Gesang/Instrumenten Aufnahme mithilfe mobiler Absorber - Abstand zum Mikro?

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Hallo Zusammen,

ich möchte für ein Musikprojekt von mir demnächst ein paar Gesangs, und Gitarrenaufnahmen machen.
Das ganze wird allerdings nicht in meinem Wohnzimmer oder Schlafzimmer stattfinden, sondern in größeren (ca. 50 m²) quadratischen Räumen, welche zudem bereits bzgl. der Sprache akustisch optimiert sind (mittels Lochplatten in der Decke).
Um die Aufnahmen allerdings so trocken wie möglich zu bekommen, werde ich zusätzlich mobile Absorber einsetzen.

Damit das ganze transportabel ist, habe ich mir bereits 6 Absorberrahmen aus Holz aufgebaut, mit den Abmaßen Breite 50cm, Höhe 75cm, Tiefe 19cm. Mit dieser Größe bekomme ich mehrere gestapelt perfekt in meinen Kombi.
Als Absorbermaterial verwende ich verschiedene geschichtete Materialien, wie z.B. Basotect.

Gestellt werden die Absorber wie nichtparallele Paravents, also um den Sänger/Gitarristen herum. Vor allem natürlich hinter der Schallquelle (Nierencharakteristik), also z.B. dem Sänger, allerdings möchte ich auch welche vor der Schallquelle positionieren.

Etwas unklar ist mir allerdings, welchen Abstand die Absorber nun von den Mikros TENDENZIELL (ich suche also nicht nach den heiligen Gral des Abstandes, denn ich weiß, dass ist von vielen Faktoren abhängig) haben sollten. Hierzu lese ich nämlich immer gänzlich unterschiedliche Äußerungen von "sehr nahe in den Weg der Schallabstrahlung" bis "mindestens x m Abstand".

Was mich dabei am meisten verwirrt ist:
Wenn ich die Absorberparavents sehr nahe um den Sänger und das Mikrofon herum positioniere, dann erhalte ich doch Erstreflexionen der nicht absorbierten Schallwellen (vor allem in den tieferen Frequenzen der Stimme). Führen die nicht eher zu ungewollten Kammfiltereffekten? Sowas liest man ja auch häufig von den sogenannten Micscreens (wie hier: http://www.sengpielaudio.com/LiveEndDeadEndUndDasReflexionFilter.pdf) Allerdings sind die Screens auch wiederum dünner und bündeln durch ihre Form vermutlich auch stärker auf das Mikrofon, als ein 19cm tiefer, nicht paralleler Paravent mit 3x 50cm breiten Absorptionsflächen.

Stelle ich die Absoerberparavents aber nun weiter weg vom Sänger, dann habe ich ja nun wiederum mehr Raumanteil und handel mir vermutlich ein zusätzliches Problem ein: Ein einzelner Absorber wird dann mit der Absorptionsfläche von A=0,375m² (vor allem wegen der Höhe von 75cm, denke ich) in Bezug auf die Schallabstrahlung zu klein sein.

Daher meine Frage, wie ist es denn nun: Eher näher dran oder weiter weg? Oder gibt es da irgendwo ein Optimum zwischen beiden extremen? Liege ich mit meiner Annahme bzgl. der Kammfiltereffekte evtl. sogar falsch?

Oder ist das evtl. eine nicht symmetrische Geschichte, dass bspw. die Absorber hinter dem Mikro nahe ran müssen, die Absorber hinter dem Sänger aber weiter weg?

Es wäre echt genial, wenn sich fachkundige Leute dazu mal kurz äußeren könnten und mir ne Hilfestellung geben.

Vielen Dank euch!
Matthaei
 
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Eigentlich ist die Sache ganz einfach. Aber der Reihe nach:

Deine Absorber werden im Bassbereich nichts bis gar nichts ausrichten. Dafür sind sie schlicht zu dünn und haben (sofern durchgehend mit basotectähnlichen Materialien ausgestattet) einen zu großen längsbezogenen Strömungswiderstand für tiefe Frequenzen.
Solange du nur Sprache und Gesang aufnimmst, ist das ja auch völlig okay. Dennoch solltest du bei sehr tiefen Stimmen darauf gefasst sein, dass es zwischen 100 und 200 Hz Probleme im Nachhall geben könnte [der Bereich zwischen tiefstem Grundton und tiefstem Absorptionsverhalten (Koeffizient =1) bei 20cm Basotect.].

Noch kurz zur Decke:
Ich vermute hier, dass der Grundtonbereich auch hier nur unzureichend behandelt ist, was aber davon abhängt, welcher Lochabstand gewählt wurde und ob dieser variiert. Gehe aber mal prinzipiell von keiner optimalen Behandlung aus ;)

Und noch ganz kurz zum Raum:
Wenn dieser wirklich quadratisch ist, hast du keine optimale Ausgangsposition. Das bedeutet nämlich eine Anhäufung der Raummoden.

Nun zu den Absorbern:
Ich würde da ganz eindeutig auf psychologische Tricks setzen. Aber eins nach dem anderen.

Nehmen wir mal an, du hast durchgängig Basotect installiert. Dann hast du oberhalb von 200 Hz alles absorbiert, also auch keinen Kammfilteteffekt zu befürchten.

Unterhalb von 200Hz sind die Schallwellen so groß (1,7m und größer): was glaubst du, wie unbeeindruckt diese von deinen Absorbern sind? ;)

Wohin also mit den Absorbern?
Ich persönlich bin zu einer einfachen aber effektiven Methode übergegangen.
Verschaffe dem Sänger die bestmögliche Athmosphäre.
Du wirst eine gute Performance durch nichts ersetzen können.
Wenn sich dein Aufnahmesubjekt bedrängt fühlt: stell die Dinger weiter weg.
Wenn es ihm gut geht: rücke sie näher ran.
Klingt pseudowissenschaftlich, aber am Ende sind mir 50ms mehr Nachhall vollkommen egal, wenn dadurch mein Künstler alles gibt, was er zu bieten hat.
 
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Ich nehme mal an, dass du akustische Gitarren aufnehmen willst?
In diesem Fall würde ich nicht alles mit Absorbern zustellen. Du killst damit neben den unerwünschten auch die "guten", gewünschten Reflexionen. Dadurch wird deine Akustikgitarre matt und leblos klingen.
Es ist ein Irrglaube, dass man akustische Instrumente furztrocken aufnimmt, denn gerade die leben von diffusen, ungerichteten Reflexionen. Erst die geben dem Instrument Größe und Weichheit.

Ich würde hinter dem Spieler Absorber und vor dem Spieler Diffusoren aufstellen.
Das gilt natürlich auch für den Gesang. Dort würde ich sogar noch weiter gehen und nach Geschmack Resonatoren zugeben. Das können z.B. eine oder zwei Akustikgitarren im Gesangbereich sein.

Die Instrumente werden durch den Gesang angeregt und geben Obertöne ab, die wiederum dem Gesang Leben und Farbe geben.
Da kann man viel experimentieren und rumspielen. Nur nicht stoisch an vermeintliche Regeln halten.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Es ist ein Irrglaube, dass man akustische Instrumente furztrocken aufnimmt, denn gerade die leben von diffusen, ungerichteten Reflexionen.
Diese hat man aber in keinem unbehandelten Raum wie diesem hier ;)
 
Hallo Zusammen und vielen Dank bereits für die ersten hilfreichen Beiträge! :)
Deine Absorber werden im Bassbereich nichts bis gar nichts ausrichten. Dafür sind sie schlicht zu dünn und haben (sofern durchgehend mit basotectähnlichen Materialien ausgestattet) einen zu großen längsbezogenen Strömungswiderstand für tiefe Frequenzen.
Solange du nur Sprache und Gesang aufnimmst, ist das ja auch völlig okay. Dennoch solltest du bei sehr tiefen Stimmen darauf gefasst sein, dass es zwischen 100 und 200 Hz Probleme im Nachhall geben könnte [der Bereich zwischen tiefstem Grundton und tiefstem Absorptionsverhalten (Koeffizient =1) bei 20cm Basotect.].

Die Absorber sind wirklich nur für Sprache, Gesang und akustische Instrumente wie Saxophon, Gitarre, Flöte gedacht. Daher hoffe ich, dass ich zwischen mobilität und ausreichender Tiefe einen guten Tradeoff gefunden habe.

Das ich bei tiefen Stimmen ab 100 Hz Probleme bekommen könnte, habe ich schon bei meiner groben Kalkulation schon vermutet. Ich hoffe nur, dass diese in den Griff zu bekommen sind.
Meine Absorber sind übrigens mehrschichtig gebaut, diesen Tipp habe ich von einem Toningenieur bekommen um mein effizientes und möglichst homogenes Absorptionsverhalten zu erzielen. Soll heißen ich nutze hier Materialien wie Lautsprecherschaum, Schafwollematte und Basotect.


Zum Raum:

Wenn dieser wirklich quadratisch ist, hast du keine optimale Ausgangsposition. Das bedeutet nämlich eine Anhäufung der Raummoden.

Ich war gestern wohl schon zu müde, sorry. Ich meinte natürlich ich habe quaderförmige Räume.

Hierzu auch gleich nochmal eine kurz Verständisfrage:
Ich habe mir überlegt, den Sänger (mit samt Mikro) auf 1/3 - 1/4 der Raumlänge zu positionieren, sodass hinter dem Sänger 2/3 - 3/4 des Raums bis zur Wand liegen. Meine Idee beruht darauf, dass ein Mikro mit Nierencharakteristik ja hinten weniger aufnimmt als von vorne, weshalb Erstreflexionen durch die hinteren Wände keine so große Rolle spielen dürften wie die von vorne. Seitlich positioniere ich mich antürlich so mittig wie möglich um einen maximalen Abstand zu erreichen. Was meint ihr dazu?
Oder sollte ich evtl. sogar noch näher an die Wand ran (wobei da die Basserhöhung durch Raummoden problematischer sein dürfte)?

Desweiteren habe ich mir gedacht, dass wenn in dem Raum ein Regal an der Wand steht, dass ich meine Aufnahmeposition so wähle, dass diese vor dem dem Sänger stehen sollten. So können nicht absorbierte Anteile noch Diffus im Raum verteilt werden, ohne dass diese wieder direkt aufs Mikro treffen.


Ich nehme mal an, dass du akustische Gitarren aufnehmen willst?
In diesem Fall würde ich nicht alles mit Absorbern zustellen. Du killst damit neben den unerwünschten auch die "guten", gewünschten Reflexionen. Dadurch wird deine Akustikgitarre matt und leblos klingen.
Es ist ein Irrglaube, dass man akustische Instrumente furztrocken aufnimmt, denn gerade die leben von diffusen, ungerichteten Reflexionen. Erst die geben dem Instrument Größe und Weichheit.

Ich würde hinter dem Spieler Absorber und vor dem Spieler Diffusoren aufstellen.
Das gilt natürlich auch für den Gesang. Dort würde ich sogar noch weiter gehen und nach Geschmack Resonatoren zugeben. Das können z.B. eine oder zwei Akustikgitarren im Gesangbereich sein.

Die Instrumente werden durch den Gesang angeregt und geben Obertöne ab, die wiederum dem Gesang Leben und Farbe geben.
Da kann man viel experimentieren und rumspielen. Nur nicht stoisch an vermeintliche Regeln halten.

Du hast natürlich recht, bei der Gitarre wollte ich eigentlich auch mehr Raumanteil mit hinzugeben. Ich habe mich da etwas undeutlich ausgedrückt. Möglichst trocken hätte ich es gerne bei Gesangsaufnahmen.
Bei der Gitarre würde ich mal gucken wo der optimale Punkt ist. Evt. würde ja da auch eine Regal/Absorberkombination helfen.
Übrigens danke für die sehr interessante Idee mit der Gitarre als Resonator, habe ich bisher so noch nicht gehört.

Ich habe bisher noch wenig Felderfahrung was "Studio"-Mikrofonierung und Recording von Gesang und Akustikinstrumenten angeht. Ich werde mir hier wohl sehr viel Zeit nehmen müssen, um ein gutes Ergennis zu erzielen.

Noch kurz zur Decke:
Ich vermute hier, dass der Grundtonbereich auch hier nur unzureichend behandelt ist, was aber davon abhängt, welcher Lochabstand gewählt wurde und ob dieser variiert. Gehe aber mal prinzipiell von keiner optimalen Behandlung aus ;)

Hmm, genau kann ich dir das nicht sagen. Der Räumlichkeiten befinden sich in einem neu gebauten Kindergarten. Dort wurden zumindest akustische Maßnahmen ergriffen um den Lärmpegel in den Griff zu bekommen. Ich könnte mir allerdings auch vorstellen, dass hier im Bassbereich vermutlich nicht stark bedämpft wurde. Ob neben der Decke noch andere Maßnahmen ergriffen wurde, kann ich aktuell gar nicht sagen. ICh habe auf den Fotos lediglich die klassischen Lochplatten gesehen. Das sind ja eigentlich Helmholtzresonatoren, richtig?

Naja, besser als in meinem Wohnzimmer ist es allemal ;-) Daher habe ich u.a. auch diese Räume ausgewählt. Zudem sind sie ja recht groß, was mir bzgl. Kammfiltereffekten helfen sollte.

Würdest du mir raten zusätzlich einen Absorber über Sänger/Mikro zu positionieren? Ich hatte die Hoffnung, dass diese deckenbehandelten Räume das evtl. obsolet machen (und ich wüsste nicht wie ich die Absorber vernünftig über den Sänger anbringen könnte ;-))

Nehmen wir mal an, du hast durchgängig Basotect installiert. Dann hast du oberhalb von 200 Hz alles absorbiert, also auch keinen Kammfilteteffekt zu befürchten.
Unterhalb von 200Hz sind die Schallwellen so groß (1,7m und größer): was glaubst du, wie unbeeindruckt diese von deinen Absorbern sind? ;)
Also sind die Kammfilterproblematiken bei Micscreens hauptsählich der viel zu geringen Absorptionstiefe geschuldet?


Viele Grüße
Matthaei
 
Zuletzt bearbeitet:
Das klingt doch insgesamt schon vernünftig. So allgemein kann man das eh nicht sagen, jeder Raum ist anders. Ohne Detailkenntnisse kann man hier eh nur allgemeine Ratschläge geben.
Deshalb finde ich die Herangehensweise schon richtig, erstmal zu schauen und zu probieren. :great:

Übrigens gibt es einige sehr bekannte und auch mit ihren Alben erfolgreiche Musiker, die sich den Teufel um Raumbehandlung scheren :)
Ist schon spannend, wenn man im Nachhinein liest, wie manche Alben entstanden sind.
Ich las z.B. kürzlich noch von den Shins, dass die niemals irgendetwas an irgendwelchen Räumen gemacht haben. Natürliches Lebensumfeld halt.
Gut, mag jetzt nicht die audiophile Referenz sein, aber Erfolg gibt irgendwo ja auch ein wenig recht.
Es hängt natürlich auch immer von der Musik ab, die man machen will.
 
Hier übrigens ein paar Impressionen von meinen Absorbern:

Absorber1.jpg Absorber2.jpg Absorber3.jpg
 

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