Mein Bruder kommt vom Rauchen rein

[Teestunde]

Neue Fassung "Fremder Stern" in Post #12

Mein Bruder kommt vom Rauchen rein

Mein Bruder kommt vom Rauchen rein:
Da sei ein fremder Stern zu sehn
mit ungeheuer hellem Schein,
er würde überm Kuhstall stehn.

Das Internet entwarnt und sagt,
Bedeutung läge nicht darin;
Experten, nach dem Stern gefragt,
stellten den Glanz als harmlos hin.

Und doch, es hält uns nicht im Haus,
wir treten, von Magie betört,
in diese helle Nacht hinaus,
halb aufgekratzt und halb verstört.

Zu unserem Erstaunen zieht
der Stall uns an wie ein Magnet;
von überall man Menschen sieht,
weil’s denen ganz genau so geht.

Geduldig macht die Polizei –
als wärn die Leute auserwählt –
für Einige den Zugang frei.
Sogar von Engeln wird erzählt.

Wir würden so gern mit hinein,
nur steht die Menge schon zu dicht,
denn jedermann will Zeuge sein,
wovon im Flüsterton man spricht.

Die Ersten kommen schon zurück
und sinken dann und wann aufs Knie,
berichten, Augen voller Glück,
ein Baby hätt gesegnet sie!

Wir stimmen ein in den Gesang,
der vor Minuten sich erhob,
und noch auf dem Nachhausegang
erschallt ganz ernsthaft Gottes Lob.

 

[Teestunde]

Irgendwie fehlt noch eine zündende Pointe. Ideen?

 

[Tygge]

In welche Richtung soll die Pointe gehen? Du verknüpfst in deinem Text ja zwei Erzählebenen - das Mystisch-Gläubige mit der faktenorientierten Realität. Da fällt es mir schwer, an eine Pointe zu denken. Oder denkst du an ein Ende mit Witz und Augenzwinkern?

 

[JanekA]

So war's vor zwei Millenien auch
Das Kind musste viel leiden
Mein Bruder sagt, das mit dem Rauch
Wird künftig er vermeiden.

 

[Teestunde]

Oder denkst du an ein Ende mit Witz und Augenzwinkern?

Ja, irgendwie. Vielleicht fällt mir selber noch was ein. Im Moment bin ich mit einem Liebesgedicht beschäftigt.

 

[Teestunde]

Ach so, der Text ist vergeben.

 

[Teestunde]

Hier mal die neue Fassung mit Refrain:

Fremder Stern

Mein Bruder kommt vom Rauchen rein:
Da sei ein fremder Stern zu sehn
mit ungeheuer hellem Schein,
er würde überm Kuhstall stehn.
Das Internet entwarnt und sagt,
Bedeutung läge nicht darin;
Experten, nach dem Stern gefragt,
stellten den Glanz als harmlos hin.

Ist das zum Weinen oder Lachen?
Muss man sich nicht doch Sorgen machen?
Ist’s wirklich keine Phantasie?
Woher kommt solche Energie?

Sei’s drum, es hält uns nicht im Haus,
wir treten, von Magie betört,
in diese helle Nacht hinaus,
halb aufgekratzt und halb verstört.
Zu unserem Erstaunen zieht
der Stall uns an wie ein Magnet;
von überall man Menschen sieht,
weil’s denen ganz genau so geht.

Ist das zum Weinen oder Lachen…

Geduldig macht die Polizei –
als wärn die Leute auserwählt –
für Einige den Zugang frei.
Sogar von Engeln wird erzählt.
Wir würden so gern mit hinein,
nur steht die Menge schon zu dicht,
denn jedermann will Zeuge sein,
wovon im Flüsterton man spricht.

Ist das zum Weinen oder Lachen…

Die Ersten kommen schon zurück
und sinken dann und wann aufs Knie,
berichten, Augen voller Glück,
ein Baby hätt gesegnet sie!
Wir stimmen ein in den Gesang,
der vor Minuten sich erhob,
und noch auf dem Nachhausegang
erschallt ganz ernsthaft Gottes Lob.

Ist das zum Weinen oder Lachen…

 

[x-Riff]

Mich holt der Text nicht ab.

Dabei finde ich die Grundidee, die über zweitausendjährige Ereignis der Geburt Jesu in der Neuzeit stattfinden zu lassen, durchaus reizvoll. Sie wird aber für mein Empfinden nicht durchgezogen. In der zweiten Strophe werden die neuen Medien (Internet, Experten) angerissen, aber dann nicht erneut wieder aufgenommen. Wären aber ein zentraler Bestandteil der Neuzeit. Damals haben die Botschaft durch den Kometen nur wenige (drei Könige) mitbekommen oder darauf reagiert - heute würde das plus eine damit verbundene Geburt in Windeseile bzw. in Echtzeit um die ganze Welt kursieren. Letztlich ist es aber nur die Magie, welche die nähere (und fernere?) Nachbarschaft vor die Tür treten läßt - gleichwohl regelt die Polizei den Zutritt ...

Das zweite ist die Pointe. Tatsächlich fehlt für mich etwas, das über das Gedankenspiel, Jesu Geburt heutzutage sich ereignen zu lassen, hinaus geht. Würde es mehr Wirkung zeigen? Würde es die gleichen Kontroversen ergeben? Was passierte heute, was damals nicht passierte - was passierte damals, was heute nicht passierte? Daraus könnte man eine Pointe bauen, die quasi die Jetztzeit, zumindest was das Thema Glauben angeht, mit einer Vergangenheit verbindet, die weit in der Vergangenheit liegt, aber erheblichen Einfluss auf unser Gesellschaft hatte. Hätte so etwas wie Magie heute überhaupt noch Raum, gäbe es eine "Empfängnisbereitschaft" dafür?

Für mich ist so das Gedankenspiel angerissen, aber nicht durchgeführt. Die neueste Version mit einem Refrain löst das für mich nicht ein. Vermutlich kann man in einem songtext sowieso nur einen oder ein paar Aspekte des Gedankenspiels thematisieren - aber es könnte funktionieren. Funktionieren könnte für mich auch eine gänzlich lakonisch-erzählende Form, in der im Grunde gar keine Frage aufgeworfen wird, sondern nur das Absurde der Jetzt-Zeit durchleuchtet: die Gier nach Sensationen und die Möglichkeit, Absonderlichkeiten des gesamten Globus rund um denselben kursieren zu lassen macht im Grunde genommen völlig unempfänglich davor, was sich an Magie eröffnet und sei es, dass sie vor der eigenen Tür stattfindet. Oder eben: Findet sie statt und wir empfinden sie und lassen uns davon mitnehmen, so scheint das, was sonst an Meldungen und Neuigkeiten kursiert, so belanglos wie der Sack Reis, der in China umkippt ...

just my thoughts ...

x-Riff

 

[Teestunde]

just my thoughts ...

Ja. Das Thema habe ich mir auch schon hingelegt, wenn es mich mal packt, gehe ich da auf jeden Fall noch mal ran. Ich bin mit meinen Gedanken erst so weit gekommen. Das Was-wäre-wenn ist auch für mich noch nicht farbig und witzig genug. Trotzdem lasse ich das erst mal so stehen. Freu mich über jeden Hinweis. Danke!

 

[x-Riff]

Ich mach mal was, was ich beim Lesen schon mal machen wollte ...

Fremder Stern

Mein Bruder kommt vom Rauchen rein:
Da sei ein fremder Stern zu sehn
mit ungeheuer hellem Schein,
er würde überm Kuhstall stehn.

Es hält uns nicht mehr lang im Haus,
wir treten, von Magie betört,
in diese helle Nacht hinaus,
halb aufgekratzt und halb verstört.

Zu unserem Erstaunen zieht
der Stall uns an wie ein Magnet;
von überall man Menschen sieht,
weil’s denen ganz genau so geht.

Wir würden so gern mit hinein,
nur steht die Menge schon zu dicht,
Im Stall, da sollen Engel sein,
wovon im Flüsterton man spricht.

Die Ersten kommen schon zurück
und sinken dann und wann aufs Knie,
berichten, Augen voller Glück,
ein Baby hätt gesegnet sie!

Wir stimmen ein in den Gesang,
der vor Minuten sich erhob,
und noch auf dem Nachhausegang
erschallt ganz ernsthaft Gottes Lob.

Das wäre als Impression, als seltsam vertraute Erzählung, die gerade deshalb verstört, weil sie so altbekannt ist, mir genug.
Weniger ist mehr - wäre hier meine Devise ...

Herzliche Grüße

x-Riff

 

[Teestunde]

Ja, das leuchtet mir ein. Wenn man das Internet rausnimmt, kann das als rein private Stroy funktionieren.

Fremder Stern (gekürzt)

Mein Bruder kommt vom Rauchen rein:
Da sei ein fremder Stern zu sehn
mit ungeheuer hellem Schein,
er würde überm Kuhstall stehn.
Ein Stern? – Es hält uns nicht im Haus,
wir treten, von Magie betört,
in diese helle Nacht hinaus,
halb aufgekratzt und halb verstört.

Ist das zum Weinen oder Lachen?
Muss man sich vielleicht Sorgen machen?
Ist’s wirklich keine Phantasie?
Woher kommt solche Energie?

Zu unserem Erstaunen zieht
der Stall uns an wie ein Magnet;
von überall man Menschen sieht,
weil’s denen ganz genau so geht.
Wir würden so gern mit hinein,
nur steht die Menge schon zu dicht,
Im Stall, da sollen Engel sein,
die einen glauben’s, andre nicht.

Ist das zum Weinen oder Lachen?
Muss man sich vielleicht Sorgen machen?
Ist’s wirklich keine Phantasie?
Woher kommt solche Energie?

Die Ersten kommen schon zurück
und sinken dann und wann aufs Knie,
berichten, Augen voller Glück,
ein Baby hätt gesegnet sie!
Wir stimmen ein in den Gesang,
der vor Minuten sich erhob,
und noch auf dem Nachhausegang
erschallt ganz ernsthaft Gottes Lob.

Ist das zum Weinen oder Lachen?
Muss man sich vielleicht Sorgen machen?
Ist’s wirklich keine Phantasie?
Woher kommt solche Energie?

 

[Teestunde]

Fremder Stern (neue Fassung)

Mein Bruder kommt vom Rauchen rein:
Da sei ein fremder Stern zu sehn
mit ungeheuer hellem Schein,
er würde überm Kuhstall stehn.
Ein Stern? – Es hält uns nicht im Haus,
wir streben, von Magie betört,
in diese helle Nacht hinaus,
halb aufgekratzt und halb verstört.

Ist das zum Weinen oder Lachen?
Muss man sich ernsthaft Sorgen machen?
Vielleicht ist das ein Märchen bloß?
Doch warum lässt es uns nicht los?

Zu unserem Erstaunen zieht
der Stall uns an wie ein Magnet,
und überall man Menschen sieht,
denen es ganz genau so geht.
Im Stall hört man ein Baby schrein,
was das bedeutet, weiß man nicht.
Wir würden gerne mit hinein,
nur steht die Menge schon zu dicht.

Ist das zum Weinen oder Lachen? …

Die Ersten kommen schon zurück
und sinken wirklich auf die Knie,
berichten, Augen voller Glück,
von einer Frau namens Marie.
Sie hätt ihr Söhnlein grad geborn,
das segnend schon sein Händchen hebt.
Wer’s sah, hat Stein und Bein geschworn,
dass er was Großes miterlebt.

Ist das zum Weinen oder Lachen? …

Ein Rettungswagen braust herbei,
weil, was hier vor sich geht, nicht geht,
und ebenfalls die Polizei,
die nun im Kreis den Stall umsteht.
Die Menge schmettert „Stille Nacht“
und übertönt das Megaphon,
das ernsthaft die Bemerkung macht,
der Kleine sei nicht Gottes Sohn!

Ist das zum Weinen oder Lachen? …

Man schickt bei Strafe uns nach Haus.
Der Rettungswagen ist schon fort.
Den Leuten gehn die Lieder aus.
So peu à peu leert sich der Ort.
Doch noch auf dem Nachhausegang,
beten wir für Marie und Kind
innig und voller Überschwang,
obwohl wir Atheisten sind.

Ist das zum Weinen oder Lachen? …