Verwendung der lebendigen Sprache

Cerno
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Junge, Junge, ich befürchte ihr habt ihn mundtot geschwallt. Dafür versuche ich euch mal etwas Kontra zu geben. M.E. liegt die Lebendigkeit bei Texten weniger in ausgefeilter Grammatik oder besonderer Häufung spezieller Wortarten, als vielmehr in der Verwendung der lebendigen Sprache. Also Alltagssprache oder auch Umgangssprache.
Und genau da liegt in der Regel unser Problem als Nichtmuttersprachler: wir können zumeist nur die Lehrbuchversion der fremden Sprache, und das macht es holprig. Oder im besten Falle dadaistisch.
 
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Ich weiß nicht, ob die von mir hochgeschätzte Annette noch hier ist, ich bin’s noch! Einige Wochen älter und reifer.

ich befürchte ihr habt ihn mundtot geschwallt.

Leider gut möglich. Obwohl ich heute mein Anliegen etwas anders formulieren würde, werde ich immer skeptischer, dass die heutigen deutschen Popmusiker gewillt sind, die Vorzüge ihrer Muttersprache systematisch auszuschöpfen. So wie ein „Oskar„ Weltruhm verspricht, ist auch HipHop englisch geprägt, Da mögen die deutschen Hiphopper noch so sehr ihre Platzierungen in den deutschen Charts feiern, die Fan- und Fachsprache ist komplett englisch!

Jeder kennt heute zwar „Der Panther“ von Rilke. Seinen brillanten Sprach-Stil aber analysiert keiner. sondern die meisten orientieren sich lieber an Enimem. Dabei benutze bereits Rilke lange vor dem Straßen-Rap faszinierende Reimketten.

Ich glaube, der @hrawth suchte damals den Essay von Mark Twain über „die schreckliche deutsche Sprache“. Viele deutsche Sprachwissenschaftler haben diesem witzigen Werk seither widersprochen. Erfolglos. Als Texter studiere ich einerseits Rilke, Grönemeyer oder Kool Savage und andererseits natürlich Dylan, Randy Newman oder Eminem.

Jeder dieser Künstler reizt mE die Alltagssprache UND die grammatikalischen Möglichkeiten seiner Muttersprache exzellent! und über ihr Sprachwissen sprechen alle äußerst wortkarg.., aus gutem Grund, vermute ich! ;-)
 
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Aus meiner Erfahrung ist deutsch wesentlich präziser und vielfältiger, daher auch schwieriger im Umgang. Englisch (oder zumindest das was wir heute als Englisch bezeichnen) ist eine Reduktion der Möglichkeiten welche die Sprache bot auf einen weit verbreiteten gemeinsamen Nenner. In den älteren Versionen (des Englischen) ist die Sprache durchaus noch reicher an Möglichkeiten.

Es ist für mich einfacher mich treffende Inhalte in Englisch zu bearbeiten (zuhören oder nachdenken) da ich dann nicht so nahe dran bin, effektiver ist es aber natürlich in meiner Muttersprache, wenn auch deutlich aufwühlender. Ein Grund Englisch zu hören, ist möglicherweise, dass wir es gar nicht so genau wissen wollen.
 
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x-Riff
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Der_Blindschleicher
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FerdinandK :
Englisch (oder zumindest das was wir heute als Englisch bezeichnen) ist eine Reduktion der Möglichkeiten welche die Sprache bot auf einen weit verbreiteten gemeinsamen Nenner.

Lieber @FerdinandK , so sehe ich das auch. Als ich mich mit der Syntax der einzelnen Sprachen beschäftigte, las ich (wenn ich mich richtig erinnere), dass sich die einzelnen Satzglieder im Deutschen am flexibelsten verschieben lassen. -

Daran musste ich denken, als ich vor einigen Monaten Rilke zum wiederholten Male für mich neu entdeckte!

Natürlich gestatten die meisten Sprachen die „Subjekt-Prädikat-Objekt-Stellung“ (SPO). Aber nicht jede Sprache erlaubt die Alternativen der PSO- oder OPS-Stellungen, die sich uns bieten.

Genau diese Flexibilität der deutschen Sätze, die quasi den Bau kleiner Erzählungen mit einem einzigen Satz erlaubt, ist der Segen und Fluch unserer Sprache. Solche Sätze lesen sich oft auf den ersten Blick kompliziert… aber sie beinhalten automatisch eine interne Stringenz der einzelnen Bausteine, die allein von der verdammten Grammatik zusammen gehalten werden.

Rilke baut mit 4-5 Sätzen ein perfektes Sonett - und alles steht in einem Zusammenhang, den bereits der Satzbau verlangt. Dagegen gleichen fast alle modernen Hip-Hop-Texte einem Flickenteppich spontaner Kurzsätze Marke SPO.

Seit längerem fällt mir auf, das die jüngeren Jahrgänge den Blick nach innen nicht mehr bevorzugen. Dieser lohnt sich allerdings auch erst, wenn Religionen oder stabile Weltanschauungen einen Nährboden in der Realität vorfinden, auf dem die Phantasie immer wieder neu erblühen kann.

Die Älteren von uns sind noch mit diesem Optimismus erzogen worden. Die Jüngeren haben bereits Lehrer, die völlig desillusioniert sind.

Und hier kommt die traurige Pointe eines Agnostikers: Ohne Glauben, Ahnung oder wenigstens frechem Behauptungswillen brauchen wir keine flexible deutsche Sprache mehr. Für den traurigen Rest eignet sich die englische Prosodie wirklich besser!! 😭 :bang::opa::cheer::unsure:
 
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@Jongleur
Alles hängt mit allem zusammen, beginnt man das zu erahnen braucht das eine Reflexion in der Sprache. Gibt es nur Ereignis, Wirkung und die Suche nach dem Schuldigen da reicht SPO und das erklärt auch die bevorzugte Grammatik (so simpel ist die Welt erklärt, einfach aber so oft wiederholt bis es eingebläut wurde).

Ich meine aber, aus dem nivellierten Chaos erhebt sich ganz organisch wieder die Ordnung des Gedanken, weil irgendwann irgendwer wieder an den Wendepunkt gelangt, an diesem ein Wechsel der Perspektive den einzigen Ausweg darstellt. Gedanken sind ansteckend, sie infizieren, immunisieren, multiplizieren und ab und zu verführen sie auch den einen oder anderen Klassiker wiederzuentdecken, dann muss man nicht ganz von vorne beginnen.

Im Auto Radio hörend sagte meine Tochter (9) zu mir: "Können wir bitte abdrehen, das ist alles gleich." Die Langeweile ist Motor der Inspiration.

Ein weiterer Punkt ist noch, dass die Kunst an sich zu SPO wurde. S kreiert "Kunst" (P) für Audienz (O). Entertainment, nix Verwerfliches, aber wenn es nur noch Entertainment gibt, keinen durch die sensibilisierte Wahrnehmung (des Ortes, der Zeit, der Teilnehmer, ...) induzierten Ausbruch einer Idee, von einem Gedanken der in Form gegossenen werden muss, dann fehlt dem Entertainment der Überfluss an Kreation welcher abgearbeitet werden kann. Aber wenn das Material zur Neige geht, muss auch der Zimmermann zum Erfinder werden.

Es macht wenig Sinn einem Agnostiker Gottes Existenz beweisen zu wollen, entdeckt der Agnostiker aber die Notwendigkeit, passiert es von ganz allein, genauso ist es mit der Grammatik.
 
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braucht selbst ein Deutscher Wochen, Monate oder Jahre, um die Chancen, welche die dt. Sprache bietet, zu begreifen.
bissl seltsame Aussage. Die meissten fangen ja wohl so mit 12 bis 15 Monaten an, zu sprechen. Bis da etwas literarisches `rumkommt, brauchen viele sicherlich deutlich länger als bis zum Ende der Grundschule. Jahre brauchen also wohl alle.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

die Suche nach dem Schuldigen da reicht SPO
oder auch SPD, das wusste schon Rudy Carell (sorry, der musste jetzt sein) :mad:
 
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Da mögen die deutschen Hiphopper noch so sehr ihre Platzierungen in den deutschen Charts feiern, die Fan- und Fachsprache ist komplett englisch!

Ich bin mir da nicht ganz sicher. Ich bin unfreiwilliges Opfer permanenter juveniler Musikbeschallung, unter anderem gleich mehrerer HipHop-WGs. Nach meiner Einschätzung ist daher HipHop multilingual. Wobei sowohl US-amerikanisches englisch als auch deutsch sogar seltener sind als andere, neben fransösisch auch exotischere Fremdsprachen und Dialekte, die ich nicht näher zu orten vermag..
 
@punkadiddle schrieb:
Die meissten fangen ja wohl so mit 12 bis 15 Monaten an, zu sprechen. Bis da etwas literarisches `rumkommt, brauchen viele sicherlich deutlich länger als bis zum Ende der Grundschule. Jahre brauchen also wohl alle.
Dein Link verweist auf eine Aussage von 2012. Auch damals ging es mir um Autor*innen, nicht um Kleinkinder. Aber ich muss mich als Texter ständig mit der Sprache beschäftigen, wenn ich aktuell Interesse wecken will. Und somit bin ich zwar der selbe Mensch geblieben, aber meine Erfahrungen sind nun überreif ;-)
Ich bin mir da nicht ganz sicher. Ich bin unfreiwilliges Opfer permanenter juveniler Musikbeschallung, unter anderem gleich mehrerer HipHop-WGs. Nach meiner Einschätzung ist daher HipHop multilingual. Wobei sowohl US-amerikanisches englisch als auch deutsch sogar seltener sind als andere, neben fransösisch auch exotischere Fremdsprachen und Dialekte, die ich nicht näher zu orten vermag..
Ich verfolge auf YouTube seit Jahren sehr interessiert Neuveröffentlichungen, Promotion und Kommentare der dt. HipHop-Szene. ich sehe den verständlichen Stolz der Szene, dass deutscher Rap nicht nur national, sondern auch international immer mehr Beachtung findet. Mich berühren sehr viele Songs und Rapper!

Bei ihrem Stolz übersieht fast die gesamte deutsche Szene, dass die Song-Inhalte wie auch die Kommunikation unter den Fans nach wie vor stark auf englischen Begriffen basieren. Man studiere nur folgenden Link… Wer diese Begriffe nicht benutzt, beweist seine Inkompetenz! Die logische Konsequenz ist eine Bereicherung der deutschen Sprache, die auf einer bewussten Ausgrenzung der deutschen Sprache basiert.

Nur mal , aus der Hüfte geschossen, ein Beispiel von hunderten Begriffen: Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal im Rahmen irgendeines HipHop-Videos das Wort „ sicher“ gehört habe. Immer ist das entsprechende „safe“. Es gibt viele Synonyme zu „sicher“, aber in der Szene mE keine einzige Alternative zu „safe“. Wer das Wort nicht benutzt, enttarnt sich als fake. Die HipHop-Sprache ist stolz, von der Straße zu kommen. Sogar die Verwandtschaft mit Verbrechern wird mit angenehmen Gruseln toleriert. Nur der Begriff Sekte wird leider nicht so toleriert.. ;-)

Mir sind die Ursachen relativ klar. Vielen von euch auch - safe! . Aber die dt. Pop-Musik bleibt wenigstens in jede Richtung offen. Der Rap als Medium der meisten Jugendlichen hingegen nicht. Irre

Ich kenne auch im dt. Rap wunderbare Ausnahmen. Sie werden auch akzeptiert und sogar teilweise hoch geschätzt, aber eben in der Slang-Sprache der Szene! Safe! :D… :-(

Was ich hier an Hand der Umgangssprache anriss, würde mE bezüglich der dt. Texten noch viel deutlicher. Da ich vielleicht keine übertriebener Menschenfreund, aber ein leidenschaftlicher Texter bin, fände ich in einem harmlosen Kommentar keinen Anfang und kein Ende! Obwohl meine Haltung dazu klar ist!

Pausenklingeln ;-)

Ach so, und @FerdinandK:heartbeat: und Danke!
 
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Und genau da liegt in der Regel unser Problem als Nichtmuttersprachler: wir können zumeist nur die Lehrbuchversion der fremden Sprache, und das macht es holprig.
Oder man verwendet eine Fremdsprache, die niemand als Muttersprache hat (Esperanto, Latein, Klingonisch) - so kann sich niemand auf den Schlips getreten fühlen. :D😇

Und Rilke zu rappen, wäre echt eine Herausforderung 🎤
 
Jede Sprache ist der Schlüssel zu einem neuen "Universum": eine immer wieder aufs Neue überaus spannende, zutiefst beglückende Reise - zumindest für mich. Es lebe die Sprachenvielfalt! :cool:

Wer neben seiner Erstsprache (ugs. "Muttersprache") weitere Sprachen lernt, erweitert damit den eigenen Horizont - denn jede Sprache bietet neue Sichtweisen auf das Leben und unsere Welt, in der wir alle leben. Wahrscheinlich war es auch noch nie so einfach wie heute, weitere Sprachen zu lernen. Wir haben das große Glück, über das Internet (und natürlich vor Ort im jeweiligen Land) auf Literatur, Musik, Filme, Theater, etc. in der jeweiligen Sprache zugreifen zu können. Sprachen sind meiner Meinung nach eines der wichtigsten Kulturgüter, das wir haben.

Oder man verwendet eine Fremdsprache, die niemand als Muttersprache hat (Esperanto, Latein, Klingonisch) - so kann sich niemand auf den Schlips getreten fühlen. :D😇

Dass sich jemand auf den Schlips getreten fühlen könnte, kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, mit denen ich mich in ihrer Erstsprache ausgetauscht habe, sich darüber sehr gefreut haben. Meistens waren sie sehr geduldig mit mir und gewillt, meine Fehler zu korrigieren und mir noch weitere Vokabeln beizubringen. Zum Dank habe ich ihnen wiederum andere Sprachen beigebracht, die sie nicht sprachen.
 
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