Bin ich vielleicht doch ein Bass-(Bariton)?

Ich kann die Sirene jetzt gerade nicht nochmal hören, aber D4 kommt ungefähr hin. Natürlich ist die Koordination kopfig (ist ja auch Kopfstimme). Aber eine gut ausgebildete und kraftvolle Kopfstimme kommt nicht von heute auf morgen. Das erfordert viel Training und Übung. Wenn du bisher diesen Bereich immer "überbeltet" hast ist es auch klar, dass deine Kopfstimme nur wenig ausgebildet ist.

Anders als beim Belten kommt in der Kopfstimme Klangfülle und Power nicht aus dem Atemdruck, sondern v.a. durch ein geschicktes Einstellen der Resonanz, v.a. Twang und Formanten-Tuning. Beides erfordert eine gewisse Feinarbeit, die erst mit der Zeit kommt und auch nicht direkt auf jeder Note gleich gut sitzt.

Aber es lohnt sich wirklich an der Kopfstimme zu arbeiten. Meistens verbessert sich dadurch auch nochmal der Klang der Bruststimme, weil du die Resonanzeinstellungen teilweise mit runternimmst.

Brustiges Belten ist für die hohen Bereiche einfach nicht geeignet und wenn du diesen Weg weiter verfolgst, wirst du kaum noch besser, weil einfach etwa um fis' herum eine harte Grenze für diese Koordination besteht. Mit viel Übung kriegst du beim Belten einen akzeptablen Klang bis F4, vielleicht sogar noch bis A4, allerdings unter sehr hohem Kraftaufwand und darüber hinaus ist dann so ziemlich "dead end".

Bei wirklich gut gesungenen Tönen im oberen Passaggio bzw. in der Kopfstimme ist die Intensität meistens wesentlich geringer als man das als Zuhörer denkt, weil eine korrekte Resonanzeinstellung in diesem Bereich einfach irre viel ausmacht, v.a. im Bereich zwischen F4 und C5.

Du bringst mich mal echt ins Grübeln ;-) Ist ja nicht so, dass ich meine Kopfstimme nicht nutze oder nicht hoch komme. Oberhalb von F4 geht das gut. Aber du sagst es ja schon, gerade diese Noch-gerade-so-brustigen-Töne E4/F4 kosten echt viel Kraft. Und wenn ich dann keinen guten Tag erwische, kann das auch schon mal leicht Flat sein (siehe Studio-Ergebnisse, zum Glück gibt's Melodyne, *hust*), was mir mit Misch-/Kopfstimme eben nicht passiert - aber halt auch (noch nicht) nicht klingt. Problem ist zudem, ich müsste ja dann quasi meinen Gesangsstil ziemlich ändern und mich da erst mal dran gewöhnen, solche Töne kopfiger und ohne Atemdruck zu singen. Und meine Mitmusiker müssten sich an diesen Klang ebenfalls gewöhnen. Ich habe leider sehr viele Songs geschrieben, die sich eben gerade in diesen Bereichen abspielen, wo ich dann zum Beispiel in Refrains Gas gebe. Oder ein anderes Problem: Tonfolgen von, sagen wir mal, F4 runter auf C4, also genau im Mischbereich. Wie singe ich die mit diesem leichteren Ansatz? Komplett "kopfig", damit da im Timbre kein Bruch hörbar ist? Und was genau meinst Du mit "Formanten-Tuning"? Zum Thema Twang bin ich schon eifrig am Lesen.

Danke & LG,
blow
 
Du bringst mich mal echt ins Grübeln ;-) Ist ja nicht so, dass ich meine Kopfstimme nicht nutze oder nicht hoch komme. Oberhalb von F4 geht das gut. Aber du sagst es ja schon, gerade diese Noch-gerade-so-brustigen-Töne E4/F4 kosten echt viel Kraft. Und wenn ich dann keinen guten Tag erwische, kann das auch schon mal leicht Flat sein (siehe Studio-Ergebnisse, zum Glück gibt's Melodyne, *hust*), was mir mit Misch-/Kopfstimme eben nicht passiert - aber halt auch (noch nicht) nicht klingt. Problem ist zudem, ich müsste ja dann quasi meinen Gesangsstil ziemlich ändern und mich da erst mal dran gewöhnen, solche Töne kopfiger und ohne Atemdruck zu singen. Und meine Mitmusiker müssten sich an diesen Klang ebenfalls gewöhnen. Ich habe leider sehr viele Songs geschrieben, die sich eben gerade in diesen Bereichen abspielen, wo ich dann zum Beispiel in Refrains Gas gebe. Oder ein anderes Problem: Tonfolgen von, sagen wir mal, F4 runter auf C4, also genau im Mischbereich. Wie singe ich die mit diesem leichteren Ansatz? Komplett "kopfig", damit da im Timbre kein Bruch hörbar ist? Und was genau meinst Du mit "Formanten-Tuning"? Zum Thema Twang bin ich schon eifrig am Lesen.

Danke & LG,
blow
Um den Klang solltest du dir keine Sorgen machen. Der E4/F4 Bereich klingt mit einer gut ausgebildeten Kopfstimme wieder fast genau gleich wie die Bruststimme. Wenn du Parts hast die zwischen F4 und C4 springen, solltest du natürlich trotzdem wechseln zwischen Kopf- und Brustresonanz. Mit der Zeit geht das aber locker von der Hand.

Formanten-Tuning bedeutet, dass man auf bestimmten Tönen die Vokale modifiziert um einen "brustigeren" Klang zu erzeugen. Dafür werden die Vokale schon in der hohen Bruststimme langsam in Richtung "a" modifiziert und zwar immer so weit, dass man eine "Verstärkung" der Resonanz spürt. Im Bereich zwischen A4 und C5 funktioniert das nicht mehr. Ab da wird dann in Richtung "ä" modifiziert.

Mit dem Twang solltest du dich aber vor dem Formanten-Tuning beschäftigen. Letzteres ist eher "advanced", hilft aber genau dabei der Kopfstimme einen gewaltigeren Klang zu verleihen.

Ein schönes Übersichtsvideo ist dieses hier:
http://www.youtube.com/watch?v=djj_apSuFTQ

Er spricht darin alle wichtigen Eckpunkte an:
- Beginn der Kopfstimme im Bereich D#4/E4
- Dunklere Vokale bis etwa G#4 (abgesenkter Kehlkopf)
- Danach hellere Vokale

Der dunklere Klang kann auch höher noch behalten werden. Das kostet aber mehr Kraft, weil ab diesem Bereich der Kehlkopf schon wirklich stark nach oben will. Als harte Grenze gilt das hohe C5. Seine Beispiele sind hier alle mit sehr leichter Koordination gesungen, aber hören sich trotzdem auch in der Kopfstimme schon ordentlich an.

Hier ist noch ein Video, das mehr aufs Formanten-Tuning eingeht. Ab etwa 6:30 gehts los mit Sirenen, beginnend von D3->D4 (alle Bruststimme) und Modifikation von "eh" nach "ah". Dabei gilt je höher der Ton desto stärker wird nach "ah" modifiziert. Bei etwa 10:00 ist ein schöner Vergleich auf F4 zwischen dem Sound von Bruststimme (Belt) und dem Sound von Kopfstimme. (wobei er sich aber bei der Kopfstimme ein wenig verhaspelt, was aber auch zeigt, wie wenig Druck da drauf ist). Ab A4 zeigt er dann die Modifikation von "eh" über "ah" nach "äh".

http://www.youtube.com/watch?v=FrsVMaqlwHE

Ab etwa 14:00 gehts es nur noch um geschlossene vs. offene Vokale. Hier übertreibt er es meiner Meinung nach allerdings ein wenig mit der Modifikation hin zu den offenen Vokalen. Das ist aber alles auch der Tatsache geschuldet, dass seine Koordination sehr leicht ist (und sich geschlossene Vokale praktisch nach Falsett anhören würden). Aber zum Einüben der Kopfstimme ist das ideal.

Interessante Fallstudie zum Thema Klang Kopfstimme vs. Bruststimme sind diese Videos. Das erste ist ein Tenor, der es sich noch leisten kann den Refrain in einer (abgeschlankten) Bruststimme zu singen. Allerdings schreibt auch er in dem Video, dass er das Live eher in Kopfstimme singen würde. Im zweiten Beispiel wird der Song von einem Bariton gesungen und der Refrain ist komplett kopfstimmig. Das dritte ist das "Original" gesungen von Geoff Tate, der von der Stimmlage auch Bariton, evtl. sogar etwas tiefer als der zweite.

http://www.youtube.com/watch?v=6E6I3ru1cvM

http://www.youtube.com/watch?v=4nNWj0W53CA

http://www.youtube.com/watch?v=nu0Lq-8uYqo

Ein Klangunterschied st zwar da, aber nicht wirklich gigantisch.

Wenn du nur bis F4 singen willst, kannst du auch durchaus voll auf Bruststimme trainieren. Mit einer robusten Stimme kann man das auch sicher dauerhaft auf der Bühne aushalten. Wenn du aber höher willst, ist die Kopfstimme eigentlich unverzichtbar, es sei denn du bist ein sehr hoher Tenor.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wär mir nicht sicher, dass der erste Interpret noch in der Volksstimme singt ...klingt für mich auch eher nach ''Falke-Belt".

Coole Klangbeispiele!

Edit: Sorry, ich raffe nicht, was Lunte da teilweise demonstrieren will, gerade bei dem Vergleich Belting vs. Kopfstimme auf f' ... das ist doch jeweils Vollstimme, nur mit verschiedener Färbung, einmal eben eher in Rufbelteinstellung, einmal eher abgeschlankt/im Mix. Das sind doch aber einfach unterschiedliche Ansatzrohreinstellungen.

Und irgendwie ist der Kerl ein Pfau ... :redface:
 
Ich wär mir nicht sicher, dass der erste Interpret noch in der Volksstimme singt ...klingt für mich auch eher nach ''Falke-Belt".
Das ist gerade bei Tenören immer sehr schwer zu sagen. Nach seiner eigenen Aussage ist es noch Vollstimme (ich nehme mal an, dass du keine Schlager-Stimme meinst :D), von daher hab ich ihm das einfach mal geglaubt.

Edit: Sorry, ich raffe nicht, was Lunte da teilweise demonstrieren will, gerade bei dem Vergleich Belting vs. Kopfstimme auf f' ... das ist doch jeweils Vollstimme, nur mit verschiedener Färbung, einmal eben eher in Rufbelteinstellung, einmal eher abgeschlankt/im Mix. Das sind doch aber einfach unterschiedliche Ansatzrohreinstellungen.
Gerade in diesen Videos, die nicht zu seinem Unterrichts-Zeug gehören ist immer ziemlich viel Gelaber drin. Es geht letztendlich genau um die Ansatzrohrstellung, die dir aufgefallen ist. Nämlich einen relativ leichten Mix mit einer Ansatzrohrstellung zu singen, die noch eine Belt-ähnliche Klangfarbe erlaubt. Dafür ist die Vokalmodifikation nötig, die er beschreibt, vom Vokalraum "eh" über "ah" nach "äh". Wenn er in der Höhe auf dem "eh" bleibt, landet er entweder im Falsett oder in einem "chesty belt" oder in einer Klangfarbe, die sich nicht mehr nach Belt anhört, sondern eindeutig nach "light mix".

Im CVT-Jargon ist das relativ anschaulich zu erklären (ich weiß jetzt nicht mehr wie vertraut du mit den Begriffen warst): Der Belt, den er vorführt, ist nach CVT "Overdrive". Der leichte Mix danach ist nach CVT "Neutral". Allerdings benutzt er im Neutral-Modus genau den Vokalraum, der eigentlich zu Overdrive gehört ("eh"->"ah"), wodurch er diesen Fake-Belt-Effekt erreicht. Im ganz hohen Bereich benutzt er den Vokalraum der zum CVT-Modus "Edge" gehört, allerdings erst ab der Höhe, ab der Overdrive ohnehin schwierig bis unmöglich wird.

Dadurch ist dann auch klar, warum er im weiteren Verlauf das "i" und "u" so stark nach "ä" und "o" abwandeln muss. Denn sein Modus ist so "leicht" (Neutral eben), dass bei einem echten "i" oder "u" sofort das Falsett durchkommen würde.

Oder anders gesagt: Die Tatsache, dass er auf den Tönen noch in der Vollstimme ist, resultiert vor allem aus seiner Ansatzrohrstellung. Von der Intensität her, wäre es eigentlich Falsett. Von daher ist die Ansatzrohrstellung tatsächlich das zentrale Thema des Videos, getriggert durch Modifikation der Vokale.

Und irgendwie ist der Kerl ein Pfau ... :redface:
Aber Hallo! :D
 
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(ich nehme mal an, dass du keine Schlager-Stimme meinst :D)
:D

Die Autokorrektur spielt einem doch immer wieder interessante Streiche. :D

Danke für die Erläuterungen. Ich merke einfach immer wieder, dass CVT und wohl auch Lunte einen so gänzlich anderen Zugang zum Instrument Stimme haben und vermitteln als ich. Für mich ist die Grundkonfiguration für Mix und Belt erst einmal die gleiche und alles andere sind Adjustierungen. Bei Lunte hört es sich erst einmal so, als seien beide auf eine gänzlich verschiedene Basis gestellt und das ist der Punkt, an dem ich zwar hören und nachvollziehen kann, was er macht, aber er für mich eine fremde Sprache spricht.

Es zeigt sich immer wieder, dass es einen ganz wesentlichen Unterschied macht, wie man die Stimme wahrnimmt - eher klanglich oder eher sensorisch.
 
Die Grundkonfiguration ist bei seinen Beispielen in der Tat die selbe, beim Belt sind "nur" der Atemdruck und die Masse höher. Der Grund, warum Lunte diesen Unterschied immer als so groß darstellt ist, dass sein didaktisches Konzept darauf beruht, das Belten erstmal so weit wie möglich zu vermeiden. Deshalb versucht er die Unterschiede zwischen "Belting" und "Kopfstimme" bzw. den Estill-Modi "Belt" vs. "Twang" möglichst stark darzustellen. Letztendlich geht es aber um die selben Grundkonzepte wie anderorts auch: "nicht pressen" und "Resonanz ausnutzen". Diese beiden Konzepte stehen bei Lunte anders als in vielleicht anderen Programmen sehr stark vor Dingen wie Atempower und Belting.

Deshalb versucht er in gewisser Weise die Leute für den Unterschied zwischen Belt und Twang zu sensibilisieren, auch wenn dieser gefühlsmäßig gar nicht so groß ist. Hintegrund ist natürlich auch, dass das Programm auf das Singen in hoher Tonlage unabhängig vom Stimmfach ausgelegt ist. Da ist der Overdrive-Modus insgesamt eher hinderlich und unerwünscht. Vor diesem Hintegrund ist das eigentlich sehr pragmatisch, denn der Modus Twang ist für die Höhe unbedingt erforderlich, während der Modus Overdrive umgekehrt für die Tiefe nicht erforderlich ist.

Meine persönliche Herangehensweise ist die, dass beim Modus Belt der Hauptteil der Energie vom Atemdruck und den Stimmlippen selbst getragen wird, während beim Modus Twang der Hauptteil der Energie von der Resonanz und eben vom Twang getragen wird. Dazwischen gibt es natürlich ein Kontinuum von Möglichkeiten. Dabei schließt sich das eine und das andere nicht aus, denn Opernsänger versuchen z.B. beide Effekte gleichzeitig zu maximieren, um die maximale Lautstärke und Tragfähigkeit für nicht-verstärkten Gesang zu erreichen. Wobei auch die natürlich darauf angewiesen sind in der Höhe die Dominanz vom Atemdruck in Richtung Twang zu verschieben.
 
Um den Klang solltest du dir keine Sorgen machen. Der E4/F4 Bereich klingt mit einer gut ausgebildeten Kopfstimme wieder fast genau gleich wie die Bruststimme. Wenn du Parts hast die zwischen F4 und C4 springen, solltest du natürlich trotzdem wechseln zwischen Kopf- und Brustresonanz. Mit der Zeit geht das aber locker von der Hand.

Formanten-Tuning bedeutet, dass man auf bestimmten Tönen die Vokale modifiziert um einen "brustigeren" Klang zu erzeugen. Dafür werden die Vokale schon in der hohen Bruststimme langsam in Richtung "a" modifiziert und zwar immer so weit, dass man eine "Verstärkung" der Resonanz spürt. Im Bereich zwischen A4 und C5 funktioniert das nicht mehr. Ab da wird dann in Richtung "ä" modifiziert.

Mit dem Twang solltest du dich aber vor dem Formanten-Tuning beschäftigen. Letzteres ist eher "advanced", hilft aber genau dabei der Kopfstimme einen gewaltigeren Klang zu verleihen.

Ein schönes Übersichtsvideo ist dieses hier:
http://www.youtube.com/watch?v=djj_apSuFTQ

Er spricht darin alle wichtigen Eckpunkte an:
- Beginn der Kopfstimme im Bereich D#4/E4
- Dunklere Vokale bis etwa G#4 (abgesenkter Kehlkopf)
- Danach hellere Vokale

Der dunklere Klang kann auch höher noch behalten werden. Das kostet aber mehr Kraft, weil ab diesem Bereich der Kehlkopf schon wirklich stark nach oben will. Als harte Grenze gilt das hohe C5. Seine Beispiele sind hier alle mit sehr leichter Koordination gesungen, aber hören sich trotzdem auch in der Kopfstimme schon ordentlich an.

Hier ist noch ein Video, das mehr aufs Formanten-Tuning eingeht. Ab etwa 6:30 gehts los mit Sirenen, beginnend von D3->D4 (alle Bruststimme) und Modifikation von "eh" nach "ah". Dabei gilt je höher der Ton desto stärker wird nach "ah" modifiziert. Bei etwa 10:00 ist ein schöner Vergleich auf F4 zwischen dem Sound von Bruststimme (Belt) und dem Sound von Kopfstimme. (wobei er sich aber bei der Kopfstimme ein wenig verhaspelt, was aber auch zeigt, wie wenig Druck da drauf ist). Ab A4 zeigt er dann die Modifikation von "eh" über "ah" nach "äh".

http://www.youtube.com/watch?v=FrsVMaqlwHE

Ab etwa 14:00 gehts es nur noch um geschlossene vs. offene Vokale. Hier übertreibt er es meiner Meinung nach allerdings ein wenig mit der Modifikation hin zu den offenen Vokalen. Das ist aber alles auch der Tatsache geschuldet, dass seine Koordination sehr leicht ist (und sich geschlossene Vokale praktisch nach Falsett anhören würden). Aber zum Einüben der Kopfstimme ist das ideal.

Interessante Fallstudie zum Thema Klang Kopfstimme vs. Bruststimme sind diese Videos. Das erste ist ein Tenor, der es sich noch leisten kann den Refrain in einer (abgeschlankten) Bruststimme zu singen. Allerdings schreibt auch er in dem Video, dass er das Live eher in Kopfstimme singen würde. Im zweiten Beispiel wird der Song von einem Bariton gesungen und der Refrain ist komplett kopfstimmig. Das dritte ist das "Original" gesungen von Geoff Tate, der von der Stimmlage auch Bariton, evtl. sogar etwas tiefer als der zweite.

http://www.youtube.com/watch?v=6E6I3ru1cvM

http://www.youtube.com/watch?v=4nNWj0W53CA

http://www.youtube.com/watch?v=nu0Lq-8uYqo

Ein Klangunterschied st zwar da, aber nicht wirklich gigantisch.

Wenn du nur bis F4 singen willst, kannst du auch durchaus voll auf Bruststimme trainieren. Mit einer robusten Stimme kann man das auch sicher dauerhaft auf der Bühne aushalten. Wenn du aber höher willst, ist die Kopfstimme eigentlich unverzichtbar, es sei denn du bist ein sehr hoher Tenor.

Vielen Dank erneut für die zahlreichen Tipps und Links! Habe mir die Lunte-Videos angesehen. Davon abgesehen, dass ich den Typ etwas skurril finde: Das macht alles Sinn, und teils habe ich das mit den Vokal-Modifikationen auch schon früher intuitiv umgesetzt ("e" statt "i", "ö" statt "ü" etc.). Allerdings finde ich es ein wenig schwierig, das kontinuierlich in die wirkliche Gesangspraxis umzusetzen, das sind ja alles nur Gesangsübungen. Ich kann durchaus diese "verstärkte", nach Bruststimme klingende Kopfstimme singen, das ist überhaupt nicht das Problem. Und ich kann auch seinen Klang ziemlich gut "imitieren", also problemlos ab der Kopfstimme von Dis4 bis Gis mit "eh" und dann immer mehr Richtung "a" bzw. "ai" gehen. Bloß: Wenn ich versuche, das auf meine Songs zu übertragen, die ich ausschließlich auf Deutsch singe, ist das eben nicht mehr so einfach, dann klingt das teils nicht gut. Gerade in diesem kritischen Bereich Dis4 bis F4. Ich werde mal versuchen, ein paar Vergleiche aufzunehmen heute Abend oder Morgen, damit du weißt, was ich meine. Ist das aber vielleicht mit deutschem Gesang auch generell schwieriger wegen der anders klingenden Vokale?
 
Bloß: Wenn ich versuche, das auf meine Songs zu übertragen, die ich ausschließlich auf Deutsch singe, ist das eben nicht mehr so einfach, dann klingt das teils nicht gut. Gerade in diesem kritischen Bereich Dis4 bis F4.
Ich vermute spontan, dass es an der Artikulation liegt. Es ist eine Sache, einen Ton auf einem gehaltenen Vokal zu singen und eine ganz andere, wenn Konsonanten ins Spiel kommen, die den Luftstrom "stören". Da hilft nur üben, am besten auch nicht gleich in der höchsten aller Lagen. ;) Beschäftige dich mal mit den verschiedenen Typen an Konsonanten, welche klingen können und welche nicht.

Grundsätzlich kann es hilfreich sein, eine Melodie zuerst einmal nur auf die vorkommenden Vokale zu singen, also statt "Breaking the habit tonight" "Äh Ih Äh Ih Uh Ai". Allein dieser Wechsel kann schon Schwierigkeiten bereiten, gerade in Lagen, in denen einige dieser Vokale verfärbt werden müssen. Danach kann man dann "behutsam" die Konsonanten einstreuen und am besten auch zuerst die "Klinger" und erst zuletzt die Plosivlaute, weil letztere einen Zwerchfellimpuls stimulieren und damit am stärksten in die Technik eingreifen.

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Die Grundkonfiguration ist bei seinen Beispielen in der Tat die selbe, beim Belt sind "nur" der Atemdruck und die Masse höher. Der Grund, warum Lunte diesen Unterschied immer als so groß darstellt ist, dass sein didaktisches Konzept darauf beruht, das Belten erstmal so weit wie möglich zu vermeiden. Deshalb versucht er die Unterschiede zwischen "Belting" und "Kopfstimme" bzw. den Estill-Modi "Belt" vs. "Twang" möglichst stark darzustellen. Letztendlich geht es aber um die selben Grundkonzepte wie anderorts auch: "nicht pressen" und "Resonanz ausnutzen". Diese beiden Konzepte stehen bei Lunte anders als in vielleicht anderen Programmen sehr stark vor Dingen wie Atempower und Belting.
Das ist grundsätzlich schon sinnvoll. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass insbesondere "Naturbelter" häufig Schwierigkeiten haben ihre Mischstimme zu erschließen und somit in der Höhe irgendetwas anderes machen zu können als "brettern".
 
Vielen Dank erneut für die zahlreichen Tipps und Links! Habe mir die Lunte-Videos angesehen. Davon abgesehen, dass ich den Typ etwas skurril finde: Das macht alles Sinn, und teils habe ich das mit den Vokal-Modifikationen auch schon früher intuitiv umgesetzt ("e" statt "i", "ö" statt "ü" etc.). Allerdings finde ich es ein wenig schwierig, das kontinuierlich in die wirkliche Gesangspraxis umzusetzen, das sind ja alles nur Gesangsübungen. Ich kann durchaus diese "verstärkte", nach Bruststimme klingende Kopfstimme singen, das ist überhaupt nicht das Problem. Und ich kann auch seinen Klang ziemlich gut "imitieren", also problemlos ab der Kopfstimme von Dis4 bis Gis mit "eh" und dann immer mehr Richtung "a" bzw. "ai" gehen. Bloß: Wenn ich versuche, das auf meine Songs zu übertragen, die ich ausschließlich auf Deutsch singe, ist das eben nicht mehr so einfach, dann klingt das teils nicht gut. Gerade in diesem kritischen Bereich Dis4 bis F4. Ich werde mal versuchen, ein paar Vergleiche aufzunehmen heute Abend oder Morgen, damit du weißt, was ich meine. Ist das aber vielleicht mit deutschem Gesang auch generell schwieriger wegen der anders klingenden Vokale?

Deutsch zu singen ist in der Tat schwieriger als viele andere Sprachen. Ein Grund dafür ist, dass harte Konsonanten relativ stark bedeutungstragend sind und deshalb intuitiv gerne betont werden. Dadurch kommt es sehr leicht zu den Problemen mit dem Lufstrom, die Foxx anspricht. Wenn z.B. ein deutscher das Wort "Stern" besonders klar und deutlich sagen sollte, würde er sowas wie STTTERRRRN sagen ;). Ein Italiener, der das besonders deutlich sprechen soll (denk dir hier den typischen italienischen Akzent) sagt hingegen STEEERN. Tatsächlich kann es bei deutschen Texten hilfreich sein, den Text einmal mit italienischem Akzent zu singen, damit es "besser fließt". Italienische Vokale besitzen einen natürlichen Twang und ein natürliches "Covering", was sie wesentlich besser singbar macht und die Konsonanten werden wesentlich weicher gesprochen. Im Belcanto gibt es daher den Ausdruck: "sing wie du sprichst", was aber leider nur für die italienische Sprache gilt.

Ein resonanter, sängerischer Ton hört sich im Vergleich zu anderen Sprachen wie z.B. Italienisch oder Französisch mehr "gekünstelt" an im Vergleich zur normalen Sprache. Paradoxerweise kann es auch allgemein leichter sein, Fremdsprachen zu singen, weil man bei denen nicht die inuititve Tendenz hat, die Worte so zu singen wie man sie spricht und sie vielleicht sogar nur aus dem gesungenen Kontext kennt.

Aber auch Abseits der Sprache ist "Gesang im Song" natürlich schwieriger als reine Übungen. Lass dich davon nicht einschüchtern. Auch die besten Sänger müssen einen anspruchsvollen Song (und jeder Song mit vielen Noten im Passaggio ist ansrpuchsvoll) Stück für Stück lernen, was z.T. wirklich heißt, dass man sich für jeden Vokal die richtige Einstellung ins Muskelgedächtnis trainieren muss.

Das Schritt-für-Schritt-Vorgehen, wie Foxx es vorschlägt, ist dabei sehr bewährt. Auch Pavarotti soll das z.B. ständig verwendet haben:
- zunächst singst du die Passage auf nur einem Vokal, am besten einem "kopfigen" wie "u" oder "i", also z.B. "u u u u u u u" im Beispiel
- Dann singst du auf den echten Vokalen, aber ohne Konsonanten: "äh ih äh äh ih uh ai"
- Dann singst du mit Konsonanten, machst aber alle harten Konsonanten weich "br-äh-ih-g-i-ng d-äh äh-b-ih-d d-uh-n-ai-d"
- Dann die Original-Phrase

EDIT: Off-Topic: Hier mal der Vergleich: https://www.youtube.com/watch?v=9FXaB-F4pC0 :D
 
Hier nochmal ein anschauliches Beispiel zur Frage Bass vs. Bariton. Das gegebene Stück ist genau in der typischen Bass-Tessitur E2-E4. Ein Bass kann das Stück so singen:
https://www.youtube.com/watch?v=6gvcZF2cl1c

Ein Bariton eher so:
https://www.youtube.com/watch?v=wA1YL_RYBoU

Dabei kann der zweite Typ allerdings auch ein Bass sein, der einfach mit höherem Kehlkopf singt. Das kann man alleine aus der Aufnahme nicht erkennen. Der erste Sänger ist aber eindeutig ein Bass. Ein Bariton kann das Stück auch mit tiefer gehaltenem Kehlkopf nicht so singen wie in Beispiel 1. Insbesondere das "Klingeln" auf den tiefen Noten bei einer tiefen Kehlkopfstellung ist charakteristisch für einen echten Bass.
 
Deutsch zu singen ist in der Tat schwieriger als viele andere Sprachen. Ein Grund dafür ist, dass harte Konsonanten relativ stark bedeutungstragend sind und deshalb intuitiv gerne betont werden. Dadurch kommt es sehr leicht zu den Problemen mit dem Lufstrom, die Foxx anspricht. Wenn z.B. ein deutscher das Wort "Stern" besonders klar und deutlich sagen sollte, würde er sowas wie STTTERRRRN sagen ;). Ein Italiener, der das besonders deutlich sprechen soll (denk dir hier den typischen italienischen Akzent) sagt hingegen STEEERN. Tatsächlich kann es bei deutschen Texten hilfreich sein, den Text einmal mit italienischem Akzent zu singen, damit es "besser fließt". Italienische Vokale besitzen einen natürlichen Twang und ein natürliches "Covering", was sie wesentlich besser singbar macht und die Konsonanten werden wesentlich weicher gesprochen. Im Belcanto gibt es daher den Ausdruck: "sing wie du sprichst", was aber leider nur für die italienische Sprache gilt.

Ein resonanter, sängerischer Ton hört sich im Vergleich zu anderen Sprachen wie z.B. Italienisch oder Französisch mehr "gekünstelt" an im Vergleich zur normalen Sprache. Paradoxerweise kann es auch allgemein leichter sein, Fremdsprachen zu singen, weil man bei denen nicht die inuititve Tendenz hat, die Worte so zu singen wie man sie spricht und sie vielleicht sogar nur aus dem gesungenen Kontext kennt.

Aber auch Abseits der Sprache ist "Gesang im Song" natürlich schwieriger als reine Übungen. Lass dich davon nicht einschüchtern. Auch die besten Sänger müssen einen anspruchsvollen Song (und jeder Song mit vielen Noten im Passaggio ist ansrpuchsvoll) Stück für Stück lernen, was z.T. wirklich heißt, dass man sich für jeden Vokal die richtige Einstellung ins Muskelgedächtnis trainieren muss.

Das Schritt-für-Schritt-Vorgehen, wie Foxx es vorschlägt, ist dabei sehr bewährt. Auch Pavarotti soll das z.B. ständig verwendet haben:
- zunächst singst du die Passage auf nur einem Vokal, am besten einem "kopfigen" wie "u" oder "i", also z.B. "u u u u u u u" im Beispiel
- Dann singst du auf den echten Vokalen, aber ohne Konsonanten: "äh ih äh äh ih uh ai"
- Dann singst du mit Konsonanten, machst aber alle harten Konsonanten weich "br-äh-ih-g-i-ng d-äh äh-b-ih-d d-uh-n-ai-d"
- Dann die Original-Phrase

EDIT: Off-Topic: Hier mal der Vergleich: https://www.youtube.com/watch?v=9FXaB-F4pC0 :D

Und erneut: Danke für Tipps und Links. Ich glaube, so langsam nähere ich mich der Sache. Ich habe definitiv viel zu lange mit viel zu viel Masse in den Höhen gesungen. Ich habe gestern Abend geübt wie verrückt, es liegt wohl tatsächlich an der Artikulation, dass das im Passaggio-Bereich nicht so toll klingt. Ich hab mal testweise einige meiner Songs auf Italienisch gesungen (kann noch ein paar Wörter aus der Schulzeit), das klappt tatsächlich wunderbar. Auch das mit den Konsonanten war ein klasse Tipp, habe dazu auch noch ein sehr gutes Video gefunden:

https://www.youtube.com/watch?v=HXLZPvGWNeE&list=UUcxo5COqhVc84JYS_bRdLyg

Werde da jetzt auf jeden Fall weiter dran bleiben. Was mir auch gerade als neue Erkenntnis für diesen Übergangsbereich sehr hilft und meiner Meinung nach den Klang bei Tönen ab Dis4 mehr in die Richtung verbessert, die ich mir vorstelle, ist "weinen" statt zu singen.
 
Werde da jetzt auf jeden Fall weiter dran bleiben. Was mir auch gerade als neue Erkenntnis für diesen Übergangsbereich sehr hilft und meiner Meinung nach den Klang bei Tönen ab Dis4 mehr in die Richtung verbessert, die ich mir vorstelle, ist "weinen" statt zu singen.
Weinen aktiviert die Stütze und verschlankt die Stimmlippen. Von daher klappt das gut.
 
Hier nochmal ein anschauliches Beispiel zur Frage Bass vs. Bariton. Das gegebene Stück ist genau in der typischen Bass-Tessitur E2-E4. Ein Bass kann das Stück so singen:
https://www.youtube.com/watch?v=6gvcZF2cl1c

Ein Bariton eher so:
https://www.youtube.com/watch?v=wA1YL_RYBoU

Dabei kann der zweite Typ allerdings auch ein Bass sein, der einfach mit höherem Kehlkopf singt. Das kann man alleine aus der Aufnahme nicht erkennen. Der erste Sänger ist aber eindeutig ein Bass. Ein Bariton kann das Stück auch mit tiefer gehaltenem Kehlkopf nicht so singen wie in Beispiel 1. Insbesondere das "Klingeln" auf den tiefen Noten bei einer tiefen Kehlkopfstellung ist charakteristisch für einen echten Bass.

Schöne Beispiele, besten Dank. Und gefällt mir in beiden Versionen. Tippe beim Zweiten aber auch eher auf einen Bariton und bin jetzt auch ganz sicher, dass ich kein Bass bin ;-)
 
Schöne Beispiele, besten Dank. Und gefällt mir in beiden Versionen. Tippe beim Zweiten aber auch eher auf einen Bariton und bin jetzt auch ganz sicher, dass ich kein Bass bin ;-)
Ja, da täuscht man sich doch sehr leicht. Bei mir war es geanu umgekehrt. Ich habe früher immer wie der zweite Typ gesungen, bis ich gemerkt hat, dass bei mir alles wesentlich entspannter und vor allem resonanter kommt, wenn ich es wie der erste Typ singe.
 

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