Das Phänomen, dass es lauter besser klingt (natürlich bis zu einer Grenze, nennen wir sie mal Unbehaglichkeitsschwelle, ab da ist der Weg zur Schmerzschwelle nicht mehr weit), ist ja bekannt. Das hat aber nichts mit Röhre oder nicht Röhre zu tun, sondern zunächst mal einfach nur mit der bewegten Luft, der daraus resultierenden Klangfülle und das gesteigerte "Klang-Fühlen". Gerade tiefe Frequenzen werden auch über den gesamten Körper wahrgenommen. Das, was viele als "Druck" bezeichnen. Röhrenamps haben hier auch oft die Nase vorn, weil sie harmonischere Verzerrungen liefern können, die allgemein als angenehmer empfunden werden.
Die Speaker sind hier sehr wichtig, manche Speaker klingen leise einfach nicht. Das wird einfach konsequent von vielen Gitarristen ignoriert, die dann immer die gleiche Box mit dem gleichen Speaker spielen (wollen), ständig den Amp wechseln und nie zufrieden sind. Für zu Hause braucht man Speaker, die sensibel auf das reagieren, was der Amp reinschickt und dabei nicht zu laut sind. Die Sensitivity kann eine Richtung vorgeben, ist aber kein Maßstab, da hier jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht und keine Angabe über den gesamten Frequenzbereich möglich ist (wird in der Regel bei 1kHz gemessen).
Genauso ist es wichtig, zu klären, ob man auch laut spielen will, wie der Sound sich dann verhalten soll. Manche Speaker haben ein frühes Breakup Verhalten, manche ein sehr spätes. Damit ist die Eigenverzerrung der Speakermembran ab einer bestimmten Lautstärke gemeint. Ich persönlich mag leistungsstarke Speaker gerne, die ein spätes Breakup Verhalten haben. Warum? Weil sie laut nicht deutlich anders klingen als leise (und nochmal der Hinweis: die Watt Angabe sagt nichts darüber aus, ob ein Speaker auch leise gut klingt). Der typische Marshall Greenback Sound lebt z.B. davon, dass die Speakermembran mitverzerrt. Den Sound wird man also zu Hause bei Zimmerlautstärke nicht hinbekommen, obwohl man nur diese leistungsschwachen 25 Watt Speaker mit dem kleinen Magneten hat.
Ebenso wichtig ist die Box. Ich empfehle für Anwendungen zu Hause eine offene 1x12er Box, das reicht völlig aus, klingt aufgrund der offenen Bauweise auch voller und die Obertöne werden nicht wie bei einer geschlossenen Box abgewürgt.
Es gibt Leute, die spielen 100W Vollröhrentops zu Hause. Wie das geht? Ganz einfach, wenn das moderne Amps sind, die den Sound überwiegend aus der Vorstufe holen und einen Master Volume haben, stellt man einfach den Master Volume auf Zimmerlautstärke ein. Fertig. Da ist keine Hexerei dabei und man braucht auch keinen Power Soak oder ähnliches. Sowas halte ich auch NUR bei klassischen Amps für sinnvoll, die erst aufblühen, wenn man sie ordentlich aufreißt und die Endstufe den Sound deutlich beeinflusst. Wer sich natürlich eine 4x12er Box mit Eminence Wizards bestückt zu Hause hinstellt und dann enttäuscht ist, weil es viel zu laut ist, braucht sich nicht wundern.
Meiner Meinung nach klingen die meisten Transistoramps nicht gut, wenn man sie mit einem Pedal anbläst. Beim TM30 hab ich das bisher nicht probiert, muss ich zugeben. Es würde mich aber sehr wundern, wenn der da eine rühmliche Ausnahme ist. Wer nur einen "Lautmacher" für sein Pedalboard braucht, ist meiner Meinung nach mit einem klassischen Vollröhren Cleanamp am besten beraten.
Das ist alles meine subjektive Meinung.