Von Mut und Angst oder Feigheit beim Vorspielen...

  • Ersteller Karin66
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Das ist leider ein Riesenproblem, das du da ansprichst @Klangbutter und die Therapeutendichte ist in den verschiedenen Regionen unterschiedlich groß und man muss gucken, welcher Therapeut kann was. Aber es gibt diese Möglichkeit und es scheint mir lohnenswert, diese Option in der eigenen Region auszuloten. Manchmal lohnt es sich auch, Wartezeiten in Kauf zu nehmen, wenn ein Therapeut für die fragliche Problematik besondere Kompetenzen hat. Mir ging es in meinem Beitrag darum, das mögliche Spektrum an Hilfsmöglichkeiten zu erweitern.
 
Gerade für solche Themen kann auch ein (guter!) Heilpraktiker für Psychotherapie sehr hilfreich sein. Oder in milderen Fällen ein guter Coach, der seine Grenzen kennt.
 
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Noch 2 Gedanken
Ensemblepraxis wird Dich in der Sache nicht weiter bringen. Wenn Du wieder Solo spielen musst und die Situation genauso steif ist, wird sich das auch genau wieder so anfühlen.

Du beschriebst vegetative Störungen ... es wird nicht viel darüber geredet, Dir wird es auch nicht gefallen, aber ein hoher Prozentsatz an Musikern nimmt Betablocker.
Ich hatte mir mal welche besorgt, es ist aber nie dazu gekommen sie zu ernsthaft zu probieren.
Ja das mit den Betablockern ist mir bekannt. Vor allem die Nachteile.

Gerade ist mir bei einem damaligen Parallelfaden ein Link untergekommen, der das Problem ziemlich gut beschreibt und aus meiner Sicht sowohl von der Symptomatik als auch der Lösungsmöglichkeiten gut beschreibt:

http://www.michaelmurrayguitar.com/PerformanceAnxietyde.htm

Was ich für einen entscheidenden Umstand halte, ist der physiologische Prozess, der bei solch einer Panikattacke passiert (und den ich ja im Grunde gut kenne, was aber alleine nichts nützt):

Es findet ein Adrenalinschub statt, dessen Start nicht berechenbar ist, weil der Körper einfach entscheidet, dass jetzt Gefahr droht (und offenbar nicht unterscheiden kann, ob das nun wirklich so ist oder eine fehlerhafte Interpretation der Situation) der aber im Ganzen nur einige Minuten anhält. Was bei jedem diese Reaktion auslöst ist sehr individuell.

Was auch noch ein wichtiger Fakt ist, ist die Höhe dieses Ausstoßes: Bis zu einem gewissen Punkt (Eustress) wirkt dieser Stress wie ein Aufputschmittel, das dazu führt, sogar bessere Leistungen abzurufen in jeder Hinsicht als ohne (was Betablocker ja verhindern u.a.), aber ab dann finden eben diese Ausfälle statt, die dann nur noch auf Angriff/ Flucht/ Totstellen ausgelegt sind und sämtliche darüber hinausgehenden Skills weitgehend lahmlegen.

Die Frage ist für mich jetzt: WAS löst diesen Gefahrenmodus aus? -> Sind diese Faktoren, wenn bekannt, verhinderbar? (z.B. im konkreten Fall einfach nicht mit im Raum sitzen beim Warten, was aber unkollegial wäre - wenn das jeder täte ... lach; ODER als erster Spielen und davor die Möglichkeiten, das Adrenalin körperlich abzubauen, ODER nicht sofort drauflosspielen, sondern etwas Einführendes tun, eine Rede, ein kleines Einspielen, bis sich der Adrenalinpegel eingestellt hat, ....)
-> Können diese Faktoren ggf gelöscht werden? (Dazu bräuchte es aber eine Art Desensibilisierung, also die Konfrontation mit genau solcher "gefährlichen" Situationen, OHNE dass etwas Bedrohliches passiert...)
-> Ist das traumatische Erlebnis aufspürbar und durch therapeutische Intervention umkehrbar? (Konkret: Ich versetze mich in diese Kneipe zurück und erlebe diese extreme Ablehnung irgendwie anders, treffe zurückblickend eine andere Entscheidung, bewerte die Ablehnung anders ....)
-> Kann diese Panik durch ein einmaliges reales umgekehrtes Schlüsselerlebnis ein für alle mal umgedreht werden? (Was ich in anderen Bereichen tatsächlich schon erlebte und von einem Moment auf den anderen in die positive Richtung kippte, z.b. eine bestimmte Angst komplett verlor, weil es eine Dramatik überschritten hatte, die eindeutig zeigte, dass mangels Alternativen (außer tatsächlich zu sterben) die einzige und effektivste Lösung das absolute Loslassen war ...) In dem Fall wäre dann eine Steigerung dieser Panik bis ins "geht nicht mehr" denkbar, um eben dann komplett zu kippen ins "GAR NIX PASSIERT" - und zwar ein für alle mal... (letzteres könnte ich mir vorstellen, da dann kein Restrisiko mehr bliebe, bei der sich irgendeine komische Panik nicht vielleicht doch noch mal melden könnte, die dann wieder alles ins Wanken bringt)

Was mir jedenfalls so lebenspraktisch auffällt ist, dass Unsicherheiten/ Ängste bzw. dessen Freiheit davon sich wohl nicht generalisieren lassen nach dem Motto: Ich habe jetzt in einer bestimmten Ebene keine (unangemessenen destruktiven) Ängste mehr (beispielsweise davor angeschrieen, beraubt, bestohlen, beleidigt etc pp zu werden) ALSO habe ich vor gar nichts mehr Angst.
Ne ... Man kann extrem cool sein insgesamt, kann mit nem Messer Bären jagen, ..... aber wehe man begegnet bei Spinnenphobie einem lächerlichen Weberknecht ..... oder soll bei Auftrittsphobie ein Liedchen spielen ... dann wars das :D
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Nee, die Möglichkeit gibt es nicht. Zumindest nicht für mich. Selbst suizidgefährdete bekommen keine Termine.
OT: Je nachdem gibts noch die geschlossene Notaufnahme bei akuter Selbstgefährdung, bereits vollzogenem Suizidversuch. Und weil für so etwas wohl immer Restkapazitäten freigehalten werden, müssen diejenigen, die sowas bloß äußern leider leider auf reguläre Plätze warten, selbst in Kliniken .... btw :(
 
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Achsoooo, na wenn Du mit solchen Antworten zufrieden bist. Wunderbar.
Antworten, die in diesem Kontext individueller und differenzierter sind, scheinen mir für ein öffentliches Forum weder geeignet noch angemessen. Lösungen sind Ergebnis eines Suchprozesses und benötigen einen vertraulichen Rahmen.
 
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Hab grad Fotos von dem Vorspiel bekommen und seh beim Warten und Spielen äußerlich super entspannt und in der Musik versunken aus ... na denn ... was will man mehr o_O
 
Ich hab 2004 oder 2005 mit meiner damaligen Band auf einem Geburtstag gespielt. Ca. 150 Personen waren dort und ich hab gespielt wie der letzte Honk. Gefühlt jeden Akkord vergeigt, ganz zu schweigen von irgendwelchen Solos. In der ersten Pause war ich auf Klo, hab mich so geschämt, dass ich meine Jacke angezogen habe, damit niemand sieht das ich zur Band gehöre (lol.... als wenn das gebracht hätte :D ) Ich stand also auf der Toilette und es kamen 3 Gäste rein, sie erspähten mich, umringten mich und erzählten alle 3 gleichzeitig wie geil der Abend ist und wie geil wir spielen und das alle total begeistert sind.

Das hat mich so aufgebaut, dass ich nach der Pause so gut gespielt habe wie noch nie zuvor. Die Freude darüber war unbeschreiblich. 3 halb Betrunkene die mich auf Klo angequatscht haben, haben den Abend für mich einfach gerettet.
 
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lampenfieber_deutsch.jpg
 
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Ich möchte hier auf mehrere Beiträge bzw. dort geäußerte Fragen, etc. antworten:
1. zum Thema Lampenfieber bei Profi-Musikern.
Der Hirnforscher und Musiker Prof. Eckart Altenmüller sagte dazu, es sei heute kein so gravierendes Problem mehr, weil bei den Studierenden schon früh mit entsprechenden Übungen und Maßnahmen gegengesteuert werde. Früher hatte man mit den Bewerbern eher Mitleid und sah über leichte Fehler gern hinweg, nach dem Motto: das war eben die Nervosität. Heute dagegen würden schon bei der Aufnahmeprüfung /beim Vorspiel so hohe Anforderungen gestellt, dass diejenigen, die schon beim Vorspiel Nervenflattern kriegen, gar nicht erst angenommen werden. Insofern sei die Auslese schon ein guter Schutz gegen spätere Versager, (s. Interview Akkordeon-Magazin Nr. 81).
2.zum Thema Lampenfieber bei Amateuren
Es hilft eigentlich nur, sich so vorzubereiten, dass man das Stück notfalls auch auswendig spielen kann. Bestimmte "Stolperstellen" im Stück muss man besonders bewusst üben, so dass sie quasi "automatisiert" ablaufen. Das Gehirn steuert nämlich die Finger nach dem Gehör. Das ist ein Regelkreislauf: Das Gehirn kennt die Melodie und wenn das Gehör die Stelle wahrnimmt, die der kritischen Stelle vorausgeht, steuert das Gehirn die Finger schon "vorauschauend", so dass sie rechtzeitig auf den richtigen Tasten landen. Der ideale Zustand ist dann erreicht, wenn man sich sich entspannt selbst zuhören kann, während die Finger automatisch die richtigen Töne treffen. Aber leider kann diese fein eingestellte Automatik auch mal ausfallen. Mir passierte das ausgerechnet bei einem Stück, das ich sonst eigentlich im Schlaf spielen konnte. Ich brach ab und sagte nur: "Sorry, ich fang noch mal an". Das Publikum klatschte und ich spielte danach das Stück fehlerlos. Später erhielt ich sogar Lob für die "coole" Art, wie ich da reagiert hatte. Also die Nerven behalten, locker bleiben und sich selbst vertrauen.
Dieses Selbstvertrauen ist der Schlüssel zum Musikerglück, führt aber leider nur über den steinigen Weg des Übens. Tröstlich dabei: Das Üben neuer Stücke fällt mit der Zeit immer leichter. Auch daraus kann dann Selbstvertrauen wachsen.
Nur Mut!
beltunaplayer
 
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