Kleine Sammlung von Kreativitätstechniken für Musiker

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DieWiedergeburt
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Bei meine Mama!
Während die technische Seite des Musizierens durch geduldiges Üben, moderne Studiotechnik und mietbare Instrumentalisten vergleichsweise leicht zu meistern ist, stellt die kreative Seite des Musikmachens nach wie vor eine gewaltige Hürde da, die nur allzu häufig untersprungen wird. Typische Probleme sind, dass man immer das gleiche spielt, man einfach keine Ideen hat oder die Einfälle schlicht zu "schlecht" sind.

In diesem Thread möchte ich einige Techniken vorstellen, mit denen es möglich ist systematisch eigene musikalische Ideen zu erzeugen, ohne dass man von der Muse geküsst sein muss. Keine der Techniken hier garantiert, dass die generierten Ideen "gut" sind, aber die Wahrscheinlichkeit dass eine brauchbare Idee dabei ist, steigt natürlich mit der Anzahl der Ideen, die man überhaupt zustande bringt. Im Extrem könnte man einfach sehr viele Einfälle produzieren und die besten herauspicken.

Wenn ihr eigene Wege gefunden habt, um eure Kreativität zu erhöhen, würd ich mich freuen, wenn ihr diese hier ebenfalls vorstellt. Wenn möglich mit kurzer MP3-Demonstration!

Los gehts:

1. Technik: Reverse engineering
Bei dieser Technik greift man sich eine kurze Notensequenz aus einem vorhandenen Stück/Riff/Solo heraus und wandelt diese bezüglich eines oder mehrer Parameter ab. Ansatzpunkte für die Abwandlung (=Parameter) sind Tempo, Rythmik, Spielweise, Betonung, Intervalle, usw.

Beispiel: Deep Purple - Smoke on the water. Das Riff kennt jeder. Eine kleine Abwandlung (Tempo, Betonung, Spieltechnik) der letzten beiden Takte ergibt ein eigenständiges Riff. Kreative Eigenleistung dabei: Minimal! Hört selbst!

http://www.file-upload.net/download-1655321/smoke-reingeneering.wma.html
 
Eigenschaft
 
"Kreativitätstechniken für Musiker" -> "Bei dieser Technik greift man sich eine kurze Notensequenz aus einem vorhandenen Stück/Riff/Solo heraus und wandelt diese bezüglich eines oder mehrer Parameter ab." -> "Kreative Eigenleistung dabei: Minimal!" :confused:


Sowas passiert mir immer automatisch, erhöht aber den gefühlten "Hit-Faktor"


Statt "geklaut, Alter" verkaufe ich das jetzt als Reverse Engineering, danke für die Hilfe :D
 
So kann man es sehen. Der Ansatz den ich aber mit dieser (und den kommenden Techniken) verfolge, ist es, den künstlerischen Schaffensprozess auf "erlernbares" Handwerk zu reduzieren. Mit nur etwas Geschick ist nach dem reverse engineering die ursprüngliche Grundlage der Idee nicht mehr zu erkennen. Auch notorisch uninspirierte Musiker können auf diese Weise relativ leicht und schnell ein Dutzend Riffs kreieren und daraus ein Stück basteln. Das ist mir das Wichtige.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich dachte, "Inspiration" ist im Grunde eigentlich nichts anderes als das unbewusste Abrufen wohlgefälliger, im Kopf hinterlegter Songs / Harmonien anderer Bands und Songwriting nur die Kombination von Bruchstücken eben dieser "Kopfhits" wenn du weißt, was ich meine :).
 
Mit nur etwas Geschick ist nach dem reverse engineering die ursprüngliche Grundlage der Idee nicht mehr zu erkennen. Auch notorisch uninspirierte Musiker können auf diese Weise relativ leicht und schnell ein Dutzend Riffs kreieren und daraus ein Stück basteln. Das ist mir das Wichtige.

Hat nicht Dieter Bohlen diese Technik erfunden? :gruebel: :D

Wie auch immer, die Idee zu dieser Technik hatte ich vor einiger Zeit auch schon (naja....wer nicht?^^) und finde, dass vor allem Programme wie GuitarPro geradezu dazu einladen sie anzuwenden. :D
 
Vll. kann ich auch mal eine Technik vorstellen, die mir persönlich einfiel. Der Threadsteller darf diese Technik dann gerne wissenschaftlicher ergänzen. Ich versuchs:

Ein Problem vieler Musiker, ich beziehe mich jetzt mal auf die Gitarre, aber auch anwender bar für andere Instrumente, ist dass er z.B. beim improvisieren immer wieder auf die gleichen (Noten)Läufe zurückfällt. Ihr kennt das alle; jeder hat so seine Lieblingswege auf der Gitarre, die typischen Pentatonik Licks, die man entweder selbst entdeckt oder sich von jemand anderem abschaut. Auch bei anderen Tonleitern fällt man immer in seine selben Sequenzen zurück.
Abhilfe schafft da eine ganz interessante Sache. Man nummeriert beispielsweise die 12 Töne eines Pentatonik-Patterns durch, so dass dann jeder Ton einer der Zahlen 1 bis 12 enthält. Und jetzt kommt der Zufall ins Spiel. Würfelt z.B. oder irgednwas anderes...nach 20 Würfen habt ihr ja schon eine ordentlich Frequenz. Und dann diese per Zufall erwürfelte Folge einfach spielen.
Das kann man natürlich erweitern, indem man zwei nebeneinanderliegende Pattern benutzt, oder eventuell durch bestimmte Systeme das Griffbrett irgendwie durchnummeriert.

Lange rede kurzer Sinn: Eine rein rationale, mathematische Art, kreativ zu werden. Durch eine Kombination von Systematik und vor allem Zufall (!!!) kommt man doch immer wieder zu neuen Ton-Folgen, die man sonst vielleicht nie "gegangen" wäre.

Kreative-Leistung: Null (wobei man natürlich dann diese Ton-Folge vll. nochmal überarbeiten sollte, oder etwas variieren, je nachdem)

Nachteil: für eine kunst fast zu wissenschaftlich
 
@lucity
ich weiß nicht wo zufall wissenschaftlich ist ;)

und das prinzip gibt es schon in der "klassischen" musik. dort nennt man das "aleatorik" (ale = würfel) => zufallsmusik.
nur wird da nichts überarbeitet. ich war immer schon der meinung, dass das der punkt ist, bei dem nun wirklich gar keine kreativität mehr da ist. musik wird vom geist geformt, wenn ich zufalls musik brauche, kann ich auch einen affen ans klavier setzen der wahllos irgendwelche tasten drückt, und manche würden für solch eine vorstellung bezahlen. (und das ist durchaus provokativ formuliert;) )
es gibt ja auch affen die "bilder" malen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Aleatorik


@topic
ansonsten finde ich das reverse engeneering ehrlich gesagt eher witzig. der name... ich meine diese technik mal zu anderen kompositionen zu gucken und ideen in seine eigene einzuarbeiten, oder fertige melodien einfach umzuschreiben ist über 400 jahre alt. jetzt haben wir halt einen modernen namen dafür... fortschritt.
 
Ich dachte, "Inspiration" ist im Grunde eigentlich nichts anderes als das unbewusste Abrufen wohlgefälliger, im Kopf hinterlegter Songs / Harmonien anderer Bands und Songwriting nur die Kombination von Bruchstücken eben dieser "Kopfhits" wenn du weißt, was ich meine :).

Jau. In der modernen Musikwelt wird deswegen doch auch alle naselang ein Produzent/Songwriter verklagt, und teilweise würd ich denen nichtmal Absicht unterstellen. Wenn ich eine Melodie schreibe, fließt das rein, was ich vorher so gehört habe. Kann ich nicht leugnen. Solang es nacher zwar vertraut klingt, aber nicht einzuordnen ist, hat man ja auch alles richtig gemacht. Das Finden revolutionär neuer Riffs und Melodien ist doch ne Utopie.
 
@Fastel: Ja das mit dem Affen hat halt den Hacken, dass er es eventuell nicht mehr überarbeiten kann. Außerdem klingt das schon gut, wenn du beispielsweise innerhalb der pentatonik bleibst. Der Affe haut wahllos auf irgendwelchen Tönen rum...das kann dann durchaus schräg klingen;)
Aber danke, wusste gar nicht, dass es diese "Technik" /Richtung auch ofiziell gibt. Aber ich meinte das jetzt nicht alös so krasses Extrem, sondern eher um ein Stück sich von seinem festgefahrenen Stil zu lösen udn vll. neue "Wege" zu entdecken. Dafür würde ich dieses Zufallsprinzip schon verteidigen. Aber ein komplettes Stück nur durch Zufall formene halte ich auch für ziemlich dämlich;)
Wobei ich mir mal so etwas anhören müsste, hat vielöleicht doch etwas atmosphärisches und eventuell Intuitives; ein wahrer Genie kennt vielleicht nicht den Zufall und findet unterbewusst doch irgendwie die richtigen Töne.
 
bobcät;3839057 schrieb:
Jau. In der modernen Musikwelt wird deswegen doch auch alle naselang ein Produzent/Songwriter verklagt, und teilweise würd ich denen nichtmal Absicht unterstellen.

Manche Bands fahren ja auch gut damit, sich über mehrere Alben ständig selbst zu reproduzieren. Dadurch klingen alle Songs sofort vertraut und mitsingbar, andererseits überqueren sie gerade eben so nie wirklich die Grenze zur absoluten Selbstkopie. Vermutlich Kalkül und Inspiration 50/50 ;)

Ramones, Bad Religion, Social Distortion, so entstehen Hit-Bands :D
 
@lucity
ich weiß nicht wo zufall wissenschaftlich ist ;)

und das prinzip gibt es schon in der "klassischen" musik. dort nennt man das "aleatorik" (ale = würfel) => zufallsmusik.
nur wird da nichts überarbeitet. ich war immer schon der meinung, dass das der punkt ist, bei dem nun wirklich gar keine kreativität mehr da ist. musik wird vom geist geformt, wenn ich zufalls musik brauche, kann ich auch einen affen ans klavier setzen der wahllos irgendwelche tasten drückt, und manche würden für solch eine vorstellung bezahlen. (und das ist durchaus provokativ formuliert;) )
es gibt ja auch affen die "bilder" malen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Aleatorik
Das Problem ist, dass der Affe nicht so zufällig auf die Tasten hauen würde wie ein Zufallsgenerator ;)

Ich gehe mal davon aus, dass der Affe mittig vors Klavir gesetzt wird. Ich gehe auch davon aus, dass er die Tasten sehr weit seitlich links wie rechts von ihm selten bis garnicht anschlagen wird (Bequemlichkeit). Darüberhinaus unterstelle ich, dass Affen Tonhöhen unterscheiden und eine gewisse Vorliebe für gewisse Töne entwickeln können und dementsprechend nach gewisser Zeit sich auf ein Repertoir bestimmter Töne einpendeln werden, mit Ausrutschern natürlich ;):D

Bei einem Laplace-Experiment wäre die Wahrscheinlichkeit aller Tasten gleich...
 
Das Problem ist, dass der Affe nicht so zufällig auf die Tasten hauen würde wie ein Zufallsgenerator ;)

Ich gehe mal davon aus, dass der Affe mittig vors Klavir gesetzt wird. Ich gehe auch davon aus, dass er die Tasten sehr weit seitlich links wie rechts von ihm selten bis garnicht anschlagen wird (Bequemlichkeit). Darüberhinaus unterstelle ich, dass Affen Tonhöhen unterscheiden und eine gewisse Vorliebe für gewisse Töne entwickeln können und dementsprechend nach gewisser Zeit sich auf ein Repertoir bestimmter Töne einpendeln werden, mit Ausrutschern natürlich ;):D

Bei einem Laplace-Experiment wäre die Wahrscheinlichkeit aller Tasten gleich...

Nicht zu vergessen, die schwarzen Tasten sollte er aus harmonischen Gründe erst mal nicht berühren (sollte das Stück in C Dur/A Moll stehen)
 
Hm, darf ich nochmal ganz unverblümt fragen, was die genannten "Copy + Paste" Techniken nun mit "Kreativität" und Inspiration zu tun haben? ;)

Scheint mir eine Anleitung für noch weniger Kreativität zu werden :)
 
Bitte bedenke, dass ich bei meinen Beispielen absichtlich etwas plump vorgegangen bin, um das prinzipielle Vorgehen deutlicher zu machen. Wie zuvor gesagt ist es relativ leicht, die zugrundeliegenden Songs komplett zu verschleiern, das sollte man bei seriöser Anwendung auch anstreben. Abgesehen davon sind es KreativitätsTECHNIKEN. Man kann mit diesen Techniken rezeptartig (neue) Musik erzeugen. Sie werden nicht dazu führen, dass Ideen plötzlich nur so aus einem heraussprudeln.
 
Ich verwende ab und zu recht gern die "Oblique Strategies" die von Herrn Brian Eno erfunden wurden.
Das sieht auf den ersten Blick vielleicht recht komisch aus, ist aber sehr nuetzlich find ich. Man hat eine Art Kartendeck, mischt dieses je nach Gutduenken und zieht, wenn man mal nicht weiterkommt einfach die oberste Karte. Diesen Tipp, der da dann draufsteht, gilt es sofort umzusetzen, ohne lange Ueberlegungen.


Oblique Strategies (subtitled over one hundred worthwhile dilemmas) is a set of published cards created by Brian Eno and Peter Schmidt first published in 1975, and now in its fifth edition. Each card contains a phrase or cryptic remark which can be used to break a deadlock or dilemma situation.
(wiki)

Kreative Dilemmata (so richtig?) sind das dann eher, obwohl ich nicht gleich "Dilemma" dazusagen wuerde :D Auf jeden Fall ist es sehr interessant. Es gibt auch Desktopanwendungen dafuer, so dass man sich nicht das Kartenset kaufen muß.
 
Danke für deinen Beitrag Frank, aber er ist mir in dieser Form nicht verständlich. Wo kommt denn da die Musik ins Spiel?
 
Die Tips sind eher allgemein gehalten, also nicht konkret auf ein Musikstueck bezogen (auch wenn das urspruenglich von Eno so geplant war). Es ist eher so gehalten, dass sich das auf jeden kreativen Prozess muenzen kann, z.b ich moechte was komponieren, habe das Stueck vlt. endlich fertig, aber irgendwie fehlt da was. Ich ziehe eine Karte, weil ich nicht mehr weiterkomme und lasse mich inspirieren, meinetwegen steht dann " Convert a melodic element into a rhythmic element ". Das ist jetzt einfach Zufall gewesen, wenn ich mit dem Tipp nun gar nix anfangen kann, probiere ich das naechste. Nur nicht die Karten ziehen bis mal irgendwie das beste rauskommt :D Das waere ja Unsinn.

Das liest sich vielleicht ziemlich umstaendlich, ist aber wirklich einfach und hilft mir manchmal sehr :)
 
und wo kriegt man die desktopanwendung her
 
Während die technische Seite des Musizierens durch geduldiges Üben, moderne Studiotechnik und mietbare Instrumentalisten vergleichsweise leicht zu meistern ist, stellt die kreative Seite des Musikmachens nach wie vor eine gewaltige Hürde da, die nur allzu häufig untersprungen wird.

Dies kann ich aus meiner Perspektive nicht bestätigen, ganz im Gegenteil: das genannte Problem scheint mir vielmehr in der seltsamen Betrachtungsweise verankert zu sein.

Die "Eno"-Lösung klingt mir wie eine Parodie auf das Thema, den Geist in die Maschine zu verbannen.

Als positive Anregung : erwache aus dem Technik-Traum!
 

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