"Schrott"?-Instrumente

  • Ersteller Kylwalda
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Kylwalda bat mich, folgenden Passus in ihren Startbeitrag einzufügen:

Danke an alle Like -und Keksverteiler. Aber mir wird das langsam unangenehm. Ich habe nichts Weiteres getan, als ein Thema aus einem amerikanischen Forum von dort nach hierherzubringen. Sowas ist mal keine Leistung. Lieber wäre mir Diskussionsteilnahme hier und andernorts Achtsamkeit bezüglich des Themas. Kylwalda

Ich danke dir trotzdem für deinen Beitrag (und werde dir meine Kekse auch nicht wieder abziehen ;)), denn hier ist deinetwegen eine schöne Diskussion entstanden!

:great: c&b
 
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Doch zurück zu landfillharmonic: Kylwalda, Du sprichts da wahre Worte, wir haben uns zu einer Gesellschaft entwickelt, wo Leistung und Erfolg, aber auch Leistung und Anspruchsdenken bei vielen Menschen total auseinandergehen. Wir leben im materiellen Überfluss, Dankbarkeit und ein klein wenig Demut sind aber geradezu geächtet. Und ich für mich finde es auch noch unmöglich, mich davon frei zu machen, wer diesen Energie- und Ressourcenrausch nicht leben möchte, hat kaum noch eine Chance auf Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Dem kann ich mich nicht anschließen. Es gibt zwar viele egoistisch-denkende und handelnde Menschen, es gibt aber auch genauso viele die selbstlos ohne etwas dafür zu verlangen (z.T. ehrenamtlich) sich in verschiedenen Bereichen, natürlich auch musikalisch, engagieren. Und es gibt solches auch in meiner Nachbarschaft. Daraus entwickelt sich sogar hin und wieder etwas berufliches. Und Dankbarkeit zu artikulieren ist überhaupt kein Problem, im Supermarkt gibt es nur wenige, die den Kassierern nicht danken oder einen schönen Tag wünschen. Das ist etwas selbstverständliches und gehört sich auch so. Es ist nur eine kleine Minderheit die im materiellen Überfluß lebt, viele kommen ganz gut über die Runden, aber sehr viele müssen auch jeden Cent zusammenzählen. Diese sind dann froh, wenn sie ein paar Mal im Jahr ein Konzert besuchen können ohne Eintritt zahlen zu müssen. Diese Menschen sind dann natürlich dankbar.

Energie und Ressourcen sind viel zu teuer, um sie zu verschwenden. Das merkt man in fast allen Bereichen. Das Wertschätzen von Handarbeit ist allerdings in den Zeiten des Internets leider zurückgegangen, daher sehen wir auch (ebenfalls sehr einseitig, da dieses Forum im Internet ist) hier viel Anfragen von Anfängern (!), die eine Geige evtl. zum ersten Mal in ihrem Leben in einem Discounter gesehen haben. Wie viele mehr sind es aber, die über den normalen Weg (Musikunterricht, Orchester an der Schule oder Nachbarschule oder Musikschule) den Weg zum Geigen finden ? Diese siehst Du hier im Forum gar nie.

Innovation im Geigenbau hat es in den letzten Jahrzehnten viel mehr gegeben, als Du vielleicht wahrgenommen hast. Viele Geigenbauer probieren neue Wege zu gehen. Da die Geige eben nicht nur zum Erlenen sondern auch zum Erbauen ein sehr komplexes Instrument ist, ist ja ganz klar, daß nur wenige dann Verbesserungen finden, die eine größere Verbeitung finden im Laufe der Zeit. Kennst Du die Neolin(e) ? Oder hast Du mal von der neuen Streicherfamilie gehört ? Eine neue sehr überzeugende Bauform der Viola Pomposa ? Oder Alternativen bzw. Ergänzung zur Schulterstütze? Halbakustische Instrumente gibt es auch noch nicht sehr lange...

Also die Welt ist nicht so schlecht, wie Du sie malst.
 
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Ich wollte mit meiner Anmerkung zum Materialhype keineswegs den traditionellen Geigenbau der bemüht ist, ein altes Kunsthandwerk zu bewahren, hinterfragen. Ich persönlich finde es ganz sympathisch, wenn es unter ihnen auch Vertreter gibt, die in der Tradition bleiben. Und ich sehe die Ressourcenverschwendung auch nicht durch sie verursacht, bei den vergleichsweise wenigen Geigen, die im Jahr ihre Werkstatt verlassen. Wenn die Unecso den Cremonesischen Geigenbau mit in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen hat, verweist das für mich schon auf etwas.

Bedenklicher finde ich es da eher, wenn andere Streichinstrumente-Lieferanten ihre Produkte mit Hinweis auf die `horrenden Preise´ der hiesigen Geigenbauer bewerben. Eine individuelle, feingetunte, mit entsprechenden Hölzern und Lacken hergestellte Geige benötigt nunmal ihre Zeit und Aufwand, was sich im Endpreis auch niederschlagen muss. Ich spreche hier von einer komplett hier Gebauten, also nicht von importierten Rohlingen. Vielleicht sollten mehr Leute selbst an Geigen basteln, um dies wertzuschätzen :). Gut, vielleicht bin ich da auch naiv, und solche Geigenbauer gibt´s kaum noch. Wär ja mal interessant, wenn sich hier mal ein aktiver solcher Geigenbauer dazu äußern würde.
 
Ein Musikinstrument sehe ich so, dass es zu der eigenen, musikalischen Richtung, zur eigenen Einstellung und auch zur eigenen Persönlichkeit passen muss, und jeder Musiker verbindet damit etwas anders.

Warum soll man auf einer Teekiste nicht besser spielen können als auf einem 1000 € Cajon? Warum spielt YoYo Ma ein Stradivari Cello, das als unbezwingbar gilt, obwohl er logisch gesehen bessere Instrumente besitzt?
Warum kam ein afroamerikanischer Baumwollpflücker mit einer an den Holzbalken seiner Veranda gespannten Kontrabass Saite aus um den Blues zu erfinden und wir benötigen für die gleiche Musik das edelste, teuerste Instrument?

Warum soll man sich nicht ein edles Instrument aus heimischen Hölzern bauen lassen, wenn man damit sein musikalisches Ich am besten nach außen trägt?

Ich finde, es gibt kein falsch oder richtig und das Setzen solcher Grenzen schränkt die für mich wichtigsten Aspekte der Musik ein. Freiheit und Kreativität.
 
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Ich bin eh großer Fan von Zweckentfremdung für Musik. Und wenn man dann sowas wie Schrott und Müll zweckentfremdet, kann es doch nur besser werden. :D
Bei manchen fängt der Schrott schon bei <200€ an...
 
Es ist nur eine kleine Minderheit die im materiellen Überfluß lebt, viele kommen ganz gut über die Runden, aber sehr viele müssen auch jeden Cent zusammenzählen. Diese sind dann froh, wenn sie ein paar Mal im Jahr ein Konzert besuchen können ohne Eintritt zahlen zu müssen. Diese Menschen sind dann natürlich dankbar.

Energie und Ressourcen sind viel zu teuer, um sie zu verschwenden. Das merkt man in fast allen Bereichen.

Das ist leider genau das, was ich mit mangelnder Dankbarkeit meine: den Menschen ist heute nicht mehr bewusst, wie gut es ihnen eigentlich geht, wieviele unglaublich wichtige Bedürfnisse "einfach so nebenher" bereits gedeckt sind. Kleidung ist vorhanden und wenns sein muss spottbillig. Sauberes Trinkwasser kommt für einen lächerlichen Preis aus der Leitung. Strom ist jederzeit verfügbar, niemand sitzt nachts im Dunkeln, sofern er es nicht möchte. Distanzen spielen keine Rolle. Eine Woche Campingurlaub auf einem Platz ohne Strom und Warmwasser erdet da ungemein - allein für das Nudelwasser geht dann schnell mal eine Stunde mit Feuer in Gang bringen und Wasser erhitzen drauf - und das ist das kleinste Problem.

Energie steigt im Preis erst langsam, blöderweise auch noch ungerecht im Preis an. Und da reichen vergleichsweise geringe Differenzen um Energiespartechnik in den Fokus des Interesse zu rücken, von einer nachhaltigen Energiewirtschaft sind wir aber noch weit entfernt. Genauso mit den Ressourcen - unsere Gesellschaft betreibt einen gewaltigen und nicht rückgängig zu machenden Raubbau an der Natur und damit auch an den Stoffen, die irgendwann unseren Nachfahren zur Verfügung stehen. Was so unbegrenzt verfügbar erscheint, ist tatsächlich sehr, sehr knapp. Unser Maßstab von jetzt bin über die nächste Legislaturperiode ist einfach zu klein, um dies zu ermessen. Und ich kenne wenige Menschen, die sich dessen so bewusst sind, dass sie diesen Alltagsreichtum überhaupt wahrnehmen.
 
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Stimme zu, Stollenfiddler. Unser `Hunger´, den wir uns teilweise auch einreden lassen, ist so unglaublich gross, dass WIR mancherorts Zustände produzieren, die wir im Nachherein wieder bespenden können. (Meine sarkastische Bemerkung über die "Ablasszahlung", sollte übrigens auf keinen Fall die Notwenigkeit des Spendens an sich ad absurdum führen. Im Gegenteil!!! Sollte eher eine Anspielung auf unsere neue Religion sein. Nämlich die mit dem "Materialhype", sprich Materialismus. Ist mir grad´ aufgefallen, dass ich da gehörig missverstanden werden könnte.)

Doch machen wir uns nix vor, - würden "Die" hier an unserer Stelle sein, säh es ganz genauso aus, da das Jammern auf hohem Niveau zur Grundausstattung des Menschen gehört. Und das hat auch sein Gutes,… grad´ im Augenblick finde ich´s ziemlich angenehm, dass die "Stube drinnen ist". Und Selbstbeschimpfungen bringen nichts.

Aber man kann doch in den naheliegendsten Dingen überlegen, "Steht die jeweilige Ressourcennutzung in irgendeinem vertretbaren und sinnvollen Verhältnis zum Ergebnis, das ich davon habe ?"
 
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Hallo,

ich sehe diesen Post jetzt gerade das erste mal und kann mich hier gut zur Thematik mit einklinken.

Wunderbar ist in den Filmen zu sehen wie Menschen, die einen Traum haben, mit allen erdenklichen Mittel versuchen sich diesen zu erfüllen.

Dies Leute schätzen auch ihr Ereichtes bestimmt viel mehr als es bei uns der Fall ist. Und auch passt das Sprichwort:"Not macht erfinderich" vorzüglich. Den in der Regel will hier jeder alles haben und das immer auf den einfachsten Weg. Wertschätzung, fehlanzeige. Hier werden z.B. Handys weg geworfen, nur weil diese angeblich nicht mehr "up to date sind".

Ich kann dies alles sehr gut nachempfinden durch folgende Tatsache:

Wie einige hier bestimmt schon gesehen haben, bin ich gerade dabei eine E-Geige zu zimmern. So weit so gut. Jetzt komt aber die Frage;warum?
Früher wäre ich einfach in den Laden gegangen und hätte mir die beste Geige gekauft. Doch da das heute nicht mehr möglich ist lege ich selber Hand an.
Dies hat einen ganz einfachen Grund; früher habe ich recht gut verdient, doch ein Schlaganfall im Rückenmark machte aus einem Gutverdiener über Nacht einen 400€ Jober. Daher werden auf einen Schlag alle Lebenseinstellungen geändert. Man achtet auf Dinge, Ausgaben und dergleichen was man früher nicht mal bemerkte.
Aber der Ansporn, aus dem wenigen was man hat, das meiste zu erreichen und das beste herraus zu holen wächst durch sowas ungemein.

Von solchen Leuten, die sich mit allen, auch einfachsten Mitteln das erschaffen was sie möchten, habe ich grossen Respekt.
 
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