Gewichtsunterschiede bei gleichen Holzarten

  • Ersteller Soulagent79
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Es scheint heute nicht mehr bekannt zu sein, dass Leo Fender Elektriker war, was bei elektrischen Gitarren nicht ganz unwichtig sein dürfte - und wichtiger als bei Akustikgitarren! ;)
Die Elektrotechnik ist übrigens ein Bereich der Ingenieurwissenschaften. Seine technischen Erkenntnisse kann man als Patent anmelden. Leo Fender hatte zum Beispiel einige Patente - ist das nicht Wissenschaft genug?
 
Seine technischen Erkenntnisse kann man als Patent anmelden. Leo Fender hatte zum Beispiel einige Patente - ist das nicht Wissenschaft genug?

Ein Patent kann mit Wissenschaft etwas zu tun haben, oder auch nicht.
Und ein Elektriker ist kein Wissenschaftler, sondern ein Handwerker.
Gelernt hat er am College übrigens Buchführung, Elektrik/Elektronik war zunächst ein Hobby, das er später
dann zum Beruf machte.
Wissenschaftler war Fender sicher nicht. Er war (autodidaktischer) Techniker, was etwas anderes ist als ein Wissenschaftler.

Aber ich sehe schon, hier wird der Begriff Wissenschaft z.T. falsch verstanden bzw. falsch verwendet.
 
Wie immer, wikipedia hilft:

Wissenschaft ist die Erweiterung des Wissens durch Forschung, seine Weitergabe durch Lehre, der gesellschaftliche, historische und institutionelle Rahmen, in dem dies organisiert betrieben wird, sowie die Gesamtheit des so erworbenen Wissens. Forschung ist die methodische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie ihre systematische Dokumentation und Veröffentlichung in Form von wissenschaftlichen Arbeiten. Lehre ist die Weitergabe der Grundlagen des wissenschaftlichen Forschens, die Vermittlung eines Überblicks über das Wissen eines Forschungsfelds und den aktuellen Stand der Forschung sowie die Unterstützung bei ihrer Vertiefung.

So weit, so banal.

Eventuell lohnt es sich in dem Zusammenhang, darauf hinzuweisen, daß die Empirie - also das Sammeln von Erfahrungswerten - eine anerkannte wissenschaftliche Methode ist.

Gibt es denn jemanden, der "verwissenschaftlichen Gitarrenbau" betreibt, und zwar bezogen auf Solid-Body-E-Gitarren?
Wäre mir jetzt neu.
....
Wissenschaft wird bis heute im E-Gitarrenbau kaum eingesetzt. ....

Ich denke nicht, daß man Instrumentenherstellern, die z.b. CNC-Fräsen oder wasserlösliche, schnelltrocknende Lacke oder PLEK-Systeme zur Abrichtung von Bünden oder "gebackene" Hölzer benutzen, vorwerfen kann, sie würden wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren. Auch die Entwicklung von Tonabnehmern ist ohne physikalisches Grundlagenwissen kaum möglich.

Letztlich ist es aber auch egal. Das Ziel ist, bessere Gitarren zu bauen. Wie man dahin kommt, ist wurscht.

Mal ernsthaft: wie reden hier von Gebrauchsgegenständen, die etwa den Stellenwert einer Kaffeemaschine haben. Das sind industriell hergestellte Massenprodukte, in einige Ausnahmen auch handwerkliche Meisterleistungen ( oder Pfusch, kommt ja auch vor...) Was soll man da groß forschen? Lasst mal die Kirche im Dorf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sind industriell hergestellte Massenprodukte

Manche Leute geben ihnen Namen. ;)

BTW: Es gibt keine Gitarre, die nicht in Handarbeit hergestellt worden ist. :)


Für die Spitzohren hier eventuell interssant, da kann man sich einmal testen, ob man die Unterschiede auch so deutlich hört, wie es manche tun:



Das Video ist vom März diesen Jahres, inzwischen gibt es dazu auch schon die Auflösung, zu finden auf dem Kanal der zwei lustigen Jungs, ich finde die cool. :)
 
Vielleicht auch, weil die große Mehrheit der Gitarristen mehr auf Voodoo und Mojo steht als auf wissenschaftliche Erkenntnisse und deren praktische Umsetzung.

Das ist kein Phänomen, dass nur Gitarristen allein betrifft. Ich will das mal auch ein wenig auf die Threadfrage bezogen formulieren, damit wir hier nicht völlig in OT abgleiten.

Die Grundfrage lautet: haben Gewichtsunterschiede bei gleichen Holzarten Auswirkungen auf den Klang, kann man die hören und/oder messen und sind die Unterschiede überhaupt relevant? Im weiteren kann man die Fragestellung ausdehnen auf unterschiedliche Holzsorten von Kopus, Hals und Griffbrett bis hin zu unterschiedlichen Gitarrenmodellen von unterschiedlichen Herstellern. Und darüber hinaus auch das Kaufverhalten bei Autos, Motorrädern, Handys etc.

Im Grunde geht es immer um diese Kern- Frage: kann ich den Unterschied selbst wahrnehmen und habe ich genug Erfahrung und Wissen, um »vernünftige« Kauf-Entscheidungen treffen oder »sinnvolle« Kauf-Empfehlungen aussprechen zu können? :gruebel:

In der »Werbewissenschaft« (allein dieser Wissenschafts-Begriff könnte als Quadratur des Kreises hinterfragt werden) wird zwischen Einstellung und Image unterschieden:

Einstellung
drückt die Sound- und Equipmentbewertung auf Grund von Produktwissen, also auf Grund sachhaltiger, objektiv nachprüfbarer Informationen - sog. Denotationen - aus.

Image
ist dagegen ein emotionales Vorstellungsbild, das auf Assoziationen und gefühlshaften Anmutungen - sog. Konnotationen - beruht.

Zum »Phänomen der Wahrnehmung« sei nur verkürzt gesagt, dass sie selektiv und subjektiv erfolgt:

- »Selektiv« bedeutet, dass nur Reize, die die Aufmerksamkeit des Gitarristen erregen, überhaupt wahrgenommen werden.
- »Subjektiv« wiederum bedeutet, dass die wahrgenommenen Reize von jedem Gitarristen anders interpretiert werden. Dabei spielen die bisherigen Erfahrungen des Musikers eine entscheidende Rolle. Hat der Gitarrist an Erfahrungen nichts vorzuweisen, wird dieser Mangel durch Wunschbilder kompensiert.

Der Begriff »Verzerrung« der Wahrnehmung erfährt angesichts Überichs-Fixierungen auf »Drive« oder »High-Gain« eine interessante Doppeldeutigkeit.

Das Einstellungsmodell
Unter Einstellung zu einer Herstellermarke versteht man die gelernte, relativ stabile Bereitschaft eines Gitarristen, sich gegenüber Equipment konsistent positiv oder negativ zu verhalten.
Einstellungen richten sich auf Equipment, Hersteller, Stars oder Songs und sind stets subjektiv. Sie werden im Laufe des Sozialisationsprozesses entweder durch eigene Erfahrung oder durch Erfahrungsübernahme (vulgo »Nachplappern«) von anderen - beispielsweise im Musiker-Board - gelernt.

Studien (Mazanec 1978 und andere) haben gezeigt, dass das Verhalten von Gitarristen nicht immer in Einklang mit ihren Einstellungen stehen muss. Irrationalität ist eher die Regel und nicht die Ausnahme.

Das Einstellungsmodell ist also dann von Bedeutung, wenn der Gitarrist in der Lage ist, die einzelnen Holzsorten, Gitarren-, Verstärker- und Effekt-Marken anhand objektiver Equipmenteigenschaften zu unterscheiden. Ob dies möglich ist, kann man in einem »Blindtest« untersuchen, d.h. der Gitarrist muss Hölzer, Gitarren, Amps etc. am Sound und der Bespielbarkeit erkennen, - mit verbundenen Augen - ohne den Markennamen zu sehen. Was an sich schon ein gewisses Problem ist, weil man bei der Blind-Bespielbarkeit schon mehr wahrnimmt als nur den Sound allein und anderen Musiker anders spielen würden - würde man sich vorspielen lassen. Und das schon wiederum den Tone beeinflusst. Steckt der Tone nun in den Fingern oder nicht?

Das Imagemodell
Ein Gitarrist entscheidet beim Kauf nach dem Imagemodell, wenn er nicht fähig ist, die wesentlichen Kriterien zur Erreichung eines gewünschten Sounds selbst zu erkennen oder seine Lieblingsmarke im Blindtest zu identifizieren. In diesem Fall reichen die objektiv nachprüfbaren Equipmenteigenschaften bzw. -beschaffenheiten nicht aus, die einzelnen Gitarrenmarken voneinander zu unterscheiden.

Die Entscheidung erfolgt daher anhand des Images, das sich der Gitarrist von dem Equipment macht. Statt Produktwissen - wie beim Einstellungsmodell - beeinflusst die Markenbekanntheit und Coolness das Image.

Instrumentenhersteller bauen darum Signature Modelle und statten die Stars mit Spezialanfertigungen aus, um über diese Testimonials an das Geld der Fangemeinde des Stars zu gelangen und die Markenpräferenz zu beeinflussen. Gitarristen, die nach dem Imagemodell kaufen, sonnen sich in der Vorstellung, ihren Stars nun ein Stück ähnlicher und näher gerückt zu sein. Und es erleichtert die Suche im Dschungel der Möglichkeiten, die eigenen Soundvorstellungen umzusetzen.

Image-Transfer
Schweiger führt als Erklärungsmodell - warum es sinnvoll ist, Gitarrenmarken über Stars zu bewerben - insbesondere den Image-Transfer an. Das Phänomen des Image-Transfers nutzen Marketing-Profis, um das positive (gottähnliche) Image der Gitarrenheros, auf Produkte - beispielsweise Gitarren oder Amps - zu übertragen.
Am Beispiel Prog-Rock, Dream Theater, John Petrucci und der Etablierung von Musicman neben Platzhirschen wie Gibson oder Fender funktioniert das so:
Petrucci kann geil Gitarre spielen -> auf einer Musicman kann man geil spielen
Petrucci ist ein cooler Gitarrist -> Musicman baut coole Gitarren
Petrucci ist ein Gott Shredderer -> Musicman ist eine gute Gitarre zum Shreddern
Petrucci ist unwiderstehlich -> mit einer Musicman bin ich unwiderstehlich
Petrucci hat einen Wahnsinns-Tone -> mit einer Musicman krieg ich einen Wahnsinns-Tone
Petrucci hat einen Göttersound -> mit einer Musicman krieg ich einen Göttersound
etc. - ich denke, das Prinzip wie wir Menschen im allgemeinen und Gitarristen im speziellen funktionieren, ist damit eingehend beschrieben!

Ich komme nun wieder zur Kern- Frage zurück: kann ich den Unterschied wahrnehmen und habe ich genug Erfahrung und Wissen, um »vernünftige« Kauf-Entscheidungen treffen oder »sinnvolle« Kauf-Empfehlungen aussprechen zu können?

Wenn ich den Unterschied nicht selbst teste und höre, sondern mich auf »zweifelhafte« wissenschaftliche Testreihen berufe und verlasse, handelt man immer noch nach dem Imagemodell. Nämlich nach dem Image, dass Wissenschaft vertrauenwürdiger und intelligenter als Aussagen von Gitarrenbauern oder Hersteller wie Fender oder Gibson sind, die angeblich doch nur Eigeninteressen verfolgen, Mojo vermarkten oder Geister sehen und in Wahrheit Voodoo-Meister sind. Oder wie kreativ auch immer die Argumentation aufgebaut wird.

Nach dem Einstellungsmodell handelt man meinem Verständnis nach nur dann, wenn man den Unterschied selbst tatsächlich hört und vernünftig erklären kann. Ob mich eine wissenschaftliche Erkenntnis, die Empfehlung eines Fans oder die Aussage eines Gitarrenbauers auf die Idee gebracht hat, etwas zu testen ist meiner Meinung nach unwichtig. Wesentlich ist, dass ich selbst vergleiche und teste, mich selbst von der Richtigkeit überzeuge und die gewonnene Erfahrung in meinen Erfahrungsschatz miteinbaue. Und aus diesem heraus eine »adäquate« Empfehlung abgeben kann.

Wissenschaft ist langwierig, mühsam, anstrengend, zeitintensiv ... und was sagen Zahlen und Tabellen über einen Sound aus .... wenn es doch viel einfacher geht und vor allem Petrucci (um beim Beispiel Image-Transfer zu bleiben) ... "Zitat Lost Lover" »boah geil« klingt. Da kürze ich doch lieber ab und kauf mir die Signature.

Let's rock! :rock:
 
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Das ist kein Phänomen, dass nur Gitarristen allein betrifft.

Stimmt, habe ich aber auch nicht gesagt.

In der »Werbewissenschaft« (allein dieser Wissenschafts-Begriff könnte als Quadratur des Kreises hinterfragt werden) wird zwischen Einstellung und Image unterschieden

Ooooch das ist keineswegs eine Quadrator des Kreises, sondern ein systematisches, geordnetes, unvoreingenommenes Forschen um den Wissenstand zu erhöhen, welche Effekte Werbung hat und warum.

Und genau das ist der Unterschied zw. wissenschaftlichem Forschen und persönlichem "Erfahrungsammeln".
Das eine ist geordnet, geplant, systemmatisch und reproduzierbar. Und intersubjektiv überprüfbar.
Das Erfahrungensammeln ist dies so gut wie nie.

Wissenschaft ist langwierig, mühsam, anstrengend, zeitintensiv ... und was sagen Zahlen und Tabellen über einen Sound aus .... wenn es doch viel einfacher geht und vor allem Petrucci (um beim Beispiel Image-Transfer zu bleiben) ... "Zitat Lost Lover" »boah geil« klingt. Da kürze ich doch lieber ab und kauf mir die Signature.

Und hast dann halt eventuell den Fehlkauf deines Lebens gemacht, weil du mit der Petrucci-Signature vermutlich keineswgs nach J. Petrucci klingst.
Weil du vielleicht besser bei deiner lten Klampfe geblieben wärst und dir seinen Amp geholt hättest, ohne den du nie nach ihm klingen wirst.
Oder es tritt ein Phänomen der Psychoakustik zutage und du meinst, nun wie er zu klingen ;-) obwohl du klingst wie immer.

Neeee, Wissenschaft ist zwar langwierig, mühsam, anstrengend, zeitintensiv, und obendrein teuer.
Aber ohne sie sind wir Unwahrheit und Voodoo hoffnungslos ausgeliefert. Und zwar in allen Lebensbereichen, nicht nur im Musikinstrumentenbereich.
 
@ relact
Erst einmal Danke für diesen sehr guten Beitrag :great:
Solche Beiträge sind wirklich hilfreich und ein gutes Beispiel dafür, wie man konstruktiv mit einem solchen Thema umgehen kann.

etc. - ich denke, das Prinzip wie wir Menschen im allgemeinen und Gitarristen im speziellen funktionieren, ist damit eingehend beschrieben!
Und dieses Prinzip hast Du mehr also deutlich und gut beschrieben. Und genau dieses Prinzip ist es, womit versucht wird den "ahnungslosen" Gitarristen zu lenken und zu manipulieren.

Ich komme nun wieder zur Kern- Frage zurück: kann ich den Unterschied wahrnehmen und habe ich genug Erfahrung und Wissen, um »vernünftige« Kauf-Entscheidungen treffen oder »sinnvolle« Kauf-Empfehlungen aussprechen zu können?
Ich will versuchen die Frage mal anders zu beantworten. Ich bin Gitarrist und selbst im Instrumentenbau tätig und habe Jahre gebraucht Unterschiede bei verschiedenen Holzsorten zu definieren und für mich persönlich geschmacklich einzuordnen. Und das Ende der Fahnenstange ist immer noch nicht erreicht. Das heißt, man lernt nie aus ;) Ich werde oft angesprochen um beratend zur Seite zu stehen. Bei allen möglichen Instrumenten, aber vorzugsweise bei Gitarren, Bässen und Klavieren. Ich mache das inzwischen gerne, weil ich glaube einen Weg gefunden zu haben, den jeweiligen Kaufinteressenten auf einen Weg zu begleiten, wo letztendlich er selbst für sich das Instrument findet. Es ist nämlich ein großer Unterschied zu sagen, hey, nimm dieses Instrument, das finde ich total geil, oder versuchen herauszufinden, wo die klanglichen Vorlieben des Käufers liegen. Und nun kommen wir zur Kernfrage. Wenn der z.B. sagt: Ich suche eine Tele mit einem "knackigen" Ton und man dieses, von Dir beschriebene und hier in vielen Threads leider häufig angewandtes, "Prinzip" favorisieren würde, dann könnte man entweder sagen:
1. Knackiger Ton? Da nimmst Du am besten eine Tele mit Ahornhals. Ahorn macht im Gegensatz zu Palisander einen knackigen Ton. Klingt auch viel besser und präsenter.
2. Knackiger Ton? Du holst du dir am besten eine Strummer-Tele. Ist aus Mexico und ganz gut verarbeitet. Hör dir mal die alten Clash-Sachen an. Was knackigeres findest du kaum.

Beides stimmt sogar irgendwo. Das Problem nur ist, die Strummer-Tele hat ein Palisandergriffbrett und klingt trotzdem knackig :) Also kann man davon ausgehen, was ja auch inzwischen die meisten nicht mehr bezweifeln, dass noch viele andere Faktoren für einen Klang einer Gitarre verantwortlich sind. Wie hoch der jeweilige Prozentsatz der einzelnen Faktoren am Gesamtklang ist, darüber kann man meinetwegen streiten (muss man aber nicht ;))
Das Hauptproblem ist, dass nur wenige wissen, wie unterschiedlich Hölzer, die man im Instrumentenbau verwendet, "klingen" können, oder anders ausgedrückt, wie unterschiedlich Hölzer den Klang eines Instrumentes beeinflussen können. Selbst ein gleich großer aber schwerer Korpus desselben Holzes kann den Klang eines Instrumentes sowohl in die eine als auch in die andere Richtung verändern. Es gibt ein paar "Faustformeln", die aber immer wieder durch sehr, sehr viele Ausnahmen auf den Kopf gestellt werden. Das zu akzeptieren, fällt gerade denen, die dieses "Prinzip" des Manipulierens anwenden (ob bewusst, oder unbewusst), sehr schwer.

Wie ich (und murle1 hat auch darauf hingewisen) schon beschrieben habe, ist ein guter Instrumentenbauer in der Lage durch die Auswahl verschiedenster Hölzer und Materialien, den Klang eines Instrumentes vorauszuahnen. Das können nur sehr wenige. Dafür braucht man jahrelange Erfahrung und die Bereitschaft sich weiterzuentwickeln. Einige schaffen es nie. bei aller Mühe, die sie sich geben.
Und hier schließt sich der Kreis. Der Ottonormalgitarrist kann diese Erfahrung nicht haben. Er kann aber für sich sagen, welche Gitarre ihm vom Klang gefällt und welche nicht. Dabei ist für ihn absolut nicht hilfreich, wenn er mit Aussagen konfrontiert wird, dass z.B. Holz X besser klingt als Holz Y. Genau durch solche Aussagen wird beim Gitarristen das Bewusstsein dafür geschaffen, dass er denkt: Aha! Für meine Art zu spielen brauche ich einen Xkiloschweren Korpus Y plus durchgehenden Hals für den und den Sound und maximal Sustain. Irgendwann hat dieser Gitarrist mal durch Zufall eine Gitarre in der Hand, die schwerer oder leichter ist, aus einem anderen Holz und mit angeschraubten Hals und stellt verwundert fest, dass diese Gitarre noch mehr Sustain hat.

Der Ottonarmalgitarrist ist also auf Leute angewiesen, die ihm keinen Unfug erzählen. Die zu finden ist schwieriger, als für sich herauszufinden welchen Sound man favorisiert ;)
 
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Wie ich (und murle1 hat auch darauf hingewisen) schon beschrieben habe, ist ein guter Instrumentenbauer in der Lage durch die Auswahl verschiedenster Hölzer und Materialien, den Klang eines Instrumentes vorauszuahnen. Das können nur sehr wenige. Dafür braucht man jahrelange Erfahrung und die Bereitschaft sich weiterzuentwickeln. Einige schaffen es nie. bei aller Mühe, die sie sich geben.

Ein guter Instrumentenbauer hat vermutlich zwei Ansätze, um an das Thema ranzugehen. Einmal eine rein statistisch begründete Erfahrung, die ihm sagt "für die grobe Richtung soundso nehme ich besser Mahagoni aus Quelle XY als Pappel", weil er einfach schon einige Instrumente aus diesem Holz gebaut hat und demzufolge hinterher erfahren hat, wie's mehrheitlich klingt. Das ist Wissen, das als rein statistische Aussage auch weitergegeben werden kann. Der zweite Ansatz (der dann schon mehr Erfahrung braucht) dürfte zum Tragen kommen, wenn er dann drei rohe Mahagoniklötze aus Quelle XY zur Auswahl hat und dann entscheiden muss, welchen er nimmt. Er hat möglicherweise auch gleich ein Gesamtkonzept im Kopf, dass dann das Material von Hals, Griffbrett und so entscheidende Faktoren wie Nut oder Nullbund, welche Bridge etc. mit einschließt. Auch deren Verwendung dürfte auf Erfahrungen basieren, und vermutlich hat da jeder Gitarrenbauer eine bestimmte Auswahl an Komponenten, die er bevorzugt. Beispielsweise nur Messing in Brücken und nur Knochensättel. Wenn bestimmte Kombinationen für ihn halbwegs reproduzierbare Ergebnisse bringen, dann hat er eigentlich, was er will und braucht.

Ein anderer Gitarrenbauer verwendet aber möglicherweise ganz andere Komponenten (z.B. nur moderne Alu-Brücken und grundsätzlich Nullbund) und Hölzer, und in Kombination mit diesen könnte seine Holzauswahl für die gleiche Prämisse anders lauten. Am Ende ist es durchaus möglich, dass beide eine Gitarre gebaut haben, die praktisch identisch klingt. Vereinfacht oder bildlich gesagt:

1 + 2 + 3 + 10 = 16
4 + 2 + 7 + 3 = 16

Die Erfahrung der Gitarrenbauer sorgt dafür, dass sie mit bewährten Komponenten reproduzierbare Ergebnisse liefern können. Und das müssen sie, weil die Kunden ja eine Vorstellung von dem haben, was sie bestellen. Wenn das Endergebnis dann nicht 100%ig die Erwartungen erfüllt, dann kann man innerhalb bestimmter Grenzen noch Änderungen vornehmen, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Er greift also in die Grabbelkiste und holt eine andere Brücke heraus. Vielleicht ist's die ja, mit denen die fehlenden Prozentpunkte noch geliefert werden können. Oder das ist der bewusst eingebaute Mini-Mangel, denn schließlich will der Gitarrist als solches ja "upgraden" ;)

Wie würde man wissenschaftlich an so etwas herangehen? Mein Gefühl (höhö… ja, ich weiß, diametral entgegengesetzt zu "wissenschaftlich") sagt mir: eigentlich gar nicht. Dafür ist sie doch gar nicht da. Wissenschaft würde eher rückblickend untersuchen "warum klingt die spezielle Gitarre XY so doll", um daraus Schlüsse zu ziehen und ein "Patentrezept" zu erstellen. Was dann wieder daran scheitert, dass die gewonnenen Erkenntnisse exakt für diese eine spezielle Gitarre gelten, und nicht allgemeingültig sind. Das Patentrezept müsste nämlich die Anweisung enthalten, dass sämtliche verwendeten Hölzer bis ins kleinste Detail dem untersuchten Modell entsprechen müssten. Vorgaben lassen sich ja weitgehend machen, soweit industriell gefertigte Dinge betroffen sind, aber an Naturprodukten wird sie scheitern. Scheitern im Sinne von "lässt sich nicht exakt vorausbestimmen".

Die Wissenschaft ist sicher eine große Hilfe, wenn sie mit den Gitarrenbauern Hand in Hand arbeitet. Es ließe sich z.B. hervorragend mit wissenschaftlichen Messmethoden untersuchen, wie man z.B. an typischen Bauweisen (Strat) die ebenso typischen Dead-Spots wegkonstruieren könnte, indem man vielleicht einen Carbonstab diagonal im Body versenkt oder ähnlich nie bedachte Wege geht. Da ist die Wissenschaft "freier" im Kopf, weil sie nicht einer Tradition folgen muss.

Und hier schließt sich der Kreis. Der Ottonormalgitarrist kann diese Erfahrung nicht haben. Er kann aber für sich sagen, welche Gitarre ihm vom Klang gefällt und welche nicht.

DAS ist einer der Knackpunkte. Viele trauen sich nämlich nicht, zu sagen "gefällt mir oder nicht". Viele gehen in Foren und stellen die typische "empfehlt mir"-Frage. Weil sie den eigenen Ohrwascheln nicht trauen, und Gefahr laufen, dass dann hinterher jemandem die Gitarre nicht gefällt, wenn man stolz ein Bild davon im Forum postet. Anstatt einfach Freude daran zu haben und zu spielen, weil man selber das Gefühl hat "oh Gott, wie geil klinge ich". Der Gitarrist als solches scheint ein extrem verunsicherter Lemming zu sein, der grundsätzlich nur konsensfähiges Material spielt. Da es aber mehr als einen Konsens mit wechselnden Mehrheiten gibt, hat er ein Dilemma. Es werden immer Leute dasein, die das nicht gut finden, was er hat. Reine Psychokiste, und diese Psychokiste ist mindestens zur Hälfte Ursache dieser Neverending Story genannt "beeinflusst XY den Sound"? Wetten dass…? :D

Bernd
 
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Wie ich (und murle1 hat auch darauf hingewisen) schon beschrieben habe, ist ein guter Instrumentenbauer in der Lage durch die Auswahl verschiedenster Hölzer und Materialien, den Klang eines Instrumentes vorauszuahnen.

Ich meine, wenn Du Dir diesen Thread durchliest, wirst Du neben Euch beiden noch einige weitere Befürworter der Meinung finden, dass ein guter Instrumentenbauer und auch ein Musiker mit Interesse – mit einigen Abstrichen zu den Profis – in der Lage ist, den Klang eines Instrumentes vorauszuahnen.

Allerdings bezweifeln einige und darunter auch ich, dass man mit wissenschaftlichen Methoden aussagekräftige, intuitiv verständliche und kostenadäquate »Vorhersagen« machen kann.

Darum finde ich auch die ewig wiederkehrende Frage, ob jemand seine Intuition »wissenschaftlich beweisen« kann, als kontra-produktiv, als nicht konstruktiv und als nicht wertschätzend. Auf der Beziehungsebene schwingt ein Hauch von Überheblichkeit mit. Niemand sollte also verwundert sein, wenn er auf so eine Frage plötzlich arroganten Gegenwind auf der Beziehungsebene bekommt und die Diskussion sich aufschaukelt. Die Beziehungsebene ist sehr heikel in der Kommunikation! Sie schwingt zwischen den Zeilen, man kann sie immer abstreiten und jederzeit behaupten, es anders gemeint zu haben. Zur Erklärung:

Es gibt im geschriebenen und gesprochenen Wort (durch den Tonfall zumeist klarer) drei Ebenen:
a) die Inhaltsebene
b) die Beziehungsebene
c) die Apellebene

Mit dem Satz »Die Ampel ist grün« sagt der Beifahrer dem Fahrer auf der Sachebene möglicherweise: »Die Kreuzung kann nun eingefahren werden«, auf der Beziehungsebene möglicherweise: »Weil DU nicht aufpasst, muss ICH es Dir erklären« und auf der Apellebene womöglich: »Fahr endlich los«. Wissenschaft ist auch in der Kommunikation sehr komplex, auch wenn es »nur« um sehr triviale Sätze geht. :gutenmorgen:

Der Ottonarmalgitarrist ist also auf Leute angewiesen, die ihm keinen Unfug erzählen. Die zu finden ist schwieriger, als für sich herauszufinden welchen Sound man favorisiert ;)

Ich denke, Du und einige andere hier unterschätzen »Otto-Normal-Gitarrist«. Sobald ein Mensch mit widersprüchlichen Aussagen konfrontiert wird – und davon kann man hier im Forum in der Regel ausgehen, insbesondere da immer wieder die gleichen Diskussionen kommen :engel: – weiß »Otto-Normal-Gitarrist«, dass er selbst denken muss und selbst entscheiden muss. Anhand der Beiträge erkennt »Otto-Normal-Gitarrist« sehr schnell, wer lösungsorientiert antwortet. »Otto-Normal-Gitarrist« mit Eigeninitiative wird die kontroversen Informationen und Aussagen googeln, bei Bedarf Profile und gepostete Themen der Diskutanten ansehen, und wird so relativ schnell im Bilde sein, was für ihn passend ist. Ich denke, »Otto-Normal-Gitarrist« ist mündig und sieht unsere Beiträge lediglich als unterschiedliche Meinungen, die er für sich selbst bewerten muss.

Was mir an Deinem Selbstverständnis sehr gefällt ist Dein Ansatz, dass Du Deine Kunden dort abholst, wo sie stehen. Das nenne ich einen sehr professionellen und kompetenten Zugang von Dir. :great:

Und hast dann halt eventuell den Fehlkauf deines Lebens gemacht, weil du mit der Petrucci-Signature vermutlich keineswgs nach J. Petrucci klingst.
Weil du vielleicht besser bei deiner lten Klampfe geblieben wärst und dir seinen Amp geholt hättest, ohne den du nie nach ihm klingen wirst.
Oder es tritt ein Phänomen der Psychoakustik zutage und du meinst, nun wie er zu klingen ;-) obwohl du klingst wie immer.

Meinst Du mich oder meinst Du ebenfalls »Otto-Normal-Gitarrist«? :gruebel: Hat das einen kommunikations-wissenschaftlichen Hintergrund, dass Du in Deinem Beitrag genau in diesem Absatz von der Sachebene auf die Beziehungsebene wechselst, um vom unpersönlichen »man« auf das persönliche »Du« zu wechseln? :gruebel:

Wie auch immer, zu Deiner Info: Ich bin kein Petrucci Fan. Das war ein Beispiel, das mit mir persönlich nichts zu tun hat.

Obschon … :mampf: … ich kenne da schon auch einen Gitarristen, der seit knapp 20 Jahren eine Petrucci Signature hat. Und er ist ganz gegen Deine aufrichtige Sorge eines Fehlkaufes sehr glücklich damit. Er sieht das auch nicht als intellektuelle Schwäche, dass er nach dem Image-Modell kauft und nicht nach dem Einstellungs-Modell. Ganz im Gegenteil, er findet dass die Signature cool klingt und cool aussieht. »Boah geil« ist noch das mindeste, das Du von ihm zu hören kriegen würdest, würdest Du ihn fragen, ihn dort abholen, wo er steht und ihm nicht mit Vorurteilen begegnen.

Im Gegensatz zu Dir denke ich, dass »Otto-Normal-Gitarrist« aus Fehlkäufen lernt und sich dadurch weiterentwickelt. Dass er auch die Frage Modeler oder Amp für sich lösen kann, bei Bedarf mehrmalig mit unterschiedlichen Ergebnissen, und auch kein Problem damit hat, wenn er in der Frage nach Multi oder Einzeltretern dreimal völlig irrational und »unwissenschaftlich« die Meinung ändert. »Otto-Normal-Gitarrist« hat auch gelernt es auszuhalten, dass er an manchen Tagen in den Augen seiner Bandkollegen »Mist« spielt. Psychoakustische Täuschungen wären da im Vergleich ein wünschenswertes Leistungstief gewesen. Denn das hätte das Publikum nicht mitbekommen.

Was ich sagen will: es geht nur um Equipment und Musik. Das soll Spass machen, locker laufen und keinen Perfektionismus auslösen.

Doch zurück zu Deiner Frage, ob ich mit einer Signature wie meine Idole klinge, oder so wie immer. Und ob ich beim Spielen und bei meinen Bastelprojekten dem Phänomen der Psychoakustik unterliege. Ich interpretier Deine Frage mal so, als ob Du tatsächlich mich meinst und gebe nun jedem die Möglichkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ich hab’s zugegebener Maßen nicht immer so mit den schwarzen und weißen Drähten, das ist meiner Einschätzung nach aber eher ein optisches Problem, das aber ab und an zu Irritationen beim PU-Einbau führt, insbesondere bei unterschiedlichen Codes von Herstellern. Ein psycho-optisches Phänomen, dass sich auch auf die Farbgebung meiner »Black Strat« ausgewirkt hat. :whistle:

Als Gilmour Fan habe ich mir nämlich eine »Black Strat« zusammengeschraubt. Mein eigenes Signature Modell, das ich auf den Namen »TheDave« getauft habe. Obwohl in der Studio-Version mit einer Les Paul und P90er eingespielt, war mein Anspruch, dass »Another Brick In The Wall, Part II« mit der »Black Strat« auch gut hinzubekommen (was in der Formel von Be.em begründet auch möglich sein müsste):



Als Lukather Fan wollte ich daneben auch noch eine Strat mit modernerem Sound, die ich auf den Namen »TheLuke« getauft habe und die sozusagen mein zweites persönliches Signature Modell ist. While My Guitar Gently Weeps, eine Komposition von George Harrison, in der Version von Toto, 1. Solo (1.45 - 2.24) zur Vorstellung von »TheLuke«, die ein sehr interessantes Holz am Griffbrett hat:

 
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Meinst Du mich oder meinst Du ebenfalls »Otto-Normal-Gitarrist«?

Ich meine damit niemanden persönlich, sondern den x-beliebigen Gitarristen, der -vielleicht- geblendet vom Namen Petrucci das für ihn unpassende Instrument kauft.

Das war ein Beispiel, das mit mir persönlich nichts zu tun hat.

Davon ging ich aus; ich habe das Beispiel halt nur fortgesetzt/weitergesponnen, dito als reines Beispiel.

Er sieht das auch nicht als intellektuelle Schwäche, dass er nach dem Image-Modell kauft und nicht nach dem Einstellungs-Modell. Ganz im Gegenteil, er findet dass die Signature cool klingt und cool aussieht.

Dann ist es ja gut. Ich habe nix gegen Signturmodelle oder Käufe aus Imagegründen.
Ich denke nur, dass mancher (aber nicht jeder) den Kauf rein aus Imagegründen irgendwann später bereut.

Im Gegensatz zu Dir denke ich, dass »Otto-Normal-Gitarrist« aus Fehlkäufen lernt und sich dadurch weiterentwickelt.

Woher willst du denn wissen, was ich denke?
Man kann aus jedem Fehler, den man macht, etwas lernen.
Manchmal ist es aber auch ok, Fehler einfach zu vermeiden. ;)
Zumal manche Fehler Geld kosten und nicht jeder unendlich viel davon hat. :rolleyes:
 
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