Danzig einen alten Polen auf einem Schiff auf der Fahrt vom Danziger Hafen zur Halbinsel Hel. Wir saßen auf dem Oberdeck, er nahm neben mir Platz, die Jacke schob sich hoch und zeigte auf dem Unterarm eine eintätowierte Häftlingsnummer. Au weia, so mein erster Gedanke, wie der wohl reagiert, der merkt doch, daß wir Deutsche sind? Er hatte wohl meine sichtlche Verwirrung bemerkt und sprach mich gleich in gebrochenem Deutsch an. "Du Sorge wegen das da?", dabei zeigte er auf die Nummer. "Du keine Sorgen machen, Du mir nix getan, ich Dir nix getan, Dein Vater mir nix getan und meiner Deinem nix getan. Du deutsch, ich Pole, wir Europa, wir Freunde!" Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen - ich war sehr beeindruckt und berührt.
Wenn wir etwas von Margot Friedländer und anderen Holocaust-Überlebenden mitnehmen sollen, dann dürfte es wohl folgendes sein: Entsetzliche Grauen sind damals entfesselt worden und es muß heute unsere Aufgabe sein, zu verhindern, daß so etwas sich je wieder ereignet.
Frau Friedländer, vor Ihnen und allen Ihren Leidensgefährten kann ich nur still den Hut ziehen, mich für Ihre Aufklärungsarbeit bedanken und Ihnen wünschen, daß Sie nun endgültig den Frieden finden.
Viele Grüße
Klaus
gestern verstummte eine ganz wichtige Stimme im Kampf gegen das Vergessen und für die Aussöhnung: Im Alter von 103 Jahren ist Margot Friedländer, eine der letzten Überlebenden des Holocaust, verstorben. Erst am 8. Mai hatte sie anläßlich des Gedenken an das Ende des 2. Weltkrieges gesprochen und sollte gestern (Quelle: WDR2) eigentlich noch mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden.
Ihre Familie versuchte im Dritten Reich mehrfach erfolglos, auszuwandern. 1942 wurde ihr Vater im KZ ermordet, 1943 wurden ihr Bruder und ihre Mutter ebenfalls von der Gestapo verhaftet und in Auschwitz ermordet.
Sie selbst konnte lange Zeit in Verstecken und mit verändertem Aussehen überleben, wurde aber 1944 verhaftet und nach Theresienstadt deportiert.
Sie überlebte Theresienstadt und ging 1946 mit ihrem Mann in die USA. 2003 war sie auf Einladung des Berliner Senates erstmals wieder in ihrer alten Heimatstadt und beschloß 2010, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Seitdem besuchte sie unermüdlich vor allem auch viele Schulen, um über ihr Schicksal zu berichten, und wurde für ihre Aufklärungsarbeit als Zeitzeugin mehrfach hoch ausgezeichnet.
Sie war eine unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen, was nicht zuletzt in diesen Zeiten, wo Haß und Intoleranz sogar wieder in deutschen Parlamenten sitzen, nicht hoch genug zu bewerten ist. Ungeachtet ihres Schicksals trat sie immer für Versöhnung ein (ein Zitat aus einem Interview: "Ich hab' immer gesagt, ihr müßt viel mehr miteinander reden...")
Ich habe immer bewundert, wie viele Holocaust-Überlebende starke, gefestigte Persönlichkeiten waren, die keinerlei aktuelle Haßgefühle hegten und trotz ihrer fürchterlichen Erlebnisse eine sehr "positive" (...will ich mal so formulieren - ich weiß, nicht, wie besser...) Ausstrahlung hatten. Ein eigenes Erlebnis möchte ich kurz erzählen. Vor einigen Jahren traf ich während einer Chorreise nach Danzig einen alten Polen auf einem Schiff auf der Fahrt vom Danziger Hafen zur Halbinsel Hel. Wir saßen auf dem Oberdeck, er nahm neben mir Platz, die Jacke schob sich hoch und zeigte auf dem Unterarm eine eintätowierte Häftlingsnummer. Au weia, so mein erster Gedanke, wie der wohl reagiert, der merkt doch, daß wir Deutsche sind? Er hatte wohl meine sichtlche Verwirrung bemerkt und sprach mich gleich in gebrochenem Deutsch an. "Du Sorge wegen das da?", dabei zeigte er auf die Nummer. "Du keine Sorgen machen, Du mir nix getan, ich Dir nix getan, Dein Vater mir nix getan und meiner Deinem nix getan. Du deutsch, ich Pole, wir Europa, wir Freunde!" Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen - ich war sehr beeindruckt und berührt.
Wenn wir etwas von Margot Friedländer und anderen Holocaust-Überlebenden mitnehmen sollen, dann dürfte es wohl folgendes sein: Entsetzliche Grauen sind damals entfesselt worden und es muß heute unsere Aufgabe sein, zu verhindern, daß so etwas sich je wieder ereignet.
Frau Friedländer, vor Ihnen und allen Ihren Leidensgefährten kann ich nur still den Hut ziehen, mich für Ihre Aufklärungsarbeit bedanken und Ihnen wünschen, daß Sie nun endgültig den Frieden finden.
Viele Grüße
Klaus
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