Mit Mythen aufgeräumt: "Man dehnt die Saiten vor" oder ähnlich

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Wenn du eine Saite frisch einspannst und die benötigte Zugkraft aufbringst, wird sich das Metallgitter in der Saite in winzigen Stellen angleichen, wir sehen es nicht, hören es aber oder messen es mit dem Stimmgerät. Und durch das Ziehen an der Saite erhöhen wir nun die Zugkraft noch mal über das benötigte Maß, um für das Spiel später eine Toleranz herzustellen.

Die e-Saite braucht um die 7kg Zug, das sind ca. 70 Newton. Vor dem Aufziehen lasten 0 Newton auf der Saite und die plötzlich einwirkenden 70N werden die Materialstruktur durchaus verändern, in kleinen Dosen, hör- und messbar. Die Saite gibt leicht nach, sie längt sich und die Zugkraft lässt nach. Nachstimmen und das jetzige Dehnen erhöhen die Zugkraft auf über die benötigte Kraft und stellen eine Toleranz her gegenüber weiterer nachträglicher Anpassung der Saite.
So wie ich Dich verstehe, würde durch das Dehnen sich die Struktur(Gitter) verändern und quasi arretieren. Das kann ich mir nicht vorstellen, denn beim Herstellungsvorgang wirken doch höhere Kräfte, als wie ich sie beim Dehnen mit der Hand aufbringe.
Grund warum ich ein Dehnen vor dem Aufziehen der Saiten auch dieser Bereiche mal zur Diskussion gestellt habe. Und ja, auch wenn man die Saiten zwischen Daumen und Zeigefinger durchgeht und bearbeitet, ist sie hinterher um einige Millimeter länger und bildet sich auch nicht zurück.

Natürlich ist das Alles irrelevant, wenn man davon ausgeht, dass das Material der Saite nicht nachgibt. Das entspricht jedoch nicht meiner Erfahrung. Aber das kann ja jeder selber ausprobieren. Mal die Länge einer neuen Saite genau messen, dehnen (oder wat auch immer) und dann nochmal messen.
Wenn Du das so festgestellt hast, ok. Aber es fällt mir schwer das das irgendwie logisch nachzuvollziehen.
Einfach mal nach Reck-Spannung googeln, oder sich die Saite als Atom-Ansammlung vorstellen! Das kann man durchaus durch Dehnen noch in „Form“ bringen. Sind die Atom Ketten dann in „Reihe“, wird das ganze linear „elastisch“.
Wenn ich Reck-Spannung google, kommen nur Ergebnisse aus dem Turnen am Reck.
Die große Frage ist jetzt nur noch, in welchem „Zustand“ Gitarrensaiten bei uns ankommen.
Ist bei der Herstellung -dem „Drahtziehen“- die Zugspannung größer als die obere Streckspannung (Ende vom gezackerten Bereich)?

Da könnten die Saitenhersteller Auskunft geben. Mir ist die Information aber nicht bekannt und mir bleibt nur die praktische Erfahrung, bzw. die Erkenntnis, dass ich wegen dem „mechanischen Setzen“ die Saite eh dehnen muss. Etwas Dehnen nach dem ersten Stimmen, führt IMO dazu, schneller zu Stimmstabilität zu kommen, als ohne. Eine schlecht gearbeitete Saite macht dabei auch gleich den Abflug und ärgert mich später nicht.
Ich denke die Kraft, die bei der Herstellung aufgewendet wird, ist größer als die Kraft mit der ich "Dehne" um die Stimmung zu stabilisieren. Ich kann mir auch nicht vorstellen dass ich damit eine weitere Verformung herstelle, die dann stabiler ist.
Es ist für mich unvorstellbar, dass ich durch ziehen an einer Stahlsaite eine Veränderung hervorrufe die sonst nur bei der Stahlherstellung u.ä. passiert.
In der Praxis ist es letztendlich egal, ob ich glaube, dass der Schlupf entfernt wird, oder die Saite gedehnt wird, mit dem Dehnen entspreche ich beidem.
Man könnte nur drüber nachdenken, wo und wie ich als Schlupf-Anhänger ziehe
 
Ich denke die Kraft, die bei der Herstellung aufgewendet wird, ist größer als die Kraft mit der ich "Dehne" um die Stimmung zu stabilisieren. Ich kann mir auch nicht vorstellen dass ich damit eine weitere Verformung herstelle, die dann stabiler ist.
Es ist für mich unvorstellbar, dass ich durch ziehen an einer Stahlsaite eine Veränderung hervorrufe die sonst nur bei der Stahlherstellung u.ä. passiert.
Naja, denken ist eben nicht wissen…
Immerhin sind wir Gitarristen immer wieder in der Lage, eine Saite über die Bruchspannung zu dehnen. D.h., das, was da vorab passiert (untere und obere Streckspannung), erreichen wir auch.
 
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Ich glaube das Grundproblem besteht darin das viele Stahl als Material überschätzen. Ungehärteter Stahl ist ziemlich weich und lässt sich relativ leicht verformen. Das was wir im normalen Leben antreffen ist in den meisten Situation gehärteter Stahl (zB Messerklingen).
 
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Wo zum Teufel soll ich heute Popcorn herbekommen?
 
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BDX.
 
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Lässt sich das nicht mit einem einfachen Experiment klären? Länge einer neuen Saite messen, aufziehen, stimmen, daran ziehen wie man das immer macht, bis sie sich nicht mehr verstimmt. Dann Saite wieder runternehmen und erneut messen. Ist die Länge gleich, hat sie sich durch diese Prozedur nicht gedehnt, und man hat tatsächlich nur den "Schlupf herausgezogen".
 
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Dann Saite wieder runternehmen und erneut messen. Ist die Länge gleich, hat sie sich durch diese Prozedur nicht gedehnt, und man hat tatsächlich nur den "Schlupf herausgezogen".
Vorher wieder gerade biegen nicht vergessen 😉
 
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Nee, wenn noch nicht geschehen, muss auch die Saite selbst so gestreckt sein, dass sie sich elastisch verhält.
Sehr schöner Beitrag, bei dem man erkennen kannt, dass jemand Ahnung hat von dem was er schreibt.

Ich würde noch gerne hinzufügen, dass dort wo in #1 von Rollreibung gesprochen wird es sich eigentlich um Haftreibung handelt.

Weiterhin könnte ich mir vorstellen, dass ohne "Vordehnen" Teile des Saite, nämlich bei den Windungen um die Stimmmechanik und hinter den Saitenreitern, noch nicht ausreichend gestreckt wurden, um den elastischen Zustand zu erreichen, da die Haftreibung den Zug auf diese Teile der Saite verringert.

Vorher wieder gerade biegen nicht vergessen
😉
Muss man nicht, einfach zwei Markierungen machen und die Länge dazwischen Messen.
 
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Erklär mir doch mal bitte anhand des Spannungs-Dehnungsdiagramms, wie nach einem Bruch noch eine Zugspannung vorhanden sein kann.
BDX.
Ich sehe nicht, dass die Aufzeichnung, nach dem Bruch weitergeht. Da erklärt das Diagramm auch nichts mehr. :nix:
Ich könnte auch sonst nicht erklären, warum nach einem Bruch noch eine Zugspannung vorhanden sein sollte.
Woher stammt die These?
 
Mir kam gerade die geniale Idee vorgedehnte Saiten zu verkaufen. Warum ist da noch keiner drauf gekommen?
 
Der Faden ist ja schon recht lang. Ich habe mal einige der wichtsten "Keywords" rausgesucht und alles übersichtlich zusammengefasst. ;-)

Auch ich habe wieder viel gelernt. Nix mit "einfach Strippen aufziehen, ein bisschen dran rumziehen" und spielen! Erst mal gründlich nachdenken. Sicher ist sicher!

Hier einige der wirklich wichtigen Inhalte:
"..dehnen, Schlupf, strecken, linearer Frequenzbereich, Mythos, Rollreibung, Nylon, Stahl, „Relaxation“ (mein Lieblingswort!), Elastizitätsgrenze, Biegung, Naturwissenschaft, objektive Realität, physikalisch, elastisch, plastisch, Zugspannung, nicht-lineare Deformation, Extremstellen, die extremste Nicht-Linearität das Reinrutschen in die Stegstecker, Gliederverbindung, Bundreinheit, Oktavreinheit, falscher Narrativ, Dilemma, Murks, alter Schwede, Krafteinwirkung, plastische Anpassung, Einspielphase, Kraftpfeil, Newton, quantenmechanisch, Phasenübergänge, apriorisches Wissen, stretching, Performance
"

Ich selbst halte an dieser Stelle aber trotzdem kurz inne und frage mich:
Was zum Teufel tun wir hier eigentlich? ;-)

PS:
War eben mal eine gute Stunde spielen. Alle alten und neue Saiten tun was sie sollen.
Lief gut, klang gut. :prost:

Irgendwie erinnern mich solche Gesprächsverläufe an ein Gespräch mit drei Studenten während eines Firmenumzugs, die erfolglos versuchten einen bereits aufgebauten Schreibtisch durch eine Tür zu befördern. Zwei Tische hatten andere Kolleg:innen bereits am Stück reingetragen. Nur die Drei waren am rechnen und fingen gerade an den Tisch auseinander zu bauen.
 
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Gott sei dank, dass ihr keine Konzertgitarre spielt. Oder gar Ukulele. :)

Ich wundere mich manchmal was ein Konzergitarrist macht wenn kurz vor Aufführung eine Saite reisst wenn die Saite Tage braucht bis sie die Stimmung brauchbar hält.

Meine Ukulele hielt ich anfangs für kaputt weil die e Saite monatelang jedes mal im Bereich von einen Halbton zu tief war. Ich rechnete mit einem Peng beim wieder hochziehen, denn ewig lässt sich eine Saite wohl kaum strecken aber irgendwann gab es doch Ruhe.

Unter dem Licht war ich beeindruckt wie schnell Westerngitarren troz der Wicklungen am Kopf die Stimmung stabil hält. Bei der E-Gitarre mit Locking Tunern hatte ich nichts anderes erwartet.

Daher, bei Konzertgitarre ziehe ich heftig und kann sehen wie sich die Knoten festziehen. Bei Western- und E-Gitarren handhabe ich es je nach Tageslaune. Obs hilft? Mein Bauchgefühl sagt mir so kriege ich den Schlupf raus und da neue Saiten anfangs immer in Richtung zu tief verstimmen scheint das nicht falsch zu sein. Wissen tue ich es nicht, auch wenn es mir plausibel erscheint und wenn einer anderer Meinung ist habe ich kein Problem damit solange er nicht mit verstimmter Gitarre dazwischen grätscht. :)
 
Saiten in kochendes, leicht gesalzenes Wasser geben und nach acht bis neun Minuten eine an die Wand schmeißen. Wenn die kleben bleibt, kann man sie aufziehen. Alles andere ist totaler Schwachsinn.
 
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Ich wundere mich manchmal was ein Konzergitarrist macht wenn kurz vor Aufführung eine Saite reisst wenn die Saite Tage braucht bis sie die Stimmung brauchbar hält.
(1) Saiten auf der Konzertgitarre reißen fast nie - mit Ausnahme der d-Saite, bei der man es aber Wochen vorher erkennt oder an der flexiblen Umwicklung bei den Basssaiten, bei denen es aber weniger reißt, sondern eher die Umwicklung abgeht.
(2) Evtl. hat man eine Ersatzgitarre mit ...
(3) ... oder stimmt nach jedem Stück / Satz kurz nach
Unter dem Licht war ich beeindruckt wie schnell Westerngitarren troz der Wicklungen am Kopf die Stimmung stabil hält.
Das geht sehr, sehr schnell, nach einem Stück hat man die Kellnerstimmung erreicht ("stimmt so")
 
Ich wundere mich manchmal was ein Konzergitarrist macht wenn kurz vor Aufführung eine Saite reisst wenn die Saite Tage braucht bis sie die Stimmung brauchbar hält.
Er nimmt in so einem Fall seine Backup-Gitarre aus dem Koffer und spielt das Konzert, als wäre nichts gewesen.
 
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Er nimmt in so einem Fall seine Backup-Gitarre aus dem Koffer und spielt das Konzert, als wäre nichts gewesen.
Für mich, der eigentlich nur wegen GAS so tut als würde ich Gitarre auch spielen war es überraschend aber viele Konzertgitarristen oder Klassik Musiker im allgemeinem spielen in ihrem Leben ein einziges Instrument.

Ich könnte auch nicht vorstellen bei einem wichtigen Termin mit einer einzigen Gitarre auf dem Rücken anzureisen aber das scheint keine Seltenheit zu sein.

Ansonten, vorletztes Jahr habe ich eine neue Konzertgitarre gekauft. Nach etwa einer Woche riss die D Saite zwischen Tuningmaschine und Steg als ich die Gitarre gerade vom Ständer nahm. So viel zu Klassiksaiten reissen nicht.
 
Mein Gitarrenlehrer, seines Zeichens Berufsmusiker, hat normal auch keine Ersatzgitarre dabei. Sein Kommentar dazu: Ich hab schon während nem improvisierten Lied die Saiten gewechselt, ansonsten gibt es halt ne 5min Pause.
 
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Das wäre für unsere Band ein absolutes No-Go.

Das Publikum kommt zu uns, um eine Party zu feiern. Da wären fünf Minuten Pause ein absoluter Stimmungskiller, auch wenn die Frontleute dann versuchen würden (müssten...), das zu überbrücken.

Nie ohne Ersatzgitarre auf der Bühne.
 
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